Punkt 3: Die Charaktere
Das ist der Punkt, an dem es dem Buch IMHO am meisten mangelt, denn mit der Darstellung der Charaktere bin ich insgesamt sehr unzufrieden. Zu Anfang gleich die eine Figur, an der ich nichts zu kritteln habe.
Tahiri: Das große Highlight!

Lebendig, authentisch, glaubwürdig, Mitgefühl erregend. Man fragt sich, warum die anderen Charaktere nicht annähernd so viel "Liebe" abbekommen haben. Wurde das gesamte Pulver für Tahiri verschossen?
Luke und Mara: In Remnant noch ganz akzeptabel, hier aber wirklich enttäuschend. Mara ist praktisch nonexistent und komplett austauschbar, ich kann mich kaum an 5 Sätze von ihr erinnern. Luke kommt etwas mehr zur Geltung dadurch, dass der Auftakt auf und um Munlali Mafir aus seiner Sicht geschildert wird und er beim Action-Intermezzo auf Csilla die Führung übernimmt. Ansonsten ist er mehr oder weniger nur "auch noch da".
Jacen und Danni: Jacen finde ich ebenfalls enttäuschend und einfach langweilig. Nachdem Remnant wenigstens einen Teil des Traitor-Potentials genutzt hatte, geht das hier wieder völlig verloren. Lange Zeit wird auch er fast zur Hintergrundfigur, erst im letzten Drittel bekommt er mehr Bedeutung. Seine Aussagen gegenüber Wyn Fel über seine Einstellung zum Jedi-Sein klingen fast wie ein Rückfall in die charaktertechnische Steinzeit und auch seine Äußerungen über das zerstörte Coruscant wollen nicht so recht zum Mit-Schöpfer von Yuuzhan'tar passen...
Danni ist kaum wahrnehmbar. Ihre in Remnant begonnene Romanze mit Jacen scheint auf Eis zu liegen, bis am Ende total unvermittelt diese grausig pathetische Lobesrede von ihr kommt. Ich wäre zwar eher dafür, dass Jacen im Moment keine Beziehung beginnt, aber wenn sie schon zusammenkommen müssen, würde ich mir wünschen, dass sowohl Danni als auch die (Etablierung der) Beziehung etwas mehr Profil bekommen (man denke daran, welch ein Auf und Ab der Gefühle es war, bis Han und Leia bzw. Luke und Mara sich endlich "kriegten").
Saba: Die beiden Autoren scheinen sehr gerne aus ihrer Sicht zu schreiben (viele von Sabas Szenen hätten IMHO jedoch den Charakteren von Luke oder Mara gut getan), allerdings ist ihnen das in Remnant besser und "spezifischer" gelungen. Nachdem Sabas Prolog-Trauma aus Remnant durch die Rettung der gefangenen Imperialen mehr oder weniger abgeschlossen wurde, hat ihr Charakter irgendwie keine Richtung mehr, und gibt, so wie sie in Refugee geschrieben ist, noch nicht einmal einen interessanten "Alien"-Blickwinkel her. Sie könnte genauso gut ein neutraler Erzähler im Hintergrund sein.
Han und Leia: Sind im großen und ganzen ganz in Ordnung, aber viel zu unscheinbar! Hoffnungslos uncharakteristisch für sie ist es allerdings, dass sie in aller Ruhe in der Weihungs-Zeremonie der P'w'eck sitzen, während Jaina und Tahiri verschwunden sind. Zumal Leia doch die beiden Schüsse auf Jaina über die Macht mitbekommen haben müsste...
Jag und Jaina: Zu anonym. Sie haben beide irgendwie keine Persönlichkeit, sondern bestehen nur aus ihren Fähigkeiten (sprich: Fliegen und "Jedi-Kram"

