Ketaris

Ketaris-Nahe dem Dorf- Waldstück- im Schiff- mit Dex

Ihre Erklärung zum Umgang mit Gefangenen brachte Dex dazu, ihre Ausbruchkünste zu betonen. Alicia lächelte.

"Und hast du dir auch überlegt, dass es vielleicht nicht nur um den Ausbruch geht, sondern dass alles , was danach kommt, um Faktoren schwieriger wär, als einfach mal in ner Zelle zu sitzen und abzuwarten? Wenn man dir so misstraut, dass man dich in ne Zelle bringt und du brichst nur Minuten später aus. Was beweist du damit?"

Alicia sah Dex an und legte den Kopf schief.

"Davon mal abgesehen gäbe es sicher ein paar Jedi-Wächter, die mit dir Wetten abschliessen würden. Vielleicht würde es ja dein Hobby werden, mit ihnen "Ausbruch und wieder Einfangen" zu spielen. Ich denke, auch sie könnten Spass dran finden.Und ganz nebenbei würdest du vielleicht dabei helfen, die Sicherheit unserer Zellen zu verbessern. Vielleicht endest du irgendwann als die Leiterin der Wächter im Tempel und bist für unser aller Sicherheit verantwortlich. Wer könnte das besser als jemand, der sich mit Sicherheitstüren und Barrieren so gut auskennt wie du?"

Ja, Alicia stichelte gerade mal wieder ein bisschen. Aber mit dem Ziel, Dex' Ehrgeiz grösser werden zu lassen als ihre Furcht vor den Jedi- die wirklich unbegründet war.
Zu ihrem Ausbruch meinte Dex, dass sie vielleicht der böse Zwilling war. Alicia lachte.

"Wenn DU der böse Zwilling bist, möchte ich mal wissen, was das war, das mir die Klinge an den Hals gehalten hat. Das hast DU nie getan. Es mag sein, dass es ein Schutz-Aspekt von dir ist. Aber es ist dennoch völlig von dir abgekoppelt und dann hätten wir es mit einer dissoziative Identitätsstörung zu tun. Aber auch da könnte ich dir so nicht helfen. Ich bin kein Heiler."

Die Idee, einen Jedi-Heiler zu rufen, wenn Dex nicht in den Tempel wollte, schien halbwegs gut anzukommen. Auch wenn Dex darauf bestand, nicht berührt zu werden. Alicia schmunzelte.

"Joras hat bewiesen, das Heilen keine direkte körperliche Berührung benötigt. Allerdings hatte ich ihn dahingehend ermutigt, mit seinen Patienten zu kommunizieren. Hätte nämlich durchaus Vorteile und ich muss sagen: Wenn ich verletzt war und Heiler haben mich berührt...das hat sich schon gut angefühlt. Berührungen sind Lebenswichtig! Wusstest du, dass es den Beruf "Berührer" gibt? Und von mir lässt du dich ja auch berühren."


Wieder versuchte Alicia Dex dazu zu bringen, über ihre generell-ablehnende Einstellung nachzudenken.

"Und soll ich dir ein Geheimnis verraten? Komm her."

sie winkte ihre Padawan zu sich und lehnte sich dann zu ihr, um ihr was ins Ohr zu flüstern.

"Ich bin eine Jedi."


Dann nickte sie, um ihre Aussage zu unterstreichen, bevor sie Dex mild anlächelte.

"Ich denke, in deinem Misstrauen den Jedi gegenüber liegt viel Fehlinformation deiner Kindheit und der falschen Saat , die man im Sith-Tempel in dich gelegt hat. Wir versuchen den Leuten zu helfen. Und das gilt nicht nur für mich sondern auch für meine Ordensbrüder und Schwestern. Sicher gibt es schwarze Schafe. Aber die gibts doch in jeder Familie und deswegen die ganze Familie zu verurteilen ist ziemlich gemein, findest du nicht? Ich bin auch schon von Sith angegriffen und verletzt worden. Mehr als einmal. Dennoch konnte ich mit Darth Nydak eine friedliche Basis finden und mit ihm zusammenarbeiten. Ich möchte, dass du diesen Punkt mit den Jedi erreichst. Weil Zusammenarbeit ist viel öfter essentiell für das Erreichen eines Ziels, als du es dir vorstellen kannst. Es ist immer gut, jemanden zu haben, den man zur Not anfunken und um Hilfe fragen kann. Und es ist gut, wenn es mehrere Personen sind, die man anfunken kann. Irgendeiner hat auf jeden Fall Zeit zu helfen. Und als Jedi hast du den ganzen Orden hinter dir, der dir helfen kann. Du musst dich nur öffnen."

