Coruscant – Jedi-Tempel, Gänge – Alisah und Wes
Ein paar Geistestrick-Übungen für Anfänger würden kein Problem für Alisah sein und das wussten sie beide. Kein Wunder also, dass die Anwärterin mit Humor reagierte, und das Publikum wäre auch harmlos. Wes hatte durchaus mitbekommen, dass Alisah Markus kannte, ihm war aber nicht klar gewesen, dass diese Bekanntschaft so eng war. Dass die junge Frau auch keinerlei Berührungsängste vor Wes hatte, ehrte ihn im Grunde. Von dem Wissen um ihre Fähigkeiten ganz abgesehen…
»Tja, als Rat bekommt man so einiges mit, fürchte ich. Jedi, die nicht glauben, mir unbedingt etwas beweisen zu müssen, sind mir ehrlich gesagt auch die lieberen,«
Erklärte er und erinnerte sich dabei an so manche Beförderung, so dass sich ein ernster Unterton in die Antwort mischte. Leider konnte man als Rat nicht immer so frei und unbeschwert sein, wenn man tagtäglich mit den Problemen anderer Leute zu tun bekam. Alisah würde zweifellos einiges davon mitbekommen, wenn sie sich wirklich entschied, seine Padawan zu werden. Seine Dienerin würde sie schon mal nicht, das stand fest.
»Dann bist du für die Stelle als meine Padawan nicht geeignet fürchte ich – es sei denn, du organisierst mir eine Ersatzdienerin an deiner Stelle. Anforderungen wie in Frage kommende Spezies, Haar-, Augenfarbe und Wunschmaße kann ich dir gerne aufschreiben,«
Feixte Wes zurück, mit mehr Ironie in der Stimme als es zuvor der Fall gewesen war. Dann wurde Alisah ernst, als es um die Padawanschaft ging, und sie wirkte mit einem Mal ganz anders. Immer noch sie selbst, aber die Kranke, die Mutter kam unter der zu Scherzen aufgelegten jungen Frau wieder zum Vorschein. Tatsächlich erklärte sie sich bereit, Wes' Schülerin zu werden, tat dies aber vorsichtig, abwartend, als könnte der Taanaber es sich mittlerweile anders überlegt haben. Das kam aber gar nicht in Frage!
»Die Macht hat uns zusammengeführt, Alisah. Ich denke wir passen gut zusammen, wir sind füreinander bestimmt, viel leiden werde ich daher nicht, da bin ich mir sicher. Und auf der anderen Seite passt Radan auf dich auf, dass ich dich nicht zu hart drannehme. Dann sei es so, ich nehme dich zu meiner Schülerin. Das macht dich zur Padawan, Alisah Reven,«
Betonte Wes so feierlich wie es auf dem Gang eben ging und da sie schon vor der Trainingsraumtür standen, fügte er hinzu:
»Wir müssen das Ereignis nachher gebührlich begehen. Sicher findet sich beim Ortolaner irgendwas, das dir deine Heiler nicht verbieten können!«
Nachdem die Vorstellungen abgeschlossen waren – Wes hielt sich abwartend zurück und beobachte, wie die übrigen Anwesenden auf Radans Vorstellung als ›Verräter‹ reagieren würden – gab es den kleinen, fast schon traditionellen Flirt mit Elise, bevor es wieder an den Ernst des Lebens ging.
»Oh ja, das tut sie, Elise. Du kannst von Glück reden, dass ich deine Heilaura selbst brauche, ansonsten würdest du wohl oder übel auf der Krankenstation eingesetzt,«
Juxte der Jedi und grinste.
»Wenn das deine Robe für die anstrengenden Trainings ist dann kannst du dir sicher ausmalen, wie deine übrigen Übungseinheiten bei mir aussehen werden. Es wäre ja auch ein Jammer, das gute Stück im Kleiderschrank versauern zu lassen. Hier kommt es viel besser zur Geltung.«
Markus schien kein Problem damit zu haben, wenn Wes das Training übernahm. Der Corellianer hatte auch ordentlich einstecken müssen während ihrer Mission und war daher sicherlich froh um eine kleine Ruhepause. Der Jedirat wusste ganz genau, dass er auch erst einmal eine Pause und vielleicht eine ausgiebige kalte Dusche brauchen würde, wenn er mit Elise in den Nahkampf ginge. Schließlich war Wes keine 25 mehr…
Insgesamt waren die Spannungen zwischen den Frauen mit Händen zu greifen, so dass der Taanaber hoffte, dass dies nicht auf die Übung durchschlagen würde. Andererseits würde es womöglich wirklich alle drei Männer brauchen, die beiden Padawaninnen voneinander zu trennen. Mal sehen… Alisah stapelte tief und Elise gab sich verbal offener, als sie vermutlich war. Wes trat in die Mitte, denn wahrscheinlich war es besser, wenn er erst einmal das Reden und die Rolle des Lehrers übernahm.
