[Weltraum vor Corellia (ca. K12) ? Flotte Bolitho ? SSD Mylady Terror ? Admiralsbrücke] VAdm. Torbog, LCpt. Falson, Stabsoffiziere
Immer mehr imperiale Schiffe erreichten die feindliche Formation und verschmolzen scheinbar mit den Einheiten der Neuen Republik sowie der Forces of Hope zu einem einzigen, gewaltigen Klumpen aus Stahl. Dutzende Schlachtschiffe, Kreuzer, Fregatten und Sternenjäger vereinigten sich auf kleinstem Raum, um sich in blutigen Einzelkämpfen gegenseitig auszulöschen. Das System war ganz einfach: Welche der beiden Parteien am Ende dieser gigantischen Schlacht noch existierte, hatte gewonnen. Doch bis dahin würden noch Stunden vergehen. Stunden, in denen unzählige Schiffe, sowohl kleine Einmannjäger als auch riesige Sternzerstörer, untergehen würden. Beide Flotten hatten ihre taktischen Möglichkeiten weitestgehend ausgeschöpft. Seitdem die ersten imperialen Einheiten in die Flanke der republikanischen Formation eingebrochen waren, war kaum noch ein zusammenhängendes Manöver von mehr als drei Schiffen möglich. Überall auf diesem über zwanzig Kilometer langen Schlachtfeld waren kleinere Duelle zwischen einzelnen Kriegsschiffen entstanden, welche allein durch die Standfestigkeit und Stärke der Bewaffnung der jeweiligen Kontrahenten sowie die Fähigkeiten ihrer Besatzungen und Kommandanten entschieden wurden.
Das Ganze war ein Alptraum für einen Admiral, da ein solcher bei den vielen Einzelkämpfen schnell die Übersicht verlieren konnte. Selbst die besten Flottenführer konnten in solchen Situationen versagen, zumal wahrscheinlich noch niemand eine Schlacht solchen Ausmaßes erlebt hatte. Großadmiral Needa war der letzte imperiale Flaggoffizier gewesen, der eine annährend ebenso große Zahl Kriegsschiffe unter seinem Kommando vereint und in einer Raumschlacht geführt hatte. Aber er war heute nicht anwesend, stattdessen die neue Elite des imperialen Offizierskorps. Die Admiralität hatte die besten Kapitäne und die besten Schiffe versammelt, um der langsam zerfallenen Neuen Republik den so lang ersehnten Gnadenstoß zu geben. Aber nicht nur die berühmtesten Sternzerstörer waren hier anzutreffen. Auch zuvor in wichtigen und weniger wichtigen Sternensystemen stationierte Schiffe ohne nennenswerte Tradition in Sachen Entscheidungsschlachten waren zu der gewaltigen Armada gerufen worden, um den Sieg des Imperiums nicht dem Zufall zu überlassen. Allein die zahlenmäßige Überlegenheit der Imperialen reichte aus, um nicht den geringsten Zweifel am Ausgang der Schlacht aufkommen zu lassen.
All das war den Soldaten an Bord jedes imperialen Kriegsschiffes, gleich welcher Klasse und Größe, natürlich bestens bekannt. Aber nur die Offiziere höheren Ranges waren mit allen Faktoren vertraut, die über Sieg und Niederlage entschieden. Nur auf den Flaggschiffen liefen alle Daten über die unzähligen Gefechte, die Schäden an den einzelnen Schiffen, die Meldungen der verschiedenen Kommandanten, die Bestände der Jäger und Bomber und nicht zuletzt über die Feindlage zusammen. Alle diese Informationen landeten schließlich in einem einzigen Raum, wo sie von den Stabsoffizieren ausgewertet und nach ihrer Bedeutung geordnet wurden. Die wichtigen, und nur die wichtigen Informationen gelangten schließlich zum kommandierenden Flaggoffizier, der dann angesichts dieser Informationen seine Entscheidungen traf.
Jener imperiale Verband, der sich soeben der vereinigten Flotte von Republik und Forces of Hope stellte, hatte lediglich zwei solcher Flaggoffiziere. Der eine hieß Admiral Garm Bolitho, welcher unter den wachsamen Augen der Admiralität von der Intimidator aus die gesamte Armada führte. Der andere genoss währenddessen die Freiheit, auf seinem eigenen Schiff der ranghöchste Offizier zu sein und sich keine lästigen ?Vorschläge? von Hochadmiral Jeratai betreffs der Führung der ihm unterstellten Einheiten anhören zu müssen. Vizeadmiral Torbog hatte praktisch absolute Handlungsfreiheit, denn Bolitho, sein nomineller Vorgesetzter, hatte schon genug mit den unter seinem direkten Befehl stehenden Schiffen zu tun. Er war vielleicht sogar dankbar, dass er nicht auch noch ein Auge auf sieben weitere Sternzerstörer werfen musste.