Dex kam dann noch einmal auf ihre Erlebnisse während ihrer Meditation zurück und Alicia hörte ihr aufmerksam zu. Doch am Ende war Alicia nicht viel Schlauer, was den Zustand ihrer Schülerin anging und sie verzog das Gesicht.

"Es bleibt bei meinen Vermutungen: Entweder eine dissoziative Identitätsstörung oder der Befall mit einer dir eigentlich fremden Entität."

Sie musterte ihre Padawan und öffnete sich der Macht. Furcht und Unsicherheit hinterliessen ihre Spuren bei Dex. Wie dunkle Löcher in einer hellen Decke. Genau das machte es so schwer zu erkennen, ob sich da noch was anderes verbarg. Dex schlug dann vor, mit den Vorbereitungen zu beginnen und Alicia seufzte frustriert und nickte.

"Ja. Lass uns uns vorbereiten. Uns! Du bist nicht allein, auch wenn ich wahrscheinlich nicht viel werde machen können. Obwohl. Wär die Frage, ob ich einen Aspekt von dir mit Kampfmeditation unterstützen könnte, ohne den anderen ebenfalls zu stärken. Wir brauchen jemanden mit mehr Erfahrung!"

Damit zog Alicia ihr Com, um Lucy zu rufen. Nachdem die Leibwächterin bestätigt hatte, das sie zu ihnen kam, wandte sich Alicia an Dex.

"Das hier ist dein Schiff. Willst du es, wenn Lucy da ist, auf den Kurs Richtung Ossus setzen? Ich würde so lange den Orden kontaktieren und einen Heiler beordern."


fragte sie ihre Padawan und suchte nach dem schiffsinternen Com, mit dem sie mit Coruscant Kontakt aufnehmen konnte. Hoffentlich konnten die jemanden schicken. Die meisten Heiler waren ja immernoch auf dem Planeten im Kampf gegen das C-Virus gebunden. Alicia wäre es wirklich lieber gewesen, Dex nach Coruscant zu bringen. Auch um keine Heiler für mehrere Tage von der Arbeit abzuhalten. Aber sie fürchtete wirklich um Dex' Sicherheit, wenn sie den Kampf mit sich selbst aufnahm. Alicia atmete tief durch, um diese Furcht loszulassen. Solche Gefühle verhinderten effektives Denken. Aber war es nicht auch irgendwie die Pflicht einer Meisterin, sich um den Padawan zu sorgen? Die Ausbildung eines Schülers war so viel mehr als das Weitergeben von Wissen! Es war auch eine Prüfung an den Meister, der die Balance zwischen Nähe und professioneller Distanz halten musste, damit die Ausbildung ein Erfolg wurde. Vielleicht war sie darum bisher immer gescheitert. Dieses Mal würde ihr das nicht passieren! Diesmal würden sie vorbereitet sein. Alicia überlegte, was Dex können müsste, um dort heil durch zu kommen. Vor allem unter dem Gesichtpunkt, dass alles, was sie Dex beibrachte, auch ihrem bösen Zwilling zur Verfügung stand und im Ernstfall vielleicht gegen sie und ihre Jedi-Kollegin verwendet werden konnte. Wahrscheinlich konnte Dex' Richtige Ausbildung überhaupt erst beginnen, wenn dieses Problem behoben war. Bis dahin... musste Alicia auf Dex' aufpassen.

