]Lianna-System - Lianna City - Orden der Jedi - Hangar - mit Chesara[
„Und du bist sicher, dass es dir gut geht?“
fragte Chesara, nachdem sie sich die ganze Geschichte, die sich auf Ord Mantell zugetragen hatte, angehört hatte. Liebevoll strich sie Jibrielle über die Wange, die nur im Stande war dankbar zu lächeln. Und ruhig und zuversichtlich zu nicken. Ja, es ging ihr jetzt wieder gut. Zumindest körperlich hatte sie keine Beschwerden. In ihrem Inneren jedoch trug sie noch einige Sorgen mit sich herum.
Chesara bedauerte Meister Dhiis Tod sehr und wünschte seinem Geist den Frieden in der Macht, der er in der Welt nicht finden konnte. War das der einzige Trost, den man in einer Welt des immerwährenden Krieges finden konnte? Vielleicht war das besser als nichts.
„Und auch Meister Dhii hatte nicht den Eindruck erweckt, dass es kritische Situationen geben könnte. Du hast viel gesehen, Jibrielle. Viel gesehen und viel erlebt. Aber du hast richtig gehandelt. Du hast geholfen, wo du konntest und du hast überlebt.“
sagte Chesara und zog ihre Padawan erneut an sich. Erneut wurde Jibrielle für einen Moment wie Butter in den Armen ihrer Meisterin, bevor sie sich wieder voneinander trennten. Jibrielle Lächeln war breit aber weich, voller Hoffnung und Schmerz zugleich. Doch fühlte sie sich gut. So gut wie, sie sich nicht mehr gefühlt hatte, nachdem sie mit Lilique die Blue Nightingale betreten hatte.
„Und so wie Rin, wirst auch du daran wachsen, da bin ich ganz sicher. Versprich mir nur eines: wenn du über das, was du erlebt hast, reden möchtest, dann komm zu mir oder wenn nicht zu mir, dann gehe zu jemand anderem. Versuche nicht, alleine mit der Dunkelheit fertig zu werden, die du kennen gelernt hast. Du bist nicht alleine, wir sind alle füreinander da. In Ordnung?“
sagte die Jedi-Rätin und schaute ihre Schülerin voller Stolz, Sorge und Zuversicht an. Sie sprach davon, dass ihre Padawan auch mit Rin sprechen sollte, hatte er doch das gleiche durchgemacht und war deshalb vielleicht der beste Gesprächspartner. Jibrielle spürte, wie ihre Kehle ganz rau wurde und ihr Stimme drohte zu brechen, als sie antwortete, doch sie holte einmal tief Luft, schluckte die aufwallende Rührung hinunter. Als sie schließlich sprach, war ihre Stimme klar und fest.
"Dankeschön. Ich danke dir so sehr ... für alles. Immer konnte ich zu dir kommen und ich weiß, dass ich auch in Zukunft mit dir immer über alles sprechen kann. Ich wüsste nicht, an wenn ich mir lieber wenden würde."
sagte die Padawan, ergriff Chesaras Hand, drückte sie fest und versuchte in diesen Händedruck all jenen Gefühle zu legen, die sie nicht in die Umarmung hatte legen können. Welchen Schmerz Rin nur in seiner Brust spüren musste, wenn ihm Manyu Dhii auch nur halb soviel bedeutet hatte, wie Chesara ihr bedeutete? Welcher Horror musste noch immer in ihm wüten? Wie hatte er es überhaupt geschafft, dagegen anzukommen? Wie hatte sie ihn auf dem Dach des Regierungsbüros nur davon abhalten können, wie ein Beserker auf Darth Noirceur loszugehen? Wie hatte er sein Gleichgewicht wiedergefunden? Ob sie selbst, die im Gegensatz zu ihm das Glück gehabt hatte, plötzlich zu sich selbst zu finden, nicht komplett der Dunkelheit verfallen wäre, wenn es ihre Meisterin, ihre Chesara gewesen wäre, die auf dem Boden der Van-Dar Corp. gestorben ist?
