Nomis Ar Somar
Wanderer
Ich habe hier zu keinem Zeitpunkt eine ausführliche, ausgewogene und „getrocknete“ Meinung zum Film geschrieben und nutze Deine Einstiegsfrage in dem doppelten Thread (welche ich hierhin verlagere) einfach mal dazu, dies jetzt zu tun....Wie hat euch „Der Aufstieg Skywalkers“ gefallen?
Episode IX - Der Aufstieg Skywalkers gefällt mir als SW-Film sehr gut, weil er in meinen Augen vieles richtig macht. Gewisser Frust (im Sinne von „Ach, dieses und jenes hätte man spielerisch besser machen können!“), welchen ich bei Episode VII - Das Erwachen der Macht und Episode VIII - Die letzten Jedi gespürt habe, ist auch hier vorhanden, aber nicht mehr in dem Ausmaß. Grundsätzlich handelt es sich hier ja um den Abschluss der Sequel-Trilogie, aber auch um den Abschluss der insgesamt drei Trilogien bzw. der ganzen Skywalker-Saga. Dementsprechend musste der Film ja mit einem großen Grund-Druck umgehen und man war darüberhinaus auch noch durch die jeweiligen Herangehensweisen der beiden Vorgängerfilme sowie die kurzen Veröffentlichungsintervalle von bloß 24 Monaten enorm unter zusätzlichem Arbeitsdruck. Ein Verschieben des Kinostarts kam für Lucasfilm ja anscheinend nicht in Frage. Also wurden die ganzen SW-Fäden zu Ende gesponnen. Neue solcher Fäden wie die Fragen nach Rey, Snoke, Widerstandsunterstützung aus der Galaxis, aber auch alte solcher Fragen wie nach dem Status quo von Palpatines Unsterblichkeitsmotiven in Episode III oder Obi-Wans Posthum-Ankündigungen/Androhungen gegenüber Darth Vader in Episode IV. Man hat sich da also innerhalb von 144 Minuten Filmzeit echt etwas aufgeladen; eigentlich schon zu viel, wenn man mich fragt. Ein paar Minuten - und einige konnte man ja immerhin auch für relativ „stumpfe“ Action-Szenen und Macguffin-Suchen aufwenden! - hätte man gerne in die genauere Erklärung von diesem und jenem Handlungspunkt investieren können. Im Zweifelsfall den ganzen Film ein bisschen länger machen, aber das ist ja anscheinend nicht JJ Abrams bevorzugte Vorgehensweise; er hat es halt lieber schnell und das muss man dann respektieren - und dennoch hätte ein bisschen mehr Erklärung dem Film gut getan, dabei bleibe ich. Alles in allem bin ich aber ziemlich zufrieden mit dem, was der Film darstellt und was er sein möchte. Episode IX schafft es, auf der einen Seite pompöses Finale, gleichzeitig aber auch die Errungenschaften der OT würdigend, mahnender Moralfinger und „Was-kann-theoretisch-passieren“-Epilog zu sein. Sie verwebt die Charakter-Generationen aus drei Trilogien auf ernsthafte Weise und arbeitet viel mit Spiegelungen und Reimen auf vergangene Filme, kommt dabei aber in einem frischen Gewand daher und fühlt sich für mich wie das „unausweichliche Ende, nach welchem vorher nie jemand gefragt hat“, an. Es kracht, es zischt und man merkt, dass diese Sequel-Trilogie, inhaltlich mit der Bedrohung durch Kylo Ren und die Erste Ordnung natürlich ein Alptraum nach den Vorstellungen von relativem Frieden nach Episode VI, mit jeder Sekunde mehr zu SW-Realität wird. Es ist, als würde die Trilogie und damit deren (neue) Figuren endlich auf eigenen Beinen stehen. Gerade Poe, Finn und Rey blühen als gemeinsames Trio auf und machen mir Spaß. Auch den getäuscht-verunsicherten Kylo Ren schaue ich mir sehr gerne in diesem Film an. Gerade mit dem vermeintlich wehrlosen Strippenzieher Darth Sidious mit seinen tausenden Sternzerstörern auf Exegol haben wir allein eine logistisch und militärische Dynamik, welche wir so bislang noch in keinem SW-Film hatten. Leider „lässt sich der Film von seiner inhaltlichen Hektik anstecken“ und verwendet plötzlich harte Zeitangaben wie „16 Stunden“ und rast von Planet zu Planet. Gerade an dieser Stelle hätte man dem Film lieber noch acht bis zehn Minuten gegeben mit einer handvoll kleineren Szenen auf den jeweiligen Planeten. Die ruhigen Szenen, welche der Film hat, wie zum Beispiel mit Poe und Zorii auf Kijimi oder mit Finn und Jannah auf Kef-Bir, machen das Ganze jedoch dann doch angenehm genug, als dass ich da jetzt die ganz große Kritik ausbreiten möchte. Meiner Interpretation folgend sehe ich am Ende einen Stellverteter-Kampf zwischen den Sith und den Jedi, welcher für mich stimmig und nicht zu spektakulär inszeniert ist. Dann noch die bittersüße Ironie, dass Anakins Enkel es vollbringt, jemand ihm nahestehendes vor dem Tod zu bewahren und dies dann auch noch die Enkeltochter des Verführers seines Großvaters ist. „Wenn wir zusammenarbeiten, können wir das Geheimnis lüften“, sprach Sheev Palpatine einst sinister zu Anakin Skywalker und dann wird diese Konversation über fünfzig Jahre und zwei Generationen später in einem völlig unerwarteten Kontext wieder „aufgenommen“. Insgesamt sehe ich auch wieder schöne Bilder und höre gute Musik von John Williams. Ich selbst hatte nach Episode VIII nicht mehr mit viel gerechnet, meine insgeheimen Hoffnungen auf einen gelungenen Abschluss, der sich nach „meinem SW anfühlt“, wurden aber quasi sogar übertroffen. Mein Sequel-Trilogie-Wertungspendel ist dank dieses Filmes eindeutig auf „Wohlwollen“ bzw. „Gefällt mir alles in allem“ ausgeschlagen und schiebt meine Kritikpunkte an der Trilogie (insbesondere an TLJ) ein Stück weit zur Seite und kaschiert sie. Insgesamt war mir aber auch eine emotionale Bindung zu SW-Filmen immer viel wichtiger als eine logische oder selbst inhaltliche. Dies gelingt dem Film und so hat er mich gewonnen.
Der Film hätte etwas präzisere Arbeit leisten können und hätte ein, zwei, drei Aspekte/Szenen mehr zeigen können. Wäre dies geschehen, hätte ich gesagt „Eindeutig Treppchen!“ (Platz 3 in dem Fall), so aber rangiere ich den Aufstieg Skywalkers derzeit doch eher wacklig auf meinem dritten Rang der SW-Filme, habe aber an den punktetechnisch ähnlich gewerteten Episoden VII, I, III und VI genug auszusetzen, dass es dabei wohl auch die nächste Zeit bleiben wird. TROS hat auch einfach den Final-Bonus für mich und war vor zwei Jahren echt so etwas wie meine persönliche „Sequel-Versöhnung“. Dadurch wird dieser Film immer einen besonderen Platz in meinem SW-Kosmos haben.
8,5/10 Droidenschmieden