Ketaris-Nahe dem Dorf- Waldstück- im Schiff- mit Dex
 
~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

Steven zog eine Braue in die Höhe und seufzte, während Tenia ihm einen halb entschuldigenden Blick schenkte. Sie wollte seine Hilfe, aber nicht um jeden Preis und das war etwas, was ihrem Gegenüber vermutlich gar nicht gefiel. Außerdem erinnerte sie es zwangsläufig an die Mission, die zu einem Bruch zwischen ihnen geführt hatte. Dort hatte der Ritter das erste Mal bewiesen, dass er Methoden anwandte, die Tenia für absolut falsch hielt.

„Ich hab nicht gesagt, dass es einfach wird“, erklärte die Waldbewohnerin auf den sarkastischen Kommentar Stevens und unterdrückte ein Grinsen. Vielleicht machte Zulia sie tatsächlich für alles verantwortlich, was schiefgelaufen war. Ein Sündenbock für alles war keine schlechte Sache, das kannte Tenia selbst aus eigener Erfahrung. Hätte Rosita nicht den passenden Denkanstoß gegeben, hätte die Nullianerin vermutlich noch länger gebraucht, um zu erkennen, dass diese Art der Problembewältigung die denkbar schlechteste war. Sie konnte Zulia kaum verübeln, wenn sie an ähnlcihen Gedanken festhielt. Zumal irhe ehemalige Klassenkameradin mehr als einen Grund dafür hatte.
„Steven, was ich weiß ist, dass ich ein ziemliches Miststück gegenüber Zulia war und sie hatte keinen einzigen Grund kooperativ zu sein. Du,“ sie hielt kurz inne, überlegte, „hast keine Ahnung, wie ich sein konnte, wenn jemand gefühlt oder tatsächlich gemein zu mir war.“ Nein, was das betraf, hatte Steven wirklich keine Ahnung und sie hatte sich damals wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. „Das einzige Problem, dass ich bei einem Gespräch mit ihr sehe ist, dass sie voreingenommen sein könnte, weil du mich kennst. Und naja, um ehrlich zu sein, gilt das irgendwie auf beiden Seiten.“ Tenia war es unangenehm das auszusprechen, aber wie gut konnte Steven vermitteln, wenn hier ein paar … suspekte Gefühle mit ihm Spiel waren und sein Wille, zum Recht zu kommen?
Die einzig friedliche Option war ein Gespräch vielleicht nicht, aber es war die einzig logische, die Tenia in den Sinn kam. Sie hätte sich einen Anwalt holen können und ihre Eltern mit ins Boot holen können. Aber das würde vermutlich alles verlängern und verkomplizieren. Steven war damit die beste Chance die sie hatte.
„Zulia ist kein Mensch. Wir Nullianer neigen dazu, ein paar Dinge sehr anders zu sehen“, klang wie ein direkter Wiederspruch, auch wenn Tenia genau wusste, dass Steven nicht falsch lag. „Sie ist nicht schlecht. Sie ist wütend und ich glaube nicht, dass sie einen Hang dazu hätte, diese Sensivität auszunutzen.“ Klang sie nicht ein bisschen zu überzeugt, wenn sie bedachte, dass sie Zulia eigentlich gar nicht mehr kannte? Es waren genug Jahre vergangen, in denen die Andere sich in alle erdenklichen Richtungen hatte entwickeln können. Von einer unbeliebten, gemobbten Schülerin zu einer erfolgreichen Architektin hatte sie es in jedem Fall gebracht und das musste bedeuten, dass Zulia hart gearbeitet hatte.
„Eigentlich wollen wir vor allem, dass sie ihre Aussage, ich hätte randaliert, revidiert. Ich hoffe, dass die Wahrheit sie überzeugt und ich würde sie gerne um Verzeihung bitten. Für damals. Vielleicht auch für die Blödheit, dass während ihrer Ausstellung tun zu wollen. Ich kann mir vorstellen, dass sie mit dir redet, auch wenn es sehr danach klang, dass sie etwas gegen Machtnutzer hat.“ Wo sie zurück bei dem waren, was Steven bereits angedeutet hatte. Wenn man nicht verstand, was man konnte, war das beängstigend. Auf der anderen Seite konnte es dann eben enorm helfen, wenn man jemanden hatte, der die Angst durch Erklärungen nahm.

