Lianna - Lola Curich, Jedi-Basis - Trainingsraum 4 - Gun, Kestrel und Brianna
Die Entwicklung, die Brianna seit ihrer ersten Begegnung mit Kestrel hingelegt hatte, war für sie selbst zweifellos noch erstaunlicher als für alle in ihrer Umgebung, doch Momente wie diese zeigten, worin der Unterschied zu früher bestand. Bei der Coruscanti fühlte sich die Weißhaarige vor allen Dingen sehr, sehr wohl. Meister hatte sie schon diverse gehabt, doch zum ersten Mal war ihre Meisterin auch ihre Freundin – die engste und beste, die sie je hatte noch dazu. Nicht, dass Brianna je viele gehabt hätte, doch sie war überzeugt davon, dass Kestrel auch aus einem größeren Freundeskreis herausstechen würde. Als die Echani losließ, und die Dunkelhaarige infolgedessen wieder atmen konnte, offenbarte diese gerührt, dass sie ganz ähnlich dachte.
„Ich verdanke dir so viel, meine Meisterin und… beste Freundin!“
Erwiderte sie mit stockender Stimme und irgendwie fühlte sie, dass dieser Moment ein ganz besonderer war. Trotzdem musste er freilich irgendwann enden, es gab Arbeit zu tun und einen Lauf zu absolvieren. Als dieser über die Bühne gegangen war, lobte Kestrel sie tatsächlich, schneller geworden zu sein und vor allem ihre präzisen Sprünge.
„Danke! Offenbar hat sich das spezifische Training dafür gelohnt, und ich glaube, dass es noch viel mehr gibt, was ich auf dieselbe Weise erreichen kann,“
Erklärte Brianna in ungewohntem Optimismus. Anschließend sahen sie sich zusammen das Holo an, und während ihre Mentorin sehr zufrieden war und nur hier und da Tipps gab, was man noch verbessern konnte, sah sich die junge Athletin selbst wesentlich kritischer. Es stand nicht fest, ob es nun ihrem Hang zum Perfektionismus oder ihrer Spezies geschuldet war, doch jede einzelne der aufgezeichneten Manöver schrie sie geradezu an, eine gehetzte Echani zu sehen, die nicht wirklich bei der Sache war, die sie gerade tat. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, sie wollte selbstbewusst und routiniert wirken, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht – was in gewisser Weise sogar stimmte, verändert hatte sich vor allem der Schwierigkeitsgrad und die fremden wie eigenen Ansprüche. Anders ausgedrückt, sie wollte den Parcours absolvieren, wie es die Ritterin Brianna Kae tun würde, doch sie sah nur die Padawan laufen. Diese Ritterlichkeit in ihrer körperlichen Präsenz wollte sie gerne sehen – die 24jährige war unglücklich, wenn das Bild, das sie nach außen abgab, nicht ihrem Wunschbild von sich selbst entsprach, auch dann, wenn es sonst niemand wahrnahm.
Erwartungsgemäß wollte Kestrel einen weiteren Versuch sehen, doch dieses Mal sollte die Silberhaarige ihr Lichtschwert benutzen, und ihre Mentorin würde ihr entgegentreten – wie eine Sith, dachte Brianna, das Wort hing unausgesprochen im Raum.
„Jawohl, meine dunkle Meisterin!“
So überspielte sie den sich abzeichnenden dunklen Schatten mit einem Scherz.
„Aber ich möchte volle drei Runden absolvieren, wie ursprünglich vorgesehen, nicht weniger.“
Nahm die junge Athletin sich vor. Alles oder nichts – den Parcours glänzend bestehen oder beim Versuch mit fliegenden Fahnen untergehen. Warum nicht? Solange sie ruhig und konzentriert blieb, würde sie jede Herausforderung meistern, mit der die dunkelhaarige Ritterin sie heute konfrontieren würde. Alles was sie tun musste, war drei Runden lang so ruhig und konzentriert zu bleiben, und das schlimmste, was passieren konnte war, noch einmal von vorne beginnen zu müssen. Letztendlich war es hilfreich zu wissen, dass die Zeit dieses Mal keine wirkliche Rolle spielte. Da sie eine echte Gegnerin aus Fleisch und Blut hatte, war ihre Darbietung weder mit der davor noch mit Kestrels eigener zu vergleichen. Brianna nahm sich vor, diesen Lauf wie eine Kata zu verstehen. Bei einer Echani-Kata zählte, was man ausdrückte und man konnte nicht einmal die einfachste unter den vielen wirklich gut absolvieren, wenn man nicht jeden einzelnen Augenblick lang hundertprozentig bei der Sache war.
