Bogden-System - Kohlma - im Frachter, in der Nähe des Tempels - Keeda, Tara und Wes
Keeda sprach ein wahres Wort gelassen aus: ihre Padawankollegin Tara um ein Haar mit dem Trainingslichtschwert zu treffen hätte definitiv nicht passieren dürfen. Dass die Dinger alles andere als harmlos waren, musste die junge Togruta spätestens an der Tür gemerkt haben. Wasser zu kochen war eines der simpelsten Dinge, für die Wes zu seiner Padawanzeit Trainingslichtschwerter missbraucht hatte (man musste sie anschließend nicht einmal reinigen, weil eventuelle Speisereste augenblicklich weggebrutzelt wurden). Zu jener Zeit hatte es unter den angehenden Jedi im damals noch in ihrer Hand befindlichen Tempel die Legende gegeben, dass ein Padawan durch einen Unfall mit einem Trainingslichtschwert sein Augenlicht verloren hätte. Ob die Mär stimmte, wusste Wes nicht, doch dass es möglich war, stand außer Zweifel. Gut, dass Tara die schnellen Reflexe einer Jägerspezies besaß, und da infolgedessen nichts passiert war, brauchte man nicht lange darauf herumzureiten. Der Beinahe-Unfall hatte Keeda einen ordentlichen Schreck versetzt, so dass diese sicherlich einen gesunden Respekt auch vor der entschärften Version einer Jediwaffe entwickeln würde – schließlich handelte es sich bei der kleinen Togruta um eine clevere junge Dame.
Keine seiner Padawane schien Kohlma in der kurzen Zeit ihrer Anwesenheit allzu lieb gewonnen zu haben, schon gar nicht das Viehzeugs, gegen das Wes sich einigermaßen und Tara mehr recht als schlecht hatten verteidigen können. Keeda hatte dasselbe festgestellt wie er, dass das Licht sie zwar anzuziehen schien, man sie aber nicht blenden konnte.
»Ich vermute, dass sie zwar sehen können, ihnen aber andere Sinne wie Hören oder Riechen wichtiger sind, vielleicht nehmen sie auch Wärme wahr. Vielleicht haben sie ihm Lauf der Zeit gelernt, dass Licht in der Dunkelheit in der Regel mit Beute, also Leuten wie uns, verbunden ist. Auf jeden Fall würde ich mich gerne bei den Verfassern des Bibliothekseintrags über Kohlma beschweren – von den Biestern stand da nämlich kein Wort, und das wäre eine ausgesprochen wissenswerte Information gewesen. Verglichen mit Planeten sind Monde wohl tatsächlich unterrepräsentiert,«
Beklagte sich der Jedi. Dass sie wenig später schwarze Roben in Kindergrößen fanden und die kleinere seiner Schützlinge somit eine mehr als akzeptable Verkleidung für das unauffällige Eindringen in den mutmaßlichen Sith-Unterschlupf hatte, schien diese nicht allzu sehr zu freuen. Sie sträubte sich und fragte nach, ob Wes wirklich das vorhatte, was er vorhatte.
»Ja, natürlich, das ist perfekt! Ich denke, dass dir die meisten Leute ohne weiteres abkaufen würden, du wärst noch so eine angehende Sith. Außerdem bist du ja natürlich machtsensitiv, was ausreichen sollte, um auch die unbedarfteren Schüler zu täuschen. Es scheint ja welche in deiner Größe zu geben. Im Zweifelsfall bist du halt eine neue Sith-Göre von Bastion, welche Jarimoch sich angelacht hätte. Dass er hier ist, darf inzwischen als mehr als wahrscheinlich gelten – und nicht nur er.«
Denn so sicher, wie sie es sich erhoffen konnten, war nun, dass Nevis sich auf dem Mond befand, oder befunden hatte. Das war der Ort, den sie in der Vision gesehen hatten, und es gab Sith hier, Kindersith, wie Keeda es formuliert hatte. Wer sonst hatte Bedarf für anthrazitfarbene Bademäntel in Kindergrößen? All die Theorien und Hinweise schienen sich ineinander zu fügen. Nach so langer Zeit waren sie endlich am Ziel. Sie würden Nevis finden oder zumindest herausfinden, was aus ihr geworden war, und wenn er dazu den Sith Jarimoch töten, alle anderen einsperren und die ganze Halb-Ruine psychometrisch untersuchen musste. Das war natürlich auch ein Problem, das er bisher vermieden hatte, breitzutreten. Dieser Ort war schon rein optisch nicht vergleichbar mit dem Kinderhort des Jedi-Ordens auf Haruun Kal. Es hierher geschafft zu haben war noch keine Überlebensgarantie. Da Keeda ebenfalls Nevis' Schicksal ansprach, das Wes gerade sehr beschäftigte, merkte dieser gar nicht, dass die kleine Togruta sich immer noch darüber ärgerte, eine Sith-Robe für Kinder tragen zu müssen.