). Wird gegen Ende etwas besser, als Tahiri "außer Gefecht" ist und mehr Zeit für die beiden bleibt. Etwas seltsam fand ich, dass offenbar "alle" wissen, dass Jag und Jaina zusammengehören (man denke an Captain Mayns "Sie haben Jaina"). Sie wurden sich doch in Remnant gerade erst selbst so langsam klar darüber und sind beide nicht die Typen, die das gleich an die große Glocke hängen würden. Auch Jags plötzlich sehr vertraute und persönliche Art gegenüber den Solos finde ich sehr uncharakteristisch für ihn, insbesondere wenn man davon ausgeht, dass seit Galantos erst wenige Tage vergangen sind. Da entwickelt sich nichts, wie ich mir das wünschen würde, sondern alles ist schlagartig Fakt. Und Jaina hat sich noch nie der Verzweiflung hingegeben? Hm, Dark Journey?
Nom Anor: Ist IMHO mehr er selbst als in Remnant. Solide Charakterisierung, aber ein wenig verschlagener könnte er schon noch sein.
Sonstiges:
Etwas überzogen und unglaubhaft finde ich, dass eine fünfzehnjährige Malinza Thanas als Gründerin und Führerin der bakuranischen Untergrundbewegung Freedom auftritt. Es wäre für die Handlung kein Problem gewesen, wenn Malinza nur ein Mitglied von Freedom gewesen wäre, vielleicht Leiterin einer Untergruppe. Ich werde Wraith nicht widersprechen, dass sie sich wie eine Fünfzehnjährige verhält, aber IMHO steht sie einfach an einer Stelle, an der eine Fünfzehnjährige wohl kaum landen würde. Und wer weiß, vielleicht wird sie noch die nächste Premierministerin von Bakura...
Auch Wyn Fel hat so ein bisschen was von einem allwissenden und alleskönnenden "YJK-Teenie" (man schaue sich mal an, wie ahnungslos und verbohrt vergleichsweise ihre Mutter in der Bibliotheksszene rüberkommt ? das soll die Schwester des coolen Wedge Antilles sein?). Es würde mich nicht wundern, wenn wir von Wyn noch mehr sehen würden (z.B. könnte sie sich als blinder Passagier auf die Jade Shadow schmuggeln ? so verschossen wie sie offensichtlich in Jacen ist *g*). Lukes Bemerkung, nachdem Jacen sie gerettet hat, dass diese Aktion weitreichende Konsequenzen haben könnte, deutet jedenfalls darauf hin, dass sie noch irgendwie wichtig wird.
Nichts gegen die neue Generation und "frisches Blut", allerdings sollte sich das ganze doch in einem einigermaßen realistischen Rahmen bewegen und eine Balance gehalten werden. Wenn neue (jüngere) Charaktere nachgeschoben werden, kaum dass Jaina und Jacen auf die zwanzig zugehen, kann man schon das Gefühl bekommen, als ob krampfhaft das Durchschnittsalter der Hauptakteure niedrig gehalten werden soll.
Hat schon jemand darüber nachgedacht, wer der mysteriöse Anführer der Ryn-Spion-Vereinigung sein könnte? Wenn man die Randbedingungen in Betracht zieht ? Weitblick/Übersicht, Möglichkeiten, Wissen um den Great River, fallen mir eigentlich genau zwei Personen ein: Karrde oder gleich Luke selbst. Oder beide gemeinsam, Luke als Initiator, Karrde als Ausführender... Ich hoffe stark, dass Luke etwas damit zu tun hat, das wäre eine gute Kompensation für all die Gelegenheiten, bei denen er in der NJO in nicht so gutem Licht dargestellt wurde.
Im Gegensatz zu unseren früheren Spekulationen hat sich ja kein weiterer Handlungsstrang "eingeschlichen", weder ein "Überraschungs"-Strang noch ein politischer/auf Mon Calamari spielender. Stört mich aber eigentlich nicht weiter, und außerdem hätte die Trilogie dann wohl statt ca.1200 eher an die 2000 Seiten...
Etwas schade finde ich es, dass es keine ernsthaften Jedi-Philosophie-Diskussionen o.ä. gibt, insbesondere, da das eine gute Möglichkeit gewesen wäre, etwas Dynamik in die Figuren des Unknown Regions-Teams zu bringen.
Was ich auch vermisst habe, ist dieses Element der Spannung, das in Remnant so geschickt (bzw. fies

) über die "sich seltsam anfühlenden" Abschiede aufgebaut wurde. So richtig gebangt habe ich in Refugee um keinen der Charaktere.
Resumee:
Tja, wie wertet man ein Buch, das man so widersprüchlich empfindet, das auf der einen Seite hervorragende Elemente und Momente hat, auf der anderen Seite aber auch deutliche Mängel hat. Insgesamt hat es sich schon zügig und spannend gelesen, aber ich wurde aufgrund der seltsamen und oberflächlichen Charaktere nicht richtig in die Geschichte hineingezogen. Es wird wohl irgendwo im Mittelfeld landen. Ja, genau, Remnant und Refugee gemeinsam auf Platz 9 (da sich die Vor- und Nachteile der beiden Bücher im Endeffekt ausgleichen), das passt für den Moment:
Traitor
Star by star
Conquest / Rebirth
Balance Point
Onslaught
Ruin
Destiny's Way
Remnant / Refugee
Vector Prime
Hero's Trial
Rebel Dream
Dark Journey
Jedi Eclipse
Rebel Stand
Gratulation, wenn ihr es bis hierhin geschafft habt. Und wehe, ich kriege keine Antworten.
Micah