Das Thema (Warum Hannibal Rom nicht belagert hat) hatten wir ja schonmal und das hab ich damals dazu geschrieben:
Wie hier schon gesagt wurde fehlte es Hannibal an Belagerungsgerät, aber das ist nur ein Punkt bei der Sache.
Eine Belagerung war damals auch für den Belagerer eine sehr unangenhme logistische Sache. Bei den Feldzügen der Antike steht immer wieder die Frage der Verpflegung und Versorgung eines Heeres, also vieler Menschen auf engem Raum, im Mittelpunkt der Überlegungen eines Feldherrn. Cäsar räumt dem in seinen Büchern auch viel Platz ein. Es gab kaum vernünftige Strassen, viele Gebiete waren nur spärlich besiedelt, der Ernteertrag war um ein vielfaches geringer als heute. Hunger war in vielen Gegenden an der Tagesordnung. Zehntausende Kämpfer tagtäglich zu versorgen stellt eine enorme Herausforderung dar.
Getreide war damals das einzige Nahrungsmittel, dass man dauerhaft aufbewahren und mit sich führen konnte. Italien war aber recht unfruchtbar und auf Getreideeinfuhren angewiesen. Eine Armee, die sich dort ernähren wollte ist dauernd gezwungen gewesen sich zu zerstreuen, durchs Land zu ziehen und alles "abzugrasen", oder anderswo Lebensmittel zu kaufen. Hannibal ist sehr knapp bei Kasse gewesen und hat wenig bis gar keinen Nachschub aus Afrika und Spanien bekommen. Seine Armee hat daher Italien ziemlich kahlgefuttert, nur um intakt zu bleiben und dabei enorme Flurschäden angerichtet.
Eine Belagerung Roms hätte Hannibal sehr schnell erfolgreich abschliessen müssen, da seine Armee sich nicht lange an einem einzigen Ort zusammengefasst hätte ernähren können. Dazu kam wie gesagt, dass er keinerlei Belagerungsgerät mit sich führte. Die Chancen einer erfolgreichen Durchführung einer Belageung Roms standen also denkbar schlecht. Hannibal hat später mal einen Marsch auf Rom gewagt und ist bis an die Stadtmauer geritten, aber das war mehr ein verzweifelter Versuch die Römer zu einer erneuten offenen Feldschlacht zu provozieren.
Den ganzen Krieg über hat Hannibal versucht die italischen Bundesgenossen der Römer für sich zu gewinnen. Besonders in der Zeit nach Cannae als deutlich wurde, dass die Römer weitere Feldschlachten nicht wagen würden. Oftmals hat er ihre Gefangenen sofort nach Hause geschickt, oder befohlen in Kämpfen die römischen Bundesgenossen nach Möglichkeit zu verschonen. Trotz gewisser Erfolge bei dieser Taktik sind die meisten jedoch loyal zu Rom geblieben. Dazu haben sicher auch die zwangsweisen Verwüstungen und Plünderungen seiner Armee beigetragen.
Hanniball hat sich in einem Dilemma befunden. Einerseits muss ihm klar gewesen sein, dass er militärisch nicht stark genug war Rom tatsächlich zu erobern und militärisch einen Sieg zu erzwingen, der seine langfristige wirtschaftliche Schwäche ausgleichen kann. Andererseits hat seine plündernd durchs Land ziehende Armee es schwer gemacht Roms Bundesgenossen zum Abfall zu bewegen. Er konnte keine Entscheidung mehr erzwingen und ist passiv dazu verurteilt gewesen abzuwarten, was Rom macht.
Zudem kann ich mir auch vorstellen, dass Hanniball ganz persönlich eine Abneigung gegen Belagerungen hatte. Sein eigener Vater ist bei einer langen, erfolglosen Belagerung in Spanien gefallen. Er selber hat sich an Sagunt ziemlich lange die Zähne ausgebissen und in der Folge versucht langwierige Belagerungen zu vermeiden.
In gewisser Weise ähnelt seine Lage nach Cannae der Ds im Sommer 1940. Es sind zwar gewaltige Siege errungen worden, aber eine Eroberung Britanniens ist kaum wirklich durchführbar. Die ganzen militärischen Erfolge können politisch einfach nicht ausgenutzt werden und die Zeit arbeitet gegen einen.