[Bastion, in der Nähe des Unterschlupfs]- finstere Gestalten
Das harmlose Wohnhaus lag vollkommen unauffällig dort, am Rande einer vollkommen gewöhnlichen- wenn auch für Bastions Verhältnisse kleinen- Straße, ordnete sich perfekt in die triste Architektur seiner Umgebung ein und warf im Schein der Untergehenden Sonne einen leichten Schatten auf die Scharen der flanierenden Passanten, denen ebenso wenig bewusst war, was dieses Gebäude auszeichnete, wie einem grau uniformierten Sicherheitsoffizier der Center-Polizei, dessen routinemäßig strenger Blick kurz zwei dunkle Gestalten streifte, die im Schutze der Dunkelheit auf den Eingang des Wohnblocks zuschlichen. Sie wussten, was innerhalb der normgerecht gefertigten Mauern dieses Gebäudes passiert war... und das wiederum rechtfertigte ihr Auftreten, denn Eile war geboten... Eile, um eine Ratte aus ihrem Loch zu holen.
“Das ist es...“, murmelte die erste Gestalt, sah sich kurz um und fischte dann ein seltsames Gerät aus den Tiefen ihres schwarzen Mantels, dessen leises Surren im allgemeinen Lärm der vorbeiziehenden Menge vollkommen unterging. Kurz darauf war die Tür vor ihnen geöffnet, als hätte es das Eindringlinge abwehrende Sicherheitsschloss niemals gegeben.
“Rein... und ein bisschen fix“, drängte nun die zweite Gestalt. “Wir sollten zu einem Ergebnis kommen, bevor die Sicherheitskräfte hier eintreffen... Major Lestat wird es nicht gefallen, wenn durchsickert, dass uns ein Geheimdienstagent des Gegners fast durch die Lappen gegangen wäre, ohne dass wir Ergebnisse haben.“
“Verstanden...“
Mit einem leisen Schaben wurden zwei Blaster gezogen und die Gestalten verschwanden im Gebäude, wehenden Schrittes die Treppen empor stürmend. Dass direkt nach ihrem verschwinden der Turbolift eine Person entließ, bemerkten sie in ihrer Eile nicht. Schnell hatten sie ihr Ziel erreicht- eine Apartmenttür von vielen, doch sie wussten genau, dass sie richtig waren. Ein weiteres Surren... und sie waren durch.
“Durchsuchen, schnell... der Vogel scheint ausgeflogen.“
“Also Plan B... die Sicherheit erwischt ihn und wir präsentieren die Beweisstücke… informieren mussten wir sie ja.”
“Besser als nichts.“
Sie suchten. Sie suchten gründlich. Und lange. Der Haufen an Beweisen jedoch, den sie sich erhofft hatten, war dürftig. Fast 10 Standardminuten suchten sie, ehe die erste Gestalt von einem triumphierenden Aufschrei ihres Kumpanen aufgescheucht wurde.
“Na bitte... eindeutig Sprengstoff. Reicht aus, um auch der Sicherheit schlagkräftige Beweise anzubieten...“
“Sehr gut. Aber warum ist dieser Zünder mit einem Countdown versehen...?“
Kurz darauf erhob sich eine alarmierende Rauchsäule majestätischer Gestalt von einem der Randviertel Centers. Den kurz darauf eintreffenden Eindämmungs- und Löschkräften bot sich ein harmloses Wohngebäude, dessen oberes Drittel einer offenkundig gewaltigen Explosion zum Opfer gefallen war. Rasch miteinbezogene Ermittler fanden keine verwertbaren Hinweise...
[Bastion, ehemaliger Unterschlupf]
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[Bastion, Straße]- Varader
Das dumpfe Geräusch einer erfolgenden Explosion ließ Varader zusammenzucken und sich in einer Affektreaktion in die Richtung umdrehen, aus der er gekommen war. Ein dunkler Rauchpilz hing über dem Viertel, dass ihm, Colonel Tsu und den übrigen Agenten des Geheimdienstes als Unterschlupf gedient hatte. Ein leichtes Beben durchlief seinen schwachen Körper, als er sich umwandte und weiterging. Er hatte nicht gewusst, wie viel Sprengkraft in dieser Bombe gesteckt haben musste- es war wohl Negron 14 gewesen, ein Stoff, dessen Kraft bereits in kleinen Dosen zum Abreißen eines ganzen Gebäudekomplexes dienen konnte. Sämtliche Hinweise waren nun sprichwörtlich über ganz Center verteilt. Kein imperialer Analysedroide oder Ermittler würde aus ihnen nun noch Schlüsse ziehen können...
