[Kuat System – Kuat – Imperialer Transferhafen, Lt. Cmdr. Ren Akanto]
Das Gebäude bestand im Erdgeschoss lediglich aus einer einzigen großen Halle. Zur linken Seite konnte man durch eine Fensterfront auf das Landefeld hinausschauen. Auf der rechten Seite waren Büros abgetrennt. In den Räumen empfingen Verwaltungsmitarbeiter einzelne Militärangehörige oder gar ganze Gruppen um neue Anweisungen auszugeben.
Auch Ren hatte sich mittlerweile in ein solches Büro begeben. Der Angestellte der Verwaltung war zivil gekleidet. Er trug ein einfaches weißes Hemd mit einer schwarzen Hose. Ren verzichtete auf einen militärischen Gruß.
Bevor er jedoch den Mann hinter dem Pult begrüßen konnte, fing dieser schon an.
„Identifikationskarte.“, sagte der Mann in einer so gleichgültigen Tonlage, dass sich auf Rens Lippen ein Lächeln bildete.
Er war es gewohnt, dass insbesondere gelangweilte Verwaltungsangestellte im Laufe der Zeit immer mehr mit Höflichkeiten sparten. Nach Rens Auffassung war dies natürlich kein legitimer Grund. Ein Mindestmaß an Höflichkeit sollte ohne Rücksicht auf die Arbeit eingehalten werden. Er verzichtete jedoch darauf den älteren Mann zu belehren.
Stattdessen griff Ren in die Innentasche seiner Jacke und holte die verlangte Karte heraus. Er warf einen kurzen Blick auf die Karte. Sie passte bequem in die Handfläche. Darauf waren die wichtigsten Daten zu seiner Person gespeichert. Als Soldat der Streitkräfte waren auf der Karte auch noch zusätzliche Informationen für militärische Zwecke abgelegt.
Ren drückte dem Mann die Karte in die offene Hand. Anscheinend führte der Ältere nicht gerne lange Reden. In diesem Punkt, so dachte sich Ren, glichen sie sich zumindest.
Ohne ein weiteres Wort zu sprechen zog der Mann die Karte durch das Pult. Ein kurzer Piepton gab Rückmeldung dass der Prozess abgeschlossen wurde. Sein Gegenüber verriet kein Anzeichen darüber was er auf der Projektion vor sich sah.
Der Mann drückte ihm ein Datapad in die Hand und seine ID-Karte in die Hand.
„Das ist das neue dienstliche Datapad. Aufnahme für Transfer an Startrampe 7V.“
Ren überlegte einen kurzen Moment. Hatte er nicht schon bereits ein Datapad für den Dienstgebrauch? Aber im selben Moment als er sich diese Frage stellte, kam ihn in Erinnerung, dass er dieses bereits auf der Nesuar abgegeben hatte.
Damit schien für den Alten alles Menschenmögliche getan zu sein. Er hatte Ren das Datapad und seine ID-Karte ausgehändigt. Würden Menschen nur über ihre Körperhaltung kommunizieren, so würde der Alte, Ren in Kürze in hohen Bogen aus seinem Büro schmeißen. Jedoch verzichtete der Alte auf die Umsetzung seiner, durch die Körperhaltung gesetzte, Drohung.
In Gedanken versunken ging Ren zur Startrampe. Eigentlich wollte er sofort das Datapad verwenden. Darauf würde seine neue Einheit mit der Verwendung gespeichert sein. Ren verwarf die Überlegung jedoch wieder. Er wollte zuerst zur Startrampe gelangen. Als letztes wollte er das startende Schiff verpassen, nur weil er seine Neugierde nicht hätte zügeln können.
Im Nachhinein war die Entscheidung richtig. Ren erreichte die Startrampe gerade in dem Moment als das Shuttle die Maschinen startete. Ein Einweiser schleuste ihn und dutzende andere Männer hektisch in das Innere des Schiffes der Sentinel-Klasse.
Als letztes betrat ebenso der Einweiser das Schiff. Eigentlich wäre es egal gewesen auf welchen der Plätze Ren innerhalb des Schiffes platznimmt, der Einweiser, eine junge und schrecklich untersetzte Person, bestand jedoch darauf, dass er in den vorderen Reihen platznahm.
