Ian Dice
Semiaktiv
[Coruscant-System | Coruscant | Obere Ebenen | Jedi-Tempel| Westturm, Meditationsraum | Lieutenant Arkadi Duval, Eowyn, Ian
Seine Wahrheit. Duval wollte Ians Wahrheit – eine Wahrheit, die Ian selbst so lange nicht gewollt hatte. Eine Wahrheit, die, wann immer er sie aussprach, nur schlimmer wurde. Erdrückender, aber Ian würde weder sich, noch Duval schonen. Duval wollte wissen, wer Ian Dice war und Ian würde ihm sagen können, wer er war. Würde ihm sagen können, was er über das Virus, was er über die Sith wusste. Doch der Agent holte weiter aus und Ian schüttelte den Kopf, bei jedem weiteren Wort, denn Duval irrte, lag falsch, wusste nicht, von was er sprach. Wenn man in den Spiegel sah, sah man nicht den, der man war, es sei denn, man sah genau hin, blickte sich an und Ian blickte sich seit Jahren nicht an.
„Nein“, kam es demnach widersprechend und der Blick des Dunkelhaarigen glitt in die Ferne. „Nein,“ wiederholte er schneidend. „Wenn wir in einen Spiegel sehen, können wir vor allem das sehen, was wir sehen wollen, denn andere zu belügen funktioniert so gut, wie sich selbst zu belügen. Ihr wollt wissen, was Ihr sehen würdet, wenn Ihr mit mir in den Spiegel blicken würdet?“ Erst beim letzten Wort fokussierte Ian den Agenten.
„Das, was ich sehe, ist mein Körper, von hier bis hier,“ und er deutete mit der einen Handkante auf sein Schlüsselbein und mit der anderen Handkante auf seine Nasenspitze. „Und was ich sehe ist der Bereich von hier“, eine Handkante wechselte zur Augenbraue, die andere etwas über seinen Kopf. „Ich sehe in den Spiegel, ohne mich anzublicken. Ich sehe in den Spiegel, aber ich blicke nicht hinein. Ich kann mich sehen, aber ich erkenne mich nicht. Ich muss nicht in den Spiegel sehen, um zu wissen, was ich getan habe, ich muss nicht einmal hineinsehen um zu sehen, was ich hasse, oder was ich liebe.“ Der Blick des Dunkelhaarigen schweifte wieder ab, seine Stimme gewann an Bitterkeit, an ehrlicher, schonungsloser Bitterkeit. „Ich habe mich seit Jahren nicht angeblickt, weil,“ und Ian wurde leise, aber nicht minder deutlich, „ich mich vor dem fürchte, was ich sehen könnte. Weil ich mich vor dem Ausdruck in meinen Augen fürchte, weil ich Angst davor habe, etwas zu sehen, was ich nicht erblicken will. Weil ich mich davor fürchte, dass ich das, was ich nicht sein wollte, was ich nie sein wollte, noch immer bin.“ Ein Monster. Seine Familie. Ian wusste, dass er längst zu dem geworden war. Er hatte sich unterscheiden wollen und in dem Streben nach dieser Differenz hatte er sich ihnen angeglichen, war wie einer von ihnen geworden. Genau wie sie, hatte er geherrscht, hatte seine Überlegenheit zur Schau gestellt, seine Überlegenheit genutzt.
„Zeit meines Lebens habe ich gesehen und gespürt, dass der, der stärker ist, mächtiger ist und dass der, der Macht besitzt, sich alles erlauben darf bis zu dem Zeitpunkt, in dem er nicht mehr der stärkste ist. Ich dachte, es gäbe so etwas, wie gerechte Rache, ich war überzeugt, Vergeltung wäre ein richtiger Weg. Aber wollt Ihr wissen, was meine Wahrheit darüber ist?“
Erneut blickte Ian Duval entgegen, wollte, dass sein Gegenüber verstand, wollte, das Duval begriff, wartete eine Antwort nicht ab. Nach Wahrheit hatte der Mann gefragt und Wahrheit würde er bekommen – zumindest Ians Wahrheit.
