Habe ich ein bisschen Angst auf ein Vader-Ende mit Kylo abzielt. Also das er am Ende als Märtyrer für Rey stirbt und ehrlich darauf habe ich keine Lust.
Dieses Gefühl bekomme ich zunehmend auch. Mir kommen vor allem immer
die Szenen in den Sinn, wo Kylo in Episode VIII mit Rey spricht und man vermittelt bekommt „Hey, der kann auch ruhig kommunizieren. Er behandelt sie ja fast schon zärtlich.“ Beim Macht-Band auf Ahch-To, im Aufzug der Supremacy und als er ihr die Hand im brennenden Thronsaal reicht. Driver spielt da auch ganz zahm und menschlich. Kylo Ren
kann also definitiv besonnen und friedlich. Dass das nachdem Rey nach dem Schwert greift alles wieder wie ein Kartenhaus zusammenstürzt und sich sein Zorn auf Crait entlädt, erscheint wie ein Fingerzeig, dass es jetzt endgültig vorbei ist mit dem zahmen Verhalten - aber man weiß ja nie. Kylos ruhige Momente in 'Die letzten Jedi' eröffnen im Grunde alle Möglichkeiten für sein Charakterschicksal, weil eben schon diverse Züge angedeutet (!) worden.
Diese Filme sind für Kinder gedacht, das hat Lucas selbst immer wieder gesagt und nicht für Rambo-Terminator-Fans die harte Action wollen und nicht an Vergebung und eine zweite Chance glauben.
Da bin ich etwas anderer Meinung. Diese ganze SW-Einteilung in „Kinderfilm“ oder „Märchenfilm“ oder „Kriegsfilm“ wird für mich auch etwas zu hoch gehängt oder in den Kontext gesetzt, in dem er jemandem gerade argumentativ nützlich ist. Natürlich war 'Rogue One' rauer als anderen SW-Filme, aber man muss auch aufpassen, dass man nicht zu Verklären beginnt. In den Episoden-Filmen sind schon immer Gliedmaßen und Köpfe abgetrennt worden, Exekutionen gezeigt worden, Kriegsszenen gezeigt worden und und und. Die Witze in 'Rogue One' waren trockener und die Atmosphäre war miltirärgetränkter, aber wir haben immer noch das FSK12-Siegel - genau wie bei den Episoden. Für mich liegt der Unterschied im Detail: Epik ist Epik (und Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps, ich weiß...) und dann muss ich darauf achten, dass man Ernsthaftigkeit hochhält. 'Rogue One' hat das fast durchgängig geschafft, während bei TLJ solche potentiell heftigen/epischen Momente konterkariert wurden. Nehmen wir die Szene mit Ren und Hux im Schuttle über der Oberfläche von Crait: Kylo sagt sinngemäß „Bringt mich runter zu ihm.“ Das ist Star Wars! Ich hatte Gänsehaut im Kino. Dann bringt Hux einen Einwand ein und Kylo schmettert ihn an die Wand. In
der Sekunde ist das auch noch sehr lässig. Aber der marvel'esque luschenhafte Schrei von Hux zieht der Szene komplett den Stecker. „Ach stimmt, das ist ja nur ein Weichei. Ach stimmt, das ist ja nur ein Film, der sich nicht zu ernst nimmt.“, will der Zuschauer immer erinnert werden. Ja, schon klar. Aber das ist das, was ich meine. Man muss keine Kinder abschlachten und Terminator-Szenen zeigen. Und harte Äktschn? Hm, seriöse Zweikämpfe wie zwischen Finn/Rey und Kylo auf der Starkiller Base reichen mir schon völlig aus. Ich meine...als Finns Schulter vom Lichtschwert angebohrt wurde...wer hat da im Kino nicht mal den Mund verzogen? Und solche „Gewalt-Häppchen“ reichen ja bereits aus. Ich sehe lieber, wie jemand in einer epischen Szene „nur“ seine Hand verliert, als wenn einer unepisch ins Gras beißt. Oft ist es einfach nur das 'Wie'.
Man muss ein anderes Ende für Kylo machen, ansonsten passt es nicht, egal wie Abrams das inszenieren möchte, sollten sie hier ein Vader-Ende 2.0 bringen passt das nicht zu Kylos Geschichte. Snoke ist kein Palpatine und Kylo kein Vader, da muss was anderes her als der Märtyrer-Tot für Rey.
Ja, da bin ich ja auch wieder bei Dir. Das Problem ist irgendwie, dass im Prinzip vieles auf diese Balance-Angelegenheit (Rey und Kylo überleben) hinausläuft, man damit aber den Zuschauer gar nicht mehr so recht überraschen könnte. Viele Zuschauer denken sich „Ich kann das gut antizipieren, das gibt am Ende das große Gleichgewicht der Macht“. Aber ist das eigentlich cool? Dass man das vor dem Finale schon erahnen kann? Wurde das zu sehr angedeutet? Ich weiß es nicht. Sowas kann man ja auch nicht aus dem Nichts heraus dann in Episode IX bringen, nur damit ein paar Leute (mehr) überrascht sind. Im Grunde ist Kylos Schicksal derzeit allerdings offen wie nie zuvor. Man kann sich halt vieles vorstellen, auch wenn man glaubt zu wissen, wohin die Reise mit ihm geht. Ich komme bei meinen Gedanken jedenfalls immer wieder bei einem Szenario raus, wo ich a) mein ersehntes gigantisches Lichtschwert-Duell bekomme und b) dabei jedoch keiner gewinnt, sondern die Waffen beseite gelegt werden. Patt-Situation der Macht und Eingeständnis dessen beider Parteien, hell und dunkel. Und dann Verhandlungen bzw. Annäherung. So sollte es in meinen Augen laufen.