[Rückzugspunkt Aurek – außerhalb des Corellia-Systems – CRV Gladius] CDR Manius Selgorias, LCDR Vintar Ionesk MAJ Hal McArther und VA Elysa Nerethin, diverse Eskorte
„Was einen Anführer ausmacht?“, wiederholte Manius Selgorias bedächtig ihre Frage, erkaufte sich wenige Herzschläge in denen er sie während des Marschs zur Brücke vorsichtig betrachtet.
„Da könnte man viele Weisheiten in die Bresche werfen, Admiral...“ er zögerte, wog vermutlich innerlich ab, ob und wieviel er in der Anwesenheit wichtiger Untergebener und Major Hal McArther preisgeben sollte oder konnte. Oder was sie hören wollte. So oder so würde es aufschlussreich sein. Sie wollte ihm nicht zu viel Zeit geben sich seine Worte zu Recht zu legen, sie wollte wissen wie er aus dem Bauch heraus reagierte. Daher ermutigte sie ihn mit ruhiger und klarer Stimme.
„Sprechen Sie ruhig frei heraus.“
Elysa wollte ihm keinen Strick aus seinen Worten drehen und hoffte auch es nicht zu müssen. Vorzugsweise hätte sie diese Frage zu einem anderen Anlass gestellt, aber hier konnte sie keine Zeit verschwenden und musste somit direkter als es ihr eigentlich lieb war vorgehen. Das Zögern dauerte nicht an, die Antwort folgte prompt.
„Er muss sich mit seinem Schiff identifizieren. Für die Flotte ist das die Wahrheit, von der alles andere ausgeht. Das ist zu mindestens meine Ansicht. Mein Großvater hat der Flotte mit der gleichen Maxime gut gedient. Nur wer sein Schiff, egal ob groß ob klein, schätzt, kennt und keinen Zweifel daran lässt, dass er dafür sterben und leben will, schafft die Grundlage für alles weitere.
Hitzköpfe, die nur nach Prestige trachten oder ihr Schiff missachten...das merkt die Mannschaft. Von da aus könnten wir über Menschenführung und Disziplin sprechen...was eben freilich dem nachfolgen muss.“
Unschlüssig ob er fortfahren sollte, vielleicht auch ausweichend endete der Kommandant der Gladius seine Erläuterung. Er hatte es vermieden sie dabei anzublicken, sein Blick starr geradeaus, womöglich war es ihm unangenehm. Noch konnte sie ihn nicht einschätzen, registrierte es jedoch.
„Man hat eine Verantwortung, eine Pflicht sich der Konsequenzen seiner Handlungen bewusst zu sein, denn jede falsche Entscheidung kostet Leben. Leben für die man selbst verantwortlich ist.“ , stimmte die Vice Admiral ihm zu, als man den Lastenaufzug betrat.
Für einen Moment haderte sie, er hatte den zweiten Teil nicht beantwortet, womöglich befürchtete er Konsequenzen, da es sehr wohl in Kritik an ihrer Person enden könnte, je nach Sichtweise. Aber wenn sie nicht bereit wäre auch diese zu hören, hätte sie wohl nicht gefragt. Gleichzeitig sprach es auch für sich, dass er diesen Teil nicht oder nur noch nicht aufgegriffen hatte.
"Ein Schiffskommandant darf nie auf der Jagd nach Orden oder Auszeichnungen sein. Er muss seiner Verantwortung gerecht werden und die ist seiner Besatzung, seinem Schiff und der Mission gegenüber."
Etwas lakonisch, müde fast, sprach er weiter, als man im Aufzug stand und die Tür sich langsam schloss. So als gäbe diese kleine Kammer eine Art geschützten Raum ab.
„Wissen Sie, Admiral. Ich stimme ihnen vorbehaltslos zu, dass nach Innen gerichtet der Mannschaft nur abgerungen werden kann, was man selbst zu geben bereit ist. Jeder ist ein Teil des Ganzen. Verantwortung ist nur ungleich verteilt, trifft aber jeden. - Zur Mission allerdings...“ ,hatte er die Augen eben noch grade gerichtet senkte er sie nun kurz seitlich zu ihr herab. “...muss ich ihnen ganz klar sagen, dass die Vorgänge über Corellia zu den Ereignissen gehören, die Loyalitäten erschüttern können. Und man fragt sich schon, wo hier die Verantwortung liegt, wenn man Corellia trotz wochenlanger Vorkenntnis nun so brennen sehen muss.“
Ionesk und McArther sahen sich etwas ungläubig an, ob Manius das grade wirklich gesagt hatte. Die Geschwaderkommandantin jedoch bemerkte es nur als Randnotiz, sie hatte eine erste starke Reaktion von ihm erhalten und durfte nicht zögern, bevor er sich seiner Worte doch besann.
"Ich stimme zu."
Waren Selgorias' Worte eine Anklage, so kamen ihre einem Schuldeingeständnis des Oberkommandos gleich.
"Es gibt für alles eine Begründung, aber eine Erklärung für Corellia darf es eigentlich nicht geben. Nicht zu diesem Debakel, und doch..."