Eilig hastete er weiter. Er war noch weit von seinem Ziel entfernt und wagte es nicht, ein Robotaxi zu benutzen. Immerhin- die Explosion würde die Sicherheitskräfte hier in den Außenbezirken der Stadt beschäftigten, soviel stand fest.
Keuchend bog er in eine dunkle Seitengasse ein, den urplötzlich einsetzenden Nieselregen vollkommen ignorierend. Eine flackernde Leuchtröhre spendete etwas Licht, um ihn zumindest erkennen zu lassen, das diese Gasse in die von ihm angestrebte Richtung führte, dorthin, wo das Team einen Treffpunkt abgemacht hatte, sollte es einen fatalen Fehlschlag geben. Anhand der Explosion würde Tsu erkennen, dass es zu einem solchen Desaster gekommen war- Varader musste nur noch zu ihm finden... und eine ausreichende Ausrede parat haben. Er war nachlässig gewesen, ja... doch musste der Colonel das wissen? Nein... nein. Überraschende Sicherheitsmaßnahmen, dumme Zufälle... alles war möglich.
Allmählich machte die dunkle Gasse Varader nervös. Der Regen wurde stärker, begann bereits, seine Kleidung zu durchnässen. Plötzlich hielt er inne. Am Ende der Gasse, ihrer Mündung in eine breitere Straße... schimmerte es milchig. Das seltsame Schimmern hatte die Konturen eines aufrecht stehenden, recht großen und klobig gebauten Mannes... klobig gebaut, oder gepanzert. Varader ächzte überrascht. Sie hatten ihn gefunden! Panisch vollführte er eine Kehrtwende und folgte dem engen Zwischenraum der riesigen Häuser, den er gekommen war. Seine in sich bildenden Pfützen platschenden Fußtritte und sein heftiger Atem waren seine einzigen Begleiter. Er musste einen Ausweg finden... während es in Center immer dunkler wurde und immer mehr künstliche Lichter versuchten, den Schein der Sonne zu ersetzen.
Schwer atmend hielt Varader inne, als er erneut an einer vertrauten Kreuzung zweier Gassen angelangt war. Er musste seinen Plan modifizieren, nur wie? Warum konnte nicht alles so logischen Gesetzen folgen wie seine geliebten Computer?
Der Blasterschuss war unnatürlich laut und hallte an den Wänden der schmalen Gassen dutzendfach wieder. Der Agent spürte, wie seinen Körper noch nie erlebte Schmerzen ereilten, als er seine Tasche auf den nassen Boden fallen ließ und wie entgeistert auf ein rauchendes Loch starrte, welches sich urplötzlich auf seinem Bauch gebildet hatte. Ein besonders starker Schmerzensschub ließ ihn neben der Tasche zusammenbrechen, das Gesicht halb in einer Lache schmierigen Wassers, welches nicht nur aus Regen zu bestehen schien. Aus dem Schatten der anderen Gasse trat gemessenen Schrittes ein hochgewachsener Mann in der Uniform der imperialen Bodenstreitkräfte. Varader konnte im schlechten Licht lediglich zwei rote Quadrate als Rangabzeichen ausmachen.
“Also hatte der Geheimdienst recht... ein Geheimagent, noch dazu ein im Feld unerfahrener“, ertönte eine kultivierte Stimme und der Mann nahm Varaders Tasche an sich, sie eher nachlässig durchsuchend. Hinter sich hörte der Agent schwere Schritte, doch er konnte sich nicht umdrehen. Erst, als zwei in gepanzerten Beinen fortgeführte weiße Stiefel in seinem Gesichtsfeld erschienen, begriff er.
“Diese Tasche reicht uns als Beweis... zusammen mit den Holokameraufnahmen“, fuhr der Offizier fort, ehe eine monotone, gefilterte Stimme ihm antwortete.
“Jawohl, Sir...“
Die weißen Stiefel veränderten ihre Positionen ein wenig und der langsam dahindämmernde Varader spürte den kühl-nassen Druck eines dem Regen ausgesetzten Blasterkarabiners an seiner Schläfe. Es war vorbei.
Der darauf folgende Schuss war leiser. Deutlich.
[Bastion, Gasse]