Steven setzte schließlich neu an und seine Worte klangen ebenso nachdenklich wie gefährlich. Auch wenn er beinahe wieder versöhnlich klang, in seiner Erklärung, dass Prinzipien nicht aufgegeben werden sollten. Jetzt war es Tenia die seufzte und ihr Gegenüber einen ganzen Moment ansah. Das war es, was ihre Angst an Steven machte. Sein Hang etwas als Pragmatismus zu bezeichnen, dass in eine Richtung ging, die nicht pragmatisch, sondern gefährlich war.
Es gibt mehr als sture und kluge Entscheidungen, denke ich. Was du vorhin vorgeschlagen hast war nicht unehrlich, es war auch nicht pragmatisch, es war … Naheliegend und zu einfach. Ein bisschen Manipulation hier, ein kleiner Skandal da und schon ist alles gelöst? Das klingt, als wäre es besser, nach einem Weg zu suchen, der möglichst einfach ist. Vielversprechend, aber einfach. Dabei bedenkst du aber nicht die Gefahr, was bei einem Misserfolg passiert.“ War sie nicht selbst das beste Beispiel dafür? „Ach, Steven“, seufzte sie dann. „Wenn ich damals etwas weniger manipulativ gewesen wäre, säße ich jetzt nicht hier. Ich war in meiner Rache ziemlich pragmatisch, und hab keine Sekunde überlegt.“ Was am Ende nur dazu geführt hatte, jemanden zu verletzen. Zulia eben.

Was der Ritter dann sagte, bestätigte Tenia sofort mit einem Nicken. Gelang es ihm wirklich ihr begreiflich zu machen, dass es potenziell gefährlich war, wenn sie ihre Fähigkeiten nicht kontrollieren konnte, so wie es eben auch gefährlich war, wenn er und sie sich nicht kontrollierten, klang das nach dem besten Aha-Moment, für den er sorgen konnte.
Auch seine folgenden Worte klangen logisch und gut, auch wenn sie für einen Knoten in Tenias Magen sorgten. Zusammenarbeiten ohne sich zu verlieren. Sie hatte unheimlich Angst davor, Steven zu verlieren, nicht nur als Freund, sondern auch an die dunkle Seite. Zeitgleich hatte sie aber auch Angst, ihn als etwas oder jemanden zu gewinnen, der mehr war.
„Deine Idee gefällt mir und ich habe keine bessere.“ Hätte sie eine, wäre sie vermutlich schon auf freiem Fuß und hätte Steven unter ganz anderen Umständen wieder gesehen. Sein schiefes Lächeln war so ansteckend, dass Tenia es erwidern musste. „Diplomatie ist seit neustem mein Ding und diesmal übertreibst du nicht.“ Was sie mit dem, was sie zu sagen hatte, auch nicht tat.
„Ich glaube, du weißt, dass ich eine kleinwüchsige Nullianerin bin, auch wenn das für Menschen nicht offensichtlich ist. Dieser Umstand hat mich nicht besonders beliebt gemacht. Ich war eine Witzfigur und das hat dazu geführt, dass mein Verhalten auch nicht dazu beigetragen hat, mir eine Chance zu geben. Wenn ich mich beschreiben müsste, war ich unausstehlich, manipulativ und ziemlich arrogant. Zulia war genauso unbeliebt, obwohl sie die gängige Größe hatte, aber in den Augen der meisten hatte sie andere … optische Makel.“ Nicht so schön, viel zu dick. Ein besonderes Mobbingopfer. „Wir waren beide Außenseiter, aber ich hatte kein Interesse daran, mich mit ihr zusammenzutun. Sie hat mich bloßgestellt und dafür gesorgt, dass die Klasse mich ausgelacht hat. Mein Ego war gekränkt und ich musste nicht lange überlegen, um etwas zu finden, womit ich ihr weh tun konnte.“ Sie seufzte und wandte den Blick von Steven ab. Die Wahrheit auszusprechen war schlimm genug, aber Steven deutlich zu machen, dass da nicht besonders viel gewesen war, dass sie sonderlich sympathisch gemacht hatte, war etwas völlig anderes. „Dass ich ihre Skulptur zerstört habe, die sie für die Aufnahme an einer besonderen höheren Schule gebraucht hätte, habe ich dir schon gesagt. Belassen habe ich es dabei nicht. Die Mädchentoilette war danach der beste Ort, um den Finger noch mal in die Wunde zu legen. Ich war ziemlich gemein zu ihr und hab ihr den Rest gegeben, irgendetwas über ihr Aussehen gesagt.“ Ein neuerliches Seufzen. „Vermutlich öffnest du Türen bei ihr, wenn du ihr sagst, dass ich eine fürchterliche Person bin.“
Damit hatte sie grob zusammengefasst, was wichtig war. „Jetzt fühle ich mich großartig“, ließ sie dennoch kleinlaut folgen und lächelte dennoch. „Ein bisschen, als wäre ich in einer Selbsthilfegruppe. Bloß, dass ich die Einzige bin, die dort etwas sagen muss.“