Jibrielles Blick drifte leicht ab und fixierte eine wunderschöne Weide ganz in der Nähe, die sie aber gar nicht wirklich sah, sondern ihren Gedanken hinterher ging, während sie Chesaras Hand noch immer ergriffen hielt. Ihre Augen wurden glasig und schauten in die Tiefen, die sie erblickt hatten. Sie sahen die Dunkelheit, von der Chesara gesprochen hatte.
Kaum zu glauben, dass es einfach so vorbei sein sollte, wenn man starb. Ob Manyu viel hatte leiden müssen, als ihn Darth Devour verschlang? Zum Glück hatte er immerhin nicht das gleiche Schicksal teilen müssen, wie einst Sen. Warum all dieses Leid? Wieso herrschte überhaupt diese entsetzliche, dass ganze bekannte Universum erfassende Konflikt? Warum konnte man sich nicht einigen und allen die Ruhe und Sicherheit geben, nach denen sie strebten? War es wegen den Machtnutzern? Wegen der Gier, dem Zorn und der Angst der dunklen Seite? War es wegen der Furcht der vermeintlich begabtesten Wesen der Galaxie, die Furcht allein zu sein und nur für sich zu leben, die alle bekannten Welten im Atem hielt? Vielleicht würde ihre größte Leistung tatsächlich darin bestehen, nie zu so einem Inkubator von Angst und Leid zu werden, der alles um sich herum ansteckt. War der Frieden in der Macht das einzige, was als Erlösung auf sie alle warten würde? War es vielleicht das Beste, was sie erwarten konnten? Aber nein, so durfte sie nicht denken. Sie musste daran glauben, dass der Friede möglich war. Denn das war die eigentliche Bestimmung der Jedi. Der Frieden. Sicherheit und Sympathie für alle.
Plötzlich wurde sie sich ihrer Umgebung wieder bewusst, blinzelte und lächelte Chesara wieder an.
"Ich glaube ich weiß, welche Dunkelheit du meinst. Aber ich glaube, ich hatte mehr Glück als Rin - obwohl ich mir nicht wirklich sicher bin, wie er damit umgeht. Wie soll ich sagen ... doch, ich glaube, ich habe diese Finsternis in mich aufgenommen und trage sie jetzt nahe an meinem Herzen. Ich darf diesen Schmerz nicht vergessen, denke ich. Denn ich weiß jetzt besser denn je, was die dunkle Seite ist und wie ich mich vor ihr abschirmen kann, aber auch, wie ich hoffentlich andere davor bewahre, wie ich ihre Schmerzen erkennen kann."
sagte Jibrielle, wandte einen Moment das Gesicht ab und schaute nach unten, blickte in sich hinein, bevor sie wieder aufsah und Chesara fest in die Augen sah.
"Ich denke, diese Dunkelheit kann mich zu einer besseren Jedi machen. Oder das hat sie vielleicht schon. Ich weiß es nicht. Jedenfalls bin ich mir meiner Sache nie sicherer gewesen, als in diesem Keller oder auf diesem Dach im Regen. Und in diesen Illusionen. Diese Sache mit dem Licht und der Dunkelheit. Es sind eben zwei sehr schöne Metaphern für zwei Dinge, die soviel gemeinsam haben und die doch soviel trennt. Es ist eben doch nicht alles schwarz-weiß, wie ich mal geglaubt habe. Noch mehr als das Lichtschwert ist die Dunkelheit das beste Werkzeug und das beste Schild für einen Jedi, oder Chesara?"
fragte sie, erwartete aber nicht direkt eine Antwort auf dieses verträumte Gefasel. Es war eben nur ihr eigenes Bild, ihr eigenes Gemälde von der Welt, wie es in den letzten Wochen ganz neue Pinselstriche, ja ganz neue Farben erlebt hatte. Wer wusste schon, aber irgendjemand die gleiche Schönheit und Wahrheit darin erkannte, wie sie selbst?
