Lianna, Jedi-Basis, Arrestzelle mit zwei Wachen (NPC) und Markus (?) davor, innen Ian und Eowyn
Es dauerte, aber schließlich begann Ian zu sprechen. Ohne Vowurf, aber weiterhin auch nicht mehr emotionslos. Seine Erklärung war logisch, aber beinahe unnötig, hatte Eowyn doch eigentlich schon gewusst, weshalb Ian diese Worte überhaupt ausgesprochen hatte. Und darum war es nicht gegangen - es war schließlich genau das, die einfache Tatsache, dass er sie unbedacht nicht mit einbezogen hatte, was sie verletzt hatte. Doch vermutlich würde er es nicht verstehen, und sie selbst war über den Punkt hinaus, ihm deshalb Vorwürfe zu machen, war eigentlich nie so weit gewesen - schließlich hatte er andere Dinge im Kopf, als an sie zu denken. Selbst oder gerade wenn er nicht nachdachte. Wenn sein Herz im diese Wünsche sagte, dann konnte sie sie nicht vorwerfen, und wenn es noch so sehr wehtat. Das hatte sie auch vor Stunden schon gewusst, und sie hätte alles für sich behalten, wenn, ja wenn Ian nun einmal nicht darauf bestanden hätte, von ihr die Wahrheit zu hören.
Genaugenommen war dieser Monat nun ohnehin vom Tisch - aber erstens wusste Ian davon nichts, und zweitens ging es vermutlich um Grundlegenderes. Er hätte es noch mit ihr besprochen? Er widersprach sich selbst. Es war ihm ernst damit, was hätte es noch zu besprechen gegeben? Er wäre gegangen. Und auch das... es war ja richtig. Sie hätte ihn vielleicht sogar unterstützt. Aber das hieß nicht, dass es ihr gefallen musste, und Ian konnte wenigstens so fair sein, und das erkennen. Denn es hätte nichts geändert, so viel er sich das auch einreden wollte.
War es das? Machte er sich selbst etwas vor, weil es ihm zu schwer gefallen wäre, weil es ihm jetzt zu schwer fie, das zuzugeben? Eowyn entfuhr ein leiser Seufzer, obwohl sie sich vorgenommen hatte, Ian schweigend zuzuhören. Ja, vielleicht hatte sie in diesem Punkt tatsächlich Recht. Aber was half es? Er würde es nicht zugeben. Und brachte sie es auf den Tisch, dann fingen sie nur wieder an, darüber zu streiten. Wenn sie sich wieder zusammenraufen konnten - würde es dann ab jetzt immer so laufen? Würde sie sich immer einfach zurückhalten, aus Angst, ihn wieder zu verletzen? Das konnte doch nicht sein. Aber auf der anderen Seite war da die größere Angst - die Angst, Ian zu verlieren, die Angst, irgendwann einen letzten, großen Fehler zu machen. Sie hatte schon so viel vermasselt...
Nur, weshalb sich den Kopf zerbrechen. So, wie Ian sie vorhin angesehen hatte... Eowyn atmete durch. Zusammenreißen.
Auch Ian hatte länger pausiert, aber als er sie wieder ansah und sein Blick sie traf, als würde er mitten in sie hineinsehen war es, als ob er wieder ihre Gedanken gelesen hätte, und es fiel es ihr schwer, ihre Kontrolle zu bewahren. Ein Wirbelsturm von verschiedenen Gefühlen brach in ihr los - angeführt von ihrem schlechtes Gewissen, so überzeugt davon zu sein, dass er gegangen wäre, ein schlechtes Gewissen, das sie doch zweifeln ließ, eines, das sie dazu bringen wollte, Ian Glauben zu schenken, eines, das ihr vorwarf, Ian offensichtlich selbst nicht zu glauben und zu vertrauen - und gleichzeitig ihre immer noch vorhandene Verweigerung, ihm das aus logischen Gründen abzunehmen, ihm das wirklich und ehrlich zu glauben, aus tiefstem Herzen, weil sie seine Worte noch zu deutlich im Ohr hatte, und der Gedanke im Hinterkopf, das blindes Vertrauen ohne Verstand ohnehin nicht immer klug war.
Sie hörte zu, sie würde nichts erwidern, denn das hier war tatsächlich wieder ihr Problem. Sie vertraute Ian, sie würde ihm ihr Leben anvertrauen, hatte das schon getan - doch vertraute sie ihm wirklich, was sie beide anging? Vermutlich nicht. Sonst hätte sie anders reagiert... da hatte er Recht. Hatte sie nicht gerade draußen vor der Tür noch in diese Richtung gedacht?
