Chett Nectu
Senatsbesucher
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | Halftrack] Chett Nectu (Wolf 9) allein.
Der Sturm schien nachzulassen. Das galt jedoch nicht für den Schneefall. Immer mehr der weißen Pracht sammelte sich auf der Straße an und bildete hohe Wehen, die teilweise die Markierungen verschluckten. Chett Nectu konnte in manchen Augenblicken gar nicht so genau sagen, ob er sich noch auf der Fahrbahn befand. Mittlerweile hatte er herausgefunden, wie man zwischen verschiedenen Scheinwerfereinstellungen herumschaltete, aber jede von ihnen führte zu dem selben Ergebnis: Alles Licht wurde sofort von dem Schnee verstreut, die Sicht reichte keine dreißig Meter weit. Aber der Halftrack war zum Glück extrem geländegängig. Bisher wühlte er sich durch oder über jedes Hindernis, egal ob es sich um Schnee und Eis oder das Gebüsch am Fahrbahnrand handelte, wenn Chett wieder einmal von der Straße abkam. Nach und nach gewöhnte er sich allerdings an das Fahrzeug. Es war recht leicht zu bedienen, verglichen mit den Maschinen, die er sonst steuerte. Die einzigen Mankos waren die geringe Geschwindigkeit und die mangelnde Flugfähigkeit, durch die seine Optionen, wohin er sich wenden wollte, stark eingeschränkt wurden. Seit er den Wagen erbeutet und dessen toten Vorbesitzer zurückgelassen hatte, folgte er dem Verlauf der Straße, ohne Anzeichen für eine Siedlung oder dergleichen zu finden. Auch eine Kreuzung oder Abzweigung hatte er nicht gesehen (was nicht bedeuten musste, dass es keine gab; er hatte sie vielleicht nur übersehen). Das Navigationsgerät ließ zu wünschen übrig, vermutlich weil Satelliten zum Opfer des Angriffs geworden waren, und das Kommunikationsgerät wagte er nicht zu benutzen. Die Wahrscheinlichkeit, dadurch Verfolger an seine Position zu führen, war größer als die, Verbündete zu erreichen. Er konnte nur raten, in welcher Richtung er unterwegs war, und hoffte, dass die Straße ihn irgendwohin brachte, von wo aus er Kontakt zu seinen Leuten herstellen oder wo er sich verstecken konnte.
Dann sah er im blendenden Weiß des Schneegestöbers plötzlich etwas Großes, Dunkles aufragen, bei dem es sich nicht wieder um eine Felswand oder Vegetation handelte. Die Struktur war zu symmetrisch dafür. Es musste sich um ein Gebäude handeln. Zu erkennen war jedoch nicht vielmehr als ein Parkplatz, auf dem wenige Fahrzeuge standen. Sie sahen nicht militärisch aus. Erst als er näher kam, erkannte Chett, worum es sich handeln musste: Einen Rastplatz. Er hatte kein Interesse daran, hier zu halten. Je schneller er vorbei war, umso besser. Also beschleunigte er, um schnell wieder außer Sichtweite zu sein, bevor jemand auf ihn aufmerksam wurde und bemerkte, dass der Fahrer dieses Fahrzeugs eine dunkle Pilotenmontur des Imperiums trug. Doch er war kaum an der Einfahrt zum Parkplatz vorüber, als er abrupt bremsen musste. Vor ihm stand ein anderes Fahrzeug quer über der Fahrbahn. Es war ungefähr so groß wie das, in dem er saß, hatte aber eine andere Form und lief nicht auf Ketten, sondern offenbar auf Repulsorkissen, die aber deaktiviert waren. Es bildete eine komplette Straßensperre, die er nicht umfahren konnte. Als er anhielt, öffnete sich die Tür und jemand stieg aus. Zu seinem Schrecken erkannte er eine Uniform, auch wenn er nicht wusste, zu welcher Organisation sie gehörte. Es handelte sich um eine Frau mittleren Alters, die auf seinen Wagen zuging. Eine Waffe hatte sie nicht gezogen. Stattdessen rief sie:
»Alle Straßen nach Cartann City sind gesperrt, wegen der Invasion. Sie müssen...«
Da erkannte die mutmaßliche Polizistin, dass eine Blastermündung auf sie gerichtet war. Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als wollte sie ebenfalls nach der Waffe an ihrem Gürtelholster greifen, aber dann hob sie stattdessen die Hände. Mit vorgereckter Pistole und ohne den Blick von ihr abzuwenden stieg Chett aus dem Auto aus. Den Helm ließ er neben sich auf dem Beifahrersitz liegen. Er hatte dummerweise keine Zeit mehr gehabt, ihn aufzusetzen. Nun hatte also eine uniformierte Adumari sein Gesicht gesehen. Er hatte keine Wahl, als sie ebenfalls zu töten; schlimmer machen konnte er seine Lage ohnehin nicht mehr. Aber zuvor brauchte er Informationen, denn so weitermachen wie bisher konnte er dank der Straßensperrung ja nicht. Seine Hoffnung, einfach unbehelligt durchzukommen, bis er auf befreundete Einheiten stieß, hatte sich zerschlagen.
