Original geschrieben von Eraser
Ich fand den Film auch wirklich gut, aber das hier niemand auch etwas Kritisches anzumerken hat? Ich habe meine Kritikpunkte ja schon weiter oben aufgeführt. Naja, vielleicht ist das auch nur einfach der Hype, der um den Film gemacht wird!?!
Muahahahaha...
Das hättest du nicht sagen dürfen

...
Ich komme also gerade aus dem Kino. Vorneweg noch, ich habe mich allein auf den Film konzentriert und verzichte darauf, das Gelächter von Halbwüchsigen, um ihre eigene Unsicherheit zu überspielen, und den seltsamen Umstand, dass jedes weibliche Wesen mindestens einmal das stille Örtchen aufsuchen musste, in die Wertung einfließen zu lassen...
Als Film war 'Die Gefährten' ziemlich gut. Regie, Kamera, Photographie (besonders die, das ist das beste am ganzen Film), Darsteller (Ausnahmen: Elrond, Aragorn und Galadriel; dazu noch später), Ton, Musik.
Aber: 'Die Gefährten' ist nicht nur ein Film. Sondern eine Verfilmung.
Und als Literaturverfilmung ist 'Die Gefährten' eine mittlere Katastrophe...
Nun ist klar, dass bei einer Konvertierung Buch/Film nicht alles gelassen werden kann und vieles gekürzt werden muss. Es wird jedoch erwartet, dass der Film trotzdem so nah an der Vorlage bleibt wie möglich. Das ist hier nicht der Fall.
Die schlimmsten Abweichungen:
- Arwen: Im Buch wurde Arwen in drei Sätzen erwähnt und das war's dann auch schon, auch später spielt sie keine wichtige Rolle. Sie ist Elronds Tochter und damit hat es sich.
Im Film löscht sie die Existenz von Glorfindel (der, im Ggs. zu ihr, später sehr wohl noch eine Rolle spielt) aus und verwandelt sich in Xena.
Im Buch werden die Fluten des Flusses nicht herbeigezaubert - schon gar nicht von Arwen -, sondern Elrond 'bittet' den Fluss, sich für ihn zu erheben (und Gandalf leiht ein wenig von seiner Stärke, woraus sich die Pferde erklären).
Im Buch reitet Frodo auf dem Elbenpferd Glorfindels den Schwarzen Reitern davon - allein - und stellt sich ihnen; er ruft ihnen zu, dass sie verschwinden sollen. Das bringt natürlich nichts, aber ich betrachte es als Herabwertung Frodos, dass plötzlich Arwen die alleinige Heldin ist und er sich nicht mal gewehrt haben soll.
- Boromir: Im Buch ist Boromir ein arrogantes Arschloch, der zunehmend der Macht des Rings verfällt. Nachdem er Frodo im Wald angegriffen hat und dieser den Ring überstreift, kehrt er zu den Gefährten zurück und lügt ihnen vor, dass Frodo ohne Provokation plötzlich verschwunden sei.
Im ersten Band stirbt er auch überhaupt nicht, sondern erst zu Beginn des zweiten Bandes; aber das kann ich verkraften, weil es filmisch sinnvoll war. Nur stirbt er da nicht den 'Heldentod' zusammen mit Geständnis und vier Pfeilen im Bauch; Aragorn findet ihn schon tot vor, um ihn herum
einige tote Orks. Überhaupt fand ich den 2-Minuten-Tod-inklusive-seitenlange-Rede übertrieben, fast schon lächerlich.
- Saruman: Als im Buch Gandalf von Sarumans Verrat erfährt, lässt er sich ruhig einsperren; im Film muss es natürlich einen - ohnehin nicht sehr spektakulären - Kampf geben. Das steht im Widerspruch zur wahren Natur Gandalfs.
Im Buch hat Saruman mit Sauron nichts direkt zu schaffen und 'baut' sich seine Armee eher für sich selbst, um sie später vielleicht dem Dunklen Herrscher schenken zu können - oder, um im Falle eines Sieges einer der beiden Parteien die Schwäche des Siegers ausnutzen zu können.
Im Buch ist es scheinbar Caradras selbst, der die Gefährten von seinen schneebedeckten Pfaden vertreiben will, was von Sauron ausgeht; Saruman hatte damit nichts zu tun.
Charakterisierung:
Tolkien war nie ein Autor, der sich sonderlich mit der Charakterisierung aufhielt; die 'Mitspieler' werden nie sehr genau beschrieben, weder innerlich noch äußerlich; das Meiste wird dem Leser selbst überlassen (deshalb ist Legolas bei vielen braunhaarig). Das hätte Jackson verbessern können - hat er aber nicht (ich stimme hier voll mit Aaron überein). Glücklicherweise schaffen es die ausnahmslos hervorragend agierenden Schauspieler, ihren Charakteren etwas Tiefe zu verleihen (besonders McKellen als Gandalf sei hier hervorzuheben).
Nur gibt es leider drei Fälle, bei denen die Schauspieler einfach nicht zu ihren Rollen passen:
- Elrond: Zu aller erst einmal, warum hat er als einziger Elb braune Haare? Nicht so wichtig, ist mir nur aufgefallen.
Jedenfalls passt dieses kantige und aggressive Gesicht nicht zu dem sanftmütigen Elrond, der er sein sollte. Im Buch ist es, nebenbei bemerkt, Gandalf, der vorschlägt, dass Frodo den Ring zum Schicksalsberg bringen sollte, und Elrond der, der zweifelt.
- Galadriel:
Sie hingegen hatte ich mir immer mit kurzen, braunen Haaren vorgestellt, und ich weiß, dass es vielen genauso ging. Zugegeben, das hat nichts mit der Art zu tun, wie Blanchett gespielt hat, aber... sie passte nicht. Im Buch ist Galadriel nicht kühl (außer in dieser einen bedrohlichen, übrigens gut umgesetzten Szene, als Frodo ihr den Ring anbietet), sondern wird als 'gütig' beschrieben, wenn sich hier auch jeder was anderes drunter vorstellen kann.
- Aragorn: Ich möche hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich von
Aragorn spreche; er hatte ja in 'Die Gefährten' glücklicherweise kaum 'Sendezeit'. Mortensen ist ein guter Waldläufer Streicher, doch als König Aragorn, Erbe von Isildur, kam er leider nicht so rüber.
Nun gibt es natürlich noch andere Szenen, die gestrichen wurden, was ich aber größtenteils sinnvoll fand:
- Alter Wald / Tom Bombadil / Hügelgräber: Bombadil ist eines der ungelösten Rätsel des HdR und für den weiteren Verlauf nicht sehr wichtig; außerdem hätte es eine weitere halbe Stunde gekostet, ihn einzubauen, und der durchschnittliche Amerikaner fängt ja schon nach zwei Stunden an, zu schnarchen. Natürlich entsteht dadurch der Eindruck, Bree sei nicht sehr weit von Hobbingen entfernt, was sich durch eine einfache Einblendung hätte beheben lassen können.
- Gandalfs Brief / Lutz Farning: Auch nicht soo ungeheuer wichtig; natürlich wirft es die Frage auf, woher das
Pferd Lutz kommt (und es entsteht der Eindruck, es sei Streichers).
- Rat in Bruchtal: Viel zu kurz. Wenigstens die Vorstellung der Charaktere hätte Jackson bringen sollen: So kennt sich jemand, der das Buch nicht kennt, gar nicht mehr aus, und muss sich fragen, warum Gimli so heult beim Anblick von Balins Grab, ob Aragorn und Boromir Geschwister waren (seine letzten Worte!), und was Gondor eigentlich überhaupt ist (eine Einführung der Geographie wäre mir als Prolog lieber gewesen als die Geschichte des Rings, die auch gut in der Ratsszene hätte gebracht werden können).
- Verschwörung der Drei: Es hätte nun wirklich nicht viel Zeit gekostet, das mit reinzubringen, und es würde auch erklären, warum Meriadoc und Peregrin so scharf drauf sind, mit Frodo zu kommen; dann hätte auch die unsägliche Szene am Anfang mit dem Feuerwerks-Drachen nicht sein müssen (die, btw, im Buch von Gandalf geplant war, um Ruhe für Bilbos Rede zu schaffen).
- Lorien: Ebenfalls viel kürzer als im Buch; da die Geschenke gefehlt haben (abgesehen von dem an Frodo), habe ich die Befürchtung, dass sie später gar nicht mehr auftauchen werden. Nun gut, so wichtig sind sie nicht, aber doch ein nettes Detail (und woher kommen dann ohne die Szene die Boote?). Außerdem sieht man's dadurch nur bei Nacht, wo's viel düsterer rüberkommt, als es ist.
In Verbindung damit, Gimli werden die Augen nicht verbunden, und auch sonst kommt die Feindschaft zwischen Elben und Zwergen nur in der Ratsszene raus; ein Fehler, meines Erachtens: entweder ganz (was besser wäre, weil man dann durch das Zeigen der wachsenden Freundschaft zwischen Legolas und Gimli mehr Tiefe reinbekommt) oder gar nicht (dann aber bitte das auch bei der Ratsszene rauslassen).
Oh, was mir da gerade noch einfällt: der Schock, den vor Allem Gimli und Legolas bei der ersten Sichtung des Balrog im Buch verspüren, wird hier gar nicht angesprochen.
Und noch was: War das die Synchronstimme von Bud Spencer, die ich da aus dem Mund des Zwerges hörte

