Lidia diKastro
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Weltraum vor Bastion – SSD „Intimidator“, Brücke – Lidia, Nereus, Bolitho u.v.m.
Bolitho entgegnete nichts mehr. Vielleicht hatte er eingesehen, dass er sie nicht loswerden würde. Oder hatte ihr in ihrer Argumentation recht geben müssen. Ob dies mehr oder weniger widerwillig geschehen war, ließ er sich nicht anmerken. Dazu war er zu professionell oder ihre Anwesenheit war zu geringfügig, als dass man sich darüber aufregen müsste.
Wenige Augenblicke später galt die ganze Aufmerksamkeit aller anwesenden Offiziere schon wieder der Schlacht, die im Orbit über Bastion mit aller Heftigkeit tobte.
Nur einer von ihnen schien mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache...suchte ihren Blick, während sie den seinen suchte - und ihn fand. Worin etwas geschrieben stand, das sie nicht auf Anhieb verstand. War es Unsicherheit? Oder Bedauern über das, was um sie herum gerade stattfand? Oder war er als Entschuldigung für das Sterben so unzählig vieler imperialer Soldaten gemeint?
Lidia tat dieser Blick fast körperlich weh. Wusste sie doch, dass Nereus das tat, was er glaubte tun zu müssen. Und sie wusste sehr wohl, dass er diesen Kampf vermeiden würde, wenn er könnte und wenn er wüsste, dass nicht höhere Ziele dahinter stünden, die es lohnend machten, diesen auch zu beenden. Lidia wäre wirklich die Letzte, die ihm Vorwürfe deswegen machen würde, auch weil sie nur zu gut wusste, dass er sein „Material an Lebewesen“ niemals ohne einen guten Grund einsetzen würde.
Eine scheinbar beiläufig getätigte Äußerung Bolithos jedoch unterbrach sowohl sie, als auch ihn in ihren Gedanken und sie wurde einmal mehr Zeuge davon, dass auch Nereus' menschliches, wie auch moralisches Empfinden stärker ausgeprägt war, als es für einen Offizier hohen Ranges vielleicht gut war. Andererseits, wenn es dem Großadmiral des Imperiums nicht gelungen wäre, sich ein wenig von menschlicher Wärme und Mitgefühl zu bewahren – zu was für einem Reich hätte sich das Imperium sonst entwickelt? Lidia schauderte: gewiss zu keinem, in dem sie jemals hätte leben wollen. Auch wenn sie früher, noch vor gar nicht allzu langer Zeit, eine andere gewesen war....
Doch eine weitere, diesmal heftige Erschütterung der „Intimidator“ nahm Bolitho die Möglichkeit, seine an Nereus gerichtete Antwort zu unterbreiten. Von jetzt auf gleich war der Krieg zu ihnen auf die Brücke getragen worden. Niriz hatte sich scheinbar dazu entschlossen, dass Herz der „Intimidator“ zu zerstören – zusammen mit allem Inhalt, den er darin vermutete oder gar wusste.
Der hoch über dem Sternenzerstörer aufragende Turm erbebte und ließ Lidia dieses Mal erneut fast den Halt verlieren. Und nur um Haaresbreite bewahrte sie sich davor zu stürzen.
Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Mangels geeigneter Ausbildung gänzlich unvorbereitet auf eine Schlacht diesen Ausmaßes - gänzlich unvorbereitet auf einen Einsatz im Krieg überhaupt - verfiel sie für einen kurzen Moment in Panik, verlor vorübergehend sogar die Orientierung und kam erst nach der heftigen Explosion, die ihre Ohren klingeln ließ, wieder zu sich. Nereus blutüberströmte Uniform, die ihren Blick gleich nach der ersten Benommenheit fesselte, ließ ihren in langen Jahren der Erfahrung gereiften ärztlichen Instinkt übernehmen und ihren brennenden Arm und ihre schmerzende Wange auf der Stelle vergessen. Schmerzempfinden und Mitleid, die sie in diesem Moment vielleicht in tiefe Verzweiflung gestürzt hätten, hatten jetzt keine Chance in ihr Bewusstsein zu dringen.
Thanas' Aufforderung an sie, ihm zu helfen, wäre nicht nötig gewesen. Sie war mit wenigen Schritten bei den beiden Männern und half Nereus durch das nächste Schott von der Brücke zu ziehen - gerade noch rechtzeitig, bevor sich die Luke krachend hinter ihnen schloss. Sie mochte gar nicht wissen, wer von den anwesenden Männer und Frauen es vielleicht nicht rechtzeitig in Sicherheit geschafft hatte.
„Halt, legen Sie ihn einfach hier ab.“
Lidia ließ es nicht zu, dass Thanas ihren Geliebten weiter fort mit sich zerrte. Für den Augenblick wähnte sie sich in einer relativen Sicherheit und noch dazu in unmittelbarer Nähe einer standartmäßig auf jedem Flur installierten Erste-Hilfe-Station. Wenn diese ordnungsgemäß gewartet worden war, sollte sie hier die notwendigen Dinge finden, um Nereus erst einmal soweit zu stabilisieren, dass ihn gefahrlos weiter auf die Krankenstation transportieren könnten...falls diese überhaupt noch zu gebrauchen war.