„In dem Moment, in dem wir glauben, dass Rache und Vergeltung Gerechtigkeit sind, in dem Moment, wo diese Begriffe Synonym werden, wird Unrecht zu Recht, obwohl es das nicht werden darf. In diesem Moment machen wir Unrecht zu Recht um unser Gewissen beruhigen zu können, um etwas zu legitimieren, was nicht richtig ist. In diesem Moment sehen wir in den Spiegel, sehen uns an und glauben, dass das was wir sind gut ist, dass jenes, was wir getan haben oder tun werden, gut ist. Weil wir es wollen. Wenn wir legitimieren, fühlt es sich nicht mehr an wie lügen und wenn wir einen großen Mann oder eine große Frau, oder was auch immer im Spiegel sehen wollen, werde wir einen großen Mann oder was auch immer im Spiegel sehen. Wir werde sehen, was auch immer wir sehen wollen und jedes Mal, wenn ein kleiner Zweifel aufkommt, werden wir noch deutlicher erklären, dass das, was wir tun gut und richtig ist.“ Genau so war es bei ihm gewesen, es hatte so begonnen. Es hatte genau so begonnen! Ians Blick wurde ernst, wurde starr und als er Duval erneut fokussierte, war da kein Blinzeln, kein Zucken, nichts. „Ich wollte nicht herrschen,“ dabei sprach Ian jedes Wort deutlich aus, mit winzigen Pausen dazwischen, damit zwischen den Zeilen kein Zweifel entstehen konnte. „Ich wollte nicht länger beherrscht werden. Ich wollte nicht, dass jemand der stärker ist, Gewalt über jemanden ausübt, der schwächer ist. Doch am Ende habe ich genau das Gleiche getan. Ich habe Gewalt ausgeübt. Ich habe Unrecht zu Recht gemacht und ich war so sicher, so überzeugt, dass ich es dürfte. Aber am Ende habe ich nichts weiter getan“, und Ians Stimme wurde immer lauter und die Wut, die darin mitschwang richtete sich gegen niemand geringeren, als ihn selbst, „als einen Fehler nach dem anderen zu begehen.“ Das war die Wahrheit über ihn – oder ein kleiner Teil davon.
„Ich weiß nicht, nach was die Sith streben, ich weiß nur, nach was mache streben und nach was ich gestrebt habe, aber das Lösen von Ketten schien immer ein Bestandteil zu sein. Von jedem, den ich kannte.“
Die Verbindung zu Noctious. Sie hatte plötzlich geendet, mit dessen Verschwinden.
„Nein, diese Verbindung besteht nicht mehr, sie besteht schon lange nicht mehr, Noctious ist verschwunden und seitdem habe ich ihn nie wieder gespürt, weder ihn noch diese… Krallen, die er in meinen Geist gebohrt hat.“ Was fast so klang, als wäre Noctious fruchtbar gewesen. „Darth Noctious war nicht, wie manch andere. Er war nicht grausam. Er wollte Gehorsam, doch er war nicht grausam, er ließ Freiräume, er ließ Gedanken zu.“ Über den Gand würde Ian nicht ein schlechtes Wort verlieren, denn er hatte ihn nie grausam erlebt.
„Ich hatte zwei Schüler Aden und Torryn und eine Schülerin, aber ich habe nur einen zu Ende ausgebildet. Ich konnte meinen ersten Schüler nicht ausbilden, weil eine Mission dazwischen kam, die uns lange trennen sollte. Jemand anders übernahm seine Ausbildung. Mein zweiter Schüler,“ bitter dachte Ian an Torryn zurück, „wurde von mir in den nächsten Rang erhoben und er hat selbst eine Schülerin.“ Iouna. Auch ihr Name war mit Schmerz verbunden, würde immer mit jenem verbunden sein. „Cyna, meine letzte Schülerin sollte mich zu den Vorverhandlungen begleiten. Doch sie verschwand, noch ehe die Mission richtig begann.“ Was auch er selbst hätte tun sollen.
