- Nal Hutta - Landeplatz - Itikam -
"Wenn du die Hoffnung verlierst, deine Mutter wiederzusehen, dann wirst du deine Mutter auch verlieren." Die Worte hallten leise in Amis Gedanken wider, als sie langsam, mit gezogener Waffe hinter Marana die Rampe herunter ging.
Sie sah sich um. Das Gebäude sah verlassen aus. Die Scheiben waren eingeschlagen und blind von der Sonne, die spröde gewordenen Mauern waren von gefrässigen Pflanzen überwuchert. Ihr leises Rascheln, das Greifen der Schlingen nach Insekten, war das einzige Geräusch, das zu hören war. Die üppigen Gärten und Wiesen, die sich einst um das Haus erstreckt hatten waren verdörrt, braun und zusammengefallen. Staub sähte sich über die Wege, die zu dem Anwesen führten.
Eine erschreckende und gespenstische Stille lag um das Haus.
Niemand schien hier zu sein, trotzdem flüsterte Ami so leise sie konnte, und stellte sich dicht an Maranas Schulter
"Sehen wir uns innen um"
Fast unmerklich nickte die Frau in ihre Richtung. Auch sie schien das Gefühl zu haben, daß sie beobachtet wurden. Durch die stumme Stille hindurch, schienen ihre Schritte laut und unsanft, obwohl sie ihre Füße kaum auf dem körnigen Boden aufsetzten.
Sie erreichten die Türe. Sie schien aufgebrochen, und war nur angelehnt. Etwas zögerlich stiess Ami den linken Flügel auf, der in das dunkle Innere des Hauses führte. Die Tür knirschte in den Ankerungen, schliff über den Sand, den der Wind auf dem Boden verteilt hatte. Die beiden Frauen hielten ihre Waffen dicht vor ihrer Brust, und riskierten einen Blick durch den breiten Spalt, den die Tür nun freigab.
Ein Luftzug, den die offene Tür verursachte wirbelte dicken Staub und Nebel auf, der ihnen in dichten Schwaden entegenkam. Ami atmete ein letztes Mal die frische Luft ein, stiess den Atem aus, und trat den ersten Schritt hinein.
Nur sehr schwer bahnte sich das Tageslicht einen Weg durch die kaputten Fenster, die notdürftig mit Latten und Brettern verriegelt waren, und den dichten Staub, der wie ein grauer Schimmer in den Räumen lag.
In dem Haus schien alles, was nicht festgenagelt gewesen war, geraubt zu sein. Nur wenige Möbel, mit weißen Tüchern bedeckt, standen verloren und einsam in den riesigen Räumen. Die große Diele erstreckte sich dunkel und kalt vor ihnen und die massive schwarze Treppe zu den oberen Räumen teilte den Raum in zwei Teile.
Ohne ein Wort deutete Ami den Gang herunter, wo die Haupträume zu liegen schienen. Sie versuchte kaum einen Spalt zwischen sich und Marana zu lassen, so dicht es ging bei ihr zu laufen. Ihre Augen sahen sich ständig um, die ausgestreckten Arme, die ihre Waffen hielten, folgten ihren Blicken, die keinen Punkt in dem Haus ausser Acht liessen. An den Wänden hingen riesige, beängstigende Bilder von skurrilen Gebäuden und Planeten.
Sie erreichten das Ende des Ganges und eine mächtige, zweiflügelige Türe erhob sich vor ihnen. Sehr vorsichtig ergriff Marana die Klinke und drückte sie herunter. Als ob sie eine Reaktion erwartete, stockte sie, als sie sie bis zum Anschlag heruntergezogen hatte. Mit einem Blick zu Ami drückte sie gegen die Türe, die sich langsam und mit einem hellen Quietschen öffnete.
Der grosse Raum mit den riesigen Fenstern schien ebenfalls ausgeräumt und verlassen. Nur der breite Schreibtisch thronte noch als Monument der Worte, die in diesem Raum gefallen sind, inmitten des Raumes. Die Regale, die bis unter die Decke reichten und den Großteil der Wände verdeckten, waren leer, und dicke Staubschichten sammelten sich in den Fächern.