»Schön ruhig bleiben!«, forderte er. Er zog der Polizistin die Pistole aus dem Holster. Offenbar eine Strahlenwaffe, das Fabrikat war ihm aber unbekannt. Er steckte sie in seinen Gürtel. »Sind Sie allein unterwegs? ...Reden Sie!«
Die Frau machte einen verunsicherten, aber nicht verzweifelten Eindruck. Nach kurzem Zögern antwortete sie widerwillig:
»Mein Kollege ist drüben im Rasthof.«
»Wie viele Leute sind da noch?«
Wieder zögerte sie für sein Empfinden zu lange. Sein Finger wurde langsam nervös auf dem Abzug.
»Fünf oder sechs, glaube ich. Was haben Sie vor?«
»Ich stelle die Fragen!« fuhr Chett sie an. »Wie weit ist es bis zur Hauptstadt und was wissen Sie über den Frontverlauf?«
»Den Frontverlauf? Überhaupt nichts!« Diesmal kam die Antwort schneller. »Wir erfahren hier oben gar nichts. Überall herrscht Chaos. Aber bis zur Stadt sind's ungefähr fünfunddreißig Kilometer.«
Glücklicherweise benutzte sie eine Maßeinheit, die Chett geläufig war, sonst hätte ihm ihre Auskunft überhaupt nichts genützt. Fünfunddreißig Kilometer, das war noch eine weite Strecke. Er würde bei den aktuellen Straßenverhältnissen lange brauchen, um sie zurückzulegen, egal ob mit dem Halftrack oder dem Repulsorfahrzeug. Leider hatte er diese Zeit nicht, denn schon bald würden ihm Verfolger an den Fersen heften. Man hatte ihn gesehen. Selbst wenn er die Polizistin tötete, war er vor Verfolgung nicht sicher. Man würde sie finden oder ihr Verschwinden bemerken. Es sei denn, er tötete jede Person im Rasthof. Fünf oder sechs Leute, davon war mindestens einer bewaffnet. Keine guten Karten. Doch wenn er schnell handelte, hatte er die Überraschung auf seiner Seite. Außerdem hatte er die Beamte als Geisel und lebenden Schutzschild. Vielleicht war es auch gar nicht nötig, die Leute alle umzubringen. Das würde er dann merken, wenn es soweit war.
»Wir gehen nach drinnen. Sie gehen voran. Machen Sie keine Dummheiten, dann wird niemandem was passieren!«
Daran glaubte Nectu selbst nicht. Ob die Frau ihm glaubte, wusste er nicht. Aber sie fügte sich, zumindest zum Schein. Sie stapfte über den Parkplatz und auf den Eingang des Gebäudes zu. Die Fenster waren mit Läden verschlossen, also sah sie wahrscheinlich niemand, bevor sie hinein gingen. Die Polizistin öffnete die Tür und Chett, der unter mächtig viel Adrenalin stand, überblickte rasch die Situation. Der kleine Gastraum beinhaltete eine Theke sowie mehrere quadratische Tische mit gepolsterten Bänken darum. An zwei Tischen saßen Personen: An einem zwei stämmige Männer, deren Kleidung der des Mannes ähnelte, dem der Halftrack gehört hatte; an einem anderen eine dreiköpfige Familie. Am Tresen lehnte der Kollege der Polizistin, unschwer an seiner Uniform zu erkennen. Er unterhielt sich mit einer schwarzhaarigen Frau, die gerade seinen Becher nachfüllte. Sie bemerkte die Ankömmlinge als erste, es dauerte aber einen Moment, bis sie die Situation erkannte und ihre Augen sich vor Schreck weiteten.