»Ja! All die Zeit und Mühen, die du für deine Tochter auf dich genommen hast, zahlen sich hoffentlich bald endlich aus, wenn die Macht weiterhin mit uns ist, so wie sie das auf dem Weg bisher war jedenfalls. Bald wird alles vorbei sein, Tara!«
Ermutigte der Mensch von Taanab seine Padawan und überhörte dabei völlig, wie die Jugendliche sich beklagte. Natürlich hatte er ebenfalls eine Menge Arbeit investiert, doch was war das verglichen damit, die aus dem Grund verständliche Abscheu vor der Macht zu überwinden und die Jedi-Ausbildung auf sich zu nehmen, allein aus dem Grund auf diese Weise vielleicht das eigene Kind zu finden? Aus einer vagen Hoffnung heraus… es zeigte, wie viel Vertrauen Tara in ihn setzte und Wes bat die Macht inständig, dass diese Hoffnung nicht vergebens war.
Keeda hatte ohnehin keinen Grund, sich zu beschweren, verglichen mit dem, was den beiden anderen möglicherweise als Verkleidung dienen musste. Wes konnte den Gestank der Overalls selbst auf die Entfernung riechen.
»Eine Verkleidung als Handwerker könnte ich mir gut vorstellen, aber in diese Dinger zu steigen kostet eine Menge Überwindung – nur, wenn wir nichts anderes finden,«
Erwiderte er, wobei sich ihm bei dem Gedanken die Nackenhaare aufstellten. Vielleicht sollte er doch einfach die Flugmontur anbehalten – oder wäre das zu auffällig? Just in diesem Moment, stolperte Keeda, die saubere Kleidung in einer der übrigen Kisten vermutete, über den Saum ihrer eigenen Robe.
»Vielleicht ist sie dir doch ein bisschen zu lang. Wenn wir Zeit hätten, würde ich das Ding ändern lassen,«
Murmelte Wes gedankenverloren, als er seiner Padawan zu dem Stapel folgte. Tatsächlich fanden sich in einem der Behälter fein säuberlich zusammengelegt weitere der langweilig, aber unauffällig aussehende grauen Arbeitsoveralls.
»Scheint, als hätten wir unsere Verkleidung gefunden!«
Das war freilich nicht das einzige noch zu lösende Problem. Wie die kleinere der Padawane feststellte, blieb ihnen im wesentlichen die Option, den gefräßigen Viechern vor der Türe ins offene Messer zu laufen, was wohl nicht lange gutgehen würde, oder sich einen anderen Ausgang zu suchen. Mit seinem Lichtschwert konnte sich der Advisor natürlich einen machen, wo immer er einen haben wollte, doch Keedas Blick schweifte nicht von ungefähr herum. Diese Frachter sollten in der Standardkonfiguration untereinander verbundene Frachträume haben. Links von ihm war die Frachtrampe, durch die sie das Schiff betreten hatten, hinter ihm die Außenwand, also blieb nur eine Seite. Wes fixierte einen verdächtig aussehenden Kistenstapel, konzentrierte sich auf die Macht und stellte fest, dass sich dahinter tatsächlich eine Zwischentüre befand.
