Dieses Thema hat viele neue Fragen aufgeworfen. Es würde mich daher freuen, wenn der Eine oder Andere den kommenden Beitrag liest und Lust bekommt, sich mit mir damit auseinanderzusetzen.
Zunächst einmal würde ich den Begriff „Genie“ kurz aufgreifen. Denn der Begriff wurde lange Zeit innerhalb Europas unterschiedlich definiert und dessen Bedeutung in den jeweiligen Epochen stets neu diskutiert. Das allein schon zeigt, dass es nicht einfach ist, jemanden als Genie anzuerkennen oder nicht. Bevor man einen Künstler zB. als Genie bezeichnen kann, müssen sich seine Werke erst als geniale Werke etablieren. Das braucht Zeit (Neid der Konkurrenz, seiner Zeit voraus usw.) Daher werden Genies oft erst nach ihrem Tod als solche anerkannt. Über die Jahre gehört das Wissen um ein Genie zur Allgemeinbildung, weswegen wir auch dazu erzogen werden, jemanden in erster Linie als Genie zu kennen. Dies wiederum lässt uns glauben zu wissen, was es heißt, Genie zu sein.
Ist George Lucas nun ein Genie? Zunächst einmal habe ich ganz klar gedacht: Nein. Aber gehen wir der Frage mal auf den Grund.
GL hat mit der OT zunächst ein Meilenstein des popkulturellen Kinos erschaffen. Dadurch hat er entscheidend auf die Ästhetik der breiten Masse der Postmoderne eingewirkt. Jede Epoche klassifiziert sich vor allem durch „das Neue“, dass genug Einfluss auf die Ästhetik hat, um sie zu verändern und sich durch diese Merkmale von bisher dagewesenen abzugrenzen. Doch was ist „das Neue“? Da ja die unterschiedlichen Disziplinen unterschiedliche Merkmalen untergeordnet sind und diese Frage entsprechend sehr unterschiedlich beantwortet werden kann, geht es darum, zuerst zu wissen, was GL eigentlich genau macht...
Sein Vater war der biedere, traditionelle Amerikaner – Prototyp seiner Zeit. Sein Sohn GL machte erste Erfahrungen in der Kunst mit einer Fotokamera und dem herstellen dieser Bilder. Später schien er sich in seiner ästhetischen Präferenz zwischen Dokumentarfilm und Impressionismus/Surrealismus zu befinden. Was das wohl heißt? Er wurde während der bedeutendsten Zeit der Filmentwicklung in Hollywood Regisseur (obwohl er Kameramann werden wollte). Diese Zeit nannte man New-Hollywood -> Heldengeschichten waren absolut out, man hatte sich an John Wayne und Sandalen Filmen satt gesehen und amerikanische Glorifizierung war für die neue Kunstgeneration unerträglich! Echte Menschen und Charakterdarsteller (Robert DeNiro, Al Paccino, Dustin Hoffmann und Jack Nicholson wurden die großen Vier) waren gefragt. Konventionen wurden erneuert durch düstere, Realismus-Szenarien. Somit haben sie kritisch die eigene Branche hinterfragt und neue, ambivalente Handlungsträger erschaffen. GL trieb die abstrakt-dokumentarische Kunst und den Drang, unabhängiger Geschäftsmann zu werden, an. Obgleich er nicht auf Erfolg aus war. Anstatt vor allem gegen eine Gesellschaftsform politisch-künstlerisch vorzugehen, war ihn das ästhetische Erlebnis wichtiger.
So Star Wars, als Sci-Fi Fantasy in der „New Hollywood“ Ära stellt eigentlich alles dar, was extrem out ist. Ein absoluter Flop , zudem Rufschädigung hätte vorprogrammiert sein müssen.
Warum also ein Film wie Star Wars?
