Tagespolitik allgemein

Wenn das Asow-Regiment als Beweis dafür herhalten muss, dass es in der Ukraine ein nur militärisch zu lösendes Nazi-Problem anzugehen gilt, ist die Beweislage leider verdammt dünn. Es ist eine angesichts der russischen Aggression 2014/2015 aufgestellte Miliz mit einer Stärke (zur Hochzeit) von etwa 2.500 Mann, von denen laut verschiedenen Schätzungen etwa 20% gesichert als ultranationalistisch eingestuft werden können, mit starken Sympathien für faschistisches und neo-nazistisches Gedankengut. Kurz gesagt: Als die Ukraine sich im Krieg befand, strömten Menschen zu den Waffen, und ein gewisser Prozentsatz dieser Freiwilligen ist - oh Wunder - ganz schön hart rechts abgebogen. Das wird in der Ukraine auch durchaus kontrovers diskutiert und in liberalen Kreisen als sehr problematisch angesehen, angesichts des Krieges aber mehr oder weniger zähneknirschend geduldet. Wenn geschossen wird, Häuser brennen und Bomben fliegen, rücken Fragen wie "Wie sehr rechts stehen die Leute, die gerade diese Stellung halten?" in den Hintergrund - überall.

Viel wichtiger: Bei den Wahlen 2019 kam das geschlossene Bündnis aller rechtsextremen Parteien auf gerade mal 2,4% der Stimmen und stellt damit genau einen Abgeordneten von 450 im Parlament. Da haben wir in Deutschland, wenn ich mir mal die Wahlergebnisse von NPD und AfD anschaue, ein deutlich größeres Problem - reden uns das aber vielleicht etwas erfolgreicher schön.

Wir halten mal fest: Die Ukraine ist ein freiheitlich-demokratischer Staat. Ihr demokratisch gewählter Präsident ist jüdischen Glaubens und hat Angehörige in der Shoa verloren. Rechtsextreme kamen bei der Parlamentswahl auf gerade mal 2,4%. Es gibt bei Milizen und regulären Verbänden einen bestimmten Prozentsatz von ultrarechten Personen. Abgesehen von dem Teil mit dem geringen Wahlerfolg für Rechte könnte ich da auch von Deutschland schreiben.

Der Holocaust-Vergleich ist insofern relevant, als dass a) einem ganzen Volk die nationale Identität und Existenz mit brutaler Waffengewalt verweigert wird b) Millionen von Menschen auf der Flucht sind und c) die "Blut und Boden"-Rhetorik von Putin den Weg weist, dass es noch deutlich übler geht. Es wurde nicht gesagt "Wir werden in KL und durch Erschießungen massenhaft ermordet", sondern darauf hingewiesen, wie ähnlich Theorie, Ideologie und Praxis dem NS-Staat sind. Ob der Vergleich taktisch klug gewählt, darüber mag man streiten, aber pauschal von der Hand zu weisen ist er imo nicht.

Bandera ist eine extrem kontroverse Figur, auch in der Ukraine und ihren Nachbarstaaten. Als ukrainischer Nationalist kämpfte er gegen die Sowjetunion und wurde damit in Teilen des Landes zu einem Nationalhelden, aber seine faschistischen Neigungen und die phasenweise Zusammenarbeit mit NS-Deutschland haben dieses Bild getrübt - auch wenn sich Bandera später gegen die Nazis stellen, als diese deutlich machten, dass sie kein Interesse an einer unabhängigen Ukraine hatten. Wie sehr er für Massenmorde (mit)verantwortlich war, ist historisch mindestens so umstritten wie seine Ehrung, davon frei sprechen kann man ihn aber kaum.

Kurzum: Das Einzige, was damit bewiesen ist, ist die Tatsache, dass die Ukraine im Umgang mit unschönen Aspekten ihrer Geschichte und Gegenwart...auch nicht viel anders handelt als Staaten, die sich deutlich weniger Vorwürfe in diese Richtung anhören müssen. Und in die keine Armee in einem Eroberungskrieg einmarschiert ist, mit dem fadenscheinigen Vorwand der "Entnazifizierung".
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir halten mal fest: Die Ukraine ist ein freiheitlich-demokratischer Staat. Ihr demokratisch gewählter Präsident ist jüdischen Glaubens und hat Angehörige in der Shoa verloren. Rechtsextreme kamen bei der Parlamentswahl auf gerade mal 2,4%. Es gibt bei Milizen und regulären Verbänden einen bestimmten Prozentsatz von ultrarechten Personen. Abgesehen von dem Teil mit dem geringen Wahlerfolg für Rechte könnte ich da auch von Deutschland schreiben.

