Lianna - Lola Curich, Jedi-Basis - Trainingsraum 4 - Gun, Kestrel und Brianna
Brianna hatte sich geschickt angestellt – bestände daran der geringste Zweifel, hätte man sich nur vor Augen halten müssen, dass sie an just jener Stelle im Kurs zunächst grandios gescheitert war. Inzwischen meisterte sie die Stelle zwar mit Hilfsmitteln, jedoch zugleich mit verbundenen Augen, was vor nicht allzu langer Zeit noch ein Ding der Unmöglichkeit dargestellt hätte. Überhaupt keine Sicherung mehr in Anspruch nehmen zu müssen war, so ihre Überzeugung, reine Übungssache. Nicht zuletzt hatte sie Gun eine Vorlage geliefert, an die dieser zu kauen hätte. Vor allem aber war Kestrel sichtlich angetan von der Leistung ihrer Padawan und Brianna fühlte zugleich, dass es mehr als nur das war. Nach all der Zeit und Mühen, die die Coruscanti in sie hatte investieren müssen (die Echani war sich dessen wohl bewusst) schien selbst diese anspruchsvolle Aufgabe endlich so zu laufen, wie die Jedi-Ritterin es sich vorstellte, wohingegen sich ihre silberhaarige Schülerin sonst meist mit weitaus weniger begnügt hatte. Doch Brianna hatte im Lauf der Zeit, vor allem auf Alzoc III, erfahren, wozu sie durch die Macht fähig war und die Konkurrenz zu dem Amphibienwesen trieb sie zusätzlich an, den eigenen Anspruch zu verteidigen, die Allerbeste, -schnellste und -geschickteste zu sein.
Mit dem Gedanken, die Macht dafür ebenso in Anspruch zu nehmen wie ihre auch für Echani außergewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten, hatte sie sich schon seit Korriban langsam angefreundet, als sie zum ersten Mal realisiert hatte, dass so manches von dem, was sie für sich als selbstverständlich betrachtete, in Wirklichkeit Folgen ihrer Machtsensitivität waren, wie ultrakurze Erholungszeiten nach körperlicher Anstrengung oder Verletzungen. Dass ihr unverwüstlich wie Durastahl scheinender Körper dies nur war, solange die Macht mit ihr sei und eine scharfe Abgrenzung zwischen dem, wozu sie selbst in der Lage war und wozu durch die Macht eine Illusion darstellte. Ebensowenig erschien sie noch sinnvoll, spätestens seit ihrer jüngsten Mission und der Sicherheit, die sie inzwischen im Gebrauch dieser von manchen als übernatürlich angesehenen Fähigkeit erworben hatte. Wenn sie danach strebte, die bestmögliche Kämpferin zu werden, die sie sein konnte, und als Echani erschien ihr der Gedanke selbstverständlich, konnte sie ein solches Geschenk wie ihre Machtbegabung nicht leichtfertig ausschlagen, das stand inzwischen außer Zweifel.
Dementsprechend strahlte sie ob Kestrels großen Lobes. Die kleine Menschin erklärte die perfektionierte Körperbeherrschung als Potpourri aus Veranlagung, Wahrnehmung und den entsprechenden Machttechniken und bestätigte daher im Großen und Ganzen die Einschätzung ihrer Schülerin. Einen Kritikpunkt gab es dennoch: Brianna war schlichtweg zu langsam. Eine wirkliche Überraschung war es nicht, denn der weißhaarigen Athletin war klar, dass sie für die einfache Distanz über die Bälle weit mehr Zeit benötigt hatte, als sie im Endeffekt für eine komplette Runde haben würde. Zudem sollte sie versuchen, sich mit der Macht irgendwie abzustützen, so dass sie die Balance besser halten konnte, und der Gedanke ließ die Echani ein wenig schlucken. Vor allem, aber nicht nur, weil sie nicht genau wusste, was sie sich darunter vorzustellen hatte.
„Das sind ganz schön viele Machttechniken auf einmal,“
Begann Brianna und besann sich sogleich, dass sie es sich nicht leisten konnte oder wollte, vor Gun Unsicherheit zu zeigen. Sie musste ihm demonstrieren, dass sie in jeder Hinsicht die bessere war, und erfüllen konnte, egal was ihre Meisterin von ihr verlangte, sie musste es einfach. Sie war verpflichtet, es zu schaffen!
„Doch ich werde mich bemühen. Ich bin mir darüber im klaren, dass ich langsam war, im Moment brauche ich aber noch eine gewisse Zeit, mich wahrzunehmen und einen gut koordinierten Sprung auszuführen. Ich werde versuchen, mich zu steigern. Möchtest du, dass ich gezielt Macht-Geschwindigkeit einsetze oder eher einfach weniger Zeit für die Vorbereitung des nächsten Sprunges in Anspruch nehme?“
Fragte sie. Je kürzer sie auf den Bällen stand, desto einfacher würde natürlich das Balancieren. Wenn es ihr reichte, jeweils nur für einen Sekundenbruchteil zu stehen, brauchte sie sich kaum noch um ihr Gleichgewicht kümmern. Andererseits hatte Kestrel jederzeit den Eindruck erweckt, absolut stabil zu sein, und an dem Punkt kam wohl das Abstützen ins Spiel. Für eine Kampfkünstlerin war freilich der Gedanke angenehmer, wie angewurzelt fest auf dem Boden zu stehen als an einem Seil oder in der Luft zu hängen, von dem aus man keine Kraft ausüben konnte, selbst, wenn man nur ein Geschicklichkeitsspiel auf Bällen übte.