Seine Tasche hatte Ren vor seinen Beinen im Zwischenraum der Sitzreihen abgestellt. Er machte es sich so bequem wie möglich. Da ihm das Schiff keine Sicht nach außen bieten konnte, nahm er das neue Dienstpad in die Hand und schaltete es ein.
Der junge Einweise zog jedoch in unerwarteter Weise die gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Es geschahen mehrere Dinge. Als erstes stolperte der junge Mann. Worüber der junge Mann gestolpert war, konnte niemand so genau erkennen. Höchstwahrscheinlich waren es seine eigenen Füße.
Als er den Aufprall mit der ausgestreckten Hand an einem Terminal abzufedern versuchte, betätigte er dabei unfreiwilliger Weise mehrere Knöpfe. Nachdem er trotz seines Abfederungsversuches, dennoch auf den Boden war, öffnete sich bereits auch schon die Schiebetür zum Pilotenraum.
Eine kräftig gebaute Person mit braun gebrannter Haut trat aus der Tür heraus und sah den jungen Einweiser am Boden liegen. Der Mann funkelte den Jungen in Raserei an.
„Was soll der Mist! Ich wollte gerade abheben und Sie öffnen die verdammten Frachtluken? Sehen Sie zu dass Sie diesen Umstand so schnell wie möglich beheben.“
Der Mann drehte sich gerade um und schickte sich an in das Cockpit des Schiffes zurückzukehren, als er wieder anfing zu toben.
„Nun darf ich erneut auf einen Startvektor warten. Es ist einfach hoffnungslos mit den jungen Kerl!“ Der Mann raufte sich die Haare und verschwand dann hinter der zugleitenden Schiebetür. Dorthin woher er gekommen war.
Im Gegensatz zu den meisten der im Passagierraum Anwesenden starrte Ren nicht auf den am Boden liegenden Einweiser, sondern er beobachtete die Anderen. Mit weit aufgerissenen Augen blickten sie in dieselbe Richtung. Er konnte mehrere beobachten die untereinander tuschelten und wahrscheinlich den jungen Mann gerade mit Spott und Hohn überzogen. Manche hatten vor lauter Fassungslosigkeit sogar vergessen den Mund zu schließen.
Ren stand schließlich auf und legte das Datapad zurück auf den Sitz. Als er bei dem jungen Mann angekommen war, half er ihm wieder auf die Beine. Scheinbar stand der Junge noch immer unter Schock weil ihm so etwas passiert ist. Der Druck innerhalb der imperialen Streitkräfte war mitunter so hoch, dass einige Personen darunter zerbrachen.
Ren kümmerte sich im ersten Moment lieber um die Kontrollen. Das Terminal war einfach zu bedienen. Eine rote Lampe mit der Aufschrift ‚Frachtluken‘ symbolisierte den Missstand über den sich der Pilot so hals laut ausgelassen hatte.
Nachdem er den Schalter bedient hatte, drehte er sich um. Einige starrten noch immer nach vorn. Ren warf ihnen einen entsprechenden Blick zu. Einige wandten sich daraufhin sofort ab. Andere erst einige Sekunden später, als würde die Situation einfach unfassbar, ja gar surreal sein.
Ren wandte sich zurück an den Jungen.
„Alles in Ordnung?“, fragte er sein Gegenüber.
Der junge sah ihn einen Moment lang verdutzt an. Im nächsten Moment jedoch verzog sein Gesicht keine Mine mehr. Der Junge nickte nur kurz und richtete seine Uniform wieder her und verschwand dann in das Cockpit.
Ren begab sich zurück auf seinen Platz. Er konnte sich schon denken dass der Pilot sich gerade einiges von dem Jungen anhören musste. Wahrscheinlich bekleidete der Junge sogar einen höheren Dienstgrad als der Pilot selber. Er musste bei den Gedanken schmunzeln. Es wäre nicht dass erste Mal gewesen, dass jüngere aber dienstgradhöhere Angehörige gegen die Dienstälteren ankämpften.
Das Schiff befand laut Ansage des Jungen, mittlerweile hatte er wieder soviel Fassung gewonnen, dass er wieder in den Passagierraum gekommen war, auf halber Strecke zur Station 22-D. Einer Raumstationen die im Orbit von Kuat für größere Transfers gedacht waren. So konnte man Ausrüstung und Truppen zuerst auf die Station und dann gesamthaft auf das Zielschiff bringen, anstatt dutzende Schiffe einzeln zum Zielschiff fliegen zu lassen.