Zu welcher Organisation er gehörte? „Zu keiner.“ Da war keine Notwendigkeit, etwas anzugehören. Warum auch? Um am Ende wieder den falschen Idealen hinterher zu rennen? Sich abermals blenden zu lassen? Niemals. Zu wem er gehörte? Zu Eowyn, doch das würde er nicht laut sagen. Ohnehin hatte er, in Bezug auf sie, schon genug gesagt.
Dann endlich, endlich schien Duval zu begreifen, vielleicht sogar zu glauben. Ian entgingen die Gefühle des anderen nicht, sie schwappten so deutlich zu ihm über, so intensiv, das Ian fast gewillt war, den anderen zu warnen. Davor, den gleichen Fehler zu begehen, wie er selbst, doch der Dunkelhaarige hielt sich zurück.
„Die Republik soll zu Staub zerfallen, damit er ‚wahren Frieden‘ in den Händen halten kann. Allegious will die Reichtümer der republikanischen Planeten, er will Macht über alles, er glaubt nicht an Demokratie, er glaubt nicht an Gleichheit, all das will er zerstören.“ Auf die anderen Fragen hätte Ian so gerne eine Antwort gegeben, doch er wusste nichts darüber und so wurde sein Gesicht farblos, seine Lippen zu einem dünnen Strich. „Ich weiß es nicht. Er hat der Republik Coruscant zum Geschenk gemacht, ein verseuchtes Coruscant. Meine Aufgabe bestand darin, die Vorverhandlungen in ganz zu bringen. Ich weiß nicht, mit wem er kooperiert. Als er mich zu sich reif, war nur Nergal dabei, ein anderer Sith. Ob und wen Allegious noch ins Vertrauen gezogen hat weiß ich nicht, auch nicht, mit wem er zusammenarbeitet. Ich.." die Entschuldigung klang deutlich mit, auch ohne, dass er sie aussprach, „weiß es nicht.“
Auch Duvals nächste Worte konnte Ian nicht einfach stehen lassen. „Es war nicht allein das,“ widersprach er also. „Ich war feige, dumm und blind. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte sehen müssen, aber ich habe mich täuschen lassen.“ Und welche Rolle spielte es schon, ob dies bewusst oder unbewusst geschehen war? Fakt war: Er hatte sich täuschen lassen.
„Als Allegious mich zu sich rief, als er mir seine Aufgabe übertrug, begann ich zu sehen und gleichzeitig wieder, die Augen zu verschließen. Ich habe an etwas geglaubt, weil ich glauben wollte.“ Womit sie fast wieder beim Spiegel waren. „Ich habe geglaubt, weil ich Halt brauchte, ich habe das Imperium nicht in Frage gestellt, weil ich zuvor schon die Republik in Frage gestellt habe. Ich habe Leid auf beiden Seiten gesehen,“ am eigenen Leib gespürt, „und auch ich habe weggesehen, als ich hätte hinsehen müssen.“ Diese Erkenntnis schmerzte zutiefst. „Als die Jedi mich ablehnten, habe ich mich nicht gefragt, was das mit mir zu tun gehabt haben könnte, ich habe es als Zurückweisung gesehen, als Kränkung erlebt und das hat mich nur weiter blind gemacht. Es hat mich an ihnen zweifeln lassen, aber nicht an den Sith.“
Die Sprache kehrte zurück zu Eowyn – doch auch diese Antwort würde Ian geben. Ein einziger Handgriff genügte und Ian holte den kleinen Behälter mit dem Sand hervor, den er seitdem immer bei sich trug, stellte ihn vor sich auf den Tisch, noch immer mit zitternder Hand. „Ja, das kann ich“ Und diesmal war die Bitterkeit, die Schuld und jedes negative Gefühl aus seiner Stimme getilgt. Ian zwang sich, seinen Blick nicht zu Eowyn wandern zu lassen, sah nur auf den Behälter. „Nachdem ich den Vertrag unterschrieb, wollte ich vergessen, ich wollte nur noch vergessen. Alles. Ich kehrte nach Nar Shaddaa um dort eine Droge zu nehmen, die alle Erinnerungen auslöschen würde. Eine Droge, deren Wirkung ich bei anderen kenne. Telos… Die Hinterbliebenen, die nicht umkamen, bekamen diese Droge, um sich nicht mehr zu erinnern.“ Ian hatte nicht absichtlich verschwiegen, dass seine Brüder Familie besessen hatten, und wenn hierzu noch Fragen kommen würden… Vorerst aber galt es, die andere zu beantworten. „Ich hatte mich aufgegeben, ich wollte nur noch vergessen, blind bleiben und dann traf ich auf Eowyn.“ Ob es gut war, sie bei ihrem Vornamen zu nennen? Welche Rolle spielte es, hatte er sie ohnehin schon längst bei ihrem Vornamen genannt.