„Ich denke schon, dass ich dich verstehe. Am sympathischsten wäre mir aber der Gedanke, mir meine Füße fest gegen den Boden gepresst, sozusagen mit ihm verwachsen vorzustellen, wenn das geht. Das wäre auch in einem Kampf überaus zweckmäßig.“
Mit einem gewissen Bangen verfolgte sie anschließend, wie ihr Konkurrent Gun sich bei der Übung anstellte. Zunächst wirkte er selbstsicher wie gehabt und machte auch nach außen hin einen guten Eindruck, immerhin war er offensichtlich sehr sportlich und muskulös genug, um von der im Hinblick darauf sehr wählerischen Echani mit dem Attribut „körperlich anziehend“ versehen zu werden, wäre er kein schleimiges Fischwesen. Von der Optik blieb jedoch bei der Landung ohnehin nicht viel übrig. Brianna glaubte, dass er entweder sehr inakkurat oder schlicht und ergreifend blind gesprungen war und musste sich bemühen, ihre Genugtuung zu verbergen. Am liebsten wäre es ihr, wenn er sich damit begnügte, mit verbundenen Augen einen fehlerfreien Slalomlauf durch die Bälle zu absolvieren, anstatt zu versuchen, ihr einen Wettkampf aufzuzwingen.
Die 24jährige hätte am liebsten breit gegrinst, als Kestrel ihre Gedanken laut aussprach, riss sich jedoch zusammen und sah lieber den Fußboden an. Offenbar gab es auch ein Problem mit dem Sicherungsgurt des blauhäutigen Padawans, welches die dargebotene Leistung allerdings nicht erklärte. Zum Glück. Die Echani blieb dennoch auf der Hut, denn sie kannte die Sorte. Im einen Moment bestritten sie noch, dass die Macht existierte und im nächsten waren sie schon bestrebt, sie in den Schatten zu stellen, die ihren ersten Kontakt zur Macht im Alter von zarten fünfzehn gehabt hatte.
Die dunkelhaarige Coruscanti begann, den Ausbildungsstand des Anselmianers zu hinterfragen, was ebenfalls zu Briannas Genugtuung ausfiel – obwohl es strategisch günstiger gewesen wäre, wäre er schon weiter fortgeschritten, da sie das im Vergleich besser aussehen ließe. Wenn er wirklich der Frischling war, wie sich jetzt abzeichnete, konnte sie jede Konkurrenz nur verlieren. Zu allem Überfluss hatte er bisher wohl ausschließlich bei Janson gelernt, ausgerechnet. Als sie ihn kennengelernt hatte, hatte sie den starken Wunsch verspürt, den damals fast doppelt so alten Menschen zu sagen, er möge doch endlich erwachsen werden. Das hatte sich zwar gebessert, doch die Fähigkeiten seiner Padawane sprachen Bände. Alles außer einer Nar-Shaddaa-turmhohen Überlegenheit dürfte man ihr als Schwäche auslegen – doch vielleicht kam es ja zu keinen weiteren direkten Vergleichen mehr. Kestrel wollte, dass Gun ihr die Levitation demonstrierte, ihre Schülerin hingegen hatte anderes im Sinn.
„Würde es nicht mehr Sinn machen, die ursprüngliche Aufgabenstellung für Gun zu modifizieren?“
Fragte sie scheinheilig und bemüht, nicht hilfreicher zu sein als nötig. Dabei gab sie sich demonstrativ selbstbewusst, ganz die Lieblingsschülerin der gestrengen Oberlehrerin.
„Soweit ich das überblicke, ist das Sicherungssystem im ganzen Raum verwendbar. Die auf meine Fähigkeiten ausgerichtete Übung ist für andere Padawane zu schwierig, von Anfängern ganz zu schweigen. Ich würde ihn verbundenen Augen über den Schwebebalken laufen lassen, so schnell wie er sich traut. Wenn das von seiner Macht-Wahrnehmung und Koordination her klappt, kann man den Schwierigkeitsgrad immer noch steigern. Aber die Bälle sind eindeutig zu schwer.“
Daraufhin oder vielleicht auch deswegen wandte sich die gemeinsame Mentorin ihr zu. Geflissentlich reduzierte die Sportlerin die Stärke der Unterstützung, aber nicht um zwei, sondern gleich um drei Markierungen. Wäre doch gelacht, wenn sie Kestrels Vorgaben nicht übertreffen könnte! Zudem erinnerte sie sie nochmals an die Geschwindigkeit und die Unterstützung ihres Gleichgewichts durch die Macht.
„Was ist, wenn ich einbeinig springe – so etwa,“
Fiel Brianna plötzlich ein und demonstrierte parallel zu den Bällen auf dem Boden, was sie meinte: auf dem ersten Ball mit dem linken Fuß zu landen und wieder abzuspringen, um es beim nächsten mit rechts zu wiederholen, links, rechts, links. Von ihrer Sprungkraft her war sie mühelos in der Lage dazu, was man ihren Beinen auch ansah.
„So wäre ich sehr viel schneller und flüssiger,“
Fügte sie hinzu und bereute im selben Moment, was sie gesagt hatte, denn gleichzeitig machte die Variation das Balancieren um Größenordnungen schwieriger, zumindest solange sie noch eine gewisse Zeit von Sprung zu Sprung brauchte. Sie ärgerte sich, wie blöd sie doch war. Jetzt konnte sie schlechterdings noch einen Rückzieher machen, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Mit etwas Glück sagte Kestrel nein – ansonsten blieb ihr nichts anderes übrig, es zu probieren oder sich irgendwie drumherum zu lavieren.
Lianna - Lola Curich, Jedi-Basis - Trainingsraum 4 - Gun, Kestrel und Brianna