Darf ich fragen wer mit dem Nazi gemeint ist ?
Na klar darfst du. Vielleicht kam das etwas falsch an, dass ich meinte, dass ich mich damit nicht auf count flos Beispiel beziehe, weil man es - wie du anscheinend - so verstehen könnte, dass ich stattdessen ein ganz anderes Beispiel meinte.

Ich wollte damit aber eigentlich nur sagen, dass es mir bei dem Teil um überhaupt kein Beispiel ging, sondern eben, wie gesagt, nur um die pointierte Äußerung zur Veranschaulichung der Aussage vorher. Sie sollte zeigen, dass aus Sicht einer Position vom Rand aus nunmal auch gemäßigtere Positionen der gleichen politischen Strömung sehr schnell als ein Teil der "entgegengesetzten" politischen Richtung wahrgenommen werden, so dass (zum Beispiel) aus der Sicht eines Rechtsradikalen heraus halt auch ein Konservativer logischerweise als zu links angesehen wird. Darum ging es ja als Thema im Prinzip, dass also die CDU aus CSU-Sicht zu linke Politik macht und letztere die erstere daher dauernd kritisiert. Das heißt aber nicht, dass die Politik "objektiv" auch wirklich links ist, nur weil sie linker ist als die Haltung der CSU. Das wollte ich also mit dieser überspitzten Äußerung kurz darstellen. Man kann nunmal rechte Politik machen, die aber linker ist als das, was die CSU möchte - und das tut die CDU meiner Meinung nach auch in weiten Teilen. Ausgangspunkt war schließlich die Frage, inwieweit die CDU linke Positionen vertritt und das sehe ich nicht so massiv wie es ihr zum Teil unterstellt wird. Darauf komme ich dann auch gleich nochmal zurück, weil ich gern noch auf deine drei Beispiele dazu eingehen würde.
Ich wollte damit jetzt also gar keine Personen oder gar Parteien in die Nazi-Ecke schieben. Solche Unterstellungen mag ich nämlich auch nicht gerne, zumal sie wegen des ständigen Gebrauchs inzwischen ja auch ziemlich wertlos sind. Der Vollständigkeit halber sei dazu auch noch gesagt, dass das Gleiche natürlich auch für linke Extremisten gilt. Da sieht man ja auch sehr schnell, dass die - und da sind wir direkt beim Thema - so ziemlich alles sofort sogar als Nazi abstempeln, wenn man eine andere Meinung hat. Selbst wenn es eigentlich von seiner Natur her eine gemäßigte linke Meinung ist. Von daher, da nehmen sich Extremisten gar nichts.
Das nur als Abstecher, dann noch zu deinen Beispielen für den Linksrutsch der Union:
1. Die Flüchtlingspolitik
Kann ich irgendwo verstehen, allerdings sollte man dazu sagen, dass der einzige annähernd linke Akt dieses erste Moment der Bundeskanzlerin war, die Flüchtlinge aus Ungarn ins Land zu lassen. Mag man als Fehler ansehen oder nicht, geschenkt. Tatsache ist aber nunmal, dass seither in der Flüchtlingspolitik eigentlich durchgängig keine linke Politik mehr verfolgt wurde. Der Vorwurf "alle ins Land zu lassen" stimmt ja so nicht. Das ist im Anschluss keine gezielte politische Entscheidung mehr gewesen, sondern die Macht des Faktischen. Natürlich war der Akt im September ein Faktor, warum es diese Welle hierher dann erst gab - trotzdem bin ich persönlich überzeugt davon, dass es nicht politische Absicht der Kanzlerin war, diese damit wirklich herholen zu wollen. Denn seither wird ja mit diversen Gesetzesänderungen versucht, das wieder zu reparieren - und inzwischen ja mit Erfolg, wenn man die zurückgegangen Zahlen so nennen möchte. Und die Flüchtlinge waren nunmal schon vorher da und wären sicherlich auch so gekommen. Ein Europa der offenen Grenzen hätte das einfach nicht verhindern können. Wie auch? Die Grenzen nicht zu schließen, war aber sicherlich keine humanitäre Entscheidung, sondern eine aus wirtschaftlichen und praktischen Erwägungen heraus.
