[Coruscant, Honey House, Sarahs Büro]- Sarah, Cris
Sarahs Sicherheitschef ? Rusty ? führte Cris mit sichtlichem Widerwillen aus dem Büro der Bordellherrin durch vom Rest des Etablissements getrennte Gänge, doch die Ausrüstung, die er ihm kurz darauf zur Verfügung stellte, war in weitaus besserem Zustand, als der ehemalige Sturmtruppler es erwartet hätte.
Die Kleidung war nichts besonderes ? in nüchternen, dunklen Farben, wie Cris sie bevorzugte ? und auch die Pistole, die der stämmige Mann ihm überantwortete, konnte sich nicht mit dem Gerät messen, dass er bei den Sturmtruppen oder später beim Geheimdienst verwendet hatte. Doch die schwer in der Hand liegende und vollständig aufgeladene Waffe sollte vollauf genügen, bei Schwierigkeiten für Klarheit zu sorgen ? etwa dadurch, ein paar hübsche Löcher in weiße Panzerung zu brennen.
Während Rusty in einer Art Garage nach einem geeigneten Gleiter suchte, warf Cris einen letzten Blick auf das Bild, welches Sarah ihm gegeben hatte. Ihre letzten Worte hallten ihm unangenehm durch den Kopf. Natürlich war Versagen ausgeschlossen ? doch wäre sie die erste, deren Vertrauen er enttäuscht hätte? Dieses Mal durfte kein geschehen. Wenn er sich das Vertrauen dieser mit zahlreichen Kontakten versehenen Frau erarbeitete, bedeutete das einen großen Schritt in Richtung seines Ziels. In Richtung Akemis.
Mit routinierter Gleichgültigkeit ließ Cris den Blaster in einem verborgenen Holster verschwinden, ausreichend vor neugierigen Blicken versteckt und doch einen schnellen Zugriff erlaubend, und nahm Rusty mit einem knappen Nicken den eleganten Gleiter ab. Selbst mit dessen getönten Scheiben sollte dieser auf Coruscant ein gewohntes Bild sein ? also nichts, was die Aufmerksamkeit imperialer Agenten oder noch üblerer Zeitgenossen auf sich zog.
Die Aggregate sprachen gut an, als Cris den Gleiter startete und in den Verkehr Coruscants jagte ? mit der nötigen Portion Rücksichtslosigkeit, die auf diesem anscheinend Planeten zum guten Ton gehörte. Er kannte den Weg zum Raumhafen und dank der Koordinaten, die Sarah ihm gegeben hatte, wusste er sogar, an welchem Ausgang das Mädchen namens Sen Haku und ihre mysteriösen Begleiter eintreffen würden. Es dauerte nicht lange, bis er den sichtbaren Verfall der unteren Ebenen hinter sich gelassen hatte.
Unweit der erwähnten Koordinaten fand er eine Möglichkeit, den Gleiter abzustellen und sich unter die dichte Menge der Passanten zu mischen.
Hier zeigte Coruscant sein anderes Gesicht ? angeregt diskutierende Menschen und Nichtmenschen, auf dem Weg zum Raumhafen oder von dort kommend, alle mit ihren eigenen Plänen, Träumen und den Mitteln, diese zu verwirklichen. Hier ließ nichts auch nur erahnen, dass wenige Kilometer unter diesen Plattformen Elend und Tod die Szenerie beherrschten und die jämmerlichsten Wesen um ihr nacktes Überleben kämpften.
Das Imperium schien sich dazu entschlossen zu haben, die Bevölkerung nicht durch allzu sichtbare Demonstration seiner Macht zu beunruhigen. Cris erkannte nur wenige Sturmtruppler, obwohl diese in ihren elfenbeinfarbenen Panzern deutlich aus der Menge hervorstachen. Die meisten Schergen des Imperiums ? dessen war er sich sicher ? trugen vermutlich ebenso unauffällige Kleidung wie er selbst. Und waren nicht minder tödlich.
Dann sah er sie.
Eine von vielen Leuchtreklamen in der Umgebung ? die den gemeinen Bürger vom Konsum allerlei Güter zweifelhaften Nutzens überzeugen sollten ? befand sich ihm direkt gegenüber. Und von dieser Leuchtreklame lächelte sie den Intelligenzwesen Coruscants zu. Cris spürte, wie sein Mund trocken wurde.
?Hallo, Süße??, murmelte er leise und wurde langsamer, sehr zum Unmut jener, die sich mit auf besondere Eile schließen lassender Geschwindigkeit an ihm vorbei schoben.