Es ist jedenfalls ein Zeichen wie hartnäckig die russische Propaganda selbst im Westen Fuß fasst und sich festsetzt. Als es 2014 zum Umsturz kam, wurde das Narrativ der faschistischen Regierung der Ukraine schon verbreitet und es war damals schon Quatsch, wenn man sich anschaut wie faschistische Vertreter in der Ukraine agieren und wahrgenommen werden. Es wird deutlich wie Hanebüchen und erzwungen das ist.

Das hier habe ich 2014 geschrieben, vor 8 Jahren :crazy, als das russische Propagandanarrativ warum man in der Krim und im Osten der Ukraine intervenierte hier erstmals verbreitet wurde:

"Die Gründe, die von Russland genannt wurden sind allesamt Rohrkrepierer. Es gab keine Jagd auf Russen und auch die Ukrainisierung zur Konsolidierung der Sprache ist ein eher normaler Vorgang der in anderen mehrsprachigen Staaten auch keinen Grund für einen bewaffnete Intervention von Außen rechtfertigte. Eher hat sich die ukrainische Übergangsregierung deutlich von den sogenannten Faschisten distanziert, sie teilweise verhaftet und sonstige Aktionen eben jener auch verurteilt. Der Maidan wurde auch geräumt gegen den Widerstand des rechten Sektors. Derzeit würden die Swoboda und der rechte Sektor wohl beide an der 5%-Hürde scheitern."

Schön dass der letzte Satz sich auch bei den Parlamentswahlen 2019 bestätigt hat. Aber ich garantiere euch eines, dieses Narrativ wird sich auch hier halten und immer mal wieder hoch kommen.
 
Als es 2014 zum Umsturz kam, wurde das Narrativ der faschistischen Regierung der Ukraine schon verbreitet und es war damals schon Quatsch

Man könnte sich ja mal fragen, ob der Wegfall der Ostregionen und der Krim als Wahlgebiete einen signifikanten Einfluss darauf hatte, dass die rechtsextremen politischen Parteien 2019 aus dem Parlament gekickt wurden. Da mal genauer hinzuschauen traut sich irgendwie niemand von den Schreihälsen...
 
Mal ein leicht anderes Thema. Es wird aktuell ja sehr viel über die Spritpreise gejammert. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Aber woher kommt eigentlich das Märchen dass Auto fahren trotz der hohen Spritpreise immer noch günstiger sei als mit der Bahn zu fahren? Das wird in den sozialen Medien ja doch immer wieder verbreitet.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich vertrete zwar auch die Ansicht dass die Bahn noch deutlich günstiger sein könnte als sie es aktuell ist, aber man braucht kein Rechengenie sein um zu bemerken dass ein Monatsabo der Bahn das Auto preislich definitiv schlägt (und das auch ohne die bei diesen Diskussionen oft unterschlagenen Nebenkosten des Autos mit einzubeziehen).

Oder ein anderes Beispiel: Ich fahre an Ostern für knapp 100€ von Stralsund nach Nürnberg und zurück. Für das Geld würde ich mit dem Auto nicht mal die Hinfahrt finanziert bekommen
 
Also für mich ist die Bahn definitiv billiger als das Auto. Schon deshalb weil ich ein Jobticket habe.
Aber im Großraum Frankfurt es weniger der Preis als die Unzuverlässigkeit der Bahn.
Die Frage ist hier nicht ob die Bahn Verspätung hat sondern wie viel.
Die Möglichkeit das Dir ein rosa/blaues Einhorn begegnet auf dessen Rücken Elvis Presley sitzt und "I the Ghetto " singt ist wahrscheinlicher als eine S1 die pünktlich fährt.
 
Diese Diskussion wird in der Regel ja nicht nur über das monitäre begründet.

Die meisten Autofahrer schätzen die kürzere Reisezeit und die Flexibilität, die ihnen das selbstbestimmte Fahren ermöglicht, während sie Unzuverlässigkeit/Unpünktlichkeit kritisieren. Die ÖPNV-Nutzer verweisen wiederum oft auf das bequemere Reisen, weil man halt gefahren wird anstatt selbst zu fahren.