Diese sieben Schiffe ? vier der Imperial II-, drei der Victory II-Klasse ? wurden von der mächtigsten und effektivsten Waffe geführt, die sich die imperialen Ingenieure je ausgedacht hatten: einem Kommandoschiff der Executor-Klasse. Im Gegensatz zum einst so hoch gelobten Todesstern hatten diese gewaltigen Veteranen des galaktischen Bürgerkriegs schon unzählige Jahre überstanden und waren auch trotz allen bisher durchgemachten Gefechten nicht weniger tödlich als zu Zeiten ihrer Jungfernfahrten. Noch immer waren diese beweglichen Großstädte mit ihrer enormen Länge von zwölftausendachthundert Metern die am meisten gefürchteten Gegner aller Raumschiffkommandanten. Sie waren so gefährlich, dass selbst die sonst so doppelmoralige Neue Republik mit der Zeit auf die Verwendung solcher Giganten verzichtet hatte. Lediglich die Forces of Hope mit den nach ihrem Verrat erbeuteten zwei Schiffen und das Imperium verfügten noch über einige wenige Supersternzerstörer, welche aus verschiedenen Gründen nur noch äußerst selten hergestellt wurden. Dennoch waren nun sechs von ihnen hier im Corellia-System versammelt: zwei auf Seiten der Rebellen, vier unter der Flagge des Imperators.
Eines dieser vier imperialen Kommandoschiffe trug den traditionsreichen Namen Mylady Terror, der neben der Colossus vielleicht der bekannteste war. Schon seit langer Zeit war die Mylady Terror nicht mehr in Erscheinung getreten, war als kostbare Reserve für den heutigen Tag aufgehoben worden. Doch sie war stets vollkommen einsatzbereit gewesen und hatte durch ständige Wartung nichts von ihrer einstigen Schlagkraft eingebüßt. Jetzt nahm sie endlich wieder an einer Schlacht teil, möglicherweise die letzte in ihrer langen und ruhmreichen Geschichte. Doch das Schicksal dieses Supersternzerstörers interessierte ihren momentanen Flaggoffizier recht wenig. Vizeadmiral Torbog, nach Bolitho der ranghöchste Offizier der Intimidator-Flotte, war erst vor einigen Wochen an Bord gekommen. Er hatte gerade mal genug Zeit gehabt, um sich mit den Besonderheiten eines solchen Giganten vertraut zu machen. Die typische imperiale Standardbauweise hatte ihm das Ganze allerdings um einiges erleichtert, und so war Torbogs gesamtes Geschwader rechtzeitig zur Versammlung der imperialen Armada bei Kuat einsatzbereit gewesen. Aber das war schon einige Tage her, jetzt zählte einzig und allein die Schlacht gegen das letzte Aufgebot der Republik.
Die Mylady Terror hatte sich bisher noch nicht in den Kampf eingemischt. Wie die Intimidator hatte sie erst die kleineren Sternzerstörer der Imperial II-Klasse vorgelassen, denen sich unterdessen auch zahlreiche kleineren Einheiten angeschlossen hatten. Nur die beiden Supersternzerstörer, eskortiert von einer vergleichsweise winzigen Anzahl an Sternzerstörern und Fregatten, waren als schlagkräftige Reserve am Rand des Schlachtfeldes zurückgeblieben um auf den richtigen Moment zum Eingreifen zu warten.
?Die ersten Einheiten sind bis zur Goddess of Wisdom vorgedrungen, Sir.?
Die Stimme Line Captain Falsons unterbrach das Gewirr aus flüsternden Stimmen und von Geräten jeglicher Art verursachten Geräuschen, das zeitgleich mit dem Hyperraumaustritt begonnen und seitdem immer mehr zugenommen hatte. Eine ehrfürchtige Ruhe stand plötzlich im Raum, als alle Offiziere ihren Blick auf den Vizeadmiral richteten, der einem König gleich auf seinem einzigartigen Sessel thronte. Dieser aus äußerst seltenen Edelmetallen gefertigte und reich verzierte Sessel war ein Unikat, gefertigt allein um die Macht und den Reichtum seines Besitzers zu zeigen. Die perfekt in die Lehnen eingearbeiteten Knöpfe und Hebel sorgten dafür, dass Torbog dennoch auf keinerlei Funktionen eines gewöhnlichen Kommandantensessels, wie er auf vielen Sternzerstörern zu finden war, verzichten musste. Um diesen Luxus auch auf seinem neuesten Flaggschiff, der Mylady Terror, zu genießen, hatten die imperialen Techniker mehrere Stunden damit zugebracht, diesen Thron auf der Admiralsbrücke des Supersternzerstörers zu montieren.
