All die Maßnahmen haben eben genau das nicht erreicht.
Darum schrieb ich ja auch: endlich. Das bedeutet, dass endlich die richtigen Reformen angegangen werden müssen. Das die bisher ergriffenen Maßnahmen kaum Wirkung gezeigt haben, nun, da sind wir uns ja einig, nicht wahr? Fakt ist aber auch, dass Griechenland - vor Machtantritt Tsipras - tatsächlich einen leichten Primärüberschuss erzielen konnte. Man war zwar weit von den angepeilten 1,5 Prozentpunkten entfernt, aber selbst ein geringer weiterhin positiver Wert wäre besser als alles, was bis heute kam.
Stattdessen Selbstmordrate hoch, Säuglingssterblichkeit hoch, Gesundheitssystem am Bröckeln. Und andere Entwicklungen die andere schon erwähnt haben.
Tragisch, ja. Kürzungen in sozialen Bereichen fallen natürlich auch immer am leichtesten, denn die Armen und Bedürftigen haben letztendlich keine Lobby. Und auch wenn mir jedes Mitleid mit den Betroffenen fehlt, würde ich nicht behaupten wollen, dass die Sozialkürzungen die genau richtigen Maßnahmen waren bzw. richtig umgesetzt wurden. Fällig waren die Reformen im Bereich der staatlichen Wohlfahrt sicherlich, aber kluge Reformen gehen meistens über das simple Zusammenstreichen von Leistungen hinaus.
Erst hätte gar kein Geld fließen dürfen, und jetzt war es doch zuviel.
Sagt wer? Für mich war die Rettung Griechenlands bisher ohne Alternative und ich bin auch jetzt noch davon überzeugt, dass man genug Geld in die Hand nehmen muss, um Griechenland sowohl in der Eurozone als auch im letzten Schluss in der EU zu halten. Hätte, hätte, Fahrradkette löst keine Probleme. Ich bin der festen Überzeugung, man hätte Griechenland überhaupt nicht erst in die Eurozone aufnehmen sollen. Jetzt haben wir uns die Suppe aber eingebrockt, also müssen wir sie auch auslöffeln - und nicht einfach den Teller beiseite schieben und warten, bis er abgeräumt wird.
Das entbindet aber Griechenland nicht von der Pflicht harte Einschnitte hinzunehmen und zu erdulden. Irland, Spanien und Portugal haben sich auch nicht vor harten Reformprogrammen gescheut und auch dort hat die Bevölkerung unter den Maßnahmen gelitten. Wenn Griechenland nun eine bevorzugte Behandlung bekommt - und auf eine solche laufen die Wünsche der griechischen Regierung nun mal hinaus -, wie soll man das den Völkern dieser Länder erklären?
Aber wenn die Reformen jetzt doch wie durch Zauberhand sofort umgesetzt werden [...]
Langsam ist aber auch mal gut, mit der selektiven Wahrnehmung. Du weißt ganz genau, dass ich davon spreche, dass Reformen beschlossen und auf den Weg gebracht werden sollen und das genau das eben keine Monate und Jahre verschlingt. Leg' mir nun nicht in den Mund, ich würde behaupten, dass Reformen in Wochen umgesetzt werden können. Dankeschön.
Wie soll das je erreicht werden wenn ich die Binnennachfrage abwürge.
Die Binnennachfrage setzt sich aus drei Faktoren zusammen. Einer dieser Faktoren, der letztendlich entscheidende, ist die Investitionsgüternachfrage. Diese fehlende Investitionsgüternachfrage ist es, die einen beträchtlichen Teil zur desolaten Lage Griechenlands beisteuert. Die Streichung von Sozialleistungen und die Kürzung von Renten hat zwar - logischerweise - über die Konsumgüternachfrage auch Einfluss auf die Investitionsgüternachfrage, jedoch ist dieser gering, da Rentner und Arbeitslose verständlicherweise weniger konsumieren und somit, für die Gesamtnachfrage, eher zweitrangig sind. Eine antizyklische Finanzpolitik, wie sie ja von
@Cedrax Farlander immer wieder und wieder bemüht wird, würde nun versuchen, die schwache Gesamtnachfrage durch staatliche Nachfrage wieder in Schwung zu bringen, um so die Investitionsgüternachfrage zu steigern. Nun ist aber der ausschlaggebende Punkt, dass sich Griechenland momentan nicht in der Lage befindet, die staatliche Nachfrage in private Nachfrage umzuwandeln. Kein gewinnorientierter Unternehmer investiert in einem Land, dass sich in vielen Bereichen auf dem Niveau einer Bananenrepublik bewegt.
Interessant, Nobelpreisträger sagen [...]
Ja, all die Nobelpreisträger. Die Wirtschaft ist eben keine Naturwissenschaft und so ist jede Äußerung, so fachlich fundiert sie auch sein mag, am Ende eben nur eine Position für die sich eine ebenso fundierte Gegenposition aufstellen lässt. Und ja, Irland ist tatsächlich ein Vorzeigekandidat. Das Land hat mittlerweile wieder ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent, dass höchste innerhalb der gesamten EU.
Inwiefern lässt sich darüber streiten? Der Mensch hat seine Verhandlungspartner im Grunde mit dem IS und Al-Quaida in einen Topf geworfen. Also mit Menschen, die Unschuldige foltern, vergewaltigen und bestialisch ermorden. Als Mitglied der EU-Gremien wäre ich nicht beleidigt, sondern aufs tiefste persönlich verletzt.
Wenn du mal loslegst, dann immer volle Pulle, ne?
Der Punkt ist doch: Varoufakis mag sich tatsächlich wie der Elefant im Porzellanladen verhalten haben - dabei war er meines Erachtens sicherlich nicht der schlimmste Finger, er stand nur eben an einer der dafür denkbar schlechtesten Position -, aber jemand der sich moralisch über sein Verhalten erhebt, muss dann auch unter Beweis stellen, dass er dazu tatsächlich berechtigt ist und eben nicht in dieselbe Kerbe schlagen.
Ich weiß nicht, ob dir das bewusst, aber wegen der Reform- und Sparauflagen seitens der Geldgeber sind bereits Menschen gestorben und noch viel mehr wurden in große Not gestürzt. Sag mal diesen Leuten, Angehörige verloren haben oder nur dank spenden überleben, sie hätten nicht genug geopfert.
Nun trägt an der Verschlechterung der Gesundheitsversorgung die schludrige Umsetzung seitens der griechischen Regierungen ebenso große Schuld, wie die Sparauflagen der Geldgeber. Krankenhäuser könnten privatisiert werden, die dadurch freigewordenen Geldmittel den verbleibenden staatlichen Kliniken zugutekommen, gleichzeitig leistet sich Griechenland ein unglaublich gut finanziertes Militär, an dem bisher - meines Wissens - nicht ein Euro gespart wurde.