Das Problem beim ÖPNV ist meines Erachtens, dass sich manche Umstände (wie bspw. Reise- und Taktzeit) nur ändern, wenn die Fahrgastzahlen steigen. Ein ICE auf jeder Regionalstrecke ist in Anschaffung und Unterhalt bei den derzeitigen Fahrgastzahlen halt überhaupt nicht rentabel. Hier beißt sich die Katze sozusagen in den eigenen Schwanz.

Grundsätzlich würde ich einen kostenlosen ÖPNV aber begrüßen. Genauso auch das vor Jahren in der EU diskutierte kostenlose Interrail-Ticket für 18-jährige, um die Völkerverständigung zu fördern.

Grüße,
Aiden
 
Mal ein leicht anderes Thema. Es wird aktuell ja sehr viel über die Spritpreise gejammert. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Aber woher kommt eigentlich das Märchen dass Auto fahren trotz der hohen Spritpreise immer noch günstiger sei als mit der Bahn zu fahren? Das wird in den sozialen Medien ja doch immer wieder verbreitet.

Es kommt halt immer darauf an, wo man wohnt. Klar, Bus und Bahn sind nicht unbedingt teurer, als mit dem Auto zu fahren, aber in vielen ländlichen Gegenden leider viel zu unflexibel, wenn z.B. nur alle zwei Stunden ein Bus oder eine Bahn kommen, und die letzte Verbindung irgendwann abends um halb acht eintrifft.
Das Problem ist, dass Deutschland ein Automobil-Land ist, dessen Wirtschaftskraft in hohem Maße von dieser Industrie abhängt. Jahrzehntelang hat man so den ÖPNV im ländlichen Raum kaputtgespart, Innenstädte autogerecht gemacht, und Güterverkehr von der Schiene auf die Straße verlagert. Menschen sollten quasi gezwungen sein, sich eine mehrere tausend Euro teure Maschine zu kaufen, um mobil zu sein. Hinzu kommt noch, dass bei vielen Menschen das Verhältnis zum Auto kein rationales, sondern extrem emotional aufgeladen ist. Die meisten Autos stehen zu 95% der Zeit auf einem Parkplatz, und wenn sie bewegt werden, ist damit zu 80% eine Person unterwegs. Das ist komplett ineffizient und im 21. Jahrhundert eigentlich ein Wahnsinn. Konzepte für die Zukunft können eigentlich nur so aussehen, dass man massiv in den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel investiert, und dort, wo man mit Bus und Bahn nicht weiterkommt, zB auf Car-Sharing-Konzepte ausweicht, d.h. ich besitze kein eigenes Auto mehr, sondern habe ledinglich Zugriff darauf, wenn ich eins benötige. Bis dahin wird es aber noch ein langer Weg sein. Das Konzept, einige Millionen Autos mit Verbrennermotoren durch einige Millionen Autos mit Elektroantrieb zu ersetzen, mag zwar der Autoindustrie gefallen, ist klima- und umwelttechnisch aber unterm Strich genauso schlecht, wie alles so zu lassen, wie es ist.

C.
 
Mich stört an der Bahn vor allem, dass ich in MV mit dem ICE nur unwesentlich schneller bin als mit den Regionalzügen (eine Zeitersparnis von 3 Minuten auf der Strecke von Stralsund nach Rostock ist ein schlechter Scherz).
Wenn jetzt mehr Menschen auf die Bahn umsteigen und das bewirkt dass die Bahn ihr Netz modernisiert wäre das ja ein positiver Nebeneffekt.
 
Mal ein leicht anderes Thema. Es wird aktuell ja sehr viel über die Spritpreise gejammert. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Aber woher kommt eigentlich das Märchen dass Auto fahren trotz der hohen Spritpreise immer noch günstiger sei als mit der Bahn zu fahren? Das wird in den sozialen Medien ja doch immer wieder verbreitet.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich vertrete zwar auch die Ansicht dass die Bahn noch deutlich günstiger sein könnte als sie es aktuell ist, aber man braucht kein Rechengenie sein um zu bemerken dass ein Monatsabo der Bahn das Auto preislich definitiv schlägt (und das auch ohne die bei diesen Diskussionen oft unterschlagenen Nebenkosten des Autos mit einzubeziehen).

