Als ehemaliger Sith-Spieler und –OL will ich mich hier natürlich auch noch zu Wort melden. Da ich Satreks Service für Querleser sehr praktisch finde, ihm aber nicht den Namen klauen will, benutze ich das klassische „Too long; didn’t read“ (Tl;dr) für die einzelnen Absätze und Grundgedanken.
Zunächst mal ein kleiner geschichtlicher Exkurs: Als ich damals mit Exodus bei den Sith gespielt habe und zeitgleich auch Tear, Aramân und Phollow dabei waren, gab es für unsere Charaktere die augenzwinkernde Bezeichnung „Soft Sith“. Im Gegensatz zu Janem z.B. waren unsere Charaktere nicht so tief böse, nicht ganz so verdorben, hatten noch Gefühle und wirkten insgesamt etwas „menschlicher“ als andere Vertreter des Ordens. Mein Charakter – und die anderen soweit ich das beurteilen kann auch – war eher ein depressives Wrack, das versucht hat, über die Beherrschung der Macht all seine Probleme in den Griff zu bekommen (was allerdings alles nur noch schlimmer gemacht hat). Er war also schon machthungrig, aber für diese Gier gab es einen Hintergrund und einen Antrieb. Ich hatte immer großen Spaß an dieser Spielweise, aber ich habe auch den Eindruck, dass diese Art von Spiel bei einigen mittlerweile eher verpönt ist, so wie auch schon von einigen hier angemerkt. Nur weil ein Sith mal eine Romanze ausspielt, sollte er nicht gleich mit Verachtung gestraft werden. Ich finde das durchaus plausibel – und man sieht ja auch, dass solche Storys nach wie vor bei einigen Spielern beliebt sind, die – nebenbei bemerkt – aus meiner Sicht auch zu den aktiveren Postern gehören. Da sollte einfach insgesamt ein größeres Maß an Toleranz vorhanden sein, weil man sich ansonsten auch gute Leute vergrault.
Tl;dr: Verschiedene Spielweisen sollten toleriert werden, auch wenn Sith Persönliches, wie z.B. Romanzen, ausspielen wollen.
Was sich bei uns damals aber auch schon gezeigt hat: Es ist schwer einen richtig bösen Sith auf Dauer motiviert zu spielen. Warum? Weil es keine bzw. kaum Charakterentwicklung gibt. Deshalb haben wir ja diese depressiven Charaktere gespielt – da entwickelte sich noch was. Es war ein Kampf gegen die eigene Unzulänglichkeit und ein Kampf mit vielen, auch persönlichen, Problemen. Nicht umsonst gehören die damals als „Soft Sith“ betitelten Charakteren zu den aktivsten, die es im Sith-Orden unseres Rollenspiels gab. Das heißt nicht, dass jeder solche Charaktere spielen sollte wie wir damals, zeigt aber doch, wie motivierend so eine Spielweise für manche sein kann. Grundsätzlich ist für mich die Frage, was einen bei einem Maul-artigen Charakter bei der Stange halten soll. Welche Geschichte wird da eigentlich erzählt?
Die Geschichte ist auch der Grund, wieso ich das Ausspielen der Ausbildung für so wichtig halte. Der erste Kontakt mit der dunklen Seite der Macht, das Eintauchen in diese neue Welt, ist für einen Sith-Char extrem wichtig. Wenn er nicht von vorneherein absolut verdorben ist, kann er durchaus moralische Fragen abwägen und das wiederum bringt Charakterentwicklung in Gang. Ich bin der festen Überzeugung, dass das langfristig die größte Motivation beim Spielen eines Charakters ist. Nur stellt sich bei den Sith eben die Frage, wie sich diese Geschichte immer weiter spinnen lässt. Irgendwann habe ich mit Exodus für mich auch beschlossen, dass der Orden nichts mehr für ihn ist, weil der Charakter dort einfach immer „gleich“ bleibt, wenn er nicht einfach nur zum Monster mutieren soll. Aramân und Tear haben ihre Charaktere ähnlich entwickelt, auch Ches hat mit Valara damals diesen Entschluss gefasst. Es ist einfach schwer so lange einen wirklich glaubwürdigen bösen Charakter darzustellen, wenn man nicht einfach nur einen „wahnsinnigen“ oder geisteskranken Charakter spielen will.
Tl;dr: Problem (bisher) ohne Lösung: Ein richtig böser Sith hat irgendwann kein charakterliches Entwicklungspotential mehr, was in Motivationsverlusten resultiert.