Eowyn rieb sich verzweifelt mit einer Hand über Stirn und Gesicht. Ihre Angst war offensichtlich nicht überwunden. Zwar hatte sie sich auf Ian eingelassen, aber noch immer hielt sie sich in gewisser Hinsicht zurück. Und dabei machte es überhaupt keinen Sinn - denn Ian hatte schon längst die Fäden in der Hand, um sie zu lenken, und die Fähigkeit, ihr Herz zu zerbrechen. Das hatten die letzten Stunden deutlich gezeigt.
Sein Leben mit ihr zu teilen - ihr Bauch wurde flau, als sie seine Ernsthaftigkeit hörte, nicht nur hörte, sondern auch spürte. Es war so einfach... und so ehrlich. Und ihr schlechtes Gewissen überwog. Deutlich.
Sie sollte es wissen. All das, was er ihr sagte. Sie sollte es schon längst wissen, ihm auch in diesem Punkt vertrauen. Dass er es ernst meinte... Weshalb glaubte sie ihm nicht? Warum glaubte sie nicht, dass Ian nicht einfach gehen würde, sie nicht zurück und alleine ließ? Sie rechnete beinahe damit, dass er sie im Stich lassen würde, sobald es schwieriger werden würde, und dabei hatte er doch schon längst bewiesen, dass er es gerade nicht tun würde.
Eowyn verstand nicht, weshalb sie dieses Gefühl hatte, aber war es nicht ein Schritt, zu erkennen, dass dieses Problem da war? Ians Aussage war zwar nicht sonderlich sensibel gewesen, und eigentlich sollte auch er verstehen, weshalb sie so verletzt gewesen war, aber... sie hätte wohl anders reagiert, wäre sie gefestigter gewesen.
Sie wollte sich entschuldigen, und Ian versichern, dass sie begriffen hatte, wo ihr Problem lag, aber nein - sie hörte zu, musste zuhören. Er hatte verdient, dass sie ihm zuhörte.
Nur gab es momentan nicht viel zum Zuhören. Seine Frage blieb noch immer aus, und langsam, aber sicher wurde Eowyn unruhig, konnte es sich nur noch schwer verkneifen, allzu bewusst über die Möglichkeiten nachzudenken. Zum ersten Mal fielen ihre Blicke nun auch bewusst auf seine Hände, die auf der Stuhllehne lagen, und ihr wurde schmerzlich deutlich gemacht, was sie alles angerichtet hatte. Sie zog Ian mit in alles hinein, was in ihr vorging. Er war nicht das Problem von ihnen beiden, sein "Fehler" war es nur, dass er vielleicht selber nicht gefestigt genug war, ihr andauernd gegenzuhalten. Wer konnte ihm das verdenken? Sie sollte ihn stützen. Nicht umgekehrt. Wann begriff sie das endlich? Und wann konnte sie es endlich umsetzen?
Plötzlich reagierte er, so schnell, dass Eowyn beinahe erschrak. Der Kloß kehrte in ihren Hals zurück, als sein Ton so ernst wurde.
Nur ein einziges Mal.
Sein Blick war so intensiv, dass er sie beinahe durchbohrte, und sie ballte ihre Hände zu Fäusten, damit sie nicht zitterten. Es war deutlich, so deutlich, dass ihm diese Frage alles bedeutete, so dass sich in Eowyn eine immense Spannung aufbaute. Er stellte nicht sie in Frage? Bei der Macht, was wollte er wissen?
Sie blinzelte überrascht, als er von Familie zu sprechen begann. Familie? Sofort war ihr klar, worauf er sich bezog - der Satz, den sie im gleichen Affekt wie er vorhin, aus dem Bauch heraus, auf Va'art gesagt hatte. Der Satz, der bei weitem nicht das bedeutete, was Ian dachte, aber offensichtlich hatte er sich festgebrannt. Hier bestand definitiv Erklärungsbedarf. Genau, wie er ihr eben erläutert hatte, was in ihm vorging, musste sie es ebenfalls versuchen.
Familie... Familie.
Wenn er nur verstehen würde.
Hingegen verstand sie nicht ganz sicher, was genau er hatte halten wollen. Tahiri? Vermutlich. Aber es war nicht seine Schuld gewesen. Alisah? Das wenige, was sie wusste, klang ebenfalls nicht danach. Oder meinte er etwas anderes? Vielleicht. Sie wusste noch immer zu wenig von Ians Vergangenhei, und vielleicht würde er ihr irgendwann erklären, was er damit gemeint hatte.
Von der Kälte draußen auf dem Flur war nun in seiner Stimme absolut nichts mehr zu hören, im Gegenteil. Das war Ian, Ian, der sich nicht verstellte und nicht verbarg. Das war genau er, der, der er nun einmal war.
