Brianna Kae
Silbermähne
Coruscant – Jedi-Tempel, Nabooanische Kantina – diverse speisende Jedi sowie Bailee und Brianna
Gut, dass Bailee ausgesprochen pflegeleicht war. Wenn Brianna sie nicht gekannt hätte, sie hätte wohl lange nach einer Padawan suchen müssen, die nach so langer Zeit treuherzig auf sie wartete und, das kam ja hinzu, ihr gemessen an den Umständen recht wenig Vorwürfe machte. Unbekümmert erzählte die Nautolanerin, womit sie sich beschäftigt hatte. Nur war Brianna nicht gerade das dankbarste Publikum, wenn es darum ging, welche Art Holoprojektor sich wohl am besten eignete.
„Aha,“
Sagte die Echani, um die Leere zu füllen. Was sollte sie denn schon Gescheites zu einem Thema sagen, wo sie so rein gar nicht mitreden konnte. Auch das zugrunde liegende Problem war ihr eher fremd. Die Sith-Katakomben, die waren schlimm! Und da musste sie auch wieder hin. Dankenswerterweise hatte Eowyn angeboten, Brianna ihren Ian zur Verfügung zu stellen, das würde die Sache sehr viel leichter machen. Aber der Jedi-Tempel? Die Silberhaarige hatte Jahre als Straßenkind auf Nar Shaddaa verbracht, den Tempel hatte sie im Vergleich nie als übermäßig verwirrend empfunden.
„Ich glaub', ich würd' die Variante mit den Droiden nehmen.“
Damit war so ziemlich alles an Geistreichem gesagt, was Brianna zum Thema einfiel. Dass ihr Quartier im Tempel noch unberührt war, bezweifelte die Echani. Jedi auf Langzeit-Mission, das wäre ja etwas anderes, aber sie galt offiziell als Überläuferin und die Leute oder Droiden, die sich um die Belegung kümmerten, waren sicherlich nicht mit streng geheimen Missionen befasst. Aber der Wille, das war, was zählte.
„Das ist lieb von dir,“
Entgegnete die 28jährige Nahmenschin und lächelte geschmeichelt. Bailee war wirklich eine treue Seele. Die Padawan versprach auch sogleich, sich mit dem geräuschlosen Öffnen von Türen vertraut zu machen, denn die Alternativen hatte Brianna ihr schonungslos dargelegt.
„Genau. Wenn sie uns erwischen, ist Kestrel nicht geholfen,“
Bestätigte sie. Die Tentakelträgerin erklärte im Gegenzug, dass sie kaum Leute im Tempel kannte, denen sie vom Plan erzählen konnte, was schade war. Es tat Brianna leid, dass Bailee noch so wenig Anschluss im Tempel gefunden hatte während ihrer Abwesenheit. Aber was hätte sie denn machen sollen? Sie hatte doch auch erst auf Alderaan von ihrem künftigen Auftrag erfahren. Sie musste es wieder gutmachen und dafür sorgen, dass ihre Padawan ganz schnell ganz viele Jedi kennenlernten, sobald sie von Bastion zurück wären, damit sowas nie wieder passieren würde.
