[Trandosha, an Bord der Fury, vor dem Cockpit, Deira, Hybris darin]
Dieses Mal dauerte es etwas länger bis Hybris die Türe des Cockpits öffnete, eine Zeit, die Deira nutzte um sich einmal kurz zu strecken. Ihr Körper war müde, lange würde sie nicht mehr wach bleiben. Doch er hatte ja gesagt, solange sie nicht zu müde war, sollte sie herkommen und todmüde war Deira nicht. Nach wie vor trug Hybris diese unerträglich schwarze Robe. Deiras grüne Augen huschten schnell hin und her um nicht zu lange auf einer Stelle des Gewandes zu verweilen. Es war ein Anblick, den sie nicht mochte, doch das würde sie ihm nicht sagen. Wahrscheinlich wusste er das sogar.
„Du hast dich bisher zurückhalten können, doch nun darfst und wirst du das Leben dieses Menschen beenden. Die nächste Technik wird er nicht überstehen. Geh voraus.“ Sprach er die Togruta an, diese nickte nur und wandte sich wieder zum Rückweg. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen bei der Aussicht den Menschen nun endgültig töten zu können. Der Mensch war nach wie vor nicht wach, doch das hatte sie auch nicht erwartet.
„Bei dem Machtsinn hast du gelernt deinen Körper zu verlassen. Mit dem Erlernen der Levitation kannst du nun die Energie in dir lenken und aus deinem Organismus heraus befördern. Nun wirst du lernen wie du sie an einem Punkt konzentrieren und dann frei geben kannst. Der sogenannte Machtstoß.“
Hybris deutete auf das Bett.
„Schmeiß ihn auf den Boden und stell dich dann davor auf. Arme abgespreizt.“
Auch wenn Deira die Aufforderung irgendwie seltsam fand, kam sie ihr dennoch nach. Sie pfefferte den Mann unzeremoniell vom Bett als wäre er ein Sack mit Obst oder Ähnliches. Ein dumpfes Plumpsen echote über den Metallboden, doch starb der Mensch daran nicht. Nun stellte Deira sich in der angewiesenen Haltung auf und schaute erwartungsvoll zu ihrem Meister hinüber. Dieser entblößte seinen rechten Arm, legte den linken auf den Rücken, den gesamten Körper leicht schräg gestellt. Hybris wollte es ihr wieder kurz vorführen und erklärte ihr kurz und knapp, was sie nun lernen sollte, den Machtstoß. Nun sollte sie sich wieder auf Hybris konzentrieren. Kurz wollte sie die Augen schließen, doch das war eigentlich unnötig, sie konnte den Fluss so sehen, ihn so spüren. So lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf Hybris, der nur wenige Meter vor ihr stand. Der Fluss intensivierte sich um ihn herum, wurde heller, undurchsichtiger. Sicherlich konnte Hybris spüren, dass sie sich auf ihm konzentrierte, er hatte ja gesagt, ein Sith konnte das spüren. Wie eine Welle, eine Wand schien sich die Macht vor und um die Hand von Hybris zu stauen. Die Wand war grell und vollkommen undurchsichtig. Deira konnte nicht sehen, wie viel Macht genau Hybris dahinter anstaute, doch als er seine Finger vollends abspreizte, spannte sie ihre Muskeln an in Erwartung des Treffers, der nur Sekunden später erfolgte. Der Stoß riss sie von den Füßen und katapultierte sie rücklinks auf das Bett. Ihr Kopf traf das Kissen und rutschte beinahe noch gegen die Wand. Ihre Füße stießen gegen das Bettgestell und rissen sie nach hinten um. Der Stoß hatte genügend Kraft um sie beinahe durch die Matratze zu drücken, sodass sie sich den Kopf am Bettgestell darunter stieß. Kurz schoss der Schmerz durch ihren Körper, doch es tat nicht besonders weh. Sie setzte sich wieder auf, schüttelte kurz den Kopf das ihre Lekku flogen und stand dann wieder auf als wäre nichts gewesen.
