Es gab 1948 einen Teilungsplan, der so etwas wie einer gerechten Lösung mit einer Perspektive für ein friedliches Zusammenleben aller Beteiligten am nächsten kam. Ich betone "am nächsten", denn angesichts der extrem komplizierten Lage in der Region hätten selbst im Idealfall von allen Seiten einige sehr bittere Pillen geschluckt werden müssen. Israel war bereit, diesen Plan zu akzeptieren. Die arabischen Staaten und die Palästinenser waren es nicht, mit der expliziten Begründung, dass die Existenz eines jüdischen Staates in der Region in irgendeiner Form für sie vollkommen inakzeptabel war und ist.
Hier ist auch der Punkt, warum Israel kein "koloniales Projekt von europäischen Juden" war und ist, wie es gerne behauptet wird. Zum einen haben schon seit Menschengedenken dort Juden gelebt (auch in staatlicher Form) und zum anderen gab es schon vor 1948 eine Einwanderung arabischer Juden nach Israel (und war das Zusammenleben der Religionen alles andere als harmonisch). Als die arabischen Staaten nach 1948 systematisch nahezu sämtliche arabischen Juden aus ihrem Territorium vertrieben - ja, wohin hätten diese gehen sollen außer nach Israel?
Es folgten gleich mehrere Kriege mit dem ausdrücklichen Ziel, Israel zu vernichten und seine Bewohner zu vertreiben. Diese Kriege hat Israel gewonnen und dabei Land annektiert, was den Boden für die Formel "Land für Frieden" bereitet hat. Ägypten hat verhandelt und Frieden geschlossen und siehe da, das annektierte Land ist zum Großteil wieder unter ägyptischer Kontrolle. Es geht also. Als Gaza geräumt wurde (mit heftigen innenpolitischen Konflikten in Israel, bis hin zum Vorwurf, die Regierung würde mit Nazi-Methoden gegen die Siedler vorgehen), erhoffte man sich eine Wiederholung dieser Formel. Diese ist ausgeblieben.
Einen Palästinenserstaat (oder Palästinenserstaaten) gibt es de facto, mit eigener Regierung, Verwaltung, Streitkräften, Staatsgebiet und Staatsvolk. Diesen Gebiet wird regelmäßig durch radikale Siedler, mal mit mehr, mal mit weniger Unterstützung der israelischen Regierung tangiert, aber Gaza wurde eben geräumt. Dort herrschen Palästinenser über Palästinenser. Keine Region der Welt erhält Pro-Kopf so viel Entwicklungshilfe wie diese. Keine andere Gruppe kann ihren Flüchtlingsstatus vererben oder hat ein eigenes UN-Hilfswerk. Nicht die Kurden, nicht die Uiguren, nicht die Rohingya. Wäre auch nur ein Bruchteil der Gelder, der Energie und der Zeit darin geflossen, einen funktionierenden Staat aufzubauen, würde die Lage dort ganz anders aussehen - aber all das wurde lieber darin investiert, den Kampf gegen Israel fortzusetzen.
Und das Ziel? Ein rein muslimischer, rein palästinensischer Staat in den Grenzen vor 1948. Damit punktet die Hamas, damit punktet die Fatah. Wie sollen auf dieser Basis Verhandlungen möglich sein? Es ist eben nicht das Bestreben der dominanten gesellschaftlichen Kräfte und Parteien in Israel, ein Groß-Israel auf sämtlichen Gebieten der Palästinenser zu errichten. Dazu möchte ich auf ein Zitat verweisen, das ich leicht paraphrasiere: "Wir haben kein Interesse daran, dieses Land zu besetzen, weil das bedeuten würde, dass wir Millionen Palästinenser entweder vertreiben oder in den Staat Israel integrieren müssten. Das eine ist unmoralisch, das andere unmöglich."
Damit das nicht falsch verstanden wird: Die israelische Siedlungspolitik ist illegal. Die annektierten Gebiete sollten so schnell wie möglich durch Verhandlungen an ihre eigentlichen Besitzer zurückgegeben werden - im Gegenzug für echte Sicherheitsgarantien. Und jede Diskriminierung der nicht-jüdischen Bevölkerung in Israel ist zu kritisieren und zu verurteilen, wie auch genuine Kriegsverbrechen oder Terror. Aber, und das ist ein wichtiger Punkt: Wenn die arabische Bevölkerung in Israel mehr Rechte und Freiheiten besitzt als in sämtlichen anderen Staaten der unmittelbaren Umgebung - was sagt das eigentlich aus?