Während sie Nereus Kopf vorsichtig auf den Boden bettete und routinemäßig Atmung und Puls kontrollierte, ließ das Klingeln in ihren Ohren allmählich nach und ließ das dringliche Heulen der Alarmsirenen des Sternenzerstörers wieder in ihr Bewusstsein vordringen. Erinnerte sie daran, wie relativ die Sicherheit war, in der sie sich gerade wähnte.
Einerlei, die Rettung von Nereus ging vor. Jeder weitere Schritt, mit dem sie ihn weiter mit sich zogen, konnte die durch den Metallsplitter verursachten inneren Verletzungen verschlimmern.
Rasch und mit geübten Griffen hatte sie sich die notwendigen Dinge aus der Station zusammen gesucht und war wieder zu Thanas und Nereus zurückgekehrt. Fühlte langsam, wie der Schmerz über den drohenden Verlust ihres Geliebten versuchte überhand zu gewinnen. Schluckte einmal heftig und diesen damit hinunter.
Er atmete noch. Heftig und schnell hob und senkte sich sein Brustkorb, während sie eine Infusion mit stabilisierenden Medikamenten legte und Thanas bat, diese zu halten. Um dann Nereus' Oberkörper mit wenigen Schnitten eines Skalpells von seiner Uniform zu befreien. Blut, überall Blut, welches um den Splitter herum aus der Mitte seines Körpers heraus quoll und sie verbrauchte einiges an sauberen Wundreinigungstüchern, um die ungefähre Lage des Metallstücks zu lokalisieren.
Sobald die Blutung einigermaßen gestillt worden war, wurde ihr klar, dass hier ohne eine schnelle Operation …..sie schluckte erneut.
„Wir müssen ihn irgendwie auf die Krankenstation schaffen.“
Ihr Blick war auf Thanas gerichtet, dessen Miene ebenso ernst war, wie die ihre.
„Oder in einen ruhigen Raum, wenn wir es nicht bis dahin schaffen. Ohne eine Operation kann ich den Splitter nicht entfernen. Und wenn das nicht möglichst rasch geschieht ...dann.....“
Sie schwieg. Thanas wusste die Antwort auch ohne weitere Worte …....
Weltraum vor Bastion – SSD „Intimidator“, hinter der Brücke – Nereus, Thanas, Lidia
Bolitho entgegnete nichts mehr. Vielleicht hatte er eingesehen, dass er sie nicht loswerden würde. Oder hatte ihr in ihrer Argumentation recht geben müssen. Ob dies mehr oder weniger widerwillig geschehen war, ließ er sich nicht anmerken. Dazu war er zu professionell oder ihre Anwesenheit war zu geringfügig, als dass man sich darüber aufregen müsste.
Wenige Augenblicke später galt die ganze Aufmerksamkeit aller anwesenden Offiziere schon wieder der Schlacht, die im Orbit über Bastion mit aller Heftigkeit tobte.
Nur einer von ihnen schien mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache...suchte ihren Blick, während sie den seinen suchte - und ihn fand. Worin etwas geschrieben stand, das sie nicht auf Anhieb verstand. War es Unsicherheit? Oder Bedauern über das, was um sie herum gerade stattfand? Oder war er als Entschuldigung für das Sterben so unzählig vieler imperialer Soldaten gemeint?
Lidia tat dieser Blick fast körperlich weh. Wusste sie doch, dass Nereus das tat, was er glaubte tun zu müssen. Und sie wusste sehr wohl, dass er diesen Kampf vermeiden würde, wenn er könnte und wenn er wüsste, dass nicht höhere Ziele dahinter stünden, die es lohnend machten, diesen auch zu beenden. Lidia wäre wirklich die Letzte, die ihm Vorwürfe deswegen machen würde, auch weil sie nur zu gut wusste, dass er sein „Material an Lebewesen“ niemals ohne einen guten Grund einsetzen würde.
Eine scheinbar beiläufig getätigte Äußerung Bolithos jedoch unterbrach sowohl sie, als auch ihn in ihren Gedanken und sie wurde einmal mehr Zeuge davon, dass auch Nereus' menschliches, wie auch moralisches Empfinden stärker ausgeprägt war, als es für einen Offizier hohen Ranges vielleicht gut war. Andererseits, wenn es dem Großadmiral des Imperiums nicht gelungen wäre, sich ein wenig von menschlicher Wärme und Mitgefühl zu bewahren – zu was für einem Reich hätte sich das Imperium sonst entwickelt? Lidia schauderte: gewiss zu keinem, in dem sie jemals hätte leben wollen. Auch wenn sie früher, noch vor gar nicht allzu langer Zeit, eine andere gewesen war....