Oder ein anderes Beispiel: Ich fahre an Ostern für knapp 100€ von Stralsund nach Nürnberg und zurück. Für das Geld würde ich mit dem Auto nicht mal die Hinfahrt finanziert bekommen

Wenn man die Nebenkosten des Autos einrechnet (Anschaffung, Betriebskosten, Versicherung) dann ist Auto wohl immer teurer, wenn man es nur dafür nutzt.

Aber wenn ich das Auto sowieso brauche, weil ich sonst nicht zur Arbeit komme, dann entfallen einige Kosten, andere bleiben (z.B. höhere Versicherungsbeiträge wegen der höheren Jahreskilometerleistung, häufigere Inspektionen/Verschleiß).

Für eine Einzelperson ist die Bahn dann immer noch günstiger (vor allem bei Spartarifen), ab zwei Personen kommt es schon drauf an, welchen Tarif man bekommt, mit vier Personen (älter als 12) rechnet es sich dann schon mit dem Auto, falls ich nicht einen Super-Sparpreis bekomme.
 
Wenn man die Nebenkosten des Autos einrechnet (Anschaffung, Betriebskosten, Versicherung) dann ist Auto wohl immer teurer, wenn man es nur dafür nutzt.

Aber wenn ich das Auto sowieso brauche, weil ich sonst nicht zur Arbeit komme, dann entfallen einige Kosten, andere bleiben (z.B. höhere Versicherungsbeiträge wegen der höheren Jahreskilometerleistung, häufigere Inspektionen/Verschleiß).

Für eine Einzelperson ist die Bahn dann immer noch günstiger (vor allem bei Spartarifen), ab zwei Personen kommt es schon drauf an, welchen Tarif man bekommt, mit vier Personen (älter als 12) rechnet es sich dann schon mit dem Auto, falls ich nicht einen Super-Sparpreis bekomme.
Das ist klar, wenn man in Gruppen unterwegs ist ist Auto immer günstiger, und dann stimmt auch die Umweltbilanz.
Solange es aber so ist dass (Achtung, bewusst überspitzt formuliert) Leute alleine im SUV zur Arbeit pendeln stimmt die Rechnung aber denke ich in keinem Szenario.
 
Böhmermann hatte das letzten Freitag zum Thema (ab 17:35). Dort hat er eine Beispielrechnung aufgemacht:

Eine Vierköpfige Familie möchte von Chemnitz nach Berlin.

Mit der Bahn kostet das in eine Richtung 196 Euro.
Mit dem Auto dagegen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Spritpreise € 53,-.

Das läuft schon ziemlich falsch...
 
Das ist klar, wenn man in Gruppen unterwegs ist ist Auto immer günstiger, und dann stimmt auch die Umweltbilanz.
Solange es aber so ist dass (Achtung, bewusst überspitzt formuliert) Leute alleine im SUV zur Arbeit pendeln stimmt die Rechnung aber denke ich in keinem Szenario.

Zustimmung!

Aber es gibt auch Fälle, wo ich halt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht hinkomme oder Stunden brauche, grad in Nicht-Ballungsgebieten. Kollegen von mir, aus Dörfern in MV, SH oder NS, kommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht nach HH.
 
Böhmermann hatte das letzten Freitag zum Thema (ab 17:35). Dort hat er eine Beispielrechnung aufgemacht:

Eine Vierköpfige Familie möchte von Chemnitz nach Berlin.

Mit der Bahn kostet das in eine Richtung 196 Euro.
Mit dem Auto dagegen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Spritpreise € 53,-.

Das läuft schon ziemlich falsch...
Wie gesagt, sobald man in Gruppen unterwegs ist schwenkt das Pendel Richtung Bahn. Aber wie sieht das denn in der Praxis aus, wie viele kriegen regelmäßig ihr Auto voll? Ist es nicht eher so dass die meisten allein im Auto auf dem Weg zur Arbeit sitzen? So Fahrgemeinschaften sind doch immer noch eher eine Seltenheit.
 
Was viele bei der Bahn auch vergessen ist der Buchungszeitraum. Wenn ich einen Super-Sparpreis haben will muss ich bestenfalls zwei Wochen oder mehr im Vorraus buchen, danach wird es stetig teuer. Heißt also alles was einigermaßen flexibel ist fällt raus. Es gibt aber schon gute Ansätze, wie hier z.b. das Bayernticket, dass auch sehr gut genutzt wird.