„Wir werden uns eh nicht lange auf Coruscant aufhalten. Bis wir alle Beteiligten in der Vertikalen in ein Raumschiff verladen können halt,“
Meinte sie und dachte an Ian, dessen Gesundheit ein Unsicherheitsfaktor war, aber nahezu unverzichtbar. Das hatte Eowyn ihr recht deutlich zu verstehen gegeben. Bailee würde die Rätin bestimmt nicht als alleinige Begleitung durchgehen lassen. Die Katakomben schreckten die Nautolanerin dennoch nicht und mit den vereinten Ortskenntnissen von Ian und ihr würden sie den Weg auch schnell hindurchfinden, hoffentlich. Vielleicht brauchte Bailee das Amulett ja wirklich nicht. Aber sie nahm die Sache mit einer unbekümmerten Leichtfertigkeit, die ihr auf Bastion, an so einem Ort, noch zum Verhängnis werden konnte. Daher warnte Brianna:
„Okay. Ich achte auf die die Zeichen, falls dem doch nicht so wäre. Unterschätze die Katakomben nicht: da geht es weniger um Jammern, das ist eher ‚den Verstand verlieren‘.“
Ja, sie konnte Bailee unmöglich gleich wieder zurücklassen. Da mussten sie aber auch gemeinsam zusehen, dass das Risiko möglichst überschaubar war. Risiken gab es einige. Es gab keine Chance, die Nautolanerin in der Kürze der Zeit so in Form zu kriegen, dass sie gegen eine ausgebildete Sith bestehen würde, aber dass sie nicht innerhalb einer halben Sekunde zu gegrillten Calamari geschnetzelt wurde, dafür wollte Brianna sorgen, und ihr Schützling war einverstanden. Damit war alles geklärt, das Wiedersehen lief besser als erwartet und Brianna konnte nur hoffen, dass es bei Ian ähnlich gut laufen würde.
Brianna saß bei ihrem gefangenen Sith-Lord und weinte. Sie dachte an den charmanten jungen Sith-Schüler, den sie kennengelernt hatte. Dem Sith-Lord, dem sie mehr Details über ihr Innerstes anvertraut hatte als den meisten Jedi. Der Halb-Echani, der ihr die Galaxis und noch viel mehr versprochen und dabei stets den Eindruck erweckt hatte, er wüsste ganz genau, wie er sie bekommen würde. Aber Janus war hier, er lag vor ihr und sein Leben schien immer noch an einem seidenen Faden zu hängen. Schien, denn rein medizinisch hätte er tot sein müssen, aber er war noch da. Seine Präsenz war immer noch fühlbar. Sein Herz schlug noch, entgegen jeder Logik. Seine weniger stark versehrten Körperteile starben nicht ab, was auch immer sie am Leben erhalten mochte. Aber was für eine Art Leben war das?
„War es das wert, Janus?“
Fragte sie ihn laut und vorwurfvoll, obwohl er es vermutlich nicht hören konnte. Er hatte doch alles gehabt, was er sich hätte wünschen können. Im Grunde von Anfang an. Er hatte mehr und mehr Macht und Besitz angehäuft, aber es war ja nie genug.
„Sag, WAR ES DAS WERT?!?“
Brianna betrauerte einen Mann, den es wohl nie gegeben hatte. Einen, der in der Lage gewesen wäre, sich selbst zu reflektieren. Einen, der hätte sagen können, was ihm im Leben wirklich wichtig war. Vielleicht war ja das der Grund. Janus hatte alles gewollt, weil er nicht vermocht hatte, das Wesentliche zu sehen? Sie beide hätten zusammen sein können, für immer, Seite an Seite. Sie hätten Kinder haben können, eine gemeinsame Zukunft, ein erfülltes Leben. Aber er hatte sie ja doch nur gewollt, weil er immer alles gewollt hatte. Besitz, Einfluss, und ja, Frauen. Es fühlte sich richtig an, von ihm in der Vergangenheitsform zu denken. Es war doch kaum mehr etwas von ihm übrig.
„Was hilft dir all deine Macht und dein Besitz jetzt? Wo sind sie, deine Jüngerinnen, deine einflussreichen Freundinnen?“
Irgendwo war es ja schon ironisch. Er, der sich an all diese Dinge so geklammert hatte, lag da und war wenig mehr als ein Gemüse. Sie, die sich, wenn auch erst nach langem guten Zureden von Seiten Ahnas entschieden hatte, alles auf's Spiel zu setzen, auch das eigene Leben nicht zu schonen, war quicklebendig und genas rasch.
