Ach, die ewig gleiche Debatte nach 'nem Anschlag. Die geht mir echt auf den Keks.
Man kann doch zwei Aspekte als zwei Aspekte behandeln und muss nicht alles vermischen. Und das werfe ich jetzt auch mal den Leuten vor, die immer als erste "Keine Verallgemeinerung!" fordern. Eure Argumentation ist doch auch nicht besser als die der anderen Seite, nur weil sie ein friedlicheres, deeskalatives Gewand trägt.
Ist auch nur die genauso verallgemeinernde Antithese zu "Alle Muslime sind Terroristen", die eine Debatte verhindert.
Ja, da müssen wa halt wieder Kriech führn, wa?
Das ist auch ne blöde, unproduktive Polemik find ich. Vielleicht will ja gar nicht jeder, der was kritisieren will die AfD an der Macht und den nächsten Krieg gegen den Terror ausgerufen sehen? Da bringt auch eine sichtbar überzogene Spitze nix. Guck, wie lang ihr darüber redet, anstatt über was produktives.
Die einen schreien "XY ist Scheiße!", die anderen "Verallgemeiner nicht!". Ihr haltet euch vielleicht die Balance um das jeweils schlimmste der Gegenseite zu verhindern, aber trotzdem nehmt ihr die produktive Diskussion und Maßnahmen in einen Zangengriff der in meinen Augen einfach zu Stillstand führt.
Gerne. Radikalisierungsmechanismen funktionieren gleich und sind nicht abhängig vom gewählten Wertekanon des Radikalisierten. Jeder Islamist hätte genauso gut ein Rechtsextremist werden können. Es ist also müßig eine grundsätzlich Debatte über eine Religion erzwingen zu wollen, die vom weitaus größten Teil der Gläubigen friedlich praktiziert wird. Weil es vor allem davon ablenkt, endlich mal einen Diskurs darüber zu führen, warum manche Menschen besonders empfänglich für die radikalen Strömungen und ihre Menschenfänger sind.
Ist es denn ganz so zufällig oder gleich wahrscheinlich?
Dass ein frommer Muslim ein Rechtsterrorist wird? Oder ein atheistischer Ostdeutscher Islamist?
Ich hatte immer den Eindruck, dass man schon tendenziell in seinem Milieu bleibt. Die Zahl der Konvertiten, egal wohin, ist immer wesentlich geringer als die Zahl derer, die im Weltbild von Familie und Freunden verankert bleiben.
Ich bin in einer sehr religiösen Familie aufgewachsen und ausgestiegen. Ich behaupte mich ganz gut in religiöse Menschen hineinversetzen zu können, denn ich war mal selbst einer von ihnen. Ich glaube den Quatsch nicht, dass solche Attentate oder andere Verbrechen "Nichts mit
Religion X zu tun haben." Monotheismus, Sendungsbewusstsein, Paradies- und vor allem Höllenglaube, ein völlig abgehobenes Verständnis von Geschichte und die jeweiligen Vorstellungen vom Menschsein haben definitiv einen Einfluss auf die Leute. Wer glaubt, dass sein gegenüber nach dem Tod in eine ewige Hölle kommt und das auch noch verdient, der denkt anders über seine Mitmenschen, als wir vielleicht wahrhaben wollen. Und viele glauben sowas leider wirklich. Auch wenn wir das gerne mit dem gleichen leicht spöttischen, säkularen Kopfschütteln abtun, mit dem man auch die schrullige Tante bedenkt, die an Horoskope glaubt. Das ist nicht unbedingt vergleichbar.
Mir ist schon bewusst, dass trotzdem viele weitere Faktoren in eine Radikalisierung reinspielen. Aber es widerstrebt mir einfach sehr, so zu tun, als habe bestimmtes Gedankengut keinen Einfluss auf bestimmte Taten. Und diese Sichtweise sehe ich gefühlt sehr oft bei dieser Debatte.
Bei allen anderen Themen sind wir uns relativ einig. Sprache fördert Sexismus, Rassismus und viele weitere Probleme. Aber wenn jemand einen Lehrer wegen einer Zeichnung köpft, hat das nichts damit zu tun, dass er denkt, dass Zeichnungen verboten sind und er von einem unsichtbaren Wesen beauftragt ist, das zu regeln? Das ist doch lächerlich.
Im Zuge dieser Überlegung ein Vorschlag für eine Verallgemeinerung, die meiner Meinung nach mal produktiv ist.
Ja, der Islam ist ein Problem. Genau wie das Christentum. Das Judentum. Scientology, die Zeugen Jehovas, DeepFakes, Homöopathie oder biodynamische Landwirtschaft. Der Unterschied ist vielleicht eher qualitativ. (Homöopathie führt eher zu Geld-aus-der-Tasche-Ziehen als zu Anschlägen. Homöopathie sagt aber auch nicht, dass man denjenigen umbringen muss, der sie nicht akzeptiert.)
Wir stehen in den USA vor einer Wahl, in der wir Umgang und Einfluss von Fake News in allen Facetten auf die Gesellschaft beispielhaft vorgeführt bekommen.
Warum beschäftigen wir uns nicht mal generell mit allen
Fake News. Und zwar nicht nur ausschließlich, sondern lediglich inklusive des neumodischen Internetphänomens? Warum überlegen wir nicht, welche Rolle "Informationen" generell spielen, die sich jemand aus dem Hintern gezogen hat und was sie mit unserem Denken machen? Egal ob sie von Trump, dem Priester oder dem Imam kommen?
Was macht es mit einem Menschen, wenn ihm beigebracht wird, dass Andersdenkende mit einem gerechten ewigen Tod in der Hölle bestraft werden? Was machen wir, wenn uns jemand so etwas weismachen will? Was machen wir mit Kindern, die sowas in der Schule zum Ausdruck bringen? (Es fängt ja vermutlich nicht sofort mit Köpfen des Lehrers an?)
Warum lachen wir Trump aus, aber nicht den Priester?
Wollen wir, dass die Krankenkassen Homöopathie übernehmen, aber Brillen nicht mehr voll bezahlen?
Wie wollen wir als Gesellschaft mit Fake News im weitesten Sinne umgehen?
Hab das Gefühl solche Fragen führen zu mehr als die üblichen "Scheiß Islam" - "Rassist" Buhrufe...