Ich bin für meinen Bachelor täglich 40 Minuten mit dem Zug gependelt und das habe ich nur gemacht, weil zufällig in meinem Wohnort ein Bahnhof ist. 2 km weiter im Nachbarort ist das nicht und ein Bus dorthin fährt 2x täglich. Der Witz war: mein Studententicket galt hier nur bis zur Landkreigrenze, also musste ich für 2/3 der Strecke noch mal extra ein Ticket haben und kaufen. Wollte ich dann mal mit dem Ticket mit dem Regionalexpress in die nächste Stadt meines Wohnortes fahren, hab ich Probleme bekommen, da die Haltestelle, die auf dem Ticket stand nicht von der RE angefahren wurde und ich daher genaugenommen schwar fahren würde, obwohl es die selbe Strecke ist. Tatsächlich durfte ich dann 1x trotz gültiger Monatskarte noch mal eine Strafe löhnen, da ich im anderen Zug saß.
Das sind so bürkratische Spielchen die einen auf Dauer einfach nur nerven. Dazu kommt dann noch, dass zu den Stoßzeiten die Züge heillos überfüllt waren sodass ich gerne mal 40 Minuten im Gang stehen durfte. Vom ÖPNV will ich da gar nicht reden. Und Bayern bzw. Franken ist da immer noch vergleichsweise gut ausgebaut.

Alleine schon wenn man sich den Preis einer Bahncard 100 anschaut wird mir anders. Die Kostet laut Bahnseite 4.144 Euro.

Ein anderes Beispiel: Wenn ich von hier aus dem Norden von Bayern nach Marburg mit dem Zug fahren würde kostet mich das im billigsten Preis 30 Euro für die einfach Fahrt, obwohl ich ein Studententicket habe mit dem ich in ganz Hessen fahren kann also Zahle ich nur die Fahrt nach Ffm. Die Fahrt dauert 3.30 Stunden, und ich muss alle Anschlusszüge bekommen, dass mein Zeitplan stimmt. Wäre dem nicht so, müsste ich in FFM ca 1 Stunde warten bis wieder ein Zug fährt. sollte ich aber dann so knapp unterwegs sein, dass ich ohnehin mit dem letzten Zug fahren müsste. Wäre ich, wenn ich den verpasse aufgeschmissen. Gerade erst Jetzt durch die erhöhten Spritpreise ist die Zugfahrt tatsächlich zum ersten Mal billiger als mit dem Auto zu fahren (wo ich nur etwas über 2h brauche und deutlich flexibler bin) Momentan kommt der Corona-Aspekt für mich noch dazu. Ich vermeide es so schon mich unter Leute zu begeben, da ist Zug fahren keine Ausnahme.
Zwar mag das Zug fahren jetzt billiger sein, aber die Bahn wird sehr bald die Preise Kräftig erhöhen. Alleine schon weil der Konzern, wie so vieles andere staatliche auch, komplett missgemanaged ist und allein diese aufgeblähte Bürokratie viel Geld verschlingt, welches im Ausbau des Angebots sicher besser aufgehoben wäre.
 
Wie gesagt, sobald man in Gruppen unterwegs ist schwenkt das Pendel Richtung Bahn. Aber wie sieht das denn in der Praxis aus, wie viele kriegen regelmäßig ihr Auto voll? Ist es nicht eher so dass die meisten allein im Auto auf dem Weg zur Arbeit sitzen? So Fahrgemeinschaften sind doch immer noch eher eine Seltenheit.

Wie ich bereits oben schrieb: In den meisten Fällen sitzt in Autos, die bewegt werden eine Person.
Früher wurden gefühlt öfter Fahrgemeinschaften gebildet, die aber im Laufe der Jahre immer mehr den flexiblen Arbeitszeiten und dem Drang der Menschen nach Individualität zum Opfer gefallen sind. Wer keine Geduld hat, auf den Zug zu warten, der will nunmal auch nicht eine halbe Stunde auf den Kollegen warten, der vielleicht noch etwas fertig machen muss, oder in einer Besprechung sitzt.
Ich hoffe inständig, dass die Pandemie einen positiven Effekt auf die Haltung vieler Arbeitgeber zum Homeoffice hat. Durch eine entsprechende Regelung könnte man viel Verkehr von der Straße bekommen, und in einigen Familien könnte die Überlegung reifen, ob man denn wirklich zwei, drei oder mehr Autos pro Haushalt braucht, wenn nicht mehr jeder jeden Tag ins Büro pendeln muss.

