Haben sie. Nicht wenige. Und rannten damit offene Türen ein.
"Wie schrecklich, fantastisch, unglaublich ist es, dass wir hier Gräben ausheben und Gasmasken anprobieren, wegen eines Streits in einem weit entfernten Land zwischen Menschen, von denen wir nichts wissen." - Neville Chamberlain, 27. September 1938, angesichts der Annexion des Sudetenlandes. Zuvor hatte Hitler die Tschechoslowakei als "künstlichen" und "falschen" Staat bezeichnet, der kein Recht auf Existenz habe.
"Pourquoi mourir pour Dantzig?"
Marcel Déat, 4. Mai 1939. Er behauptete, dass Frankreich kein Interesse an der Verteidigung Polens habe und dass der deutsche Reichskanzler Adolf Hitler zufrieden sein würde, wenn er das Gebiet bekäme, das er (laut Déat zu Recht) forderte. Er warf den Polen vor, Kriegstreiber zu sein und Europa in einen Krieg zu ziehen. Déat vertrat die Ansicht, dass Franzosen nicht für die unverantwortliche polnische Politik sterben sollten, und bezweifelte, dass Polen in der Lage sein würde, über einen längeren Zeitraum zu kämpfen.
Die kommunistischen Frontorganisationen lehnten den Krieg während der Zeit des nationalsozialistisch-sowjetischen Paktes ab. Die meisten folgten pflichtbewusst den Befehlen aus Moskau. 1940 bezeichnete der britische Daily Worker die Kriegsanstrengungen der Alliierten als "die anglo-französische imperialistische Kriegsmaschinerie". Gleichzeitig ordnete Josef Stalin eine Reihe von militärischen Angriffen auf Polen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Rumänien an. Er nutzte kommunistische Parteien und Tarnorganisationen, um sich dem Krieg zu widersetzen, und bereitete den Krieg in anderen Ländern militärisch vor, damit die Alliierten (Großbritannien und Frankreich) weniger in der Lage waren, sich der Aggression zu widersetzen, und um die USA aus dem Krieg herauszuhalten.
Die hohlen Argumente waren damals die selben wie heute: "Beide Seiten sind doch eh gleich schlecht!", "Kämpfen ist sinnlos, ein Sieg sowieso nicht möglich!", "Würden diese dummen Osteuropäer sich doch bloß unterwerfen, dann hätten wir Ruhe!", "Vielleicht kann man ja mit dem Autokraten ein Bündnis gegen Dritte schließen!", "Das ist weit weg, geht uns nichts an, wir haben kein Recht, uns einzumischen!", "Moralisch ist Krieg falsch, sich ohne Widerstand zu fügen, damit der Autokrat seinen Willen bekommt, ist wahre Größe!", "Viel wichtiger ist doch der Kampf gegen X/für die Weltrevolution!", "So falsch ist die Forderung nach X ja nicht...", "Unser Wohlstand ist gefährdet, wenn wir Widerstand leisten".
Der Bequemlichkeitspazifismus, wie er derzeit in Deutschland praktiziert wird, läuft leider in vielen Fällen darauf hinaus, dass ein bisschen der Zeigefinger gegen den Aggressor erhoben wird (natürlich nicht, ohne nicht auch das Opfer zu ermahnen) und man sich darüber grämt, in was für furchtbare moralische Zwickmühlen man sich gerade in Deutschland befindet. So, wie es aus manchen Richtungen tönt, könnte man meinen, das größte Leiden würde gerade in Deutschland stattfinden und nicht in der Ukraine.
"Wenn [die Zahl der Pazifisten] groß genug ist [um den Staat als Kriegspartei lahmzulegen], dann hat man den Staat, der Pazifisten duldet, an seinen totalitären Nachbarn ausgeliefert, der das nicht tut. Ein solcher Pazifismus führt geradewegs in eine Welt, in der es keine Pazifisten mehr geben wird." C. S. Lewis
Sagen wir es mal ganz konkret: Hätten die Alliierten den Ratschlag Gandhis befolgt, auf gewaltsamen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu verzichten (und höchstens passiven Widerstand zu leisten), wäre das Ergebnis nicht eine Mäßigung von NS-Deutschland gewesen, sondern die Unterwerfung, Vernichtung und Umerziehung aller freien Menschen. Die Toten hätten dann stolz sein können, dass sie zu ihren Prinzipien gestanden haben, die Lebenden wären entweder Sklaven oder nach einigen Jahrzehnten Umerziehung Nazis gewesen. Das ist für mich die Lektion aus dem Zweiten Weltkrieg und lässt sich im kleineren Maßstab auf verflixt viele Konflikte anwenden.