»Dahinter!«
Rief er aus und sie begannen, den Berg abzutragen, bis der Durchgang begehbar war. Er öffnete sich ohne Murren, doch auf der anderen Seite befand sich eine Art großer Truhe, die zu schwer war, um sie ohne die Macht zu bewegen, so dass sie darüber klettern mussten, und kaum standen sie im nächsten Raum, aktivierte sich nicht nur die Beleuchtung, sondern zwei kreisrunde Droidenaugen erwachten ebenfalls zum Leben.
»Halt! Was machen sie hier? Das ist unbefugtes Betreten…«
Knatterte die Blechstimme, bis Wes den mechanischen Ausschalter auf der Rückseite erwischte. Zum Glück verfügten die meisten dieser Blechdeppen über einen – die übrigen waren oft welche, bei denen man keine Skrupel haben musste, den mobilen Jedi-Ordens-Not-Aus-Schalter zu benutzen (jener, der altrosa leuchtete).
»Ganz verlassen ist das Schiff also nicht… ich hasse diese Typen!«
Bekundetete der Taanaber und erspähte einen Werkzeugkasten, der prima zu seiner Verkleidung passte, die er jetzt auch überstreifte, dafür allerdings etwas eng um die Brust war, und eine Idee zu kurz, aber es würde gehen. Notfalls öffnete er das Oberteil, wenn sie tatsächlich kämpfen mussten. Dann brauchten sie ohnehin keine Verkleidung mehr. Mit professionellem Hobbybastlerinteresse durchwühlte er das Werkzeugsortiment – schließlich musste man immer darüber im Bilde sein, über welche Ausrüstung andere Leute verfügten und die man infolgedessen selbst brauchte, und glaubte seinen Augen nicht zu trauen: ein Photonizer® 3020! Der beste und teuerste Leuchtstab auf dem Markt! Der Vater aller mobilen Leuchtmittel! Das Gerät, das Wes zwar zu teuer war, um es selbst zu kaufen, von dem er aber seit Jahren hoffte, jemand würde es ihm zum Geburtstag schenken! Es konnte mit Hochleistungs-Diatiumzellen bestückt werden wie ein Lichtschwert! Vorsichtig ergriff er den Leuchtstab, richtete ihn zur Decke, betätigte ehrfürchtig den Einschalter, freute sich über das sonore Klicken, wünschte sich denselben Typ Einschaltknopf für sein Lichtschwert, war beeindruckt ob der gleißenden Helligkeit, schaltete das edle Accessoire wieder aus und warte, bis sich seine Augen wieder an die Dunkelheit der Deckenleuchten gewohnt hatten. Dagegen konnte er seine Leuchtstabfunzel echt vergessen! Die Sache brachte ihn auf eine Idee, und ein Aspekt der Idee gefiel ihm gar nicht.
Wes knöpfte sich den Droiden vor, der mitten im Raum mit schlaffen Armen herumstand, befestigte den Photonizer® 3020 mit Klebeband an seiner Hand (unverwüstliches TeraTape, die Sith beschäftigten hier ganz klar nicht einfach jeden) und klebte den anderen Arm auf seinen Rücken. Mit dem Blechheini ging er zur Tür und öffnete diese. Die Flugviecher waren noch da und allein der Lichtstrahl, der durch die Öffnung fiel, machte sie bereits unruhig. Sie hatten keine Zeit zu verlieren! Der Jedi aktivierte den Photonizer® 3020 und dann den Droiden, verpasste letzterem noch einen Tritt, damit er schneller bei der geflügelten Pest ankam und wandte sich den beiden Togruta zu.
»Lauft!«
Der Mensch startete in die andere Richtung des kreisrunden Ganges durch und hörte hinter sich den Droiden zetern.
»Eindringlinge! Alarm! Hilfe!«
Droiden waren wirklich dämlich – Wes konnte sich nur zu gut vorstellen, wie der Apparat hilflos mit seiner Leuchtstabhand um sich schlug und von den Bestien kurz und klein gepickt wurde. Was für eine Verschwendung, dachte er… aber vielleicht, vielleiiicht würde der Photonizer® 3020 mit seiner gehärteten Durastahlhülle noch da sein, wenn sie zurück kamen.
Bogden-System - Kohlma - im Frachter, in der Nähe des Tempels - Keeda, Tara und Wes