~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

 
~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum ~ Tenia Lumiran und Steven ~

Steven lehnte sich leicht zurück und musterte Tenia einen Moment lang schweigend. Sie wirkte gefasst, aber er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass das nur die halbe Wahrheit war. Die Art, wie sie den Blick von ihm abwandte, wie sie seufzte, bevor sie sprach – das waren keine Zeichen von völliger Ruhe. Es waren Zeichen von Schuld. Und es war merkwürdig, das von ihr zu hören.

Er hätte es sich denken können.
Tenia war nie ein Engel gewesen, auch wenn sie seit einiger Zeit deutlich reflektierter geworden war. Dass sie so weit gegangen war, eine Skulptur zu zerstören, um sich an einem verletzten Ego zu rächen – das passte irgendwie dennoch zu der Tenia, die er auf Mon Calamari kennengelernt hatte. Stur, überzeugt von ihrer Sichtweise, bereit, für ihre Gefühle eine Grenze zu überschreiten. Vielleicht hatte er das an ihr bewundert. Vielleicht hatte er deswegen damals so viele Gemeinsamkeiten entdeckt.
Er ließ ihre Worte sacken. Also hatte
Rosita ihr diesen Denkanstoß gegeben? Interessant. Er kannte Rosita nicht besonders gut, aber anscheinend konnte sie etwas in anderen auslösen. Und offenbar hatte sie Tenia etwas gesagt, das in ihr arbeitete.

„Naja...“

begann er schließlich, mit einer Leichtigkeit, die er selbst nicht ganz glaubte.

„Wenn du wirklich willst, dass ich Türen für dich öffne, dann hast du recht und ich sollte Zulia sagen, dass du ein wandelndes Desaster warst und manchmal immer noch bist. Du weißt schon, für die Glaubwürdigkeit.“

Er versuchte ein Grinsen, aber es hielt nicht lange. Es war nicht einmal nur ein Scherz – ein Teil von ihm wollte wirklich sehen, wie Zulia auf seine Worte reagieren würde. Wollte wissen, ob er ihr genug Misstrauen gegen Tenia einflößen konnte, um das Gespräch zu öffnen. Um sie zu manipulieren? Genau das war der Gedanke, den er eigentlich nicht haben wollte. Tenia hatte schon recht, es ging hier nicht um Skandale, es ging nicht darum jemanden zu manipulieren, sondern es ging darum zwei Nullianerinnen gewissermaßen vor sich selbst zu retten.

Ein weiterer Seufzer folgte, diesmal von ihm.


„Es ist eine komische Situation. Ich soll jemanden davon überzeugen, mit dir zu reden, obwohl ich verstehe, warum sie es nicht tun will.“
Dann sprach sie über die geplante Herangehensweise. Steven spürte, wie sich eine leichte Spannung in seinen Schultern aufbaute. Naheliegend. Zu einfach. Sie hatte nicht Unrecht, aber das störte ihn noch mehr. „Ein bisschen Manipulation hier, ein kleiner Skandal da?“
Er atmete leise aus.