„Wir kamen ins Gespräch, über Steinchen und Sand,“ und da griff Ian wieder nach dem Behälter, strich sanft über diesen, „ich erklärte, das Dinge zerstört und unbrauchbar sein können, und zerrieb einen kleinen Stein mit der Macht, um zu demonstrieren, was ich meinte. Doch sie widersprach. Sie erklärte, dass man auch aus zerstörtem, wie Sand noch etwas bauen könnte. Sie hat mir die Augen geöffnet. Sie hat mich wieder sehen lassen. Sie hat mich nicht zurückgelassen, sondern mich erinnert. Daran erinnert, das Vergessen nicht das richtige ist. Daran erinnert, dass ein winziges Sandkorn noch etwas ausrichten kann. Sie hat mir die Augen geöffnet.“ Und das Lächeln das unmittelbar erschien, kam aus der Tiefe seines Herzens und war voller Dankbarkeit, ließ ihn für die wenigen Sekunden, in denen es anhielt, wieder jung aussehen.
[Coruscant-System | Coruscant | Obere Ebenen | Jedi-Tempel| Westturm, Meditationsraum | Lieutenant Arkadi Duval, Eowyn, Ian
Seine Wahrheit. Duval wollte Ians Wahrheit – eine Wahrheit, die Ian selbst so lange nicht gewollt hatte. Eine Wahrheit, die, wann immer er sie aussprach, nur schlimmer wurde. Erdrückender, aber Ian würde weder sich, noch Duval schonen. Duval wollte wissen, wer Ian Dice war und Ian würde ihm sagen können, wer er war. Würde ihm sagen können, was er über das Virus, was er über die Sith wusste. Doch der Agent holte weiter aus und Ian schüttelte den Kopf, bei jedem weiteren Wort, denn Duval irrte, lag falsch, wusste nicht, von was er sprach. Wenn man in den Spiegel sah, sah man nicht den, der man war, es sei denn, man sah genau hin, blickte sich an und Ian blickte sich seit Jahren nicht an.
„Nein“, kam es demnach widersprechend und der Blick des Dunkelhaarigen glitt in die Ferne. „Nein,“ wiederholte er schneidend. „Wenn wir in einen Spiegel sehen, können wir vor allem das sehen, was wir sehen wollen, denn andere zu belügen funktioniert so gut, wie sich selbst zu belügen. Ihr wollt wissen, was Ihr sehen würdet, wenn Ihr mit mir in den Spiegel blicken würdet?“ Erst beim letzten Wort fokussierte Ian den Agenten.