Weil GL ein Geschichten Erzähler ist! Er ist kein Dramatiker. Motive und Symbole, Allegorien und Erlebnisse schienen ihn mehr zu interessieren als „well-made“ bzw. „well-play“ Movie. Vermutlich hätte er sich gegen die anderen auch schwer durchsetzen können. New Hollywood lechzte nach Dialogen und guten, dramatischen Storys. Spätestens durch die PT sollte klar sein, dass Dialoge Schreiben genau das ist, was GL nicht kann!
GL ist ein Erzähler und kein Dramatiker. Sein Talent liegt darin, Geschichten zu konstruieren. Was bedeutet das für die Frage von Einfluss und Genius?
Die Kamera
Sie ist sein ursprüngliches Medium. Bilder sind es, womit er die Geschichte erzählt – dies hat vermutlich auch damit zu tun, wie er die Welt sieht. Was aber macht ihn darin bemerkenswert? Seit der Entstehung des Films wird dieses Medium ein faszinierendes Ereignis gewesen sein. Bewegte Bilder vermochten die Fantasie des Zuschauers aufgreifen und den Zuschauer eintauchen zu lassen. Doch wer von euch kennt nicht die fassungslosen Berichte von Zuschauern, die „A New Hope“ im Kino als Zeitzeugen gesehen haben? Sie waren doch überwältigt vom Gefecht des Sternzerstörers, der über die Köpfe der Zuschauer rauschte? Sowas hat es in dieser Intensität vorher noch nie gegeben. Der Zuschauer muss eine derart berauschende, körperliche Erfahrung gemacht haben, die sich vollkommen losgelöst von intimen Spannungsmomenten a la Hitchcock im plötzlichen Affekt gebildet hat. Der Zuschauer wusste vermutlich noch gar nicht, wie ihm gleich geschieht. In Anbetracht dessen, das sowas vorher noch nicht war, scheint mir die Anfang der „vierten“ Episode eine meisterliche Komposition zu sein. Doch nicht nur effekthascherisch erzählt GL. Er wird auch persönlich und teilt seine intimen Impressionen.
Deutlich in Lukes sehnsüchtiger Blick in der „Suset Szene“. Bisher dienten romantische Schauplätze nur der Dekoration - um eine Szene mit selbigen Inhalt zu untermauern. Hier aber haben wir ein Motiv, das doch stark der romantischen Kunst eines Casper David Friedrich ähnelt. Musik und Bildpoesie sind kein atmosphärischer Anhang sondern persönlicher Ausdruck. Friedrichs „Der Wanderer über den Nebelmeer“ oder „Die Lebensstufen“ – und ich behaupte nicht, das GL sich explizit auf diese Bilder berufen hat - symbolisieren den Geist der Romantik. Friedrich malte sich im Bild übrigens selbst; eine neue Methode der Einzelgänger in der Künstlerwelt, weil sie sich weder beim Bürgertum, noch bei dem Avantgardisten wohlfühlten. Das GL durch Luke, seinem Namesvetter auf sich selbst verweist, ist hinlänglich bekannt. Dass die Szene als Verschmelzung von GL und Luke funktioniert, ist ebenfalls vorstellbar, zumal das Motiv des Sonnenuntergangs in der Regel den inneren Zustand oder das Schicksal einer Figur zeigt. Die Tatsache, dass zwei Sonnen beide Egos vereinen und gleichzeitig ein Zitat auf die Art ist, wie GL die Welt wahrnimmt, lässt noch tiefer blicken. Wie eine fehlerhafte Reflektion von Lichtverhältnissen beim Blick durch eine Kamera – so könnte diese hochgradig malerische Szene als Allegorie des Filmemachens stehen. Er zeigt, wie er die Welt sieht, indem er uns diese Ästhetik gibt. Gleichzeitig stellt die Szene Luke dar, der GL repräsentiert. Die formale Komposition ist ein Zitat auf die romantische Malerei, was diese Annahme noch mehr bekräftigt. Die „Bergszene“ am Ende von Episode 7 könnte ein Verweis auf die „Sunsetszene“ sein. Doch in Wahrheit hat sie verblüffende Ähnlichkeit mit dem Bild von Casper David Friedrichs „Der Wanderer über den Nebelmeer“ - Einige Elemente scheinen regelrecht dupliziert zu sein.
