Wer entscheidet denn was die richtige und die falsche Anwendung ist?
Um beim Beispiel zu bleiben: "Tötet Hexen" steht geschrieben und dann gehen einige hin und tun es. Ich sage dann, es ist offensichtlich, dass es einige tun werden, wenn es wörtlich im Text steht und das ist ein Problem, das man nur löst indem man diesen Texten die Autorität nimmt.
Ich wäre wahrscheinlich die Letzte, die Stopp rufen würde, wenn eine solche Überarbeitung der Bibel wirklich durchgesetzt werden würde.
Dadurch würden die Schriften allerdings ihren heiligen Ursprung verlieren, weshalb ein solches Vorgehen für mein Verständnis einer Abschaffung des Christentums (in seiner theologischen Bedeutung) nahezu gleichzusetzen wäre. Und vor dem Hintergrund kann ich schon nachvollziehen, dass sich gegen einen solch radikalen Schritt gesperrt wird.
Ein Kompromiss könnte aber vielleicht darin bestehen, heilige Schriften nur mehr in kommentierten Auflagen zu verbreiten, damit sich eine möglichst eindeutige und entsprechend zeitgemäße Interpretation durchsetzt. Sozusagen eine mitgelieferte Gebrauchsanleitung, die vor destruktiver Auslegung der Inhalte schützen soll.
Du sagst dies sei lediglich eine Zweckentfremdung, da hier der Text falsch gepredigt würde?
Warum? Und argumentierst du hier nicht viel mehr aus einer Deutungshoheit heraus als ich?
Die Deutungshoheit ist in diesem Fall aber unbedingt notwendig und erfolgt ja nicht durch mich, sondern die Kirchen in Form ihrer Lehrautorität. Nur durch eine einheitlich durchgesetzte Auslegung kann eigenmächtigen (Fehl)Interpretationen wirkungsvoll vorgebeugt werden.
Das wäre dann vom Prinzip auch nicht viel anders als die einheitliche Ordnung im Straßenverkehr, die klar vorschreibt, wem im Falle einer ungeregelten Kreuzung der Vorrang zu geben ist. So ähnlich könnte das auch mit den verschiedenen Deutungsmöglichkeiten und Geltungsbereichen potenziell gefährlicher Bibelstellen gehandhabt werden.
Wie findest du diesen Ansatz?
(Edit: Wenn bei anderen Ideologien zum Mord aufgerufen wird und Anhänger dann morden, dann kommt komischerweise niemand je auf die Idee, dass da nur was falsch interpretiert wurde. Dann reden wir wochenlang in Talkshows darüber, dass Sprache Realität schafft und die Ideologie am Grunde des Problems liegt. Komisch.)
Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass bei Religionen und anderen Ideologien oftmals mit zweierlei Maß gemessen wird. Dennoch scheint es für mein Empfinden einen Konsens darüber zu geben, dass extremistische Strömungen, die religiös motiviert sind, ebenso zu verurteilen sind wie solche "weltlichen" Ursprungs.
Dass es aber gar keiner Religionen bedarf, um sich dazu berufen zu fühlen, Menschen zu indoktrinieren und im Namen irgendwelcher "Wahrheiten" gegenseitig niederzumetzeln zu lassen, zeigt für mich recht anschaulich, dass das zugrundeliegende Übel nicht unbedingt in Schriften wie der Bibel zu finden ist. Diese können natürlich von entsprechend geneigten Menschen als Rechtfertigung herangezogen werden - dann sind wir aber wieder dort, was ich als unverantwortliche Zweckentfremdung bzw Missbrauch bezeichnet habe. Und dem sollte durch verstärkte Vorbeugungsmaßnahmen natürlich unbedingt Einhalt geboten werden.
Wir reden von Hexenmorden - Ich möchte entsprechende Texte / Religionen mit Aufklärung bekämpfen. - Du wendest ein, ohne Religion würde es schlimm werden in der Gesellschaft - Ich wende ein, in Skandinavien wurde es auch nicht schlimm - Du sagst wir würden über Armut reden nicht über Skandinavien - Ich weise darauf hin, dass wir über die Wirkung von Texten reden und nicht über Armut - Du echauffierst dich über meine vermeintliche Deutungshoheit.
Du machst es ja schon wieder ^^
Ich hab mich aber gar nicht echauffiert, sondern nur rückgemeldet, dass ich deine Versuche, dieses Gespräch in der von dir gewünschten Weise zu lenken, etwas unangenehm finde.