Nachdenklich betrachtete er das Bild. Sie trug ihr offizielles Lächeln zur Schau ? das Lächeln, das für Journalisten und Kameras reserviert war. Und sie war Teil der Gesellschaft, in deren Schatten Cris sich bewegte. Wo er Aufmerksamkeit vermied, zog sie diese an sich, einem lebensnotwendigen Elixier gleich. Das war ihr Leben, aus dem er sie herausgerissen hatte und welches nun scheinbar wieder ihren Werdegang bestimmte. Das waren die tiefen Gräben, die sie trennten, unüberbrückbarerer als hundert Lichtjahre im Normalraum.
Nein. Das war nicht Akemi ? er kannte den Menschen hinter der Fassade, ihr strahlendes, lebendiges Lächeln. Er kannte eine Akemi, die sich voller Vertrauen an ihn geschmiegt hatte, eine Akemi, die mehr war als ein hübsches Gesicht auf dem Titel eines Klatschmagazins? Und diese Akemi würde er zurückgewinnen. Oder untergehen.
Mit plötzlicher Entschlossenheit ? die einen glücklosen Duros erschrocken zurückweichen und fast stürzen ließ ? setzte Cris seinen Weg fort. Es gab noch so viel zu tun? so viele Dinge, die erledigt werden mussten, bis er Buße getan und verdient hatte, sie wieder in seine Arme schließen zu dürfen. Und jede Minute barg die Gefahr des Versagens.
Der Raumhafen Coruscants pulsierte vor Leben ? hier, im einstigen Zentrum der Galaxis, ging es selbst in einer Phase des Niedergangs lebhafter zu, als auf diversen anderen Planeten dieser riesigen Galaxis. Cris? Aufgabe machte dies allerdings schwieriger ? wie sollte er in diesem Chaos eine einzelne Person gezielt ausmachen?
Bemüht teilnahmslos schon Cris sich an einem Mann in der Uniform der imperialen Raumhafensicherheit vorbei ? diese weniger martialischen Sicherheitskräfte waren immerhin lediglich mit Schockstäben bewaffnet ? und sah sich um. In den Raumhafen selbst vorzustoßen schied aus ? die dortigen Detektoren würden ohne Probleme auf seine Waffe ansprechen. Doch mit etwas Glück hatte Sen Haku diese Kontrollen bereits hinter sich gelassen.
Plötzlich meinte er, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Ein kurzer Blick auf das Bild verschaffte ihm Gewissheit ? dort, in Begleitung einer skurril gekleideten Gruppe Menschen beiderlei Geschlechts, befand sich Sen Haku. Doch nicht sie alleine war es, die seine Aufmerksamkeit auf diese Gruppe gerichtet hatte. Direkt neben ihr befand sich eine Person, die er zuletzt auf Corellia gesehen hatte, bevor das Imperium dort aufgetaucht war. Die Jedi-Meisterin Joseline. Damit war also geklärt, warum Sen die Identität ihrer Gäste nicht preisgegeben hatte? die Jedi waren nach Coruscant gekommen. Was bedeutete, dass die Republik entschlossen war, zu handeln.
Ohne erkennbare Eile schob Cris sich durch die Menge. Es stand zu hoffen, dass die Machtsinne der Jedi seine Aufmerksamkeit nicht als Bedrohung missdeuteten und sie dazu veranlassten, unterzutauchen ? unter diesen Umständen wäre es schwierig, sie wieder zu finden.
Doch als er die Gruppe erreicht hatte, befanden sie sich immer noch an Ort und Stelle.
?Miss Haku??
Cris bemühte sich, ein möglichst beruhigendes Lächeln zu zeigen und seine Hände möglichst sichtbar am Köper zu behalten ? an Stelle der Jedi und ihrer Begleiter jedenfalls würde er auf jeden unangekündigten Gast mehr als misstrauisch reagieren.
?Sarah schickt mich?, erklärte er rasch.
?Sie bat mich, Sie und Ihre? Gäste auf sicherem Weg zu ihr zu geleiten.?
Jetzt wandte Cris sich der Frau zu, in der er Joseline erkannte. Sie hatte sich verändert ? und das lag nicht an den seltsamen Kleidern, die sie trug (vermutlich Bestandteil ihrer Tarnung, um Coruscants Einreisekontrollen zu überlisten). Es lag an ihren Augen?
?Auch wenn ich nicht damit gerechnet hätte, Euch hier wieder zusehen.?
Er nannte keine Namen. Schließlich gab es in unmittelbarer Nähe zu viele Ohren, wenngleich die nächste Uniform sich in beruhigender Entfernung zu ihnen durch die Menschenmassen schob.
[Coruscant, Raumhafen]- Joseline, Sen, Vorin, Mara, Steven, Arkon, Jor, Tom, Cris