Die Charaktere
Die Romantik hat in der Filmkunst noch weit länger Bestand gehabt als in der Malerei, sie vielleicht sogar der Malerei entzogen. Sie thematisierte neuerdings die innere Zerrissenheit vom Schöpfer des entsprechenden Kunstwerks. Der romantische Künstler hat sich weder seiner zu anderen Künstlern, noch zum Bürgertum hingezogen gefühlt. Das (im Gegensatz zur PT) die Schauplätze einsame Orte waren, muss nicht unbedingt ein intellektuellen Konzept zu Grunde liegen. Vielmehr spiegelte sich in „New Hope“ seine emotionale Situation und ideale Kunstvorstellung wieder. Das Gegenmotiv der Natur Schauplätze ist die technokratisch-urbane Welt des Todessterns. Die grauen, sterilen und seelenlose Durchstilisierung der Schauplätze des Imperiums sind der Kunstästhetik der kurzzeitigen Neoklassizisten in den 50ern nachempfunden. Und wenn ich mir zudem die Darsteller im Konferenzraum des Todessterns anschaue, scheint mir dieser Gedanke noch plausibler.
Tarkin und Onkel Owen sind im Grunde die gleiche Figur und repräsentieren jene Männer, nämlich seinen Vater - aber auch andere Männer des Establishments, die es in 70ern zu bekämpfenden galt. Attitüde, Alter, deren ästhetische Prämisse, alle Eigenschaften werden im Konferenzraum – einschließlich des Konferenzraumes – verkörpert. GL also erschafft einen Film, der aus ästhetischen Elementen besteht, die in keiner Weise dem Zeitgeist entspricht. Ich glaube jedoch, dass es GL nicht um die Repräsentation einer fiktiven Welt ging. Vielmehr geht es um eine Geschichte, die ihn selbst thematisiert. Luke und Vader als Wunschidentität seiner selbst – Tatooin als romantische Sehnsuchtswelt, die vermutlich auch autobiografische Züge hat. Genauso die Raumschiffe und Speeder, die seine Faszination von schnellen Autos entsprachen. Der Todesstern steht für die Charakterisierung der 60 jährigen, männlich, weißen Feindbilder und ihr künstlerisch-ästhetisches Empfinden. Obi-Wan war der Vater, den sich die junge Generation seiner Zeit wohl gewünscht hätte. Vaterlos in dem Sinne, dass dieser Generationskonflikt weltweit eine geistige Entfremdung zwischen Vater und Sohn nach sich zog. Zum ersten Mal haben sich Erziehung Konzepte wie Laissez-faire gegründet um die Elitäre Vätergeneration in Frage zu stellen. Gleichzeitig waren sie sich so fremd, das Obi-Wan fast schon ein mythologisches Fabelwesen ist – Tolerant, geduldig, Liebe zur Kunst(?). Das er Obi-Wan hat sterben lassen kann zum Einen natürlich dramaturgische Gründe haben. Ist GL jedoch derartig mit dem Film vernetzt, so diente Obi-Wans Tod der Initiation von Luke (und Vader?). Wir wissen zwar bis heute nicht, ob Leia schon damals die Schwester von Luke war – obgleich GL mit drei Schwestern wohl entsprechend geprägt war. Aber alle Figuren scheinen seine Sehnsüchte widerzuspiegeln. Wäre interessant mal herauszufinden, wie das Verhältnis zwischen George Lucas Senior und seinen Kindern herauszufinden.