„Geduld?“ schoss es durch ihren Kopf. Die Geduldigste war Deira sicherlich nicht, aber dahingehend wollte sie Hybris nicht verbessern. Dieser betätigte das Intercom und sprach mit irgendjemandem, Rope, wer auch immer das war. Aber nach den Anweisungen von Hybris würde sie das herausfinden, denn er bestellte den zuvor Benannten her. Während sie auf Rope warteten sprach Hybris weiter und Deira erkannte, dass sie bereits zuvor einige Male einen Machtstoß abgefeuert hatte, unbewusst wohlgemerkt. Einmal gegen den Idioten auf den Sklavenmarkt und einmal gegen Rake als dieser ihren Lekku verbrennen wollte.
Die Aussicht darauf, Hybris mit einem Machtstoß angreifen zu sollen, beunruhigte die junge Togruta momentan noch. Noch wusste sie nicht, wie viel Energie sie bündeln konnte, vor allem in so kurzer Zeit. Auch hatte sie keine Ahnung, wie lange es dauern würde, um Machtstöße abfeuern zu können, während sie dabei andere Dinge tat, also bewusst. Allerdings gefiel ihr sowohl die Aussicht auf etwas Kampftraining als auch darauf den Menschen, der noch immer zwischen ihr und Hybris bewusstlos am Boden lag, töten zu dürfen. Rope erschien. Es handelte sich um einen unscheinbaren Butlerdroiden, nichts Besonderes. Seine Stimme hatte den typischen mechanischen Klang, den man bei Droiden erwartete. Deira mochte das Geräusch nicht besonders, aber sie wollte wenigstens versuchen, den Droiden nicht zu zerlegen. Hybris verließ das Quartier und sie war mit Rope allein. Ohne ein Wort zu sagen, scannte dieser den Körper des Menschen mit dem mitgebrachten Scanner ab.
„Bisher hat er keine gebrochenen Knochen. Er ist schwach und es geht ihm nicht gut, aber die Knochen sind heil“
„Nicht mehr sehr lange“, meinte Deira trocken und kniete sich neben dem Menschen zu Boden. Aus dem Augenwinkel sah sie, das Rope einige Schritte rückwärtsging. Auch wenn er die Macht nicht spüren konnte, er hatte sicherlich eine Vorstellung von dem, was die Togruta vorhatte. Und selbst wenn nicht war ihr das eigentlich egal. Es behagte ihr nicht, den Menschen anfassen zu müssen, aber – da sie ihn umbringen dürfte fand sie es eigentlich weniger schlimm. Sie legte ihre Hände auf seinen linken Arm. Dieser war muskulös und irgendwie auch kalt, aber Rope hatte ja gesagt es ging dem Menschen schlecht. Mal ganz davon ab, konnte Deira das in der Macht auch sehen. Die Farben, die der Fluss von dem Menschen brachte waren blass und sahen nicht schön aus. Einige Male atmete sie ein und aus um sich zu konzentrieren. Dann versuchte sie, erstmal ohne die Barriere, die Macht in den Arm des Menschen zu lenken, wie eine Welle im Wasser.
Das klappte allerdings nur bedingt. Deira wusste nicht genau, was sie angestellt hatte, aber als nächstes lag sie mitsamt Rope an der nächsten Wand.
„Runter von mir!“, beschwerte sich das Blechgestell. Deira ignorierte seine Proteste und stand einfach wieder auf. Auf einem Klappergestell zu landen war definitiv unbequem.
„Ich geh ins Bett. Wir sehen uns später“, meinte sie ohne sich zu Rope umzudrehen und ging. Die Sklaven waren für heute versorgt, um die musste sie sich erst später wieder kümmern.