?
Die SFX waren... nun, es ging. Kein Vergleich zu z.B. A.I., und jede Szene aus den AOTC-Trailern sieht in der Beziehung besser als aus das ganze 'Die Gefährten', aber zum Schlechtesten gehören sie sicher auch nicht.
Der Balrog war gut inszeniert (wenn ich ihn mir auch bis vor einer Woche - wegen eines Lesefehlers vor einigen Jahren - etwas anders vorgestellt hatte), die Orks hässlich. Nur die Fratze des Uru-kai habe ich schonmal irgendwo gesehen, und es hatte nichts mit dem HdR zu tun...
Die Musik ist auf CD ganz unterhaltsam, aber ich hatte die Befürchtung, dass sie im Film etwas zu stark rüberkommen (ich benutze das Wort recht häufig

) würde; teilweise stimmte das, aber zum größten Teil hat sie wirklich gut gepasst.
Der Film war, trotz der 3 Stunden, zu kurz. Zu rasch sauste alles vorbei, zu vollgepackt waren die Szenen mit Informationen (ein durchschnittlicher Kinobesucher
kann den Film, ohne das Buch zu kennen, gar nicht vollständig verstanden haben, egal, wie oft er drin war), zu wenige 'ruhige' Szenen waren dabei (und die waren teils überflüssig, z.B. Arwen/Aragorn).