„Wie war das nochmal, dass die dunkle Seite die stärkere wäre und die Jedi die unterlegenen? Ihr hättet uns mal lieber ernster genommen, das Ergebnis habt ihr ja gesehen!“
Mit diesen Worten wandte sich Brianna ab. Der Bezug auf Kast, zum Imperator und allem half, sie zu erden und die Dinge zu sehen, wie sie wirklich waren. Der Mann, der sie fallen gelassen und danach noch mit mehreren anderen Frauen geschlafen hatte. Der Kestrel entführt und gequält hatte. Der einem der wohl größten Massenmörder der Geschichte zu Hilfe geeilt war, um zum Glück zu spät zu kommen. Und der samt all seiner Arroganz, seiner vermeintlichen Überlegenheit, von der geschundenen, geschwächten und nur notdürftig zusammengeflickten Eowyn auseinandergenommen worden war.
Nun, als sie reinen Tisch zwischen ihnen gemacht zu haben glaubte, machte die Silberhaarige sich auf dem Weg zu ihrem möglicherweise ehemaligen Quartier, wurde dabei aber von Rat Elliundi abgefangen, ausgerechnet. Er erinnerte sie mit deutlichen Worten daran, dass sie ihren Bericht über die Mission(en) noch nicht eingereicht hatte.
„Ah ja, der Bericht, ich kümmere mich in den nächsten Tagen darum. Dummerweise kann ich mit meiner verletzten linken Hand noch nicht wieder schreiben,“
Verteidigte sich Brianna mit Ausflüchten, und hob zum Beweis ihre immer noch lila aussehende linke Hand. Gut, seit der Gabe des Antitoxin ging es ihr schnell besser, aber das brauchte er ja nicht wissen. Nur, entweder durchschaute der Quermianer sie oder er ahnte, dass sie ‚in den nächsten Tagen‘ schon über alle Berge sein würde. Er nahm sie zu sich in sein Büro und ließ sie bei einem Glas warmer Milch in allen Einzelheiten berichten. Brianna kam sich vor wie ein Schulmädchen. Sie erzählte alles, was ihr wichtig erschien. Von Ian, der in wochenlanger Arbeit die Katakomben erforscht hatte. Von ihrer Arbeit mit dem Außenteam. Auch die Begegnung mit Darth Noxia ließ sie nicht aus. Die Vision, die Ahna bewogen hatte, den Angriff auf den Imperator zu wagen, schilderte sie in allen Einzelheiten und auch, wie Allegious ihnen höchstselbst die Akkuratheit eben dieser bestätigt hatte. Sie erzählte aber auch, wie viel Zeit sie mit dem Ob verbracht hatten, wie Ahna Optionen hin- und hergewälzt hatte und wie die Pau'anerin sich am Ende geopfert hatte, um sie zu retten. Brianna hatte Angst, dass der Rat den bequemen Weg gehen und Ahna als Sündenbock für alle unangehmen Folgen von ihrer in Wahrheit unausweichlichen Mission heranzog. Sie vergaß dabei auch nicht zu erwähnen, wie die Pau'anerin am Ende ihres Lebens ihnen den Staffelstab weitergegeben und das Schicksal der Schatten in Eowyns Hände gelegt hatte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit war die Silberhaarige endlich aus dem vermaledeiten Büro raus und beeilte sich, zum Trainingsraum zu kommen. Bailee wartete dort schon und übte Techniken, die so aussahen, als hätte sie in einen Buch davon gelesen.
„Ich sehe, du bist schon fleißig am Üben. Ich wurde leider aufgehalten, aber nichts, was ich nicht hätte regeln können. Nimm bitte die Grundhaltung ein.“
Brianna sah sich Bailees Haltung an, korrigierte den Stand, die Haltung ihrer Schulter, den Winkel des Lichtschwerts und diverse andere Dinge.
„So ist es besser. Du willst ja nicht dein eigenes Lichtschwert in's Gesicht bekommen, oder?“
Die Echani drückte ein wenig mit ihrer Klinge gegen Bailees Übungswaffe, mit dosierter Kraft, damit ihre Padawan eine Idee davon bekam, was sie eigentlich aushalten müsste.
