Ich finde es irgendwie interessant, dass Kylo Ren so oft als Bösewicht interpretiert wird, für den keine Bekehrung mehr möglich ist. Ich habe ihn eigentlich nie als wirklich "böse" oder "dunkel" interpretiert und ganz ehrlich, nach TLJ erst recht nicht mehr. Aus meiner Sicht ist er weder böse noch ein Darksider, er möchte denke ich allem, was mit der Macht bzw. ihrer Aufteilung in "hell" und "dunkel" zu tun hat, den Rücken kehren und etwas Neues etablieren, jenseits von diesem Schubladendenken. Und für sich genommen ist die Macht denke ich ja auch neutral bzw. besteht aus beiden Aspekten, es sind nur die Machtnutzer, die sie in solche Kategorien einteilen und ihre jeweilige Kategorie gegenüber der anderen durchsetzen wollen. Und wozu das führt, hat man in der SW-Geschichte ja oft genug gesehen und davon möchte Kylo Ren, jedenfalls so wie ich ihn in TLJ verstehe, wegkommen. Und das halte ich nicht für falsch. Um es mal auf die reale Welt zu münzen, gute und schlechte Seiten einer Sache gehören letztlich doch zusammen und bilden eben die Einheit dieser Sache. Zu mir hat mal jemand gesagt "Es gibt nicht Ying UND Yang, es gibt nur Yingyang". Davon kann man jetzt halten, was man will, aber ich finde den Grundgedanken nicht mal verfehlt und denke, dass es sich mit der Macht in SW ähnlich verhält. Wenn es wirklich eine helle und eine dunkle Seite gibt, dann gehören beide zusammen, um das Gleichgewicht herzustellen. So lange aber die Vertreter der einen Seite konsequent versuchen, die Vertreter der anderen Seite zu bekehren oder gleich auszulöschen und vernichten, wird nie Frieden herrschen. Und da sind die Jedi übrigens alles andere als unschuldig, deren Vorstellung von "Gleichgewicht" ja darin besteht, dass die dunkle Seite bzw. deren Vertreter vernichtet werden und nur noch die helle Seite da ist. Siehe Prophezeiung vom Auserwählten, der die Sith vernichten und somit die Macht ins Gleichgewicht bringen soll. So funktioniert aber doch kein Gleichgewicht, wenn eine Seite eben nicht mehr da ist und nur noch die andere. Ist das nicht eigentlich genau das Gegenteil eines Gleichgewichts?
...aber ich schweife langsam zu weit aus
Das ist jedenfalls so in etwa meine Interpretation von der Macht und dem Gleichgewicht, ich sage davon nicht, dass sie vollkommen richtig sein muss oder auch im Sinne von George Lucas war. Möglicherweise sah er es auch so, dass die Macht im Gleichgewicht ist, wenn es nur das Gute gibt und sie durch das Böse, also die dunkle Seite, erst ins Ungleichgewicht gebracht worden ist. Auch diese Interpretation ist natürlich möglich.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Vielleicht ist Kylo Ren aus der Sicht Reys ihr Antagonist, weil sie sich erhofft hat, ihn eben auf die helle Seite zu bekehren und er aber wiederum versucht hat, sie in seine Agenda mit einzubeziehen, aber böse finde ich Kylo so gesehen jetzt ehrlich gesagt nicht. Auch wenn ich von Episode IX nicht unbedingt erwarte, dass er am Ende siegt und mir schon vorstellen kann, dass er auf Ebene des Films als Gegenspieler fungiert und besiegt wird. Aber ich hoffe, dass man es sich dabei zumindest nicht zu einfach macht und ihn eben nicht als durch und durch böse darstellt, sondern differenziert. Hat ja, zumindest für mich, in der bisherigen ST und eben ganz besonders in TLJ auch hervorragend geklappt. Die symbolisch äußerst stark aufgeladene Szene mit Lukes Lichtschwert, welches in TFA noch ganz eindeutig zu Rey flog und sich in TLJ, als wieder beide danach greifen, tatsächlich nicht entscheiden kann, ist meiner Ansicht nach ein starker Ausdruck dessen, dass Kylo nicht durch und durch böse ist.