C.
 
Wie gesagt, sobald man in Gruppen unterwegs ist schwenkt das Pendel Richtung Bahn. Aber wie sieht das denn in der Praxis aus, wie viele kriegen regelmäßig ihr Auto voll? Ist es nicht eher so dass die meisten allein im Auto auf dem Weg zur Arbeit sitzen? So Fahrgemeinschaften sind doch immer noch eher eine Seltenheit.

Ich habe vor ein paar Jahren im Norden Hamburgs gearbeitet (wohne südlich von HH). Startete mit dem Metronohm bis HH Hauptbahnhof, dann S-Bahn, dann noch eine kurze Strecke mit dem Bus. Wenn alles wie am Schnürchen lief habe ich für Hin- und Rückweg 2,5 h täglich benötigt, meist aber eher drei. und ich musste immer flitzen um den Anschluss noch zu bekommen. Nach einem Jahr hatte ich die Nase voll, war endgestresst, habe mir einen Job im Süden gesucht und gekündigt.

Eine Kollegin arbeitet im Schichtbetrieb, aber für die Frühschicht, die bei uns um 4:45 beginnt, muss sie auch das Auto nehmen, obwohl sie in HH wohnt, da die erste S-Bahn nicht früh genug fährt. Sonst schafft sie die Ablösung nicht pünktlich.
 
Mal ein leicht anderes Thema. Es wird aktuell ja sehr viel über die Spritpreise gejammert. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Aber woher kommt eigentlich das Märchen dass Auto fahren trotz der hohen Spritpreise immer noch günstiger sei als mit der Bahn zu fahren? Das wird in den sozialen Medien ja doch immer wieder verbreitet.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich vertrete zwar auch die Ansicht dass die Bahn noch deutlich günstiger sein könnte als sie es aktuell ist, aber man braucht kein Rechengenie sein um zu bemerken dass ein Monatsabo der Bahn das Auto preislich definitiv schlägt (und das auch ohne die bei diesen Diskussionen oft unterschlagenen Nebenkosten des Autos mit einzubeziehen).

Oder ein anderes Beispiel: Ich fahre an Ostern für knapp 100€ von Stralsund nach Nürnberg und zurück. Für das Geld würde ich mit dem Auto nicht mal die Hinfahrt finanziert bekommen
Frag doch Mal bei der schwarz / roten Koalition nach, die jahrelang Verkehrspolitik zu Gunsten des Autos gemacht hat während man bei der deutschen Bahn wortwörtlich die Schienen rausgerissen hat, während man auf maximale Gewinnorientierung trimmt.

Autos sind gerade in Großstädten eine unfassbare Platzverschwendung und das Verbot von Individualverkehr in Innenstädten ist längst überfällig. Man wird ja mal träumen dürfen.
 
Autos sind gerade in Großstädten eine unfassbare Platzverschwendung und das Verbot von Individualverkehr in Innenstädten ist längst überfällig. Man wird ja mal träumen dürfen.

Das würde in Deutschland zu einer ohnehin bereits voranschreitenden Verödung kleinerer und mittelgroßer Innenstädte führen. In Deutschland sind leider viele Personen noch immer so eingestellt, dass sie mit ihrer Karre am liebsten bis in die Läden reinfahren wollen. Selbst außerhalb parken, und die letzten Meter mit Bus oder Bahn fahren wird da bereits als Affront empfunden.
Dass es möglich ist, lebenswerte und belebte Innenstädte ohne oder nur mit wenigen Autos zu haben, zeigen hingegen unsere Nachbarländer. In den Niederlanden sind die Innenstädte zB sehr Fahrrad- und Fußgängerfreundlich angelegt, während man es Autos dort sehr schwer macht. Der Attraktivität und der Lebensqualität tut das jedoch keinen Abbruch, eher im Gegenteil.
Aber wie gesagt, es dürfte in Europa kein anderes Land geben, in dem der Automobil-Fetisch derart ausgeprägt ist, wie in Deutschland. Freie Fahrt für freie Bürger wurde hier ca. 70 Jahre lang in die Köpfe gehämmert, und es wird wohl noch ein oder zwei Generationen dauern, bis sich das relativiert.

C.
 
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