Doch eine weitere, diesmal heftige Erschütterung der „Intimidator“ nahm Bolitho die Möglichkeit, seine an Nereus gerichtete Antwort zu unterbreiten. Von jetzt auf gleich war der Krieg zu ihnen auf die Brücke getragen worden. Niriz hatte sich scheinbar dazu entschlossen, dass Herz der „Intimidator“ zu zerstören – zusammen mit allem Inhalt, den er darin vermutete oder gar wusste.
Der hoch über dem Sternenzerstörer aufragende Turm erbebte und ließ Lidia dieses Mal erneut fast den Halt verlieren. Und nur um Haaresbreite bewahrte sie sich davor zu stürzen.
Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Mangels geeigneter Ausbildung gänzlich unvorbereitet auf eine Schlacht diesen Ausmaßes - gänzlich unvorbereitet auf einen Einsatz im Krieg überhaupt - verfiel sie für einen kurzen Moment in Panik, verlor vorübergehend sogar die Orientierung und kam erst nach der heftigen Explosion, die ihre Ohren klingeln ließ, wieder zu sich. Nereus blutüberströmte Uniform, die ihren Blick gleich nach der ersten Benommenheit fesselte, ließ ihren in langen Jahren der Erfahrung gereiften ärztlichen Instinkt übernehmen und ihren brennenden Arm und ihre schmerzende Wange auf der Stelle vergessen. Schmerzempfinden und Mitleid, die sie in diesem Moment vielleicht in tiefe Verzweiflung gestürzt hätten, hatten jetzt keine Chance in ihr Bewusstsein zu dringen.
Thanas' Aufforderung an sie, ihm zu helfen, wäre nicht nötig gewesen. Sie war mit wenigen Schritten bei den beiden Männern und half Nereus durch das nächste Schott von der Brücke zu ziehen - gerade noch rechtzeitig, bevor sich die Luke krachend hinter ihnen schloss. Sie mochte gar nicht wissen, wer von den anwesenden Männer und Frauen es vielleicht nicht rechtzeitig in Sicherheit geschafft hatte.
„Halt, legen Sie ihn einfach hier ab.“
Lidia ließ es nicht zu, dass Thanas ihren Geliebten weiter fort mit sich zerrte. Für den Augenblick wähnte sie sich in einer relativen Sicherheit und noch dazu in unmittelbarer Nähe einer standartmäßig auf jedem Flur installierten Erste-Hilfe-Station. Wenn diese ordnungsgemäß gewartet worden war, sollte sie hier die notwendigen Dinge finden, um Nereus erst einmal soweit zu stabilisieren, dass ihn gefahrlos weiter auf die Krankenstation transportieren könnten...falls diese überhaupt noch zu gebrauchen war.
Während sie Nereus Kopf vorsichtig auf den Boden bettete und routinemäßig Atmung und Puls kontrollierte, ließ das Klingeln in ihren Ohren allmählich nach und ließ das dringliche Heulen der Alarmsirenen des Sternenzerstörers wieder in ihr Bewusstsein vordringen. Erinnerte sie daran, wie relativ die Sicherheit war, in der sie sich gerade wähnte.
Einerlei, die Rettung von Nereus ging vor. Jeder weitere Schritt, mit dem sie ihn weiter mit sich zogen, konnte die durch den Metallsplitter verursachten inneren Verletzungen verschlimmern.
Rasch und mit geübten Griffen hatte sie sich die notwendigen Dinge aus der Station zusammen gesucht und war wieder zu Thanas und Nereus zurückgekehrt. Fühlte langsam, wie der Schmerz über den drohenden Verlust ihres Geliebten versuchte überhand zu gewinnen. Schluckte einmal heftig und diesen damit hinunter.
Er atmete noch. Heftig und schnell hob und senkte sich sein Brustkorb, während sie eine Infusion mit stabilisierenden Medikamenten legte und Thanas bat, diese zu halten. Um dann Nereus' Oberkörper mit wenigen Schnitten eines Skalpells von seiner Uniform zu befreien. Blut, überall Blut, welches um den Splitter herum aus der Mitte seines Körpers heraus quoll und sie verbrauchte einiges an sauberen Wundreinigungstüchern, um die ungefähre Lage des Metallstücks zu lokalisieren.
Sobald die Blutung einigermaßen gestillt worden war, wurde ihr klar, dass hier ohne eine schnelle Operation …..sie schluckte erneut.
„Wir müssen ihn irgendwie auf die Krankenstation schaffen.“
Ihr Blick war auf Thanas gerichtet, dessen Miene ebenso ernst war, wie die ihre.
„Oder in einen ruhigen Raum, wenn wir es nicht bis dahin schaffen. Ohne eine Operation kann ich den Splitter nicht entfernen. Und wenn das nicht möglichst rasch geschieht ...dann.....“
Sie schwieg. Thanas wusste die Antwort auch ohne weitere Worte …....
Weltraum vor Bastion – SSD „Intimidator“, hinter der Brücke – Nereus, Thanas, Lidia