„Ich bedenke immer die Gefahr eines Misserfolgs, Tenia“, sagte er ruhig. „Ich rechne damit. Ich kalkuliere sie ein. Aber manchmal sind die naheliegenden Wege auch die effektivsten. Aber ich verstehe auch, was du mir sagen willst.“

Seine Stimme war nicht gereizt, aber es lag eine gewisse Ernsthaftigkeit darin. Glaubte sie wirklich er würde heißblütig in den Kampf stürmen ohne auf Eventualitäten vorbereitet zu sein? Er war pragmatisch. Vielleicht manchmal zu sehr. Aber er hatte gelernt, dass Moral allein nicht ausreichte, um Dinge zu ändern. Auch wenn manche Jedi das anders sahen. Um Gutes zu tun gibt es nicht nur den einen richtigen Weg.

Seine Stimme war ruhig, nachdenklich.
Steven lehnte sich leicht zurück, während er Tenia zuhörte, seine Arme locker verschränkt, als wolle er eine gewisse Gelassenheit ausstrahlen. Doch innerlich arbeitete es in ihm, jeder ihrer Sätze löste etwas in ihm aus. Dass sie sich nun bewusst war, wie sie sich damals Zulia gegenüber verhalten hatte, war durchaus bemerkenswert. Er hätte erwartet, dass sie es herunterspielen würde, sich vielleicht selbst entschuldigen würde, indem sie es als dumme Jugendsünde abtat. Doch stattdessen sprach sie mit einer Ehrlichkeit, die ihn überraschte. Tenia hatte sich tatsächlich verändert. Hier war nicht mehr die rebellische Padawan die spontan hinter ihren Gefühlen stand, hier saß eine auf ihre eigene Art nachdenkliche Jedi-Ritterin die diese Gefühle hinterfragte.

„Ich könnte dir jetzt sagen, dass es nicht so schlimm ist, was du getan hast. Dass du jung warst.

Steven hätte es auch als Übertreibung abtun können. Aber der Ausdruck in ihren Augen sagte ihm, dass sie es ernst meinte. Dass sie wirklich glaubte, damals jemand gewesen zu sein, den er nicht wiedererkennen würde.

Und das war es, was ihn störte.


Nicht, dass sie Fehler gemacht hatte – das hatten sie alle. Selbst Steven. Sondern, dass sie anscheinend glaubte, er würde sie jetzt anders sehen, wenn er wusste, wie sie früher war.

„Weißt du, Ini, ich kann mir vieles vorstellen.“ seine Stimme war ruhig, aber in seinem Blick lag etwas Durchdringendes. „Und vielleicht habe ich damals nicht alles gesehen. Aber glaubst du wirklich, dass das meine Sicht auf dich ändern würde?“

Steven schüttelte leicht den Kopf.

„Jeder hat seine Momente. Jeder hat Fehler gemacht. Wenn du dich dafür entschuldigen willst, dann ist das deine Entscheidung. Ich bin nicht hier um über dich zu urteilen. Im Gegenteil, ich möchte dir helfen, egal wer du einmal warst."

sein Tonfall hatte einen leicht scharfen Unterton bekommen, den er nicht ganz unterdrücken konnte. Steven musterte Tenia aus dem Augenwinkel.

„Und du willst also wirklich nur die Wahrheit von ihr? Keine Vergeltung? Kein doppelter Boden?“