Elysa verstummte mit Verbitterung in der Stimme während sich die Fahrzugtür erneut öffnete und Commander Selgorias, sichtlich angespannt, antwortete bevor er heraustrat und sich dabei ihr zuwandte.
„Meine Familie dient der Flotte bereits seit Jahrhunderten.“ In seinen Worten liegt Stolz, der fast eine Nadel gegen sie richtet. Schließlich fährt er fort.
„Und wahrscheinlich wissen Sie das. Ich kenne die Familie McArthur. Das Debakel Corellia verlangt nach Rückbesinnung auf das, was bleibt wenn andere Dinge zerbrechen.“
Er ließ den letzten Satz einen Moment so stehen, bevor er das Schweigen wieder durchbrach.
„Fragen sie mich also nach Verantwortung, dann sage ich: der Erhalt dessen, was von Wert ist und die Erfüllung des Auftrags.“
Ohne zu zögern trat sie erneut neben ihn und erörterte mit ruhiger und besonnener Tonlage, „Doch was ist von Wert?“. Er hatte seine innere Balance aufgegeben, hier konnte er Worte an einen Teil des Oberkommandos richten, vielleicht war es Frustration, möglicherweise die Überzeugung im festen Glauben, dass er mit den Maximen seines Handelns vor ihr bestehen konnte und sich damit auch nicht gegen die Regeln der Flotte versündigte, oder schlicht ihre vorherige Bestätigung, dass eben dieses Gremium Schuld an der Niederlage hatte, der ihn vielleicht offener als es für ihn gut wäre Stellung zu nehmen. Oder eine beliebige Kombination der genannten Möglichkeiten.
„Dienstbarkeit gegenüber der Admiralität. Ich bin Soldat, kein Politiker. Auch wenn ich weiß, dass Soldaten ein Politikum sind.“
Verkündete der Herr der Gladius, während man sich der Brücke näherte, der Gang am Ende wurde durch ein deutliches Symbol gekennzeichnet.
„Für mich ist von Wert, was durch Sieg und Niederlage hindurch Bestand haben kann. Tradition, Werte, Formen und Geschichte. Eine Flotte braucht das, sonst ist sie sich ihrer selbst nicht bewusst, wird zum Spielball von Schlachtenglück und wechselnder Windrichtung, sozusagen.“
„Sonst geschehen Dinge wie einst über Artek III und zweimal über Bastion.“
Elysa spielte unzweifelhaft auf die Schlachten an, da imperiale Soldaten sich gegen ihre Waffenbrüder wandten, im Ringen um den Thron.
„Die Flotte braucht einen Anführer. Einen würdigen Anführer.“
High Admiral Cornell war alles Mögliche, aber niemand der die Führung über die imperiale Flotte innehaben sollte. Glücklicherweise galt er seit Denon als verstorben, doch das damit verbundene Machtvakuum war noch nicht gefüllt und verzögerte eine effiziente Handhabe der Flotte weiterhin.
„Einen Anführer der über gute taktische und strategische Kenntnisse, Wagemut, Abstraktionsvermögen, Durchsetzungsvermögen aber auch emotionale Intelligenz und Charisma sowie ein gewisses Gespür zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein verfügt, und nicht zuletzt die Weisheit besitzt die richtigen Leute um sich zu scharen. Denn alleine kann man wenig erreichen.“
Es brannte förmlich in ihrer Seele diese Worte zu sagen, als auch noch deutlicher zu werden.
„Needa und Kratas verfügten über diese Kombination an Gaben. Bedauerlicherweise wurden sie der Flotte genommen, seitdem beschreitet die Flotte seltsame Pfade im Dienste des Imperators, nicht des Imperiums.“
Selgoriashielt vor der Tür zur Brücke inne und öffnete sie noch nicht, er wendete sich ihr zu, forschend zuckte sein Bart.
„Was uns schließlich in unsere jetzige Lage versetzt.“
Elysas letzten Worte bewirkten eine seltsame Reaktion der Umstehenden, voran Vintar Ionesk, aber auch vielleicht anderer. Hatte Vice Admiral Nerethin grade gewagt die Identität von Imperium und Imperator in Frage zu stellen? Stille. Es war schließlich Manius Selgorias der sich entschied die nicht ungefährliche Situation zu erlösen.
„Den Tugenden des Kriegers und Anführers stimme ich voll und ganz zu.“, womit er sich auf den ersten Teil von Elysas letzten Ausführungen bezog. Doch dann stockte er. Hatte sie Manius vielleicht verunsichert? Wähnte er worauf sie hinaus wollte? Die Stille brachte auch die Erkenntnis, dass sie hier einen von Needas klassischen Fehlern gemacht hatte, sie hatte frei heraus gesprochen. Mit dem Herzen, nicht dem Verstand, was immer gefährlich war. Die Umstehenden, die Eskorte, war reglos und harrte angespannt. Alle Blicke ruhten auf den beiden Sprechern.