Sobald sie ausgeschlafen war, kehrte sie in das Quartier zurück. Rope hatte den Menschen nicht wieder auf das Bett verfrachtet und sie hatte es auch nicht vor. Ein ganz kurzer Blick auf den Fluss zeigte ihr, dass es dem Menschen immer schlechter ging. Würde es ihr nicht gelingen ihn umzubringen, die Zeit täte es sicherlich. Doch so lange wollte sie nicht warten. Tief atmete die Togruta mit geschlossenen grünen Augen durch. So schwer konnte es doch nicht sein! Dann kniete sie sich wieder neben den Menschen hin und legte die Hand auf seinen Unterarm. Unbewusst legte sie den Kopf schief, während sich die Macht wie eine Blase um ihre Hand ballte. Mit einem kaum sichtbaren Ruck ihrer Finger schickte sie den Stoß davon. Wieder ruckte sie dabei selbst nach hinten, doch sie konnte auch ein charakteristisches Knacken hören. Der Knochen war gebrochen, dafür brauchte sie Rope nicht um das zu wissen. Ein kurzes, böses Lächeln offenbarte ihre spitzen Zähne, dann wandte sie sich dem anderen Arm zu.
Nach zwei Stunden rief sie den Droiden. Ein kurzer Scan zeigte ihr nun, dass der Mensch nicht einen einzigen heilen Knochen mehr hatte. Inzwischen hatte Deira auch den Dreh raus bekommen, sich dabei nicht mehr selber von den Füßen zu reißen.
„Wieso geht das unbewusst eigentlich immer besser?“, fragte sie sich. Rope hatte seinen Scan beendet und wandte sich der violetten Togruta zu.
„Kein Knochen mehr heil, aber… er lebt noch, so grade noch“
„Gleich nicht mehr“, murmelte sie und ging auf den Menschen zu. Sie blieb stehen, streckte lediglich ihre Hand nach ihm aus.
„Ich gehe, nochmal lass ich mich nicht von dir durch das Zimmer werfen“, hörte sie die metallische Stimme des Droiden, bevor dieser wieder durch die Türe verschwand. Sollte ihr nur recht sein. Die Meckerbüchse ging ihr gehörig auf den Geist. Wie hielt Hybris das mit der motzenden Blechschüssel aus?
Deira schüttelte den Kopf, das die Lekku flogen und krümmte ihre Finger zusammen. Hinter einer blassen Wand, wie eine schlecht geputzte Glasscheibe, sammelte sich die Macht wie eine große Welle an. Ein kurzes, ruckartiges Ausstrecken ihrer Finger genügte, um die Macht davon zu schicken. Plötzlich schepperte und krachte es und sie zuckte zusammen. Irgendwie hatte sie es dieses Mal übertrieben…
Nicht nur hatte sie den Menschen mit der Druckwelle davongeschoben und sicherlich einige Knochen noch einmal splittern lassen, nein, sie hatte sämtliche zerbrechliche Gegenstände im Raum zerstört.
„Hoppla“, murmelte sie halblaut. Die Dosierung musste sie echt noch üben. Über das Intercom rief sie Rope zurück, der motzend wieder ins Zimmer kam. Hätte er Gesichtszüge gehabt, sie wären ihm wahrscheinlich entglitten.
„Was hast du hier angestellt?! Weißt du wer das wieder aufräumen muss?!“, meckerte er und hörte auch nicht damit auf, als er den Menschen zum dritten Mal scannte. „Nun, der ist tot. Muss ich den auch noch aufräumen“, brummte der Droide.
„Ach sei still, sonst kannst du dich dazulegen“, murrte die Togruta und verließ den Raum ohne weiter auf Rope zu achten.
„Im Trainingsraum steht eine Drohne für dein Training“, hörte sie seine Stimme noch hinter sich bevor sich die Türe schloss. Gut, dann Training, konnte sicherlich nicht schaden. Inzwischen kannte Deira sich in dem Raumschiff aus und verlief sich nicht mehr. Daran sich ständig in einer Umgebung aufzuhalten, die nicht natürlich war, hatte sie sich auf die harte Art gewöhnen müssen, nichts woran sie gerne zurückdachte. Es gab diese kurzen Momente, in denen sie diejenigen beneidete, die freiwillig ihre Heimat verlassen hatten um irgendwo anders ihr Glück zu finden. An Glück glaubte die Togruta nicht, doch an die Macht, die alles durchdrang.
