Cadomai - Dokaan - Bahnhof - Zug - Cockpit
Zahlenrätsel? Ysim verzog das Gesicht und wandte sich ab. Er hasste die Mathematik, viel zu kompliziert das alles. Und da er nie in einer Schule gewesen war, fand er es schon erstaunlich das er das Ein mal Eins konnte. Doch was Brüche, Wurzel ziehen und den ganzen Kram anging, hörte es auf mit seinem Wissensschatz und seiner knapp bemessenen Geduld.
Glücklicherweise hatte Marth zugestimmt mit ihm zu trainieren, was die Zahlen wieder aus dem Denkzentrum verbannte und in die tiefsten und eigentlich nie gebrauchten Regionen seines Gehirns schickte.
Die beiden verließen das Cockpit und gingen durch mehrere Passagierabteilungen die mit Sitzen und Tischen zu voll gestellt waren um dort effektiv trainieren zu können.
Schließlich erreichten sie ein Abteil in dem Xirius schon wartete. Der Bereich war wohl für Speeder Bikes eingerichtet worden, doch der Adept hatte mit seinem Lichtschwert die störenden Stützen abgeschnitten und weggeschafft.
Nun hatten sie genug Platz um ein “paar” Hiebe auszutauschen, wenn ihnen auch die Kopffreiheit fehlte womit das wilde herumspringen wegfiel.
“Xirius, da du ja der mit der wenigstens Erfahrung bist was den Schwertkampf angeht, solltest du gegen Lord Marth antreten. Meine Kampftechnik kennst du schon teilweise, was es für dich leichter macht. Aber es soll ja nicht einfach sein”.
Er trat zurück und überließ den beiden das Feld. Als der Zug dann schließlich seien Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte wurden die Schwerter gezündet und der Kampf begann.
Ysim sah eine Weile zu, wie Marth sich ein wenig zurück hielt und Xirius den Angriff überließ und schloss dann die Augen.
Alles außerhalb seines Körpers ausgeblendet und abgeschottet, kehrte er in sich und rief seine dunkelsten Gedanken in sein Denkzentrum. Gedanken von Verrat, von der Ermordung des Imperators und Inquisitor Charon, der schließliche Verrat an Lord Menari wenn es Zeit wurde ihn zu verlassen, die Übernahme der Ash’rak zum Sturz des jetzigen Imperators, die vollendete Ausbildung seines Schülers Xirius, seinem mächtigsten Werkzeug. Er strich einige Dinge davon und fügte andere wiederum hinzu.
Nach wenigen Minuten verbannte er aber wieder diese Gedanken, denn es war gefährlich solche zu besitzen wenn ein mächtigerer dem Imperator treuer Sith anwesend war.
Statt dessen konzentrierte er sich nun auf die beiden dunkelsten Techniken die er erlernt hatte. Im Vergleich zum Würgegriff oder den Machtblitzen waren diese Techniken nicht unbedingt tödlich, aber weit aus grausamer. Um die beiden Kämpfenden nicht zu stören unterließ es Ysim die Aura der Verzweiflung aufzubauen und den Raum mit kalter Angst einflößender Dunkelheit zu füllen, doch er vertiefte sich dafür in seine "Nightmare Trap" um sie zu perfektionieren bzw erst einmal richtig zu verstehen. Alles fand auf einer geistigen Ebene statt, was bedeutete das er selber in diesen für seine Opfer pechschwarzen Raum treten konnte.
Er jedoch sah alles. Er sah die Höhle in der er sich befand, eine Höhle mit einem Durchmesser von mehr als einem halben Kilometer und an die 30 Meter hoch. Der Boden bestand aus grobem Sand, einen Eingang oder Ausgang gab es nicht. Man brauchte keinen.
Ysim setzte sich in der von ihm geschaffenen Welt im Schneidersitz auf den Boden und schloss die Augen. Und obwohl dieser Körper jetzt eigentlich nicht wirklich existierte, konnte er damit genau so arbeiten wie mit dem wirklichen der gerade im Zug saß.
Er ging die einzelnen Schritte durch. Als erstes musste man eine Umgebung schaffen in dem man das Opfer fangen konnte, eine Höhle oder ein Fenster und Türenloser Raum waren dafür perfekt geeignet. Großräumige Areale mit vielen Versteckmöglichkeiten waren da eher hinderlich.
Das hatte er ja nun schon geschafft. Den zweiten Schritt musste er überspringen, weil er niemanden hatte den er als Opfer nehmen konnte. Dritter Schritt war das erschaffen eines Wesens mit Hilfe seiner Fantasie, Vorstellungskraft und seiner Macht.
Das kann doch nicht so schwer sein, dachte er und überlegte was er erschaffen könnte. Sein Gedächtnis, was bei Personen und Orten schon fast photografisch war, half ihm dabei die perfekte Person dafür auszuwählen. Er wählte die Person aus mit der er die meiste Zeit im Orden verbracht hatte. Seinen Meister Janem Menari.