Es fiel ihm schwer, ihr das wirklich zu glauben. Er wusste, wie sehr sie an Dingen festhalten konnte. Und.. es war nicht so, dass er selbst frei von solchen Gedanken war. Ein Teil von ihm wollte immer noch eine Art Genugtuung für Tenia – nicht, weil sie sich als Opfer inszenierte, sondern weil sie ihm wichtig war. Tenia sprach über Rachegefühle. Und genau das war es, was ihn am auch beschäftigte: Rache. War es das, was sie damals getrieben hatte? War es das, was ihn antrieb, wenn er Pläne schmiedete? Er mochte den Gedanken nicht. Er sah sie einen Moment schweigend an, bevor er sich leicht nach vorne lehnte, seine Ellbogen auf die Knie gestützt. Der Baron von Cirrus hatte das Bedürfnis Tenia zu rächen, sie vor weiteren Erniedrigungen zu schützen. Doch irgendeine Stimme sagte ihm, dass dies der falsche Weg in dieser Situation war. Aber das war sein Blick auf die Dinge. Und er wusste, dass es nicht Zulia war, die in dieser Geschichte unbedingt die Böse sein musste.
Dann sprach sie weiter, über ihre Sorge, dass ihre Vergangenheit und sein Machtnutzer-Status jede Vermittlung komplizierter machten. Und somit kam sie auf das eigentliche Problem zu sprechen: Ihre Befürchtung, dass Zulia voreingenommen war – aber auch die Erkenntnis, dass das in beide Richtungen galt. Das brachte ihn zum Schweigen. Voreingenommen? Was meinte sie genau damit? Steven zog die Brauen leicht zusammen. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, wusste der Baron ganz genau worauf die Nullianerin hinaus wollte. Und er hasste es, wenn jemand ihn durchschauen konnte. Natürlich war er voreingenommen. Er hatte immer auf ihrer Seite gestanden. Selbst nach Thyferra, selbst nach all dem, was zwischen ihnen passiert war, hätte er sie nicht einfach im Stich gelassen. War das ein Problem? Würden seine Gefühle für die Nullianerin das Gespräch vielleicht sogar erschweren? Vielleicht.

Er ließ sich kurz Zeit, bevor er antwortete.


„Willst du damit sagen, dass ich voreingenommen bin? Ich bin vollkommen unparteiisch, wenn es um dich geht!“

fragte er mit einem Anflug von Sarkasmus, aber sein Blick blieb ernst.

„Ich bin nicht objektiv, wenn es um dich geht“, gab er schließlich mit ernstem Ton zu. „Aber genau deswegen will ich, dass das hier für dich richtig läuft. Ich will, dass du das bekommst, was du verdienst – nicht durch irgendeinen Trick oder eine Abkürzung. Sondern durch das, was wahr ist. Wenn es das ist, was du dir wünscht.“

Das war nicht seine typische Art, Dinge anzugehen. Normalerweise suchte er den einfachsten, effektivsten Weg. Aber Tenia hatte recht – Manipulation und Skandale waren zwar wirkungsvolle Werkzeuge, aber sie hatten ihren Preis. Und er wollte nicht, dass sie den zahlte.

„Ich kann mit ihr reden,“

entschied er schließlich und machte eine längere Atempause ehe er erneut ansetzte.


„Aber ich werde sie nicht anlügen. Ich werde nichts verdrehen, um dich besser oder schlechter aussehen zu lassen. Und ich werde auch nicht versuchen, Mitleid aus ihr herauszupressen. Wenn sie dir wirklich vergeben soll, dann nicht, weil ich sie dazu bringe, sondern weil sie selbst zu dem Schluss kommt. Und ich möchte, auch weil du es willst, keinen Skandal anzetteln. Du willst hier auf die ehrliche Art raus, dann werde ich diesen Weg mit dir gehen, auch wenn ich es vielleicht anders machen würde.“

Das war der Kompromiss, den er für sich fand. Nicht manipulieren. Aber auch nicht einfach das tun, was Tenia wollte, weil es ihr half. Er würde sehen, was sich ergab – und dann entscheiden, wie er damit umging.

„Ich verstehe ja, warum du das tun willst. Warum du dich entschuldigen willst. Aber bist du sicher, dass es funktioniert? Dass sie dir verzeiht? Und falls nicht... – was dann?“

Es war eine ehrliche Frage. Der Baron wollte nicht nur Gerechtigkeit für Tenia. Er wollte, dass das hier für sie gut ausging. Aber er wollte auch nicht, dass sie sich selbst in etwas verrannte, was sie am Ende noch mehr verletzen würde. Und er wollte nicht, dass sie ihn ansah wie damals auf Thyferra – mit diesem Blick, der ihm sagte, dass sie nicht mehr wusste, wer er war. Er wollte nicht wieder an einen Punkt kommen, an dem sie sich von ihm abwandte.

~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~
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