„Das, was ich sehe, ist mein Körper, von hier bis hier,“ und er deutete mit der einen Handkante auf sein Schlüsselbein und mit der anderen Handkante auf seine Nasenspitze. „Und was ich sehe ist der Bereich von hier“, eine Handkante wechselte zur Augenbraue, die andere etwas über seinen Kopf. „Ich sehe in den Spiegel, ohne mich anzublicken. Ich sehe in den Spiegel, aber ich blicke nicht hinein. Ich kann mich sehen, aber ich erkenne mich nicht. Ich muss nicht in den Spiegel sehen, um zu wissen, was ich getan habe, ich muss nicht einmal hineinsehen um zu sehen, was ich hasse, oder was ich liebe.“ Der Blick des Dunkelhaarigen schweifte wieder ab, seine Stimme gewann an Bitterkeit, an ehrlicher, schonungsloser Bitterkeit. „Ich habe mich seit Jahren nicht angeblickt, weil,“ und Ian wurde leise, aber nicht minder deutlich, „ich mich vor dem fürchte, was ich sehen könnte. Weil ich mich vor dem Ausdruck in meinen Augen fürchte, weil ich Angst davor habe, etwas zu sehen, was ich nicht erblicken will. Weil ich mich davor fürchte, dass ich das, was ich nicht sein wollte, was ich nie sein wollte, noch immer bin.“ Ein Monster. Seine Familie. Ian wusste, dass er längst zu dem geworden war. Er hatte sich unterscheiden wollen und in dem Streben nach dieser Differenz hatte er sich ihnen angeglichen, war wie einer von ihnen geworden. Genau wie sie, hatte er geherrscht, hatte seine Überlegenheit zur Schau gestellt, seine Überlegenheit genutzt.
„Zeit meines Lebens habe ich gesehen und gespürt, dass der, der stärker ist, mächtiger ist und dass der, der Macht besitzt, sich alles erlauben darf bis zu dem Zeitpunkt, in dem er nicht mehr der stärkste ist. Ich dachte, es gäbe so etwas, wie gerechte Rache, ich war überzeugt, Vergeltung wäre ein richtiger Weg. Aber wollt Ihr wissen, was meine Wahrheit darüber ist?“
Erneut blickte Ian Duval entgegen, wollte, dass sein Gegenüber verstand, wollte, das Duval begriff, wartete eine Antwort nicht ab. Nach Wahrheit hatte der Mann gefragt und Wahrheit würde er bekommen – zumindest Ians Wahrheit.
„In dem Moment, in dem wir glauben, dass Rache und Vergeltung Gerechtigkeit sind, in dem Moment, wo diese Begriffe Synonym werden, wird Unrecht zu Recht, obwohl es das nicht werden darf. In diesem Moment machen wir Unrecht zu Recht um unser Gewissen beruhigen zu können, um etwas zu legitimieren, was nicht richtig ist. In diesem Moment sehen wir in den Spiegel, sehen uns an und glauben, dass das was wir sind gut ist, dass jenes, was wir getan haben oder tun werden, gut ist. Weil wir es wollen. Wenn wir legitimieren, fühlt es sich nicht mehr an wie lügen und wenn wir einen großen Mann oder eine große Frau, oder was auch immer im Spiegel sehen wollen, werde wir einen großen Mann oder was auch immer im Spiegel sehen. Wir werde sehen, was auch immer wir sehen wollen und jedes Mal, wenn ein kleiner Zweifel aufkommt, werden wir noch deutlicher erklären, dass das, was wir tun gut und richtig ist.“ Genau so war es bei ihm gewesen, es hatte so begonnen. Es hatte genau so begonnen! Ians Blick wurde ernst, wurde starr und als er Duval erneut fokussierte, war da kein Blinzeln, kein Zucken, nichts. „Ich wollte nicht herrschen,“ dabei sprach Ian jedes Wort deutlich aus, mit winzigen Pausen dazwischen, damit zwischen den Zeilen kein Zweifel entstehen konnte. „Ich wollte nicht länger beherrscht werden. Ich wollte nicht, dass jemand der stärker ist, Gewalt über jemanden ausübt, der schwächer ist. Doch am Ende habe ich genau das Gleiche getan. Ich habe Gewalt ausgeübt. Ich habe Unrecht zu Recht gemacht und ich war so sicher, so überzeugt, dass ich es dürfte. Aber am Ende habe ich nichts weiter getan“, und Ians Stimme wurde immer lauter und die Wut, die darin mitschwang richtete sich gegen niemand geringeren, als ihn selbst, „als einen Fehler nach dem anderen zu begehen.“ Das war die Wahrheit über ihn – oder ein kleiner Teil davon.