Die Flüchtlinge sind jetzt da und man muss sehen, was man mit ihnen macht. Das ist aber keine linke Politik, sondern allein die Erfüllung der rechtlichen Bindungen, die Deutschland lange vorher eingegangen war. Viele haben nunmal nach dem aktuellen Recht ein Bleiberecht (viele auch nicht und werden ausgewiesen, darüber spricht nur nie jemand). Und da wegen des Flächenbrands in Syrien und Nachbarstaaten keiner weiß, wie lange sie hier bleiben werden, erscheint Integration als einziger gangbarer Weg. Ist das nun links? Fraglich. Selbst die AfD sagt ja offiziell, dass man das mit denen, die hier sind, machen muss und kritisiert vielmehr den Auslöser und den Umgang mit der Flüchtlingskrise selber. Ich sehe da also weit weniger linke Politik als andere. Man war nach dem ersten Akt einfach völlig überfordert und, wenn man wirklich ehrlich ist, auch machtlos dagegen. Nicht zuletzt, da in Europa gezankt wurde, was man an Maßnahmen machen kann.
2.Der unseelige und unnötige Ausstieg aus der Atom-Energie
Dafür wirst du als jemand, der die Parteiengeschichte kennt, mich vermutlich steinigen, aber meiner Meinung nach ist das keine wirkliche Frage der politischen Linken oder Rechten. Es ist natürlich schon richtig, dass das klassisch/historisch mehr ein Thema der Linken ist, aber als solches ist das Thema ja ehrlicherweise eigentlich völlig wertneutral. Ein Linker kann problemlos für die Kernenergie sein und ein Rechter dagegen, spricht gar nichts dagegen. Kenne auch beide Fälle. Dass der Eindruck da ist, Atomenergie sei rechts und Bio links, hat meiner Meinung nach sehr viel mit der Außendarstellung der Grünen zu tun, die das Thema Umweltschutz ja durchaus immer noch erfolgreich versuchen, für sich zu pachten. Nur was soll daran eigentlich per se links sein? Sehe ich einfach nicht. Mir scheint, das hinterfragt nur kaum jemand. Dieses Image als Alleinstellungsmerkmal gegenüber allen anderen Parteien haben sich die Grünen schon recht clever zugelegt, muss man ihnen lassen.
3.Die Zusammenarbeit mit den GRÜNEN
Da sehe ich den Wandel eigentlich auch viel mehr auf Seiten der Grünen. Wenn man sich die Wählerschaft der Grünen inzwischen anschaut, lässt sich ja nachweisen, dass sich darunter ein starker konservativer Stamm befindet, die die Grünen halt u.a. wählen, "weil die als Einziges für die Umwelt sind". Du bringst verständlicherweise gerne Äußerungen der Union aus etwas entfernterer Vergangenheit, dass sie niemals mit den Grünen koalieren würde. Man muss hier aber schon sehen, dass die Grünen heute eben nicht mehr die Partei sind, die sie zu jener Zeit waren. Natürlich war zu der Zeit eine Zusammenarbeit völlig ausgeschlossen, weil die Grünen mit Konservativen nun gar nichts zu tun hatten und Teil der Gegenbewegung waren. Das hat sich aber mit dem Herauswachsen der Partei aus ihrem chaotischen Status zu Beginn deutlich geändert. Die Grünen sind inzwischen (ob es einem nun gefällt oder nicht, ich meine das völlig wertneutral) eine im klassischen Sinne etablierte Partei geworden. Selbst der heutige ideologische Flügel der Partei ist ja vergleichsweise (!) zahm, jedenfalls aber deutlich unbedeutender geworden, wenn man sich die frühen Jahre der Grünen anschaut.
Ist es also ein Nachweis, dass die Union jetzt viele linke Positionen hat, nur weil eine Koalition mit den Grünen nicht mehr auszuschließen ist? Ich denke nein. Wenn ich mir die Entwicklung der Parteien in den letzten Jahrzehnten anschaue, haben sich die Grünen sicherlich weitaus mehr in die Mitte bewegt als die Union (freiwillig) nach links.