- Delastine - HQ - Rems Büro -
Ami öffnete den Mund, aber die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. Erst stellte Rem ihr ohne weitere Worte, ihr angeblich neue Chefin vor, und warf sie dann in einem ihr völlig unbekannten Ton aus dem Büro.
Ami wußte, daß sie sich respektlos verhalten hatte, aber sie hatte mit mehr Verständnis gerechnet. Sie schloß ihren Mund, ohne etwas zu sagen, griff nach der Flasche Bourbon, die auf der Bar stand und verließ mit einem angewiderten Blick das Büro. Die Tür ließ sie offen stehen. Es gab für sie keinen Grund, sie hinter sich zu schließen.
Auf dem Weg zu ihrem Quartier schoßen ihr die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf. Sie wußte nicht was hier vor ging, und so wie es aussah hatte Rem auch nicht die Absicht, sie in näherer Zukunft darüber auf zu klären. Sie wußte nicht mehr, welche Rolle sie in seiner Organisation und in seinem Leben einnahm, aber eins wußte sie. Das konnte nicht allein mit ihrem Aufenthalt auf Etheria zu tun haben. Sein Respekt war völlig gewichen. Damit hätte Ami leben können, aber sie hatte nicht ihr halbes Leben damit verbracht, für Rem und die immer größer und stärker werdende Outer Rim Trade Federation zu arbeiten und unzählige Male ihr Leben zu riskieren, nur damit sie jetzt auf eine skrupellose Art und Weise degradiert wurde. Vor geraumer Zeit war sie Rems engste Anvertraute gewesen. Er hatte sie in alle seine beruflichen Entscheidungen mit einbezogen, weil er ihrem Instinkt und ihrem Urteilsvermögen vertraute. Das hatte sich anscheinend geändert.
Ami ließ ihr Glas auf einem kleinen Schrank irgendwo auf den Gängen des Hauptquartiers stehen. Im Lauf nahm sie mehr als einmal einen tiefen Schluck aus der Flasche.
Rem hatte sie für ihre Arbeit immer mehr als gut bezahlt, aber Geld wurde für sie immer belangloser, auch wenn es irgendwann einmal das wichtigste in ihrem Leben war.
Sie kam an der Kantine vorbei und hörte Stimmen. Sie lief weiter, denn es interessierte sie nicht mehr, was hier vorging. Die Gänge zu den Quartieren der ORTF-Mitglieder lagen in einem halbdunklen Licht. Ami lehnte sich an eine Wand, nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche und ließ ihren Kopf in ihrem Nacken fallen. Sie seufzte und ließ sich langsam an der Wand heruntergleiten. Der Bourbon wärmte ihren Körper und sie merkte, wie ihr Kopf schwer wurde. Sie stellte die halbvolle Flasche neben sich auf den Boden und stüzte ihre Stirn auf ihre Handgelenke.
Sie mußte schon ein paar Minuten so gesessen haben als sie am Ende des Ganges Schritte hörte. Sie blickte auf und sah eine graue Silouette, die von dem Licht, das von einer offenen Tür auf den Gang fiel von hinten angestrahlt wurde. Die Person kam langsam auf Ami zu, aber sie konnte nicht erkennen, wer es war.
Direkt vor ihr blieb er stehen und Ami schaute auf.
"Warum sitzt du hier alleine im dunklen auf dem Gang?"
Ami hörte die vertraute und sanfte Stimme Donevans, und sie konnte sich dem gefühl nicht erwehren, daß sie froh war, daß er es war, der sie dort sitzen sah.
Sie blickte nur kurz zu ihm auf, zuckte mit den Schultern und ließ dann ihren Blick wieder auf den Boden sinken.