"Hier ist nichts mehr, und hier werden wir auch nichts finden", sagte Ami wieder in gewohnter Stimme, den Eindruck verlierend, daß hier noch jemand sein könne, und ließ den Arm und ihre Waffe sinken.
Doch in diesem Moment zuckten die Körper der beiden Frauen erschrocken zusammen, die Waffen wurden wieder hochgrissen und mit weit aufgerissenen Augen sahen sie sich hektisch in dem Zimmer um. Sie standen in der Mitte des hohen Saales, Rücken an Rücken, und suchten die Ursache für das Geräusch, das sie beide genau wahrgenommen hatten. Es war ein deutliches Surren und ein kurzes Piepen, das dann sofort wieder erlosch.
Ami spürte, wie Maranas Hand plötzlich nach ihrem Arm griff und auf eine Ecke an der Decke des Raumes deutete. Ganz deutlich sah sie ein rotes Licht, und dieses Licht gehörte zu einer Kamera, einer Überwachungskamera. Weder Staub, noch die Spuren des Zerfalls waren an ihr zu erkennen. Sie war erst vor kurzem installiert worden, so wie es schien, in Betrieb, und ganz eindeutig auf die Stelle im Raum gerichtet, an der die beiden Frauen standen.
Immernoch ihren Unterarm festhaltend lief Marana los. Sie mussten hier raus. Das Gefühl, das sie beide hatten, das Gefühl, Augen auf sich gerichtet zu haben, hatte sich bestätigt. Ohne einen weiteren Versuch, leise zu sein, oder Spuren zu hinterlassen, liefen sie den Gang herauf und aus der geöffneten Eingangstüre.
Phol, der gerade um die Ecke des Gartens bog, und anscheind die äussere Umgebung kontrolliert hatte, lief mit fragendem Blick auf sie zu. Doch noch bevor er den Mund öffnen konnte, um etwas zu sagen, deutete Ami ihm, mit ihrem Finger an die Lippen gepresst, still zu sein. Sie zeigte auf das Schiff.
Schnell, ohne Zeit zu verlieren, liefen sie hinein, und Marana zögerte nicht dabei, sofort hinter sich die Luke zu schliessen.
Erst als Ami auf den Sitz im Cockpit fiel, atmete sie das erste Mal seit Verlassen des Raumes wieder ein.
"Was habt ihr gefunden?" hörte sie Phol fragen. Marana stand, noch immer erschrocken atmend, mit den Händen in den Hüften im Cockpit, sah Phol an und antwortete ihm
"Das Haus wird überwacht. Und es besteht kein zweifel, daß wir gesehen wurden..."
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Rokur Artel stand, auf seine Handgelenke abgestützt vor dem Pult. Seine Augen zuckten über den Bildschirm, der die Räume des ehemaligen Hauptquartiers zeigte. Seine Mundwinkel zuckten sichtlich nervös.
Quintarus Sin hingegen saß gemütlich und ruhig in seinem Ledersessel zurückgelehnt, zog gönnerisch grinsend an seiner Zigarre, dessen Qualm er in kleinen Ringen aus seinem Mund bliess, und wippte ab und an seinen Stuhl mit den Beinen an, der sich dann langsam hin und her drehte.
Quintarus: "Worüber machst du dir Sorgen Vetter?"
Rokur drehzte sich ruckartig um, und warf Quintarus einen strafenden Blick zu
Rokur: "Das sind Leute der AoBS, Quintarus. ich kenne diese Gesichter. Was wollen sie hier?"
Quintarus zog nur wieder genüsslich an seiner Zigarre und grinste gefällig, bevor er weitersprach
Quintarus: "Ich habe seit einer Ewigkeit nicht mit Rem gesprochen. Ich habe keine Ahnung was sie hier wollen. Also lassen wir sie sich doch ein bisschen umschauen..."
Wieder haftete ein empörter Blick auf ihm
Rokur: "Du willst also nichts unternehmen und sie hier rumschnüffeln lassen?"
Quintarus: "Ganz genau. Wir werden nichts unternehmen. Fürs erste beobachten wir, und sind bereit, falls wir schnell eingreifen müssen..."
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