Wieso dürfen wir eigentlich keine Geschichten mehr sehen, die ein Happy End haben? Keine wirklichen Helden? Schurken mit gutem Herzen und weichem Kern?
Doch unbedingt! Und ich gönne Rey ihr Happy End aus vollstem Herzen.
Das Zerrissene in ihm war schon dort angelegt, den Weg bis zur kompletten Vernichtung und Unumkehrbarkeit hätte ich persönlich nicht gut gefunden. Der Selbstzweifel und die Zerrissenheit waren in EP7 angelegt, in EP8 wurde er jedoch mehr und mehr unrettbar. Letzteres hat mich ihn als Charakter vollkommen uninteressant gemacht, da seine Entwicklung sehr linear weitergegangen wäre. Von böse zu superböse?
Da liegt für mich der Hund begraben. Ich persönlich kann nicht nachvollziehen, warum man Ben Solo am Ende von The Last Jedi eindeutig auf der Dunklen Seite angekommen sieht - aber die meisten scheinen ihn dort zu sehen. Dann gibt's eben nur zwei "langweilige" Handlungsbögen für ihn: Redemption - also die Erlösung, das Auslöschen allen Bösen in ihm (meist in Form von Bereuen gefolgt von Tod) oder eben der zynische Handlungsstrang - er wird superböse und geht unter (oder die Bösen gewinnen halt).
Ich seh den Charakter völlig anders - und
das hätte meinem Empfinden nach eine interessante Geschichte ohne Zynismus und mit Happy End geben können. Ben Solo ist in TLJ aufgewühlt wie nie, aber er findet doch eindeutig seinen Weg! Er versteht, dass sein Vater Recht damit hatte, dass Snoke ihn nur ausnutzt. Er befreit sich von diesem. Er versteht, dass es das alleine nicht schaffen würde und holt deshalb Rey mit ins Boot. Ben Solo sagt, er will was Neues anfangen, die alten Konflikte Hell gegen Dunkel vergessen. Das einzige Problem ist doch nur noch, dass er, um sein Ziel zu Erreichen, alles kurz und klein hacken will. Doch das Ende von TLJ gibt doch Steilvorlagen, um aus diesem jungen Mann einen starken Charakter zu machen. Luke sagt "See you around, kid" und am Ende kniet Ben Solo in Erinnerung an seinen Vater weinend auf dem Boden. Aus ihm hätte in TROS folgender Charakter werden können:
Lukes Machtgeiststimme bekräftigt Ben in seinem Streben nach einem Neustart und appelliert an das Gute in ihm (das
nie wirklich weg war - weder in TFA noch in TLJ!). Einige Szenen im Sinne von Ben grübelt, Erinnerungen an seinen Vater, Machtverbindung mit seiner Mutter, Machtverbindung mit Rey - und Ben Solo hätte ein starker, selbstbewusster Charakter werden können, der die Fehler der hellen Seite und der dunklen Seite sieht und versteht. Der seine eigenen Fehler sieht und bereut. Aus eigener Kraft und mit Unterstützung seiner starken Familie. Der gemeinsam mit Rey das reine Böse im Sinne von Palpatine besiegt und mit ihr zusammen einen Neustart der Jedi - ganz im Sinne von "The greatest teacher failure is" - bewirkt. Damit wäre er wieder auf der hellen Seite, er würde bereuen - aber ohne dass sein zeitweises Abrutschen auf die dunkle Seite verteufelt und geächtet wird. Er wäre am Ende der Schurke mit dem guten Herzen gewesen - ein Solo halt.
Langweilig finde ich persönlich nur, dass in beiden Skripten nur der Tod als Ende von Ben Solo gesehen wird - und beide Male nur, um den Bösewicht, der in Richtung der dunklen Seite abgerutscht war, zu beseitigen. Ob mit oder ohne Redemption ist mir dabei völlig egal.
Ich spreche hier wohlgemerkt nur für mich und niemand muss meine Interpretation des Charakters gut finden.
Neulich habe ich zu irgendeinem Film den Kommentar „Öh, am Ende gewinnen mal wieder ganz langweilig die Guten“ gelesen. Und das fasst diese Haltung für mich ganz gut zusammen und wirft die Frage auf: sind Happy Ends langweilig/out geworden? Oder muss der Weg zum Happy End mit grauen Methoden erreicht werden? Muss es für manche Leute jetzt immer total ambivalent sein?
Siehe oben. Ich wollte damit mal darstellen, dass die Guten auch ohne Schema F gewinnen können und die vermeintlich Bösen trotzdem nicht sterben müssen. Das Schema F ist im Falle von TROS im Grunde ja nur, dass der "Böse" Ben Solo komplett weggewischt wird zum Schluss. Dabei war in TLJ für mich das Thema "Vergangenheit verarbeiten, bewältigen und mit Fehlern leben können" fest gesetzt.