Donevan hockte sich vor sie und das graue Zwielicht im Gang schien sanft auf sein Gesicht und ließ seine Gesichtszüge sanft und glatt erscheinen. Seine blauen Augen waren aber auch in diesem Halbdunkel so strahlend wie immer. Sein Blick wanderte von Ami zu der Flasche, die immernoch neben ihr stand. Er griff nach ihr, hielt sie kurz gegen das Licht, um zu sehen, wieviel aus ihr schon fehlte, und nahm dann einen Schluck. Er verzog etwas angewidert das Gesicht.
"Darin konnte ich deinen Geschmack noch nie teilen, Ami" sagte er mit nach unten gezogenen Mundwinkeln, ließ es sich jedoch nicht nehmen, noch einen zweiten großen Schluck aus der Flasche zu nehmen, bevor er sie wieder vor sich auf den Boden stellte.
"Also", sagte er, nachdem er sich noch einmal geschüttelt hatte "Wieso sitzt du hier auf dem Gang? Warst du bei Rem?"
Ami nickte und zog dabei eine Augenbraue hoch "Allerdings war ich das" Sie merkte, wie heiser ihre Stimme klang und räusperte sich "Kannst du mir erklären, was hier vor sich geht? Wer ist diese Lilju? Und wieso stellt Rem sie mir als meine neue Chefin vor?"
Donevan seufzte und zögerte ein paar Sekunden bevor er antwortete
"Ich wäre zwar der Meinung, daß es Rems Aufgabe wäre, dir die Sache zu erklären, aber so wie es aussieht, hielt er es bis jetzt noch nicht für nötig.
Du warst gerade gegen seinen Willen auf Etheria und hast dich in diesen Krieg gemischt. Ami, du mußt wissen, daß diese Aktion nicht nur sehr gefährlich war, für dich und für auch für die ORTF, sondern auch in Rems Augen völlig sinnlos. Er interessiert sich nicht für Freundschaften, vor allem nicht für Freundschaften seiner Angestellten, auch wenn du es bist, Ami.
Hätte Rem es tolerieren sollen, womöglich eine seiner besten Angestellten in einem Krieg zu verlieren, mit dem er nichts zu schaffen hat?"
Ami hob etwas genervt die Hand "Ok ok, die Moralpredigt hätte ich dann hinter mir. Und Rem und auch du solltet langsam wissen, daß ich auch sehr gut auf mich alleine aufpassen kann. Das konnte ich schon, bevor ich auch nur einen von euch getroffen hatte...wer verdammt ist diese [color}darkcyan]Lilju[/color]?"
Ami schaute Donevan mit ernstem Blick an
Donevan hielt ihrem Blick stand als er fortfuhr
"Du warst wie gesagt gerade unerreichbar auf Etheria. Die Zentrale der NBS dort wurde zerstört, die Mitglieder sind seitdem hier, und so wie es aussieht gibt es einen Zusammenschluß der Organisationen. Aber es gibt wohl noch nichts wirklich offizielles, zumindest nichts, von dem ich schon wüßte. Ich war ja genau wie du auf Etheria. Eigentlich wollte ich gerade in die Kantine, um mal etwas konkreteres zu erfahren."
Ami nahm einen großen Schluck Bourbon aus der Flasche.
"Die NBS also...." sie sprach mehr zu sich, als zu Donevan
Sie blickte ein paar Sekunden starr in den Raum, bevor sie plötzlich entschlossen zu Donevan blickte und sich aufrichtete.
"Es scheint tatsächlich eine Zeit der Veränderungen zu sein. Hier in der ORTF und auch bei mir. Und Veränderungen soll man nicht aufhalten."
Sie stand schnell auf und ging schnellen Schrittes den Gang herunter und ließ den fragend blickenden Donevan ohne weitere erklärung sitzen. Auch als er aufstand und ihr laut hinterher rief
"Was hast du vor Ami?"
drehte sie sich weder um, noch blieb stehen, sondern hob nur kopfschüttelnd den Arm, bevor sie in den Gang zu ihrem Zimmer abbog...
- Delastine - HQ - Amis Zimmer -