„Es liegt an den Soldaten des Imperiums das Imperium vor äußeren Feinden zu schützen, solange die Admiralität sich hauptsächlich auf den Erhalt der Macht des Imperators beruft. Wenn sich das Oberkommando nicht der Verantwortung stellt unseren Männern und Frauen an der Front die nötige Unterstützung zu liefern, liegt es an uns. Denn Kameradschaft, das Vertrauen dass Offiziere und Kommandanten ihre Soldaten nicht im Stich lassen ist, was Kampfgeist erzeugt, was unsere Verantwortung bedeutet, was am Ende zählt, wenn Tod und Verderben über uns einbrechen. Wir vertrauen darauf, nicht im Stich gelassen zu werden."
Elysa war bereits zu weit ins potenzielle Minenfeld vorgeprescht um jetzt einen Rückzieher zu machen, daher gab es kein Zögern.
„Aber man igelt sich ein, ist sich selbst am Nächsten und die Front blutet.“
Ihre anfängliche, besonnene Art war verschwunden, ihre Verbitterung und auch Zorn war offenkundig. Noch bevor er sprach, flackerten Ionesks Emotionen in der Macht auf, hatte er ihr Anfangs bereits subtil Ablehnung entgegen gebracht, war sie nunmehr offenkundig, trotz dass er sich absolut respektvoll zeigte, auch im Ton. Doch sie hatte einen Punkt überschritten, der ihn nicht mehr schweigen ließ und das allein sagte viel aus.
„Admiral, bei allem Respekt. Sie sind Teil dieses Oberkommandos. Und nicht wenige sagen, Teil des Ordens unseres Imperators. Was sind Ihre Befehle, die wir aus ihren Worten lesen dürfen?“
Selgorias schaute zu seinem XO, die Reaktion kam verzögert.
„Die Befehle wurden bereits erteilt, Lieutenant.“
Erneut wanderte sein Blick zu ihr, und stellte Augenkontakt her. Es zeigt sich Irritation und Verwirrung, doch die Worte waren direkt und gradlinig.
„Corellias Verteidiger harren aus. Sie können sich absolut auf mich verlassen, Admiral.“
Es schien so, als wolle Selgorias hier jegliche weitere Eskalation vermeiden. Hatte er an dieser Stelle indirekt Partei für sie ergriffen? Elysa wollte Gewissheit und preschte erneut voran.
"Es ist simpel." Elysa fixierte den ersten Offizier der Gladius. "Die Mission wird wie angekündigt durchgeführt, wir retten was wir hier retten können, das sind wir dem Imperium und unseren Gefallenen schuldig."
Allein dass sie hier bei Corellia war, konnte bereits viel über die Geschwaderkommandantin aussagen.
„Urteilen sie über meine Person aufgrund der Erfahrungen die sie mit mir machen, und nicht basierend auf was sie gelesen oder über Dritte gehört haben. Das Geschwader wird da sein, um die Extraktion durchzuführen, sie werden meine volle Unterstützung haben.“
Nunmehr wanderte ihr Blick wieder zu Selgorias, um seinen zu erwidern und deutete kaum mehr als mit einem Nicken an, dass es weitergehen konnte. In ihren blauen Augen spiegelte sich Entschlossenheit, aber auch Vertrauen wieder. Manius nickte mit vorgeschobenem Kinn zu ihren Worten. Vintar Ionesk indes, schwieg. Erneut war es der Commander der sich diesmal mit deutlicher Schärfe an Ionesk richtete.
„Wie ich sagte, die Zeiten hier sind schwer für alle. Was bleibt sind die Dinge von Wert. Und wir haben keine Zeit für Wenn und Aber.
So schloss Manius das Gespräch zu einem Kreis, indem er ihr etwas versteckt zu wissen gab, dass er ihr Appell an die soldatischen Tugenden verstanden hatte. Sollte man Politik und Oberkommando und den Imperator ausdeuten wie man wollte. Es galt jetzt und hier etwas zu tun. Und alle Spekulation war nur Ballast. Selgorias öffnete die Tür zur Brücke, die wie ein Schlussstrich geräuschvoll aufglitt.
Elysa Nerethin hatte Einblicke gegeben und gewonnen, angeklagt, polarisiert, mit dem Herzen, nicht mit dem Verstand formuliert. Commander Manius Selgorias war kein Verräter an der Flotte, noch am Imperium. Doch womöglich erwartete sein erster Offizier eben jenes von ihr. Aber nichts lag ihr ferner, alles was sie wollte war die Möglichkeit das Imperium zu schützen, auf dass man endlich wieder entschlossen und nicht halbherzig oder gar nicht agierte. Niemals wollte sie zu verantworten haben, dass sich imperiale Einheiten gegeneinander wandten. Es war Nereus Kratas ein Gräuel gewesen und vor ihm bereits Lorth Needa, keiner von Beiden war ein Machtmensch gewesen und auch wenn sie sich nicht mit ihnen auf eine Stufe stellte, so eiferte sie doch ihren Idolen nach. Im Guten wie im Schlechten, ohne es sich bewusst zu sein.
[Rückzugspunkt Aurek – außerhalb des Corellia-Systems – CRV Gladius] CDR Manius Selgorias, LCDR Vintar Ionesk MAJ Hal McArther und VA Elysa Nerethin, diverse Eskorte