„Ich weiß nicht, nach was die Sith streben, ich weiß nur, nach was mache streben und nach was ich gestrebt habe, aber das Lösen von Ketten schien immer ein Bestandteil zu sein. Von jedem, den ich kannte.“
Die Verbindung zu Noctious. Sie hatte plötzlich geendet, mit dessen Verschwinden.
„Nein, diese Verbindung besteht nicht mehr, sie besteht schon lange nicht mehr, Noctious ist verschwunden und seitdem habe ich ihn nie wieder gespürt, weder ihn noch diese… Krallen, die er in meinen Geist gebohrt hat.“ Was fast so klang, als wäre Noctious fruchtbar gewesen. „Darth Noctious war nicht, wie manch andere. Er war nicht grausam. Er wollte Gehorsam, doch er war nicht grausam, er ließ Freiräume, er ließ Gedanken zu.“ Über den Gand würde Ian nicht ein schlechtes Wort verlieren, denn er hatte ihn nie grausam erlebt.
„Ich hatte zwei Schüler Aden und Torryn und eine Schülerin, aber ich habe nur einen zu Ende ausgebildet. Ich konnte meinen ersten Schüler nicht ausbilden, weil eine Mission dazwischen kam, die uns lange trennen sollte. Jemand anders übernahm seine Ausbildung. Mein zweiter Schüler,“ bitter dachte Ian an Torryn zurück, „wurde von mir in den nächsten Rang erhoben und er hat selbst eine Schülerin.“ Iouna. Auch ihr Name war mit Schmerz verbunden, würde immer mit jenem verbunden sein. „Cyna, meine letzte Schülerin sollte mich zu den Vorverhandlungen begleiten. Doch sie verschwand, noch ehe die Mission richtig begann.“ Was auch er selbst hätte tun sollen.
Zu welcher Organisation er gehörte? „Zu keiner.“ Da war keine Notwendigkeit, etwas anzugehören. Warum auch? Um am Ende wieder den falschen Idealen hinterher zu rennen? Sich abermals blenden zu lassen? Niemals. Zu wem er gehörte? Zu Eowyn, doch das würde er nicht laut sagen. Ohnehin hatte er, in Bezug auf sie, schon genug gesagt.
Dann endlich, endlich schien Duval zu begreifen, vielleicht sogar zu glauben. Ian entgingen die Gefühle des anderen nicht, sie schwappten so deutlich zu ihm über, so intensiv, das Ian fast gewillt war, den anderen zu warnen. Davor, den gleichen Fehler zu begehen, wie er selbst, doch der Dunkelhaarige hielt sich zurück.
„Die Republik soll zu Staub zerfallen, damit er ‚wahren Frieden‘ in den Händen halten kann. Allegious will die Reichtümer der republikanischen Planeten, er will Macht über alles, er glaubt nicht an Demokratie, er glaubt nicht an Gleichheit, all das will er zerstören.“ Auf die anderen Fragen hätte Ian so gerne eine Antwort gegeben, doch er wusste nichts darüber und so wurde sein Gesicht farblos, seine Lippen zu einem dünnen Strich. „Ich weiß es nicht. Er hat der Republik Coruscant zum Geschenk gemacht, ein verseuchtes Coruscant. Meine Aufgabe bestand darin, die Vorverhandlungen in ganz zu bringen. Ich weiß nicht, mit wem er kooperiert. Als er mich zu sich reif, war nur Nergal dabei, ein anderer Sith. Ob und wen Allegious noch ins Vertrauen gezogen hat weiß ich nicht, auch nicht, mit wem er zusammenarbeitet. Ich.." die Entschuldigung klang deutlich mit, auch ohne, dass er sie aussprach, „weiß es nicht.“
Auch Duvals nächste Worte konnte Ian nicht einfach stehen lassen. „Es war nicht allein das,“ widersprach er also. „Ich war feige, dumm und blind. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte sehen müssen, aber ich habe mich täuschen lassen.“ Und welche Rolle spielte es schon, ob dies bewusst oder unbewusst geschehen war? Fakt war: Er hatte sich täuschen lassen.