Einige Künstler sind extrem empfänglich für diese, eigens kreierte Welt. Ich weiss, dass Nicht-Künstler die nur schwer glauben können. Wenn ich mir überlege, wie er mit Freunden wie Coppola rumhing, die Drehbücher schrieben und erfolgreiche Avantgardistische Filme machten - die bis heute für das New-Hollywood, den wichtigsten 10 Jahre der Traumfabrik stehen und daneben GL, eine schüchterne, marginale Persönlichkeit, der keine Dialoge schreiben und bei dem niemand an seinen großen Wurf glaubt – ein Film zudem, der wohl oft in synoptischen Gesprächsrunden für peinliche Momente gesorgt haben muss – sowas kann sich gar in die Entscheidungen des Plots auswirken. Tarkin und Obi-Wan wurden getötet. Der echte Vater und der Wunschvater. Der Zerstörung des Todessterns ist vermutlich GLs Initiation. Dazu musste die dunkle Seite von GL in Form von Vader besiegt, aber nicht getötet werden.
Genre-mix
Dies ist der entscheidende Gedanke: Während also GLs Zeitgenossen den Film revolutionierten, indem sie dekonstruierten und das Genre, die Identifikationsfiguren und die Schauspielästhetik, ja eigentlich die kompletten Ideale der „goldenen Ära“ der 30er, 40er und 50er ersetzten, dadurch sogar einen politischen Diskurs innerhalb der Kunstwelt Hollywood provozierten, hat GL etwas anderes gemacht. Er hat ein Multi-Genre-Film geschaffen, das er nicht durch Zynismus und Ironie der New Attitude verfremdete, sondern in Relation zueinander setzte. Er kombinierte Märchen, Western, Eastern, Kriegsfilm, Sci-Fi und Odyssee und unterwanderte die für Toderklärten Genres durch ein anachronistisches Figurenensemble. Diese Vielfalt an Genres GAB ES NOCH NIE. Und durch das Kombinieren dieser Genres wurden die Genres selbst auf anachronistische Besonderheiten Verfremdet. Der Wilde Westen steht sich zum Beispiel dem Eastern und der Odyssee gegenüber. Beide Genres werden zudem durch die Sci-Fi Ästhetik in eine glaubwürdige Beziehung gesetzt. Dadurch ergeben sich sogar zentrale Konflikte wie die Effizienz einer zeitgemäßen Laserpistole und der Anmut eines Ritterschwertes. Dem geht Zynismus einher, vorgetragen durch Han Solo, der im Grunde das Vorbild der neuen Generation verkörpert. Luke hingegen schafft es, künstlich erblindet die Laserstrahlen auszuweichen. Dadurch wird Bezug auf die Antike genommen, ohne Augenlicht das unbegreifliche zu sehen. In der nächsten Szene aber Wird ein ganzer Planet durch das tödliche Auge des Todessterns vernichtet. Jede Szene thematisiert entweder den Generationskonflikt oder den Die Identitätskonflikt. Durch die Genrekombination ist der Film somit gezwungen, sich selbst zu dekonstruieren. Gleichzeitig spiegelt er den Kunstdiskurs in Hollywood wieder. Darüber hinaus sind die Figuren Facetten von GL, womit er den persönlichen Mikrokosmus, den ästhetischen und politisch, sozialen Kosmos und am Ende Thematiken des Historischen und mythologischen Makrokosmus berührt. Mir fällt nur ein Schriftsteller ein, der dieselbe Komplexität aufweist: Shakespeare! Denn darüber hinaus thematisiert GL alle sozialen Schichten vom hartarbeitenden Droiden ohne Privilegien über primitive Wüstenbewohner, denen zwar Handel erlaubt aber ansonsten keinerlei gesellschaftliche Bedeutung zukommt. Die neue Generation übernimmt die Handlung, indem sie parallel zur Metarealität ihre Bedeutung im Leben erst noch erschaffen müssen. Das Establishment ist durch die Generäle des Imperiums verkörpert. Vader und Luke sind marginale Figuren, da sie beide nur zu 50% fertig sind. Vergleicht man sowohl Luke als auch Vader mit ihrem Profil in Episode 5, erkennt man eine viel deutlichere Psychologisierung. Beide Figuren sind gleichermaßen erwachsen geworden. Beide haben einen Anstrich des anderen. Durch das Kostüm von Luke (Grautöne) wird es deutlich. Eine absolute Projektionsfläche ist Luke damit nicht mehr.