Doch all das nahm sie nur am Rande wahr. Viel wichtiger als wie er es sagte, war was er sagte, und Eowyn stockte der Atem. Nein, damit hatte sie nicht gerechnet. Das letzte, mit dem sie nun gerechnet hatte, war, dass Ian sie... ja, was? Um was genau bat er sie eigentlich?
Ian und Familie.
Familie.
Nein, wenn, dann würde er nicht "so etwas Ähnliches" sein. Familie war Familie, egal in welcher Form.
Er zweifelte aber offensichtlich ernsthaft daran, dass sie es ernst meinte. Weil sie so gezweifelt hatte? Oder hatte er die gleichen Probleme, die auch sie plagten? Es war kein in Frage stellen ihrer Gefühle, rief sie sich zurück ins Gedächtnis, bevor sie überhaupt anfangen konnte, sich darüber aufzuregen oder selbst zu zweifeln. Nein, hier ging es nicht um sie. Hier ging es darum, was Ian nun wissen musste. Und darum, dass sie ihm eine Antwort gab, die sie bedacht hatte, eine, die ehrlich war. Und dafür musste sie wissen, was sie wollte.
Glücklicherweise gab es zumindest im letzten Punkt kein Zweifeln. Sie wusste, was sie wollte, zumindest im Moment. Aber Ian wollte mehr als den Moment. Nein, keine absolute Sicherheit, aber doch so viel Sicherheit, wie es im Leben eben geben konnte. Das war kein Binden auf Lebenszeit, aber doch mehr als nur das Leben im Augenblick. Das war etwas anderes.
Aber das fragte er sie, nachdem sie sich zuvor so getrennt hatten, nach all dem, was geschehen war. Was erwartete er nun? Vor wenigen Minuten hatte sie noch gedacht, dass Ian sie womöglich nicht mehr wiedersehen wollte. Und nun das. Was ging nur vor in ihm, wie stellte er sich das vor? War ihm nicht klar, was sie in den letzten Stunden durchgemacht hatte - er wusste doch schließlich genau, was zumindest er durchgemacht hatte! Sie hatten nicht darüber gesprochen, was die Grundlage dafür gewesen war, sie hatten nicht darüber gesprochen, was hinterher gewesen war. Was mit seinem Versprechen geschehen war.
Aber - eines nach dem anderen.
Und mit Bedacht.
Vielleicht klärte sich auch für sie alles, wenn sie redete.
Zum ersten Mal, seit Ian geendet hatte, wagte sie es, sich zu bewegen, überhaupt eine Regung zu zeigen aus Angst, sie könnte etwas Falsches tun. Eowyn öffnete langsam ihre Fäuste, atmete die Luft aus, die sie seit einer gefühlten Ewigkeit innehielt, und fühlte, wie ihre zittrigen Beine sie nach dem Loslassen der Spannung nicht mehr richtig hielten. Sie ging die paar Schritte zum Bett und setzte sich - stehen war jetzt nicht mehr möglich.
Familie... murmelte sie bedächtig, blickte erst zu Boden, als sie versuchte, sich zu sammeln, und sah dann Ian an. Du weißt, dass ich eine wundervolle Familie hatte. Aber Familie... sie schüttelte den Kopf. Familie ist so viel. Ich habe mir früher immer eine Familie gewünscht. Sie lächelte wehmütig und sah kurz zur Seite. Ich meine, eine richtige Familie. Kinder... Bis ich verstand, dass eine Jedi zu sein kein einfacher Beruf ist. Und, dass meine kindlichen, naiven Vorstellungen einfach nicht funktionierten. Ich habe das akzeptiert, aber wenn man auf Tirahnn groß wird... Die wenigsten Familien bestehen aus einem Kind; ich habe mir auch immer Geschwister gewünscht, ich kannte es eigentlich nicht anders. Meine Vorstellung war immer, einmal zu heiraten, Kinder zu bekommen. Familie bedeutet mir etwas. So habe ich es gelernt, so war es schon immer.
Die Jedi mussten nun einmal als Ersatz herhalten. Beides geht nicht, es funktioniert nicht, denn welcher Mann akzeptiert eine Frau, die so gut wie nie daheim ist, die zumindest hin und wieder das Risiko eingehen muss, nicht mehr zurückzukommen? Wenn man diesen Mann überhaupt kennenlernt. Und sich darauf einlässt. Und wie kann man eben all diese Dinge tun, wenn daheim Kinder warten, die ihre Mutter nicht sehen? Die ihre Mutter vielleicht irgendwann nie wieder sehen? Nein, ich habe mich entschieden, und das ist in Ordnung - aber verstehst du, was die Jedi mir bedeuten? Und warum sie es tun? Eindringlich sah sie Ian an. Er musste ihre Beweggründe verstehen. Musste verstehen, weshalb die Jedi ihre Familie waren. Sie waren nun einmal beinahe das Einzige, das sie gehabt hatte, seitdem sie Tirahnn verlassen hatte. Und seitdem ihr Vater gestorben war...