Es war also alles nur eine Kata, ganz einfach, eine Jedi-Kata, wenn man so wollte. Der einzige Unterschied war, nicht nur eine imaginäre Gegnerin zu haben und dadurch nicht den kompletten Ablauf im Voraus zu kennen, doch in dieser Hinsicht vertraute sie ihren Instinkten. Die Jedi-Ritterin gab ihrer Padawan indes zu verstehen, dass sie beginnen konnte, und diese tat etwas, was sie zuvor nicht getan hatte: sie wandte sich ihrer Meisterin zu und verbeugte sich vor ihr, wie sie es einer Sensei gegenüber getan hätte. Ein letztes Mal ermahnte sie sich noch, sich ausschließlich auf die gerade anstehende Teilaufgabe zu konzentrieren und darauf, diese möglichst perfekt zu absolvieren, um sich fortan zu bemühen, an nichts anderes mehr zu denken.
Im Nachhinein tat sie sich schwer damit, überhaupt den Ablauf nachzuvollziehen und sie erinnerte sich zwar an einzelne Episoden, aber nicht an den Lauf als ganzes oder wie diese im Verhältnis zueinander standen. Was sie allerdings wusste war, dass sie sich gut gefühlt hatte, sehr gut, und dass sie weder den Boden berührt noch sonst einen gröberen Fehler gemacht hätte, der ihr Selbstvertrauen hätte erschüttern und sie aus dem Konzept bringen können. Kestrel attackierte sie einige Male wirklich und startete noch mehr Finten; meist gelang es Brianna allerdings als Echani noch rechtzeitig, diese als solche zu erkennen, so dass sie wenig Zeit verlor, obwohl ihre Meisterin zweifellos sehr gut und schwer vorherzusehen war. Die Padawan beschränkte sich auf schlichtes Shii-Cho im Verbund mit den obligatorischen Echani-Techniken und probierte in den Kämpfen keine allzu gewagten Manöver und vor allem keine offensiven Machtfähigkeiten, beförderte ihre Freundin allerdings schon mal mit einem liebevollen Fußtritt in den Bauch aus dem Weg, nachdem sie den vorangehenden Angriff mit dem Lichtschwert geblockt hatte.
Bei einem Droiden konnte sie allerdings nicht widerstehen, mit summendem Lichtschwert die Blasterblitze abwehrend durch die Luft zu springen, auf ihm zu landen und ihm, obwohl zu Boden gestürzt und dadurch scheinbar bereits funktionsuntüchtig, sicherheitshalber noch den verlangten Lichtschwerthieb zu verpassen. Der Sprung vom darnieder liegenden Blechkameraden aus bis zum Seil ganz oben an der Decke fiel ihr allerdings mit Machthilfe nicht schwer, so dass sie tatsächlich kaum Zeit verlor. Knifflig wurde es, als Brianna auf dem Slalom-Tau stehend Schüsse abwehrend plötzlich von Kestrel mit zu Geschossen umfunktionierten Medizinbällen ins Visier genommen wurde. Diese hatten eine enorme Wucht, so dass Standhalten keine Option und Abwehren nur bedingt möglich war, doch sie konnte bereits einen der ersten mit einem geschwungenen Arm ablenken und als Brücke zum Droiden verwenden. Nachdem dieser ausgeschalten war, nahm sie sich ohne zu überlegen die Zeit, sich sich auf die Macht zu besinnen und eine Barriere aus der von ihr als blauen Nebel wahrgenommenen Energie zu formen, um den Beschuss auf diese Weise ignorieren zu können.
Die schwierigste Stelle waren dieses Mal jedoch wieder die Basketbälle. Die Weißhaarige hätte darauf wetten mögen, dass ihre Mentorin sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen würde. Plötzlich stand sie auf dem Ball vor ihr mit aktiviertem Lichtschwert und wartete auf die Reaktion ihrer Padawan. Diese handelte instinktiv, schlug einen gewaltigen Salto über die Coruscanti hinweg, parierte im Überfliegen die Lichtschwertattacken und landete dennoch fast punktgenau auf dem übernächsten Ball. Allerdings nicht genau genug, um darauf stehen zu bleiben, doch mit durch Macht-Geschwindigkeit beschleunigten Echani-Reflexen sprang sie sofort wieder ab, um sicher auf der an sich recht wackeligen Grundlage des nächsten Spielgeräts zu landen.
Schließlich waren die drei Runden geschafft, und Brianna fühlte sich komisch, aber auch irgendwie gelöst, fast als ob sie aus einem Traum aufwachte, oder vielleicht eher aus einer Art Trance. Wenn es ein Traum gewesen war, dann ein guter. Freilich war alles dennoch ausgesprochen real gewesen, denn sie war außer Atem und trotz ihrer bemerkenswerten körperlichen Verfassung auch einigermaßen erschöpft. Müde, aber glücklich suchte sie Kestrel auf und schloss sie ein weiteres Mal ganz fest in ihre Arme.
„Geschafft!“
Rief die Padawan mit der alabasterfarbenen Haut aus.
„Ich denke, ich werde dieses Holo behalten, obwohl ich keine Ahnung habe, was ich darauf sehen werde!“
Aber sie würde es mögen, davon war sie überzeugt.
Lianna - Lola Curich, Jedi-Basis - Trainingsraum 4 - Gun, Kestrel und Brianna