»Die Grundidee der Gedankenmanipulation ist, dass man eine Idee erzeugt und diese dann an jemand anderen weitergibt. Es ist weniger ein Brechen des Willens des anderen – diese Technik gibt es auch, ist aber weder Gegenstand der heutigen Übung noch Padawanmaterial – sondern eher ein Täuschen. Deshalb heißt die Technik auch ›Gedankentrick‹. Sie funktioniert am besten, wenn sie nicht zu weit weg von dem ist, was das Ziel selbst vielleicht auch tun würde oder sich erhofft. Ihr täuscht sie aber um die konkreten Umstände, das ist wie etwas Falsches vorzusagen,«
Führte Wes aus.
»Um ein konkretes Beispiel zu nennen: nehmen wir an, ihr wollt etwas unbeschadet durch eine Sturmtruppenkontrolle hindurchschmuggeln, sagen wir einmal, zwei Droiden. Warum die jetzt konkret gesucht werden, spielt keine Rolle, vielleicht haben sie streng geheime Superwaffenpläne in ihren Datenspeichern oder was auch immer. Jedenfalls, die Idee, die ihr zu vermitteln versucht, lautet nicht: ›Ich bin ein Jedi, ihr wollt euch besser nicht mit mir anlegen.‹ Nein, ihr müsst etwas nehmen, was dem anderen zumindest zupass kommt, etwas, was sich der andere vielleicht sogar insgeheim wünscht. Es steht sicherlich in keinem Sturmtruppenprospekt, aber eigentlich legen die meisten von ihnen gar keinen so großen Wert darauf, etwas zu finden, in eine Schießerei oder schlimmeres verwickelt zu werden. Sie wollen zuallererst einmal abends heil nach Hause kommen, etwaige Belohnungen wegen der Ergreifung zweier gefährlicher Jedi-Padawaninnen und ihrer Droiden stehen da eindeutig hinten an. Der sicherste Weg dies zu erreichen ist, wenn heute just an ihrem Kontrollpunkt nur lauter rechtschaffene Bürger unterwegs waren. Die Idee, die ihr ihnen also vermittelt wollt ist, dass nichts los ist, ›Das sind nicht die Droiden die ihr sucht‹ zum Beispiel.«
Der Taanaber richtete seinen Blick auf Elise, welche die folgende Erklärung im Grunde als einzige brauchte.
»Am besten fängt ihr damit an, euch diesen Gedanken vorzustellen und zwar möglichst real, möglichst glaubwürdig, als wäre er Wirklichkeit. Ihr behält dieses Gefühl in euch und richtet euren Fokus auf den Geist des Ziel. Versucht, dasselbe Gefühl dort zu erzeugen. Es hilft auch, wenn man die Idee laut ausspricht. Oder wie würdest du es beschreiben, Alisah? Manchmal ist es einfacher, wenn eine Padawan diese Dinge erklärt, weil diese ihre eigenen Anfänge noch besser im Kopf haben. Nach ein paar Jahrzehnten ist das alles zu selbstverständlich geworden, fürchte ich.«
Nach einer kurzen Atempause fügte er hinzu:
»Alisah, du fängst dann auch gleich an und denkst dir etwas aus. Für euch beide gilt, dass ihr gar nicht erst versucht, etwas abzuwehren. Behaltet euren Geist offen, so habt ihr den größten Lerneffekt und es geht am wenigsten dabei schief.«
Mit diesen Worten verließ er das zukünftige Schlachtfeld und begab sich zu Radan.
»Schön zu sehen, dass ihr euch auf Coruscant einlebt,«
Begrüßte Wes seinen alten Schüler.
Coruscant – Jedi-Tempel, Trainingsraum – Elise, Markus, Alisah, Radan und Wes