Denken wie ein Künstler
Zwischen dem Dramatiker und epischen Erzähler gibt es einen erheblichen Unterschied. Der Dramatiker schreibt Handlung, der Epiker erzählt Geschichten. Homer zB. Hat Geschichten erzählt, in der Figuren selten gesprochen haben. Shakespeare hat Dramen geschrieben, wo es nur um gesprochene Sprache als handelndes Element geht. (Dabei ist Brechts Auffassung vom Theater ein spannendes Thema). Wenn ihr selber Geschichten schreibt, wird euch vielleicht aufgefallen sein, dass das Verfassen einer Geschichte - also die Beschreibung von Landschaften, Atmosphären, Gedanken, Erinnerungen, Wünsche, sobald man sich im Schreibfluss befindet, viel ausführlicher ausdehnt und leichter von der Hnad geht. Handlung schreiben heißt wörtliche Rede schreiben. Jeder Satz ist ein Handeln und erfordert eine ganz andere, fokussiertere und aktivere Ausrichtung. Es wird auf das wesentliche Reduziert und „festgenagelt“. Sogar der eigene Körper geht ganz anders mit der Materie um. Das Layout sieht anders aus: Die Partitur hat ein individuelles Schema, während sich eine epische Erzählung über das gesamte Blatt Papier ausbreitet.
Macht den Test beim Sprechen, ohne sich dabei vorher ein Konzept zu überlegen - einfach drauf los beschreiben und die Welt in eurem inneren Auge entstehen lassen. Inhaltliche Widersprüche spielen keine Rolle. Dann auf wörtliche Rede wechseln und einen Dialog führen, wo zwei Leute angeregt argumentieren und jeweils das Gegenüber verändern wollen aus persönlichen, egoistischen Gründen. Bin gespannt auf eure Beobachtungen ihr kommt, falls ihr es denn macht J
Lasst es euch von einem Künstler sagen: Geschichten erzählen und Handlungen schreiben sind zwei konträre, schöpferische Erlebnisse. Textpassagen mit hohem wörtlichem Redeanteil finden in der Fiktion häufig in eckigen, urbanen, klassizistischen Umgebungen und stilisierten Räumen statt. Ein Zwischending ist natürlich die wörtliche Rede, bei der es um einen Informationsaustausch (Beschreibung) geht und nicht um handlungsorientierte Sprechakte (Ziel, Rhetorik). Autoren lassen sich unbewusst sogar davon bestimmen, wann sich Figuren bewegen und wie die Umgebung aussieht, je nachdem ob es eine Handlungsszene, Konversationsszene oder Wahrnehmungsszene ist.
George Lucas hat so viele unterschiedliche Ebenen in Episode 4 eingebaut, was mir überhaupt nicht bewusst war. Nun frage ich mich, wie dieser in sozialer Sicht defizitäre „Nerd“, der sich weder mit der avantgardistische, zynischen Realismus-ästhetik, noch mit dem elitären, amerikanisch-puritanischen Ideal identifizieren konnte, ein Werk geschaffen hat, das über den Zeitgeist hinaus bis heute Bestand hat? Dass die postmoderne Erzählkunst im Film eingeleitet hat und somit Autoren wie Tarantino überhaupt erst den Weg geebnet hat. Der das Kinoerlebnis revolutionierte und gleichzeitig stets die richtigen Entscheidungen getroffen hat, was die Musikrechte angehen, zumal die epische Musik entscheidend für den Erfolg von Star Wars war, obwohl es bis Dato nicht einmal Referenzen gab, von denen er es hätte ableiten können. Wie konnte er verstehen, dass das Merchandising ihn bald zu einem der reichsten und mächtigsten Männer seiner Branche machen würde, obwohl es auch hier keinen Erfahrungswert gab?