„Wir üben zunächst gemeinsam die Grundttechniken. Kihon, wie frau bei uns Echani sagt. Ich mache die Übungen vor, du machst mit.“
Coruscant – Jedi-Tempel, Trainingsraum 256 – Bailee und Brianna
Gut, dass Bailee ausgesprochen pflegeleicht war. Wenn Brianna sie nicht gekannt hätte, sie hätte wohl lange nach einer Padawan suchen müssen, die nach so langer Zeit treuherzig auf sie wartete und, das kam ja hinzu, ihr gemessen an den Umständen recht wenig Vorwürfe machte. Unbekümmert erzählte die Nautolanerin, womit sie sich beschäftigt hatte. Nur war Brianna nicht gerade das dankbarste Publikum, wenn es darum ging, welche Art Holoprojektor sich wohl am besten eignete.
„Aha,“
Sagte die Echani, um die Leere zu füllen. Was sollte sie denn schon Gescheites zu einem Thema sagen, wo sie so rein gar nicht mitreden konnte. Auch das zugrunde liegende Problem war ihr eher fremd. Die Sith-Katakomben, die waren schlimm! Und da musste sie auch wieder hin. Dankenswerterweise hatte Eowyn angeboten, Brianna ihren Ian zur Verfügung zu stellen, das würde die Sache sehr viel leichter machen. Aber der Jedi-Tempel? Die Silberhaarige hatte Jahre als Straßenkind auf Nar Shaddaa verbracht, den Tempel hatte sie im Vergleich nie als übermäßig verwirrend empfunden.
„Ich glaub', ich würd' die Variante mit den Droiden nehmen.“
Damit war so ziemlich alles an Geistreichem gesagt, was Brianna zum Thema einfiel. Dass ihr Quartier im Tempel noch unberührt war, bezweifelte die Echani. Jedi auf Langzeit-Mission, das wäre ja etwas anderes, aber sie galt offiziell als Überläuferin und die Leute oder Droiden, die sich um die Belegung kümmerten, waren sicherlich nicht mit streng geheimen Missionen befasst. Aber der Wille, das war, was zählte.
„Das ist lieb von dir,“
Entgegnete die 28jährige Nahmenschin und lächelte geschmeichelt. Bailee war wirklich eine treue Seele. Die Padawan versprach auch sogleich, sich mit dem geräuschlosen Öffnen von Türen vertraut zu machen, denn die Alternativen hatte Brianna ihr schonungslos dargelegt.
„Genau. Wenn sie uns erwischen, ist Kestrel nicht geholfen,“
Bestätigte sie. Die Tentakelträgerin erklärte im Gegenzug, dass sie kaum Leute im Tempel kannte, denen sie vom Plan erzählen konnte, was schade war. Es tat Brianna leid, dass Bailee noch so wenig Anschluss im Tempel gefunden hatte während ihrer Abwesenheit. Aber was hätte sie denn machen sollen? Sie hatte doch auch erst auf Alderaan von ihrem künftigen Auftrag erfahren. Sie musste es wieder gutmachen und dafür sorgen, dass ihre Padawan ganz schnell ganz viele Jedi kennenlernten, sobald sie von Bastion zurück wären, damit sowas nie wieder passieren würde.
„Wir werden uns eh nicht lange auf Coruscant aufhalten. Bis wir alle Beteiligten in der Vertikalen in ein Raumschiff verladen können halt,“
Meinte sie und dachte an Ian, dessen Gesundheit ein Unsicherheitsfaktor war, aber nahezu unverzichtbar. Das hatte Eowyn ihr recht deutlich zu verstehen gegeben. Bailee würde die Rätin bestimmt nicht als alleinige Begleitung durchgehen lassen. Die Katakomben schreckten die Nautolanerin dennoch nicht und mit den vereinten Ortskenntnissen von Ian und ihr würden sie den Weg auch schnell hindurchfinden, hoffentlich. Vielleicht brauchte Bailee das Amulett ja wirklich nicht. Aber sie nahm die Sache mit einer unbekümmerten Leichtfertigkeit, die ihr auf Bastion, an so einem Ort, noch zum Verhängnis werden konnte. Daher warnte Brianna:
„Okay. Ich achte auf die die Zeichen, falls dem doch nicht so wäre. Unterschätze die Katakomben nicht: da geht es weniger um Jammern, das ist eher ‚den Verstand verlieren‘.“
Ja, sie konnte Bailee unmöglich gleich wieder zurücklassen. Da mussten sie aber auch gemeinsam zusehen, dass das Risiko möglichst überschaubar war. Risiken gab es einige. Es gab keine Chance, die Nautolanerin in der Kürze der Zeit so in Form zu kriegen, dass sie gegen eine ausgebildete Sith bestehen würde, aber dass sie nicht innerhalb einer halben Sekunde zu gegrillten Calamari geschnetzelt wurde, dafür wollte Brianna sorgen, und ihr Schützling war einverstanden. Damit war alles geklärt, das Wiedersehen lief besser als erwartet und Brianna konnte nur hoffen, dass es bei Ian ähnlich gut laufen würde.
