Ich denke schon eine ganze Weile darüber nach, was in unserem Forum in letzter Zeit geschieht. Eigentlich war mein erster Reflex, mich nicht einzumischen, weil ich nicht zur Zielscheibe werden will und weil ich nicht weiß, ob ich eine eventuell weiterführende Diskussion mittragen will. Doch andererseits bin ich (bis auf meine Fassungslosigkeit ob der zeitweisen und in meinen Augen völlig gerechtfertigten Schließung des Naturwissenschaften-Threads) eine Unbeteiligte, die vielleicht etwas nüchterner auf die Ereignisse schauen kann und womöglich von der Seitenlinie dazubeitragen kann, den Frieden wiederherzustellen. Es würde mich freuen.
Ich will mit der zentralen Frage anfangen, die mich umtreibt, seit die Debatte hier in den "Verbesserungsvorschlag"-Thread verlegt wurde. Es ist eine wichtige Frage und hier sind meine Gedanken dazu:
Wie genau stellt ihr euch eine Diskussion über ein kontroverses Thema vor?
Die wichtigste Grundlage einer Diskussion - vor allem um kontroverse, sensible, emotionale und intime Themen - ist meiner Ansicht nach das Zuhören. Hier hat ein schriftlich geführtes Forum gleichzeitig einen bedeutenden Nachteil und einen bedeutenden Vorteil.
Der
Nachteil ist, dass dem Schriftliche wesentliche Elemente der Kommunikation fehlen: Blickkontakt, Gesichtsausdrücke, Intonation, Gesten. Es ist nicht immer einfach zu unterscheiden, ob ein Kommentar augenzwinkernd oder gehässig gemeint ist. Emojis können dies meiner Ansicht nach nur bedingt ausgleichen. Daher ist im Schriftlichen die Wortwahl und das genaue Ausformulieren von herausragender Bedeutung. Wenn man über kontroverse Themen schreibt, ist es - wie mir scheint - sogar angeraten, sich erst einmal ein bisschen ins Thema einzulesen, um nicht Gefahr zu laufen, harmlos erscheinende Begriffe zu verwenden, die vielleicht von einschlägigen Gruppierungen gekapert wurden, und daher andere vor den Kopf stoßen könnten (da hatte
@icebär mit seinem Beispiel der "Unwörter des Jahres" einen guten Punkt gemacht, der mir auch nicht so bewusst war).
Der
Vorteil jedoch ist, dass man nichts überhören kann. Denn man kann immer noch einmal in Ruhe nachlesen. Man kann sich im Schriftlichen die Argumente der Diskussionspartner wirklich in Ruhe anschauen. Sie drehen und wenden, sogar unklare Begriffe nachschlagen, etc. Das ist ein unschlagbarer Vorteil gegenüber einer direkten verbalen Kommunikation, in der man schnell antworten will und schnell zuhören muss. Gerade bei schwierigen Themen ist doch wünschenswert, dass man sich mit den Argumenten anderer gut auseinandersetzt und dann überlegt antwortet. Man kann wirklich mal eine Nacht drüber schlafen, man ist nicht gezwungen, sofort den ersten Gedanken rauszuhauen.
Als zweites finde ich es wichtig, mit welcher Haltung man in die Diskussion geht. Warum möchte man über das Thema sprechen? Ist man offen gegenüber anderen Sichtweisen und ist man ganz prinzipiell dazu bereit, die eigene Meinung im Austausch mit anderen gar zu verändern? Ob man die andere Sichtweise für sich dann für richtig oder falsch befindet und seine Meinung anpasst oder nicht, bleibt dabei für mich offen. Aber die offene und freundliche Haltung zählt für mich. Oder hat man bereits eine vorgefertigte Meinung und will diese starr kundtun? Will man nur andere überzeugen? Warum? Meiner persönlichen Ansicht nach kann man zu Themen der genannten Art (sensibel, kontrovers) eigentlich nur mit einer ehrlich offenen und am anderen interessierten Art in die Diskussion gehen - denn alles andere wird nur zu verhärteten Fronten führen und die gibt es bei solchen Themen ja schon.
Als drittes möchte ich das Interesse am Gegenüber auflisten. Bei schwierigen Themen begibt man sich unweigerlich auf's Glatteis und läuft Gefahr den anderen unwissentlich und unwillentlich zu verletzen oder zu beleidigen. Für Anzeichen dafür sollte man aufmerksam sein. Daher ist es wichtig, durch die bereits genannten Punkte ein angenehmes Diskussionsklima zu schaffen, in dem jeder sich traut offen anzusprechen, wenn er sich angegriffen fühlt und dies auch zu erklären. Wenn die Diskussion bereits hitzig geworden ist, dann sollte man vielleicht mal zwischendurch innehalten und sich fragen, warum man plötzlich angegangen wird. Warum andere (oder man selbst) wütend werden. Warum man selbst zum Schlagabtausch übergeht, statt gelassen zu bleiben. Warum ein Thread geschlossen wurde. Dann ist es meiner Erfahrung nach sowohl hilfreich, sich selbst zu hinterfragen / reflektieren als auch bei den Diskussionsteilnehmern nachzuhaken, was man deren Ansicht nach falsch gemacht hat. Mn kann wertschätzend äußern, wenn man ein Fehlverhalten anderer wahrnimmt. Wenn es schon sehr hitzig zuging, sollte man da aber vielleicht die Gemüter vorher abkühlen lassen oder vielleicht jemanden, der etwas milder gestimmt scheint, diesbezüglich per PN anschreiben. Auch das ist ja ein Vorteil des Forums - man kann manches auch mal kurz hinter geschlossenen Türen klären.