Diese Aufgabe kommt in einem gleichberechtigten Gespräch nämlich nicht nur einer Person zu, sondern allen Beteiligten, weshalb du meine Aussagen auch nicht dadurch entkräften kannst, dass du bemängelst, sie würden sich nicht auf die von dir abgesegneten Themen beziehen.
Ich kann meinerseits nämlich ebenfalls Themen einbringen, wenn mir das ein Anliegen ist....(es sei denn, du würdest so etwas wie eine einseitige Deutungshoheit für dich beanspruchen
)
Und der Hinweis auf die Lebensbedingungen in Entwicklungsländern hat durchaus seine Berechtigung, wenn man über den Stellenwert von Religion sprechen möchte, der in von Armut geprägten Regionen der Welt bekanntermaßen ein weit größerer ist als in Wohlstandsgesellschaften.
Ein Entfernen der religiösen Inhalte aus dem Leben dieser Menschen hinterlässt folglich auch ein ungleich größeres Vakuum, von dem ich eben befürchte, dass Bildungsangebote allein es nicht vollständig werden schließen können - aufgrund der prekären Lebensumstände, die dort herrschen und die zu verändern vermutlich die weit größere Herausforderung sein dürfte als das Hinstellen von ein paar Schulen und Universitäten. Das sind ja globale Wechselwirkungen und Abhängigkeitsbeziehungen, die diese weltweiten Ungleichheiten hervorrufen und in gewisser Weise auch erzwingen, weshalb sie auch so schwer zu überwinden sind.
(Aber da lenke ich jetzt meinerseits ein und sage, dass das eine Thema ist, das wir nicht unbedingt vertiefen müssen ^^)
Mit diesen Überlegungen will ich aber nicht andeuten, dass dein Ansatz der Aufklärung der falsche wäre. Ich glaube nur, dass er sich nicht so ohne Weiteres realisieren lässt, schon gar nicht, wenn man Religionen schon im Vorfeld ihre Daseinsberechtigung nehmen möchte.
Meine Gedanken gingen ja in die Richtung, dass man religiösen Menschen durch reformierte Glaubensinhalte ein Hilfsmittel an die Hand geben könnte, mit dem sich diese so dringend erforderlichen Veränderungen leichter umsetzen lassen.
Es hilft ja nicht, wenn man sie wiederholt darüber "aufklärt", wie wichtig eine umfassende Bildung für Kinder ist (wichtiger, als den Lebensunterhalt zu sichern), wenn sie das nicht selbst auch so empfinden. Und ihr Glaube könnte hier ein geeigneter Ansatzpunkt sein, um sie zum Umdenken zu bewegen.
"Gott möchte, dass du deine Kinder zur Schule schickst", entfaltet unter Umständen also die weit größere Überzeugungskraft als ein bloßes Appellieren an die Vernunft (...das ist zwar auch nötig, aber eventuell erst im nächsten Schritt, wenn die Empfänglichkeit auf diesen Antennen bereits eine größere ist).
Worauf ich hinaus will:
Man muss die Menschen dort abholen, wo sie stehen, andernfalls erreicht man sie nicht. Und das ist in vielen Fällen ein ausgeprägter Grad an Eusebie, den man ja ins Positive umzukehren versuchen könnte. Das erscheint mir jedenfalls leichter zu sein, als einem zutiefst gläubigen Menschen mit der (argumentativen) Brechstange möglichst rapide von all seinen bisherigen Überzeugungen "heilen" zu wollen.
Weder gibt es zwischen diesen Aussagen den Widerspruch, den du suggerierst, noch spreche ich irgendjemandem hier die Möglichkeit ab etwas Gutes in seiner Religion zu finden.
Dann hab ich dich offenbar missverstanden, sorry.
Das hängt allein von den Argumenten ab.
Amen.
Mein Ausdruck aber eine Redewendung.
Und was genau wolltest du mir mit dieser (mir unbekannten) Redewendung sagen?
@Raven Montclair
Danke fürs Verlinken des Artikels!
Ich gehe eventuell später noch drauf an, hab jetzt leider nicht mehr viel Zeit.
Für mich sie mit Abstand sympathischste Strömung des Christlichen Glaubens.
https://taz.de/Die-Wahrheit/!5749486/
Hat hoffentlich eine große Zukunft vor sich.
Der Artikel hat durchaus seine Pointen