Mittlerweile hatte Ren Zeit gehabt sich die Daten auf dem dienstlichen Datapad anzuschauen. Darunter war ein Versetzungsbefehl vom Flottenkommando. Ganz so wie er bereits hervor gesehen hatte. Seine Gedanken kreisten um die neue Aufgabe.
Er würde auf die Basileia versetzt werden. Ren stöhnte unbewusst. Es war jedoch nicht der Name um den er sich Gedanken machte, sondern um die schiere Größe der neuen Einheit. Die Basileia war ein Sternenzerstörer der Victory I-Klasse.
Bisher hatte er auf relativ kleinen Einheiten Dienst geleistet. Nie mehr als hundertsechzig Mann Besatzung. Die Crew war überschaubar, genauso wie es seine Aufgaben waren. Er hatte sogar das Gefühl gewonnen, dass er Herr der Lage an Board dieser Einheiten war.
Nun jedoch erwarteten ihn fünftausendzweihundert Männer. Ren stöhnte noch einmal bei den Gedanken. Ren war sich natürlich im Klaren darüber, dass die die Victory-I-Klasse nicht das Ende der Fahnenstange bedeutete. Es gab noch größere Schiffe. Und doch fragte er sich, wie die anderen Offiziere ihren Dienst auf solchen Schiffen tun konnten.
Eigentlich war es auch nicht dass Schiff welches ihm Sorgen bereitete. Er haderte wieder einmal mit sich selbst. Er traute es sich einfach nicht zu. Er konnte es sich einfach nicht vorstellen auf einem solchen Schiff zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen.
Der junge Einweiser stand wieder auf.
„Wie erreichen gleich unser Ziel.“
Ren verwarf seine Gedanken. Er hätte nichts mehr daran ändern können. Befehl war Befehl.
Das Schiff der Sentinel-Klasse erreichte die Station, durch das Missgeschick des Einweisers, mit zehn Minuten Verspätung. Einige Männer fluchten bereits auf dem Weg zur Basileia. Man würde sie wohl für die Verspätung verantwortlich machen.
In Gedanken ging Ren den weitläufigen Gang entlang. Einige Fahrzeuge brachten neue Ausrüstung an Board des Schiffes. Die neuen Mannschafften jedoch, waren mit Begleitung des Einweisers auf dem Weg zur Andockschleuse der Basileia.
Insgesamt standen zweihundert Mann in der Andockschleuse der Basileia. Neben dem Sentinal-Schiff mit dem auch Ren hierher gebracht wurde, mussten also noch weitere Kontingente verschifft wurden sein.
Die fünfzig Mann des Sentinal-Schiffes standen links außen. Sie bestanden fast ausnahmslos aus Offizieren und Mannschaften der Flotte. Die Mitte bildete eine Hundertschafft der Armee. Die Bodentruppen hatten sich in voller Montur geworfen.
Der Abschluss auf der rechten Seite bildeten wiederum fünfzig Mann der Flotte.
Vor Rens Truppe hatte der junge Einweiser Stellung genommen. Er bekleidete den Rang des Lieutenant. Der Junge wartete nur noch darauf bis jemand die Männer offiziell in Empfang nahm. Dann würde er wahrscheinlich die nächsten Truppen von Kuat hohlen und zu einem anderen Schiff bringen. Ren verfolgte den Gedanken nicht weiter.
Wieder hatte der Einweiser darauf bestanden, dass er in der vordersten Reihe des Trupps Stellung bezog. Irgendwie hatte Ren das Gefühl das unangenehme Gefühl, dass ihn der Dienstrang in diese exponierte Lage führte.
Vor den Hundertschaften die ihren Dienst auf der Basileia in Kürze antreten würden, hatten wiederrum Offiziere der Basileia Aufstellung bezogen. Ren ließ seinen Blick kurz über die vorderste Reihe der gegenüber Angetretenen schweifen. Abermals musste Ren seufzen. Wieso er es diesmal tat, wusste er in jenem Moment selbst nicht.
[Kuat System – Orbit um Kuat – VSD I Basileia – Andockschleuse 1-A, Cpt. Seifo Dias, Lt. Cmdr. Lloyd Mace, Lt. Cmdr. Ren Akanto, Lt. Brance (NPC|Einweiser des Sentinal-Schiffes), Hundertschaften neuer Truppen (NPCs)]