Antikörper (2005)
Neues aus Uhlenbusch
Die Eingangssequenz, in der eine Berliner Spezialeinheit den gesuchte Serienmörder Gabriel Engel stellt, als jener gerade damit beschäftigt ist seinem aktuellen Opfer Blut für ein skurriles Kunstwerk abzuzapfen, ist furios. Um so größer der Schock, wenn kurz nach dem vielversprechenden, energiegeladenen Anfang in die triste Uhlenbusch-Ästhetik eines thüringischen Dörfchens gewechselt wird, in dem die Hauptperson des Filmes, ein junger Dorfpolizist (Wotan Wilke Möhring als Martens) auf Teilzeit seinen Job nachgeht. Sein schwerster Fall: Der nicht aufgeklärte Mord eines jungen Mädchen, der das ganze Dorf einschließlich des Polizisten traumatisiert hat. Obwohl das Mädchen nicht in das Täterprofil Engels passt, deuten Indizien daraufhin, dass er den Mord begannen hat. Martens macht sich auf nach Berlin.
Das Hauptproblem von „Antikörper“ ist, dass keine Klarheit besteht, was der Film eigentlich sein möchte. Zu einer stilistischen Unausgewogenheit, gesellt sich ein inhaltliches Konglomerat, was nicht zu einem stimmigen Ganzen verknüpft wird, sondern im Gegenteil, jederzeit als unausgegorenes Konstrukt fühlbar ist. Der Todesstoß für einen Film.
Da wird auf der einen Seite Berlin als Sündenpfuhl überzeichnet. Eine düstere Farbgebung herrscht vor, der Regen prasselt unentwegt nieder, am Bahnhof fahren die Ankommenden durch ein Spalier von Prostituierten. Die Dienstgespräche des Berliner Kommissars (von Heinz Hönig aufgesetzt gespielt), der mit der Akte Gabriel betraut ist, finden auch prompt im Bordell statt. Und irgendwo in der Stadt sitzt in irgendeiner Gefängniszelle Engel, der Teufel in Menschengestalt. Der einzige bleibende Eindruck des Filmes wird, dank André Hennicke, die starke Präsenz sein, mit dem diese Figur ausgestattet ist.
Auf der anderen Seite als ebenso alberner Kontrast „Klein-Uhlenbusch“, religiöse Provinz, mit dem unscheinbaren, verklemmten, strengreligiösen Martens, der in der Dorfgemeinschaft eine schwache Position einnimmt und dessen Familienleben dabei ist vor die Wand zu laufen.
Nach der starken Eröffnung verharrt der Film zunächst in diesem Milieu. Aber alle Optionen die sich in dieser Phase anbieten, sei es die ernste Schilderung eines Familiendramas, die Beschreibung einer traumatisierten Dorfgemeinschaft, oder die Auseinandersetzung mit Glaubensproblemen werden nach Ansätzen fallengelassen. Letztlich wird doch der Weg des Psychothrillers eingeschlagen und die Frage nach dem Täter des Mädchens rückt in den Mittelpunkt.
Hierbei schreckt das Drehbuch nicht vor der Auslegung von kruden Finten zurück, die die Glaubwürdigkeit mehrere Figuren zerstören. Die Sequenz, in der ein zuvor als unbedarfter Erzkatholik verkaufter Protagonist urplötzlich sexuell alle Hemmungen verliert, wird in ihrer Skurrilität nur noch von einer unheilschwangeren alttestamentarischen Off-Textpassage übertroffen, in der animierte! Bambis platten religiösen Symbolismus bedienen.
Blasse Hauptfigur, krude Drehbucheinfälle, gewürzt mit platten Symbolismus. Am Ende des Filmes Läuft die Produktion von Antikörpern auf Hochtouren, gegen den Film.