„Als Allegious mich zu sich rief, als er mir seine Aufgabe übertrug, begann ich zu sehen und gleichzeitig wieder, die Augen zu verschließen. Ich habe an etwas geglaubt, weil ich glauben wollte.“ Womit sie fast wieder beim Spiegel waren. „Ich habe geglaubt, weil ich Halt brauchte, ich habe das Imperium nicht in Frage gestellt, weil ich zuvor schon die Republik in Frage gestellt habe. Ich habe Leid auf beiden Seiten gesehen,“ am eigenen Leib gespürt, „und auch ich habe weggesehen, als ich hätte hinsehen müssen.“ Diese Erkenntnis schmerzte zutiefst. „Als die Jedi mich ablehnten, habe ich mich nicht gefragt, was das mit mir zu tun gehabt haben könnte, ich habe es als Zurückweisung gesehen, als Kränkung erlebt und das hat mich nur weiter blind gemacht. Es hat mich an ihnen zweifeln lassen, aber nicht an den Sith.“
Die Sprache kehrte zurück zu Eowyn – doch auch diese Antwort würde Ian geben. Ein einziger Handgriff genügte und Ian holte den kleinen Behälter mit dem Sand hervor, den er seitdem immer bei sich trug, stellte ihn vor sich auf den Tisch, noch immer mit zitternder Hand. „Ja, das kann ich“ Und diesmal war die Bitterkeit, die Schuld und jedes negative Gefühl aus seiner Stimme getilgt. Ian zwang sich, seinen Blick nicht zu Eowyn wandern zu lassen, sah nur auf den Behälter. „Nachdem ich den Vertrag unterschrieb, wollte ich vergessen, ich wollte nur noch vergessen. Alles. Ich kehrte nach Nar Shaddaa um dort eine Droge zu nehmen, die alle Erinnerungen auslöschen würde. Eine Droge, deren Wirkung ich bei anderen kenne. Telos… Die Hinterbliebenen, die nicht umkamen, bekamen diese Droge, um sich nicht mehr zu erinnern.“ Ian hatte nicht absichtlich verschwiegen, dass seine Brüder Familie besessen hatten, und wenn hierzu noch Fragen kommen würden… Vorerst aber galt es, die andere zu beantworten. „Ich hatte mich aufgegeben, ich wollte nur noch vergessen, blind bleiben und dann traf ich auf Eowyn.“ Ob es gut war, sie bei ihrem Vornamen zu nennen? Welche Rolle spielte es, hatte er sie ohnehin schon längst bei ihrem Vornamen genannt.
„Wir kamen ins Gespräch, über Steinchen und Sand,“ und da griff Ian wieder nach dem Behälter, strich sanft über diesen, „ich erklärte, das Dinge zerstört und unbrauchbar sein können, und zerrieb einen kleinen Stein mit der Macht, um zu demonstrieren, was ich meinte. Doch sie widersprach. Sie erklärte, dass man auch aus zerstörtem, wie Sand noch etwas bauen könnte. Sie hat mir die Augen geöffnet. Sie hat mich wieder sehen lassen. Sie hat mich nicht zurückgelassen, sondern mich erinnert. Daran erinnert, das Vergessen nicht das richtige ist. Daran erinnert, dass ein winziges Sandkorn noch etwas ausrichten kann. Sie hat mir die Augen geöffnet.“ Und das Lächeln das unmittelbar erschien, kam aus der Tiefe seines Herzens und war voller Dankbarkeit, ließ ihn für die wenigen Sekunden, in denen es anhielt, wieder jung aussehen.
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