Die Drohne war einfach, zweckmäßig. Die junge Togruta wusste inzwischen auch, wie man die Dinger aktivierte und alles. Sie lernte schnell. Zuerst übte Deira komplett ohne die Macht zu benutzen, doch nachdem sie einige Blasterschüsse eingesteckt hatte, die wieder unschöne dunkle Flecken auf ihrer violetten Haut hinterließen, ließ sie das sein. Mit dem Machtsinn allein war sie plötzlich mehr als doppelt so gut, da sie es nach einer kurzen Weile schaffte zu erahnen, was die Drohne tat, welche sie auf zufälliges Angreifen programmiert hatte. Dann versuchte sie das, was Hybris von ihr gewollt hatte, Machtstöße beim Kämpfen. Unbewusst hatte das ja schon mal funktioniert, doch sich in eine solche Situation begeben wollte sie eigentlich nie wieder.
Sich bewusst mit Machtstößen zu wehren war komplizierter als man meinen sollte und vor allen Dingen komplizierter als Deira es gedacht hatte. Allerdings neigte sie manchmal auch dazu, den Schwierigkeitsgrad der Techniken, die sie erlernte, zu unterschätzen. Es dauerte Tage, bis sie es endlich schaffte, die geforderten Dinge zu tun. Es hatte sie alleine zwei Tage gekostet, bis sie es geschafft hatte, die gesamte Energie innerhalb weniger Sekunden zu bündeln und fortzuschicken. Und jedes Mal wurde die Barriere davor dichter, undurchdringlicher.
Einer Eingebung folgend ging sie den einen Abend, bevor sie endlich wieder zu Hybris zurück wollte, zum Quartier der Sklaven. Etwas zu Essen brauchten die sowieso immer wieder mal. Diese saßen alle in den verschiedensten Ecken des Raumes herum, mehr oder weniger motiviert. Sie verteilte das Essen und blieb in der Raummitte stehen.
„Gibt es Anweisungen von unserem Herrn?“, fragte der Twi’lek halbherzig. Er mochte Hybris immer noch nicht leiden, musste er ja auch nicht.
„Eigentlich bin ich euer Herr“, murmelte die Togruta halblaut. Die Augen der verbliebenen Sklaven wurden groß.
„Aber… du bist wie wir, du bist kein Mensch. Der ist frei“, murmelte der Zabrak und fuhr sich über den Kopf.
„Wenn du tot mit frei gleichsetzt, dann ja“, Deiras Stimme war kalt, gefühllos. Die Augen der Sklaven wurden groß, wobei das bei der Rodianerin nicht weit her war.
„Was hat er getan?“, flüsterte diese ängstlich. Deira antwortete nicht sofort und machte sich auf den Weg zur Tür. Erst dort wandte sie sich noch einmal um.
„Er ging mir auf den Nerv“
Damit ließ sie die Sklaven mit ihren Gedanken allein, welche als helle Farben durch den Fluss waberten und ihre Laune hoben. Sie mochte es die Sklaven zu ärgern, und ein kleiner Ansporn, Gefühle, die sie nutzen konnte, konnten nicht schaden, wenn sie ihren Meister angreifen sollte.
Wie er es gewünscht hatte, war sie ausgeruht. Die dunklen Flecken auf ihren Armen und Beinen würde er sicherlich sehen, doch das war ihr egal. Krieger hatten Blessuren und neben den Narben, waren diese Flecken wirklich unscheinbar.
Wieder stand sie vor der Cockpittüre, wieder klopfte sie und wartete ab.
[Trandosha, an Bord der Fury, vor dem Cockpit, Deira, Hybris darin]