Ich habe das Original nicht gesehen, daher kann ich nur von meinem jetzigen Eindruck sprechen. Ich sehe keine Verallgemeinerung sondern Angst. Weil wir beim Video gesehen (oder gelesen) haben, wie Floyd immer wieder sagte, er kann nicht atmen. Was die Polizisten aber nicht dazu gebracht hat, von ihm abzulassen. Das war nicht das erste Mal, dass etwas mit ähnlichen Worte geschah und da ergibt die Frage leider doppelt und dreifach Sinn.
Wie gesagt, dieser Post entstand noch VOR der Sache mit George Floyd. Aber so oder so ist es eine Verallgemeinerung, Weiße Menschen ganz generell zu fragen, was sie tun, damit ihre Kinder später einmal keine Schwarzen ermorden. Das kann man drehen und wenden, wie man will. Es schwingt natürlich Angst mit, da gebe ich dir recht, wahr ist sicher auch, dass diese Angst nicht unberechtigt ist. Aber ich denke nicht, dass du mir darin widersprechen würdest, wenn ich sage, dass Angst keine Legitimation für Verallgemeinerungen ist.
Was tut die Gesamtheit der weißen Menschen denn dafür, dass PoC Entschädigt und weniger diskriminiert werden?
Werden Schwarze heute noch von Weißen versklavt?
Davon abgesehen, es gibt genügend weiße Menschen, die sich gegen Rassismus, der PoC betrifft, stark machen.
Die Frau sagte, dass sie heute genug von Weißen habe. Nicht immer, nicht grundsätzlich. Nicht täglich. Sondern eben heute.
Meine Freundin wollte an dem Tag, als sie den Film im Kino sah, nicht mehr mit Weißen sprechen.
Nun gut, ich finde es befremdlich, verallgemeinernd vor der Gesamtheit einer Ethnie seine Ruhe haben zu wollen, auch wenn es nur für einen Tag war. Denn auch an diesem einen Tag, an dem sie den Film gesehen hat, waren die Weißen, die unschuldig an der Sklaverei sind, nicht weniger unschuldig. Insofern habe ich für diese Haltung offen gesagt kein Verständnis, aber ich denke, dass wir da nicht zusammenkommen. Muss ja auch nicht sein, ich habe deswegen keinen negativen Eindruck von deiner Freundin, und es steht dir zu, diese Position nachvollziehen zu können.
Was ich dazu aber noch zu bedenken geben will: Als ich den Post des Schauspielers, in dem er dies geäußert hatte, gelesen habe (warum eigentlich ein Geheimnis draus machen, es handelte sich um Levar Burton, bekannt als Geordi LaForge aus Star Trek: The Next Generation), dachte ich mir Folgendes: Das schreibt jetzt jemand, auf den ich viel halte, weil ich ihn als Schauspieler mag und das, wofür er durch seine Beteiligung an Star Trekt steht, gut finde. Würden er und ich uns an dem Tag, an dem er geschrieben hat, dass er genug von Weißen habe, über den Weg laufen (du kannst in dem Gedankenspiel auch deine schwarze Freundin einsetzen, wenn du dir dann besser vorstellen kannst, worauf ich hinaus will), dann hätte er/sie vermutlich etwas gegen mich aufgrund meiner Hautfarbe (!). Für mich würde umgekehrt seine/ihre Hautfarbe nicht die geringste Rolle spielen.
Nach allem was PoC (und natürlich auch andere) mitmachen mussten, finde ich es vermessen den Spieß umzudrehen. Tut man das, erkennt man in dem Moment, so glaube ich, einfach das Leid nicht richtig an, dass gerade erzählt wird. Wenn ich erzähle, was mir schlimmes geschehen ist, hat es nicht unbedingt Raum, dass jemand, überspitzt gesagt, die Augen verdreht und damit beginnt, was ihm geschehen ist.
Gerne nochmal: Es geht mir um das, was heute ist, nicht um das Vergangene. Schwarze werden zum Glück nicht mehr versklavt, insofern lässt sich das auch nicht auf die heutige Zeit projizieren. Die Zeiten, in denen die Weißen die Herren und die Schwarzen die Sklaven waren, sind zum Glück vorbei. Was den Schwarzen, die in der Vergangenheit durch Sklaverei betroffen waren, passiert ist, ist schrecklich und nicht zu entschuldigen. Aber so, wie die heute lebenden Weißen nichts für die frühere Sklaverei können, sind die heute lebenden Schwarzen nicht mehr von der der früheren Sklaverei betroffen. Wenn ich mich als Weißer heute mit einem Schwarzen über Erfahrungen bezüglich Rassismus austauschen würde, würde das seine und meine Erfahrungen in der Gegenwart betreffen. Mit "die Augen verdrehen und zu erzählen, was einem selbst geschehen ist", hat das schlichtweg nicht das Geringste zu tun.