?Sie sind also bis zur Goddess of Wisdom vorgedrungen?, wiederholte der Admiral langsam die Worte seines Stabschefs, ohne dabei seinen Blick von dem großen Frontfenster der Brücke abzuwenden. ?Und was sagt uns das, Mr. Falson??
?Nun...? Der Line Captain war sichtlich von der Frage seines Vorgesetzten überrascht worden, obwohl er schon lange unter ihm gedient hatte und seine Eigenheiten gut kannte. ?Die Rammer und die Black Claw können es nicht lange mit einem Supersternzerstörer aufnehmen, Sir.?
?So, können sie das nicht?? Der Admiral ließ endlich vom Frontfenster ab und fixierte den Line Captain mit seinen stechenden Augen, die diesen scheinbar zu durchbohren schienen. Nach einigen Sekunden, die in dieser Situation wie eine Ewigkeit erschienen, fügte Torbog hinzu: ?Wenn Sie das erkannt haben, Falson, dann werden es die Kommandanten der beiden Sternzerstörer erst recht bemerkt haben. Sie sind selber schuld, wenn sie sich in eine solche Situation bringen.?
?Ich dachte nur, wir sollten sie vielleicht unterstützen...?
?Ich habe Sie nicht nach Ihrer Meinung gefragt. Außerdem ist das nicht mein Problem, sondern Bolithos. Wir greifen ein, sobald sich das Durcheinander ein bisschen gelichtet hat.?
Line Captain Falson sah verzweifelt am dreidimensionalen Taktikhologramm vorbei zu den in sich verschlungenen Flotten und der Goddess of Wisdom, die über allen anderen Schlachtschiffen unübersehbar herausragte. Irgendwie musste der Admiral doch zum Eingreifen gebracht werden, bevor noch imperiale Soldaten wegen seiner Starrsinnigkeit starben. Sein Blick fiel langsam auf das Hologramm, welches alle Schiffe, inklusive der drei beteiligten Supersternzerstörer, zeigte. Während die Mylady Terror immer noch im Schutze ihrer Geleitschiffe abwartete, hatte sich Admiral Bolitho entschlossen, die Intimidator in die Schlacht zu führen. In wenigen Augenblicken würde sie den Kampf mit den republikanischen Einheiten aufnehmen, und Torbog würde tatenlos zusehen. ?Verdammt, das ist es!?, bemerkte Falson plötzlich und wandte sich aufgeregt wieder seinem Vorgesetzten zu.
?Sir, die Intimidator hat Kurs auf die feindliche Flotte gesetzt. Mit Admiral Bolitho würde ich jetzt gerne tauschen. Wenn er die Goddess of Wisdom vernichtet, kann er sich getrost von der Belohnung zur Ruhe setzen. Dann brauchen nicht mal seine Enkel arbeiten gehen...?
?Was sagen Sie da?? Torbog war plötzlich sehr an den Worten seines Stabschefs interessiert. ?Eine Belohnung??
?Nun ja, Sir. Auf Corellia liegt doch bestimmt der Staatsschatz der Neuen Republik. Da lagert so viel Geld, dass der Imperator alle siegreichen Kommandanten großzügig belohnen wird.?
?Interessante Feststellung:? Der Vizeadmiral musterte einen Augenblick das Hologramm, bevor er ungewohnt entschlossen befahl: ?Das Geschwader soll die Goddess of Wisdom anvisieren. Captain Reighley soll uns so schnell wie möglich einen Korridor durch die unbedeutenden Sternzerstörer und Mon Calamari-Kreuzer freischießen. Wir können ja schließlich nicht die Rammer und die Black Claw ihrem Schicksal überlassen. Nicht wahr, Mr. Falson??
?Jawohl, Sir?, antwortete der Line Captain erleichtert. ?Für diese großzügige Unterstützung werden sie sicher dankbar sein...?
[Weltraum vor Corellia (ca. K12) ? Flotte Bolitho ? SSD Mylady Terror ? Admiralsbrücke] VAdm. Torbog, LCpt. Falson, Stabsoffiziere