Was haben Heinrich von Kleist, Shakespeare und GL gemeinsam? Alle Drei haben nicht, wie die anderen Koryphäen ihrer Zeit versucht, mit ihren dramatischen Werken die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern. Sie haben sich lediglich auf sie bezogen und verfremdet. Sie haben ihren biografischen Werdegang und inneren Konflikte tagebuchartig in Geschichten verarbeitet, dabei mit ihre Kunst der angesagten, Vorbild-Kunst den Kampf angesagt und zuletzt anstatt aktuelle, politische Kritik auszuüben, mythologische und Kultische Fabelwesen erschaffen, um sich dem politischen Diskurs zu entziehen. Politisch waren lediglich ihre individuellen Probleme sowie künstlerische, zeitgenössische, Bewandtnis.
Es sollte noch bewusst werden, dass Künstler nicht unbedingt von Geburt an bis zum hohen Alter ihr volles Potential ausschöpfen können. Einige haben nur wenige Jahre Zugriff zu ihrer Kunst (wie Kleist). Andere können auf Grund ihrer Sensibilität auch schnell zerstört werden (man bedenke das GL nach dem „shitstorm“ im Internet nicht mehr online war. Künstler, die die romantisch, melancholische Veranlagung haben, haben oft einen intuitiven Zugang und keinen intellektuellen. Diese Leute sind jedoch extrem von der Außenwelt abhängig. Sie nimmt entscheidenden Einfluss auf die Werke. Vielleicht waren die 90er und 2000 der falsche Zeitpunkt, um die PT zu kreieren? Nicht alle Künstler oder Genies müssen sich in Krisenzeiten befinden, damit sich herausragende Kunst machen können. Goethe war sicherlich auf Grund seines Intellekts Immun dagegen, da er seine Werke stets Reflektiert schaffte. Andere brauchen eine Künstlerische Reibung, indem sie sich zwischen den Fronten befinden und die beiden Spannungsfelder die Inspirationsquelle ist, um etwas dritten, ganz neues zu erschaffen. Das müsste bedeuten, dass man sich im Höhepunkt seiner Schöpferkraft zwischen zwei künstlerisch nachhaltig relevanten Kunstströmungen befindet. Kleist war zwischen Goethe und der Romantik aktiv. Er hatte nicht die systemverliebte Genauigkeit von Goethe und für die Romantik zu früh dran. Daher hat er in wenigen Jahren grossartige Werke geschaffen, nebenbei herausgefunden, wieso der Deutsche auf Grund der deutschen Semantik ist, wie er ist – und hat sich umgebracht bevor die Welt in als Genie gefeiert hat. Und GL hat sich bei der Erschaffung von Star Wars zeitlich (und vermutlich räumlich-gedanklich) genau zwischen den beiden berühmtesten, in ihren Ideologien absolut voneinander abstoßenden Strömungen befunden. Vergleiche ich diesen Umstand mit 1997 … tja, welche Notwendigkeit hatte Star Wars zu der Zeit? Gar keine.
Viele Leute sprechen GL außergewöhnliches Talent ab, weil sie das Werk anhand der dramatischen Arbeit messen. Aber es steht nirgendswo, dass ein Ausnahmetalent alle Bereiche der relevanten Disziplin beherrschen muss. Er kann keine wörtliche Rede verfassen, aber er kann Geschichten erfinden. Und bin seit heute, nachdem ich 10 Stunden an diesen Artikel gearbeitet, sicherlich 70 Seiten recherchiert und gelesen habe der Meinung, dass er ein paar Jahre seines Lebens zumindest als Genie in Frage kommt.