»Hände hoch und alle auf den Boden legen!« befahl Chett in Actionfilm-Manier. »Die Waffe weg!«
Doch der Polizist reagierte weniger besonnen als seine Kollegin. Er drehte sich ruckartig um, duckte sich und griff dabei nach seiner Waffe. Der Pilot hatte ihn von Anfang an als die größte Bedrohung angesehen und deshalb auf ihn gezielt. Er brauchte nur abzudrücken, schon stürzte der Uniformierte mit dem Gesicht nach unten auf die bunten Fliesen des Fußbodens, wo er liegen blieb und sich vor Schmerzen krümmte. Ein vielstimmiger Schrei erscholl ringsum, das Kind begann augenblicklich hysterisch zu weinen.
»Ruhe!« befahl Nectu. »Ruhe, hab' ich gesagt! Alle da rüber, und stellen Sie das Kind ruhig!«
Die beiden Männer und die Familie folgten seiner Anweisung und zogen sich in eine Ecke des Raumes zurück, in der es weder einen Ausgang noch Fenster gab. Auch schien dort nichts zu sein, was als Waffe missbraucht werden konnte. Die schwarzhaarige Bedienung allerdings kniete neben dem verwundeten Beamten nieder, sie schien ihm helfen zu wollen.
»Wollen Sie jetzt etwa die Heldin spielen?« fragte Chett und richtete die Waffe nun auf sie. Mit Tränen der Wut in ihren Augen stand sie auf und ging hinüber zu den anderen.
›Na toll. Und was jetzt?‹ fragte sich der Yaga-Minoer. Er war Herr der Lage, wusste aber noch nicht, was er mit dieser Macht anfangen wollte. Er musste sich schnell entscheiden, denn das hier war keine Situation, für die er ausgebildet war. Er fühlte sich fehl am Platz und fürchtete, dass ihm die Kontrolle rasch entgleiten könnte.
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | Rastplatz] Chett Nectu (Wolf 9) mit acht Geiseln
Der Sturm schien nachzulassen. Das galt jedoch nicht für den Schneefall. Immer mehr der weißen Pracht sammelte sich auf der Straße an und bildete hohe Wehen, die teilweise die Markierungen verschluckten. Chett Nectu konnte in manchen Augenblicken gar nicht so genau sagen, ob er sich noch auf der Fahrbahn befand. Mittlerweile hatte er herausgefunden, wie man zwischen verschiedenen Scheinwerfereinstellungen herumschaltete, aber jede von ihnen führte zu dem selben Ergebnis: Alles Licht wurde sofort von dem Schnee verstreut, die Sicht reichte keine dreißig Meter weit. Aber der Halftrack war zum Glück extrem geländegängig. Bisher wühlte er sich durch oder über jedes Hindernis, egal ob es sich um Schnee und Eis oder das Gebüsch am Fahrbahnrand handelte, wenn Chett wieder einmal von der Straße abkam. Nach und nach gewöhnte er sich allerdings an das Fahrzeug. Es war recht leicht zu bedienen, verglichen mit den Maschinen, die er sonst steuerte. Die einzigen Mankos waren die geringe Geschwindigkeit und die mangelnde Flugfähigkeit, durch die seine Optionen, wohin er sich wenden wollte, stark eingeschränkt wurden. Seit er den Wagen erbeutet und dessen toten Vorbesitzer zurückgelassen hatte, folgte er dem Verlauf der Straße, ohne Anzeichen für eine Siedlung oder dergleichen zu finden. Auch eine Kreuzung oder Abzweigung hatte er nicht gesehen (was nicht bedeuten musste, dass es keine gab; er hatte sie vielleicht nur übersehen). Das Navigationsgerät ließ zu wünschen übrig, vermutlich weil Satelliten zum Opfer des Angriffs geworden waren, und das Kommunikationsgerät wagte er nicht zu benutzen. Die Wahrscheinlichkeit, dadurch Verfolger an seine Position zu führen, war größer als die, Verbündete zu erreichen. Er konnte nur raten, in welcher Richtung er unterwegs war, und hoffte, dass die Straße ihn irgendwohin brachte, von wo aus er Kontakt zu seinen Leuten herstellen oder wo er sich verstecken konnte.