Was hier ja schon mehrmals durchgeklungen ist: Es fehlt den Sith auch irgendwie die richtige Aufgabe. Früher war das klar definiert: Es gab die Jedi, die waren sehr aktiv in die großen Schlachten der Galaxis eingebunden und die Sith „mussten“ sich ihnen entgegen stellen, weil sie die einzigen waren, die das adäquat konnten – oder eben andersherum. Zwischenzeitlich sind die Machtbegabten fast gänzlich aus den Schlachten verschwunden, was aus meiner Sicht vor allem an den unterschiedlichen Erwartungshaltungen von Spieler der Militärcharaktere und Spielern der Jedi/Sith lag. Während Jedi/Sith die Fähigkeiten ihrer Charaktere gerne demonstrieren wollten, ließen sich die Militär-Spieler ungerne ihre Charaktere auseinandernehmen. Nun haben sich die Jedi auch verstärkt auf andere Gebiete ausgeweitet, wie Diplomatie, Hilfsaktionen etc. – bei den Sith fehlt mir persönlich das noch ein bisschen. Deshalb finde ich die hier vorgebrachten Ansätze schon sehr gut. Es muss – so wie DoubleK schon gesagt hat – klar sein, in welche Richtung es gehen soll und was eigentlich die Handlungsgebiete sind. Vielleicht liegt darin auch eine Teillösung zu dem oben beschriebenen Problem der fehlenden Entwicklung: Wir haben uns damals sehr auf unsere Charaktere fokussiert und wenn da eben nichts mehr passiert, verliert man die Motivation. Wenn aber auch von außen klare Aufgaben vorliegen, dann kann man sich denen widmen und kann entsprechend „weitermachen“. Bei den langjährigen Jedi-Charakteren ist das ja nicht anders. Die bestehen auch deshalb immer noch, weil es immer was zu tun gibt.
Tl;dr: Klar definierte Aufgabengebiete können helfen, neuen (und alten) Spielern langfristig Perspektiven für den Charakter aufzuzeigen.
Eine Reaktivierung der Xell-Games würde ich auch sehr begrüßen. Anders als hier teilweise dargestellt, sollen die Xell-Games ja nicht dazu da sein, das imperiale Volk zu bespaßen, sondern dienen vor allem der internen Auslese der Sith. So ein Kräftemessen passt für mich sehr gut zum Orden, vor allem, weil es etwas ist, das sich bei den Jedi in dieser Form nie umsetzen ließe. Früher wurden die Spiele zumindest immer begeistert aufgenommen, auch, weil natürlich nicht von vorneherein feststand, wer gewinnen würde. Die Paarungen wurden ausgelost und dann mussten sich die jeweiligen Kontrahenten auf einen Modus einigen, mit dem sie den Gewinner bestimmen. Entweder haben sie das OP abgesprochen oder eben über das IP herausgespielt. Dadurch spielt man vor allem auch mal mit Leuten, mit denen man sonst vielleicht nicht so viele Berührungspunkte hat.
Tl;dr: Neben den klar definierten Aufgaben für höherrangige Sith könnten die Xell-Games eine stimmungsvolle Möglichkeit zur Profilierung und Beschäftigung für den ganzen Orden bieten.
Was ich auch noch einmal hervorheben möchte: Neulinge können und sollen auf jeden Fall eigene Storys entwickeln und ausspielen. Selbst wenn man keinen Meister hat, kann man etliche Dinge in Angriff nehmen, denn den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe kann man ja immer selbst bestimmen. Auch mehrere Jünger können ja gemeinsam einen Plot spielen. Mir ist ehrlich gesagt schleierhaft, woher diese Hemmungen bzgl. eigener Storys kommen, aber sie finden sich ja überall wieder. Die OLs sind nicht diejenigen, die dem Rest der Spielerschaft die Storys vorgeben müssen – das RS funktioniert nur, wenn jeder selbst kreativ wird. Aber wenn manche am Anfang einen Anstoß dazu brauchen – dann sollten wir ihnen den auch geben, vielleicht über einen allgemeinen Aufruf im OP oder – für diejenigen, die hier nicht mitlesen – per PN-Hinweis.
Tl;dr: Jeder im Rollenspiel kann und soll eigene Storys entwickeln und ausspielen – das sollte wieder mehr ins Bewusstsein gerufen werden.
Daran anschließend sei auch noch erwähnt, dass die Lernprozesse von neuen Charakteren durchaus etwas flotter voran gehen können. Früher war es auch üblich, dass man, wenn sonst nichts zu tun war, einfach zwei, drei Posts in der Bibliothek mit Selbststudium verbracht hat und dann wieder einen Schritt weitergekommen ist. Sicherlich ist das nicht jedermanns Anspruch an eine realistische Entwicklung von Fähigkeiten, aber im Sinne des Spiels kann man so etwas durchaus mal machen. Der Charakter verliert dadurch in seiner Entwicklung nichts, ist aber trotzdem nicht ganz so „nutzlos“, wie manchmal dargestellt. Dann erübrigt sich vielleicht auch die Scheu an Missionen teilzunehmen oder selbst welche zu entwickeln.
Tl;dr: Schnellere Lernprozesse bei Schülern bringen deren Spiel voran, erlauben mehr Eigenständigkeit und sollten deshalb ebenfalls gefördert werden.
Abschließend sei noch gesagt: Wenn man es darauf anlegt, kann man meinen Post natürlich als ein „Früher war alles besser“-Credo lesen. So ist es definitiv nicht gemeint, schließlich habe ich meinen Charakter auch irgendwann vom Sith-Orden weggeführt. Allerdings war der Orden früher doch insgesamt etwas größer, daher ist in ein paar Bereichen ein seichtes „Back to the roots“ sicher nicht verkehrt. Andererseits gibt es auch viele Bereiche, in denen neue/andere Wege gegangen werden sollten. Unabhängig davon ob es alte oder neue Ideen sind, sollte ohne Vorurteile darüber nachgedacht werden, was
wirklich langfristig Spielspaß und Motivation für das Gros der Spieler bringt. Aber ich denke, wir sind hier schon auf einem ganz guten Weg.