* * *
Brianna saß bei ihrem gefangenen Sith-Lord und weinte. Sie dachte an den charmanten jungen Sith-Schüler, den sie kennengelernt hatte. Dem Sith-Lord, dem sie mehr Details über ihr Innerstes anvertraut hatte als den meisten Jedi. Der Halb-Echani, der ihr die Galaxis und noch viel mehr versprochen und dabei stets den Eindruck erweckt hatte, er wüsste ganz genau, wie er sie bekommen würde. Aber Janus war hier, er lag vor ihr und sein Leben schien immer noch an einem seidenen Faden zu hängen. Schien, denn rein medizinisch hätte er tot sein müssen, aber er war noch da. Seine Präsenz war immer noch fühlbar. Sein Herz schlug noch, entgegen jeder Logik. Seine weniger stark versehrten Körperteile starben nicht ab, was auch immer sie am Leben erhalten mochte. Aber was für eine Art Leben war das?
„War es das wert, Janus?“
Fragte sie ihn laut und vorwurfvoll, obwohl er es vermutlich nicht hören konnte. Er hatte doch alles gehabt, was er sich hätte wünschen können. Im Grunde von Anfang an. Er hatte mehr und mehr Macht und Besitz angehäuft, aber es war ja nie genug.
„Sag, WAR ES DAS WERT?!?“
Brianna betrauerte einen Mann, den es wohl nie gegeben hatte. Einen, der in der Lage gewesen wäre, sich selbst zu reflektieren. Einen, der hätte sagen können, was ihm im Leben wirklich wichtig war. Vielleicht war ja das der Grund. Janus hatte alles gewollt, weil er nicht vermocht hatte, das Wesentliche zu sehen? Sie beide hätten zusammen sein können, für immer, Seite an Seite. Sie hätten Kinder haben können, eine gemeinsame Zukunft, ein erfülltes Leben. Aber er hatte sie ja doch nur gewollt, weil er immer alles gewollt hatte. Besitz, Einfluss, und ja, Frauen. Es fühlte sich richtig an, von ihm in der Vergangenheitsform zu denken. Es war doch kaum mehr etwas von ihm übrig.
„Was hilft dir all deine Macht und dein Besitz jetzt? Wo sind sie, deine Jüngerinnen, deine einflussreichen Freundinnen?“
Irgendwo war es ja schon ironisch. Er, der sich an all diese Dinge so geklammert hatte, lag da und war wenig mehr als ein Gemüse. Sie, die sich, wenn auch erst nach langem guten Zureden von Seiten Ahnas entschieden hatte, alles auf's Spiel zu setzen, auch das eigene Leben nicht zu schonen, war quicklebendig und genas rasch.