Er streckte die Hände aus und fokussierte die Macht in den Fingerspitzen. Dann krümmte er diese und begann in seinem Geiste den Chiss Sith Executor Janem Menari zu erschaffen, nur aus seinem Gedächtnis heraus. Seine Körpergröße, sein Gesicht, die Haltung und die Kleidung.
Als er dann damit fertig und zufrieden war, formte er mit der Macht den Körper der in seinem Kopf schon existierte.
Wie er das mit der Macht genau machte, konnte er selber kaum erklären. Er nutze die dunkle Seite auf eine Weise wie er es noch nie zuvor getan hatte, weil er es einfach nicht hatte machen müssen. Es war komplexer als der Würgegriff, gleichzeitig aber so leicht wie die Levitation.
Nach einigen Sekunden bildete sich dann tatsächlich ein schwarzer Klumpen Plasma mitten im Raum schwebend vor ihm, noch ohne jede Form und flüssig. Er konzentrierte sich stärker und formte langsam ein Bein, dann noch eins, die Arme, den Torso und schließlich den Kopf daraus, wobei er bei jedem Körperteil in seinem Geiste angestrengt darüber nachgedacht hatte.
Nun stand vor ihm eine schwarze humanoide Gestalt, noch ohne Gesichtszüge oder sichtbare Muskeln. Nun wurde es komplizierter. Er versank noch tiefer in der Macht und schottete sich dabei noch stärker von seiner Umgebung ab. Als erstes nahm er sich das Gesicht vor, das bei Menari glücklicherweise nicht allzu kompliziert werden würde. Eins nach dem andere gestaltete er, die noch blassen Augen, die ebenso blasse Haut, viel zu dunkle Augenbrauen und Haare, das Kinn und die Ohren.
Um sein Werk zu begutachten musste er wieder die Augen öffnen, was ihn fast die Verbindung zu der Gestalt vor ihm gekostet hätte. Das Ding begann wild zu schwabbeln und drohte auseinander zu brechen, doch Ysim gelang es rechtzeitig sie wieder mit der Macht zu stützen. Erleichtert betrachtete er das Wesen vor sich, das seinem Meister ähnelte, wenn auch nur entfernt.
Weiter gehts, sagte er optimistisch und schloss wieder die Augen um sich besser konzentrieren zu können. Nun verpasste er seinem Werk noch die richtige Farbe, dunkelblaue Augenbrauen und Haare, ein kräftig blaues Gesicht und dämonisch rot glühende Augen.
Zweifellos sah das Wesen nun im Gesicht noch immer nicht genau so aus wie Ysims Meister, denn der Sith Executor besaß ja kein in Stein gemeißeltes Gesicht wie der Klon von ihm. Aber sie sahen sich ähnlich, viel ähnlicher als vor ein paar Minuten noch.
Eine halbe Stunde, in dieser Welt, war vergangen und sein Werk war fertig gestellt. Er öffnete erneut - wenn auch dieses mal weit aus vorsichtiger - die Augen und betrachtete den Klon seines Meisters, wie er ausdruckslos dort auf dem Sandboden stand, seine Arme schlaff am Körper hinunter hängend.
Der Apprentice nickte zufrieden und ließ los, ließ den Klon von den Machtfäden die ihn die letzte Stunde oben gehalten hatten, los und somit frei. Doch was dann passierte, war nicht gerade das was Ysim sich erhofft hatte. Der Klon sackte einfach zerknittert in sich zusammen.
Er war hohl.
Nein, stöhnte Ysim und sprang auf. Er nahm die zerrissene und zerknitterte Hülle auf und rieb sie zwischen den Fingern, wodurch sie sich auflöste.
Das darf einfach nicht wahr sein!
Das kann unmöglich dein Ernst sein, schrie er in die Höhle, sich klar das der Sith Geist ihn nicht hörte.
Er drückte beide Hände gegen den Kopf und stöhnte weiter frustrierte vor sich her.
Um ein Wesen in dieser Welt zu erschaffen und nutzen zu können, musste er nicht nur die Hülle schaffen, sondern auch alles was sich dort eingeschlossen befindet. Organe, Blut, Fleisch, einfach alles.
Und dann musste er mit Sicherheit auch noch das Verhalten einprogrammieren.
Und genau das alles konnte Ysim nicht, denn ihm fehlte das nötige Wissen über die Biologie der Chiss oder Menschen um sie zu erschaffen.
Hier kam er nicht mehr weiter, jetzt jedenfalls noch nicht.
Enttäuscht, verärgert und frustriert zu gleich beendete er das alles und öffnete in der realen Welt wieder die Augen. Die beiden kämpften immer noch. Wie viel Zeit vergangen war, tatsächlich vergangen war, wusste Ysim nicht. Er wusste nur eins, er war am Ende seiner geistigen und körperlichen Kräfte. Das erschaffen dieser Klonhülle hatte ihn total ausgepowert.
Erschöpfte sackte er in sich zusammen und plötzlich konnte er sich nichts schöneres mehr vorstellen als zu schlafen...
Cadomai - Dokaan - Bahnhof - Zug - leeres Abteil