Dann sah er im blendenden Weiß des Schneegestöbers plötzlich etwas Großes, Dunkles aufragen, bei dem es sich nicht wieder um eine Felswand oder Vegetation handelte. Die Struktur war zu symmetrisch dafür. Es musste sich um ein Gebäude handeln. Zu erkennen war jedoch nicht vielmehr als ein Parkplatz, auf dem wenige Fahrzeuge standen. Sie sahen nicht militärisch aus. Erst als er näher kam, erkannte Chett, worum es sich handeln musste: Einen Rastplatz. Er hatte kein Interesse daran, hier zu halten. Je schneller er vorbei war, umso besser. Also beschleunigte er, um schnell wieder außer Sichtweite zu sein, bevor jemand auf ihn aufmerksam wurde und bemerkte, dass der Fahrer dieses Fahrzeugs eine dunkle Pilotenmontur des Imperiums trug. Doch er war kaum an der Einfahrt zum Parkplatz vorüber, als er abrupt bremsen musste. Vor ihm stand ein anderes Fahrzeug quer über der Fahrbahn. Es war ungefähr so groß wie das, in dem er saß, hatte aber eine andere Form und lief nicht auf Ketten, sondern offenbar auf Repulsorkissen, die aber deaktiviert waren. Es bildete eine komplette Straßensperre, die er nicht umfahren konnte. Als er anhielt, öffnete sich die Tür und jemand stieg aus. Zu seinem Schrecken erkannte er eine Uniform, auch wenn er nicht wusste, zu welcher Organisation sie gehörte. Es handelte sich um eine Frau mittleren Alters, die auf seinen Wagen zuging. Eine Waffe hatte sie nicht gezogen. Stattdessen rief sie:
»Alle Straßen nach Cartann City sind gesperrt, wegen der Invasion. Sie müssen...«
Da erkannte die mutmaßliche Polizistin, dass eine Blastermündung auf sie gerichtet war. Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als wollte sie ebenfalls nach der Waffe an ihrem Gürtelholster greifen, aber dann hob sie stattdessen die Hände. Mit vorgereckter Pistole und ohne den Blick von ihr abzuwenden stieg Chett aus dem Auto aus. Den Helm ließ er neben sich auf dem Beifahrersitz liegen. Er hatte dummerweise keine Zeit mehr gehabt, ihn aufzusetzen. Nun hatte also eine uniformierte Adumari sein Gesicht gesehen. Er hatte keine Wahl, als sie ebenfalls zu töten; schlimmer machen konnte er seine Lage ohnehin nicht mehr. Aber zuvor brauchte er Informationen, denn so weitermachen wie bisher konnte er dank der Straßensperrung ja nicht. Seine Hoffnung, einfach unbehelligt durchzukommen, bis er auf befreundete Einheiten stieß, hatte sich zerschlagen.
»Schön ruhig bleiben!«, forderte er. Er zog der Polizistin die Pistole aus dem Holster. Offenbar eine Strahlenwaffe, das Fabrikat war ihm aber unbekannt. Er steckte sie in seinen Gürtel. »Sind Sie allein unterwegs? ...Reden Sie!«
Die Frau machte einen verunsicherten, aber nicht verzweifelten Eindruck. Nach kurzem Zögern antwortete sie widerwillig:
»Mein Kollege ist drüben im Rasthof.«
»Wie viele Leute sind da noch?«
Wieder zögerte sie für sein Empfinden zu lange. Sein Finger wurde langsam nervös auf dem Abzug.