Warum er als solcher nicht gesehen oder anders interpretiert wird, habe ich versucht vorher zu erklären, auch und mit den verlinkten Seiten.
An der Stelle zitiere ich aus einem
Interview mit Alice Hasters. "Für Rassismus gibt es unterschiedliche Definitionen. Der Historiker Ibram X. Kendi definiert es in seinem Buch
„Gebrandmarkt“ zum Beispiel so: „Jegliche Vorstellung, die eine bestimmte ethnische Gruppe als einer anderen ethnischen Gruppe unterlegen oder überlegen betrachtet.“ Doch in einer Welt, in der Ungleichheit besteht, ist auch Rassismus ungleich gewichtet. Viele Menschen gehen davon aus, dass grundsätzlich jede Person von Rassismus betroffen sein könnte. Diese Menschen sehen Rassismus als rein individuelle Haltung. Wie ein einzelner Mensch die Welt für sich ordnet, hat erst einmal wenig Konsequenzen. Doch Rassismus ist ein System, das mit der Absicht entstanden ist, eine bestimmte Weltordnung herzustellen. Es wurde über Jahrhunderte aufgebaut und ist mächtig. Darin wurde die Hierarchie rassifizierter Gruppen festgeschrieben, und die lautet, ganz grob, so: Weiße ganz oben, Schwarze ganz unten."
Ich habe das schon gelesen, teile diese Sichtweise aber nicht. Natürlich gibt es Rassismus als System, und da mag es zutreffend sein, dass "Weiße ganz oben, Schwarze ganz unten" sind. Es gibt daneben aber trotzdem durchaus auch individuellen Rassismus, was im Zitat aus dem Interview abgestritten wird, und der kann sich von jedem ausgehend gegen jeden richten. Das schließt sich doch nicht gegenseitig aus, auch wenn Alice Hasters offenbar einen anderen Eindruck vermitteln will.
Wir leben im Hier und Jetzt, ja. Aber noch immer herrscht Rassismus.
Ich komme an der Stelle noch mal auf
True Fruits zurück. Das ist nur ein Beispiel von Alltagsrassismus den allen voran weiße Menschen gar nicht als solchen anerkennen wollen.
Stimmt. Das ist ein Beispiel von Alltagsrassismus. Aber auch hier verhält es sich so, dass die Existenz weißen Alltagsrassismus' gegen Schwarze, wie du ihn hier nachweist, die Existenz schwarzen Alltagsrassismus' gegen Weiße nicht ausschließt. Vielleicht liege ich falsch, aber mein Eindruck ist gerade der, dass jedes Mal, wenn ich davon spreche, dass Rassismus von Schwarzen gegenüber Weißen existiert, du ein Beispiel für die umgekehrte Seite lieferst und das als Gegenbeweis darzustellen suchst - so als könnten beide Arten des Rassismus nicht gleichzeitig existieren. Die Rechnung geht aber einfach nicht auf, da die Existenz des Einen schlichtweg nicht bedeutet, dass die Existenz des Anderen unmöglich ist.
Ich wiederhole mich an der Stelle, da ich das wirklich sehr anders sehe. Allen voran weiße Personen dürfen sich erlauben Witze über PoC und andere zu machen.
Gerade das erlebe ich ganz anders, wenn ich mich beispielsweise im Internet umschaue. Aus meiner Sicht ist es ganz und gar nicht so, dass man sich als Weißer Witze über PoC erlauben darf, was ich jedoch auch gut finde. Also, dass das streng gehandhabt wird.
Bloß: Bist du weiß hast du bessere Chancen auf eine Wohnung, eine Arbeit, einen Partner, einen guten Schulabschluss. Und so lange weiße Menschen das nicht sehen wollen und nichts dagegen tun wird, so glaube ich, Rassismus ebenfalls nicht verschwinden.
Auch hier: Das mag stimmen, es ist auch bedauerlich, war aber überhaupt nicht das Kernthema meiner Beiträge und, soweit ich erkennen kann, der Diskussion zwischen dir und mir.