„Wie war das nochmal, dass die dunkle Seite die stärkere wäre und die Jedi die unterlegenen? Ihr hättet uns mal lieber ernster genommen, das Ergebnis habt ihr ja gesehen!“
Mit diesen Worten wandte sich Brianna ab. Der Bezug auf Kast, zum Imperator und allem half, sie zu erden und die Dinge zu sehen, wie sie wirklich waren. Der Mann, der sie fallen gelassen und danach noch mit mehreren anderen Frauen geschlafen hatte. Der Kestrel entführt und gequält hatte. Der einem der wohl größten Massenmörder der Geschichte zu Hilfe geeilt war, um zum Glück zu spät zu kommen. Und der samt all seiner Arroganz, seiner vermeintlichen Überlegenheit, von der geschundenen, geschwächten und nur notdürftig zusammengeflickten Eowyn auseinandergenommen worden war.
Nun, als sie reinen Tisch zwischen ihnen gemacht zu haben glaubte, machte die Silberhaarige sich auf dem Weg zu ihrem möglicherweise ehemaligen Quartier, wurde dabei aber von Rat Elliundi abgefangen, ausgerechnet. Er erinnerte sie mit deutlichen Worten daran, dass sie ihren Bericht über die Mission(en) noch nicht eingereicht hatte.
„Ah ja, der Bericht, ich kümmere mich in den nächsten Tagen darum. Dummerweise kann ich mit meiner verletzten linken Hand noch nicht wieder schreiben,“
Verteidigte sich Brianna mit Ausflüchten, und hob zum Beweis ihre immer noch lila aussehende linke Hand. Gut, seit der Gabe des Antitoxin ging es ihr schnell besser, aber das brauchte er ja nicht wissen. Nur, entweder durchschaute der Quermianer sie oder er ahnte, dass sie ‚in den nächsten Tagen‘ schon über alle Berge sein würde. Er nahm sie zu sich in sein Büro und ließ sie bei einem Glas warmer Milch in allen Einzelheiten berichten. Brianna kam sich vor wie ein Schulmädchen. Sie erzählte alles, was ihr wichtig erschien. Von Ian, der in wochenlanger Arbeit die Katakomben erforscht hatte. Von ihrer Arbeit mit dem Außenteam. Auch die Begegnung mit Darth Noxia ließ sie nicht aus. Die Vision, die Ahna bewogen hatte, den Angriff auf den Imperator zu wagen, schilderte sie in allen Einzelheiten und auch, wie Allegious ihnen höchstselbst die Akkuratheit eben dieser bestätigt hatte. Sie erzählte aber auch, wie viel Zeit sie mit dem Ob verbracht hatten, wie Ahna Optionen hin- und hergewälzt hatte und wie die Pau'anerin sich am Ende geopfert hatte, um sie zu retten. Brianna hatte Angst, dass der Rat den bequemen Weg gehen und Ahna als Sündenbock für alle unangehmen Folgen von ihrer in Wahrheit unausweichlichen Mission heranzog. Sie vergaß dabei auch nicht zu erwähnen, wie die Pau'anerin am Ende ihres Lebens ihnen den Staffelstab weitergegeben und das Schicksal der Schatten in Eowyns Hände gelegt hatte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit war die Silberhaarige endlich aus dem vermaledeiten Büro raus und beeilte sich, zum Trainingsraum zu kommen. Bailee wartete dort schon und übte Techniken, die so aussahen, als hätte sie in einen Buch davon gelesen.
„Ich sehe, du bist schon fleißig am Üben. Ich wurde leider aufgehalten, aber nichts, was ich nicht hätte regeln können. Nimm bitte die Grundhaltung ein.“
Brianna sah sich Bailees Haltung an, korrigierte den Stand, die Haltung ihrer Schulter, den Winkel des Lichtschwerts und diverse andere Dinge.
„So ist es besser. Du willst ja nicht dein eigenes Lichtschwert in's Gesicht bekommen, oder?“
Die Echani drückte ein wenig mit ihrer Klinge gegen Bailees Übungswaffe, mit dosierter Kraft, damit ihre Padawan eine Idee davon bekam, was sie eigentlich aushalten müsste.
„Wir üben zunächst gemeinsam die Grundttechniken. Kihon, wie frau bei uns Echani sagt. Ich mache die Übungen vor, du machst mit.“
Coruscant – Jedi-Tempel, Trainingsraum 256 – Bailee und Brianna