Aber Ian, fuhr sie schließlich fort, es gibt Familien, die funktionieren - und es gibt Familien, die tun es nicht. Oder - nicht immer. Beeinflussbar. Sie vertraute nicht... Joselines Worte, so wenig sie abwertend oder völlig kritisch gemeint gewesen waren, waren ihr durchaus noch im Bewusstsein. Vielleicht hatte sie auch Recht. Vielleicht... vielleicht... nein, nicht jetzt, diese Gedanken gehörten nicht jetzt hier her. In den letzten Jahren... Sie stockte, sah erneut einen Moment zu Boden. Du weißt, dass ich gegangen bin. Aus Gründen. Meine Gründe haben sich, seitdem ich zurück bin, nicht unbedingt geändert, alleine schon die Sache mit dem Virus, dann du... Erneut ein Kopfschütteln. Dinge, die sie nicht verstand. Dinge, hinter denen sie nicht stehen konnte.
Ich bin eine Einzelgängerin, und ich bin ohnehin in meinem Feld viel allein unterwegs - vielleicht hat das bedingt, dass ich seither nie wieder wirklich ein Teil geworden bin. Aber es gibt Dinge, die nicht funktionieren. Dinge, bei denen ich aneinandergerate. Es hat sich viel geändert. Leute gingen... Oder kamen nicht wieder.
Und... ich bin alleine. Sich das einzugestehen war vielleicht nicht leicht, aber momentan lag es offen auf der Hand. Es war eine Tatsache, sie hatte es vorhin bewusst bemerkt. An wen hätte sie sich wenden sollen? Nein, sie machte alles mit sich selber aus. Das war manchmal gut, aber manchmal...
Die Jedi sind meine Familie, das steht außer Frage. Aber sie sind nicht zu vergleichen mit dem, was ich mit meinen Eltern hatte. Was ich gefühlt habe, wenn ich mit ihnen Ausflüge gemacht habe, beim Mittagessen saß, mit ihnen einfach geredet habe. Und das, sagte Eowyn langsam, selbst begreifend, ist das, was ich nun fühle, wenn ich bei dir bin. Jetzt sah sie Ian bewusst in die Augen. Er musste verstehen, wie viel er ihr bedeutete. Wie viel Sicherheit er ihr gab. Was sie fühlte, wenn sie bei ihm war. Dass er der erste Mensch überhaupt war, nach ihren Eltern, bei dem sie dieses Gefühl hatte. Begreife doch, dass deine Vergangenheit nichts damit zu tun hat, wer du nun bist, sagte sie leise, drängend. Wer du für mich bist. Im Gegenteil. Sieh dir an, was ich dir antue. Ich bin egoistisch, stoße dich von mir, bin aus nichtigen Gründen verletzt, vertraue dir nicht, , lüge dich an, bringe dich dazu, Dinge zu tun und zu fühlen, die du nie wieder fühlen wolltest.
Ian... es tut mir Leid.
Leer blickte Eowyn auf ihre offenen Hände, die auf ihren Oberschenkeln lagen. Und da hatte sie ihre Antwort. Wie konnte sie? Wie konnte sie ihm eine Chance geben? Nein. Kurz vergrub sie ihre Hände in ihrem Gesicht, versuchte, die nächsten Worte zu finden. Jetzt keinen Fehler zu machen... Ian nicht von sich zu stoßen. Ihn nicht zu verlieren, und dennoch ehrlich zu sein.
Es tut mir Leid, flüsterte sie erneut und wagte es nicht, ihn anzusehen, als sie ihr Gesicht wieder von den Händen löste. Ihre Augen blieben bei seinen Schuhen hängen. Ich möchte es mit dir probieren. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als das; du gibst mir Halt, du erfüllst mich, du bist mehr, als ich mir je zu träumen gewagt hätte. Du gibst meinem Leben Farbe. Aber ich bin es nicht, die dir eine Chance geben muss. So etwas hast du nicht verdient, bei weitem nicht. Du bist es, der mich erträgt.
Ian, du bist schon längst meine kleine Familie, sagte sie mit leiser, aber sicherer Stimme. Sie wusste nicht, wann es geschehen war, aber er war ein Teil von ihr. Der zweite Teil aber kam eher stolpernd und stockend über ihre Lippen. Ich weiß nur nicht, ob ich das noch für dich sein kann... Was erst einmal nicht an ihr lag. Sondern einzig und allein an ihm.
Lianna, Jedi-Basis, Arrestzelle mit zwei Wachen (NPC) und Markus (?) davor, innen Ian und Eowyn