»Fünf oder sechs, glaube ich. Was haben Sie vor?«
»Ich stelle die Fragen!« fuhr Chett sie an. »Wie weit ist es bis zur Hauptstadt und was wissen Sie über den Frontverlauf?«
»Den Frontverlauf? Überhaupt nichts!« Diesmal kam die Antwort schneller. »Wir erfahren hier oben gar nichts. Überall herrscht Chaos. Aber bis zur Stadt sind's ungefähr fünfunddreißig Kilometer.«
Glücklicherweise benutzte sie eine Maßeinheit, die Chett geläufig war, sonst hätte ihm ihre Auskunft überhaupt nichts genützt. Fünfunddreißig Kilometer, das war noch eine weite Strecke. Er würde bei den aktuellen Straßenverhältnissen lange brauchen, um sie zurückzulegen, egal ob mit dem Halftrack oder dem Repulsorfahrzeug. Leider hatte er diese Zeit nicht, denn schon bald würden ihm Verfolger an den Fersen heften. Man hatte ihn gesehen. Selbst wenn er die Polizistin tötete, war er vor Verfolgung nicht sicher. Man würde sie finden oder ihr Verschwinden bemerken. Es sei denn, er tötete jede Person im Rasthof. Fünf oder sechs Leute, davon war mindestens einer bewaffnet. Keine guten Karten. Doch wenn er schnell handelte, hatte er die Überraschung auf seiner Seite. Außerdem hatte er die Beamte als Geisel und lebenden Schutzschild. Vielleicht war es auch gar nicht nötig, die Leute alle umzubringen. Das würde er dann merken, wenn es soweit war.
»Wir gehen nach drinnen. Sie gehen voran. Machen Sie keine Dummheiten, dann wird niemandem was passieren!«
Daran glaubte Nectu selbst nicht. Ob die Frau ihm glaubte, wusste er nicht. Aber sie fügte sich, zumindest zum Schein. Sie stapfte über den Parkplatz und auf den Eingang des Gebäudes zu. Die Fenster waren mit Läden verschlossen, also sah sie wahrscheinlich niemand, bevor sie hinein gingen. Die Polizistin öffnete die Tür und Chett, der unter mächtig viel Adrenalin stand, überblickte rasch die Situation. Der kleine Gastraum beinhaltete eine Theke sowie mehrere quadratische Tische mit gepolsterten Bänken darum. An zwei Tischen saßen Personen: An einem zwei stämmige Männer, deren Kleidung der des Mannes ähnelte, dem der Halftrack gehört hatte; an einem anderen eine dreiköpfige Familie. Am Tresen lehnte der Kollege der Polizistin, unschwer an seiner Uniform zu erkennen. Er unterhielt sich mit einer schwarzhaarigen Frau, die gerade seinen Becher nachfüllte. Sie bemerkte die Ankömmlinge als erste, es dauerte aber einen Moment, bis sie die Situation erkannte und ihre Augen sich vor Schreck weiteten.
»Hände hoch und alle auf den Boden legen!« befahl Chett in Actionfilm-Manier. »Die Waffe weg!«
Doch der Polizist reagierte weniger besonnen als seine Kollegin. Er drehte sich ruckartig um, duckte sich und griff dabei nach seiner Waffe. Der Pilot hatte ihn von Anfang an als die größte Bedrohung angesehen und deshalb auf ihn gezielt. Er brauchte nur abzudrücken, schon stürzte der Uniformierte mit dem Gesicht nach unten auf die bunten Fliesen des Fußbodens, wo er liegen blieb und sich vor Schmerzen krümmte. Ein vielstimmiger Schrei erscholl ringsum, das Kind begann augenblicklich hysterisch zu weinen.
»Ruhe!« befahl Nectu. »Ruhe, hab' ich gesagt! Alle da rüber, und stellen Sie das Kind ruhig!«
Die beiden Männer und die Familie folgten seiner Anweisung und zogen sich in eine Ecke des Raumes zurück, in der es weder einen Ausgang noch Fenster gab. Auch schien dort nichts zu sein, was als Waffe missbraucht werden konnte. Die schwarzhaarige Bedienung allerdings kniete neben dem verwundeten Beamten nieder, sie schien ihm helfen zu wollen.
»Wollen Sie jetzt etwa die Heldin spielen?« fragte Chett und richtete die Waffe nun auf sie. Mit Tränen der Wut in ihren Augen stand sie auf und ging hinüber zu den anderen.
›Na toll. Und was jetzt?‹ fragte sich der Yaga-Minoer. Er war Herr der Lage, wusste aber noch nicht, was er mit dieser Macht anfangen wollte. Er musste sich schnell entscheiden, denn das hier war keine Situation, für die er ausgebildet war. Er fühlte sich fehl am Platz und fürchtete, dass ihm die Kontrolle rasch entgleiten könnte.
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | Rastplatz] Chett Nectu (Wolf 9) mit acht Geiseln