Schließlich versicherte Chesara ihrer Padawan, dass man sich Ijelinn annehmen und darüber entscheiden würde, ob sie eine zweite Chance verdiente. Für einen Augenblick wollte Jibrielle schon reflexmäßig protestieren, ihr versichern, dass Ijelinn auf jeden Fall eine Chance verdiente, dass sie das Opfer war, dass es all das Leid in ihr gewesen war, dass wiederum soviel Leid verursacht hatte, doch sie protestierte nicht. Sie war doch bloß eine Padawan und gewiss würden die vielen Hohen Jedi auch das Leid in Ijelinn sehen können, das kleine Mädchen, dass nichtmal eine erste Chance gehabt hatte. Nie würden sie gegen sie entscheiden können, bestimmt nicht. Hoffentlich.
"Ich verstehe. Wenn es soweit ist, werde ich auf jeden Fall auch für sie aussagen. Ich werde die volle Wahrheit sprechen und der Rat wird die richtige Entscheidung fällen. Da bin ich mir sicher."
sagte die Padawan und lächelte traurig. Bei der Macht, wer konnte schon sagen wer hier das wirkliche Opfer oder das größte Opfer war. Wer konnte da wirklich Richter spielen und mit reinem Gewissen leben. Hoffentlich wurde Ijelinn nicht verurteilt, sondern begnadigt.
Schließlich brachte Chesara das unangenehme Thema der verlustig gegangenen Gerätschaften, des Lichtschwerts und des Comlinks auf. Zum Glück war es wohl kein Problem von der Ausrüstungskammer einen neuen zu bekommen und mit den im Datenblock abgespeicherten Kontaktdaten sollte sie auch die Codes von niemanden aus ihren Bekanntenkreis verlieren. Was das Lichtschwert betraf, verzog Chesara erst ernst den Mund, doch Jibrielle grinste vom ersten Moment an und durchschaute voller Freude diesen Spaß ihrer Meisterin. Als die Jedi-Rätin ihre Maske fallen ließ, lachte Jibrielle laut auf, bevor sie hörte, dass sie sich nun ihr eigenes Lichtschwert bauen musste. Da verschluckte sie sich plötzlich, machte große Hundeaugen und wurde wieder ganz hibbelig.
"Wirklich? Ich ... ich meine das ist toll! Ich hab ja schon vor über einem Jahr alles gelesen, was es über das Schwertbauen zu wissen gibt! Ich habe sogar ..."
sagte sie, hielt jedoch an, griff sich ihre Reisetasche, die sie neben der Bank abgelegt hatte, kramte kurz darin herum und da sah sie ihn schließlich wieder, den daumengroßen Kristall, der so leuchtete wie die Mittagssonne, die ja zufälligerweise auch gerade darauf viel und den Stein zum strahlen brachte. Jibrielle lächelte breit, spürte sie doch wieder diese Wildheit, Verspieltheit und Energie des Steins, als würde er von einem kleinen Sturm umgeben, der ihn umtrieb. Sie griff ihn sich, holte ihn heraus und augenblicklich verstummte wieder die Unruhe und Rastlosigkeit des Steins wie ihre eigene und stattdessen erfüllte sie blanke Zuversicht, Achtsamkeit und Tatendrang zugleich. Sie ließ den Kristall auf ihrer Handfläche ruhen und genoss sein starkes, gelbes leuchten. Wie ein Kanarienvogel, der sich als Zitrone verkleidet hat, erinnerte sich Jibrielle, und zeigte ihn Chesara.
"Diesen Stein habe ich bei der Schmugglerware auf Ord Mantell gefunden. Ich hatte da schon das Gefühl, dass er genau der Richtige für mich ist. Was meinst du? Ach übrigens ..."
sagte Jibrielle, legte den Stein in Chesaras Hände und griff erneut in die Tasche, um die beiden Sith-Schwerter rauszuholen. Mit den Schultern zuckend hielt sie sich je mit einer Hand seitlich auf Schulterhöhe.
"Das sind die Schwerter von Ijelinn. Mit denen habe ich die letzten Stunden auf Ord Mantell gekämpft, nachdem mein eigenes zerstört wurden war. Was geschieht jetzt mit ihnen?"
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