Fazit: Meiner Ansicht nach ist eine Diskussion um kontroverse Themen etwas, was man sich gemeinsam erarbeitet und was einen selbst zum Nachdenken über die eigene Haltung zum entsprechenden Thema anregen sollte. Und eigentlich ist der Austausch im Rahmen der Diskussion nur der Weg zum eigentlich Ziel: Seine eigene Haltung zum Thema immer wieder zu reflektieren und dadurch zu finden. Eine früchtetragende kontroverse Diskussion sollte in meinen Augen entsprechend ernsthaft und sachlich geführt werden. Die Schriftform eignet sich dazu aus oben genannten Gründen insgesamt sogar recht gut dazu.
Ich finde das sehr ungerecht. Es sind keine Beleidigungen, Morddrohungen, Aufrufe zum Mord oder zur Gewalt gefallen, weshalb ich die Schließungen für willkürlich halte.
Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass man hier mehr Freiheiten genießen darf, hitzige Diskussionen über schwierige Themen – so lange sie keinen Straftatbestand beinhalten – nicht einfach so beendet werden.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich diese beiden Punkte wirklich kommentieren will. Aber sie enttäuschen mich innerhalb einer Debatte um Diskussionskultur in einem Star Wars-Forum so dermaßen, dass ich mich zu einem Kommentar entschieden habe.
Wir sind alle Star Wars-Fans. Uns verbindet die Freude an dieser phantastischen Welt, in der im Kampf gegen die Unterdrückung durch eine Einheitsmacht eine bunt zusammengewürfelte Truppe für die Freiheit kämpft, angetrieben von nichts mehr als Hoffnung. Und mir wird gerade sehr flau im Magen, wenn ich die zwei Zitate lese.
Punkt 1: Angesichts dreier geschlossener Threads aufgrund "hitziger" Diskussionen, lege ich dir - und, ja, ausnahmslos allen anderen Beteiligten - ans Herz offen, ehrlich, ich möchte fast schon sagen: brutal ehrlich mit sich selbst zu hinterfragen, ob tatsächlch keine Beleidigungen stattfanden. Und seine Gedanken dazu muss niemand hier öffentlich machen. Aber vielleicht besteht Hoffnung, dass ein paar Augen geöffnet werden und die Zukunft freundlicher wird.
Punkt 2: Ich lege genauso ans Herz, zu fragen: Wer soll hier mehr Freiheiten genießen dürfen? Denn wenn alle ihre "Freiheit" nur durch die Grenzen von Straftatbeständen begrenzt ausleben, dann gibt es keine Freiheit mehr. Dann herrscht das Recht des Stärkeren und des Lauteren. Das bringt mich zum nächsten Punkt:
Punkt 3: Dies sage ich, nachdem ich weiter oben meine Gedanken zu den Grundlagen einer kontroversen Diskussion aufgeschrieben habe. Wir sollten meiner Ansicht nach als Erwachsene in einer modernen Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts willens genug sein, zu erkennen, wenn wir anderen Menschen weh tun. Auch, wenn wir damit kein Gesetz brechen. Die persönliche Freiheit hört dort auf, wo ich die eines anderen verletze. Das gilt in beide Richtungen. Wenn wir ein soziales und gerechtes, friedliches Zusammenleben wollen, dann kann nicht gelten: Person A sagt, sie toleriert die Freiheit von Person B, deshalb darf B machen, was sie will. Nein. Person B sollte ebenfalls die Freiheit von Person A respektieren. Dann funktioniert es. Dabei müssen beide sicherlich irgendwo zurückstecken, aber dafür gewinnen sie insgesamt ein lebenswertes Zusammenleben und können Gemeinsinn und Gemeinschaft erleben. Daher kann es nicht sein, dass die Grenzen der Freiheit erst greifen, wenn ein Straftatbestand erfüllt ist. Es gibt ungeschriebene Regeln eines wertschätzenden, rücksichtsvollen Zusammenseins in einer Gemeinschaft. Wenn diese nicht verteidigt werden (z.B. in dem in diesem Fall Threads geschlossen wurden) und die Grenzen erst bei Straftatbeständen, Morddrohungen und Gewaltaufrufen gezogen werden, was für eine Gemeinschaft ist das dann?
Ich habe dies aufgeschrieben, weil mir dieses Forum sehr am Herzen liegt. Ich hoffe, damit Anregungen zu einem freundlicheren Meinungsaustausch in Zukunft geben zu können. Der Post spiegelt meine persönlichen Anichten und Gedanken zu den geschlossenen Threads wieder - nicht die absolute Wahrheit oder Weisheit. Ich finde die aktuelle Situation und Stimmung sehr traurig und weiß daher nicht, ob ich hier noch mehr zur Diskussion oder Lösungsfindung beitragen will und kann. Trotzdem war es mir wichtig,
dies hier beizutragen. Es tut mir leid, wenn einiges etwas gestelzt klingt, aber es war mir wichtig, dieses Thema ernsthaft zu behandeln.