Was Meinungsfreiheit und Herr Erdogan angeht, dann ist das in der Tat ne etwas zwiespältige Sache. Die Fortschritte die es in den letzten Jahrzehnten gab, werden durch so manche Gesetzesvorlage seiner Partei zurückgeschraubt. Die aufgeklärtere Jugend will sich das nun nicht mehr bieten lassen.
Aber: Die Frage ist in der Türkei auch, wohin die Reise gehen soll?
Diese Occupy-Bewegung ist ja eine Bewegung und kein Verein, das ist unklar von wo das ausgeht und wer das ausnutzen wird. In der Türkei sitzen genügend Gruppen, die so etwas ausnutzen würden um sich hoch an die Macht zu spülen (solche Spaltergruppen gibts ja in jedem Land, nur je südlicher man kommt um so heißer scheint die Sonne den Leuten auf den Kopf um so hitzer werden die Gemüter). Aber man schaue mal auf den Arabischen Frühling und welche müden Fortschritte er gebracht hat, daher sind Zweifel angebracht. Nicht am Motiv, sondern an dem was es mit hochspült.
Das die türkische Polizei nicht als zärtlich verschrienen ist, das ist auch nicht neu und ich schätze mal jeder türkische Staatschef wird bei solchen Unruhen recht hellhörig werden und lieber nochmal draufschlagen lassen, als irgendwas emporkriechen zu lassen, wo man den Deckel nicht mehr drauf bekommt. Die haben ja auch genügend heiße Kandidaten: Kurden (immerhin hat man von denen etliche umgebracht oder eingelocht, auch "präventiv"), Armenier (so an die 2 Mio gemeuchelt, ach ja...darf man übrigens nicht behaupten, genauso wie nie ein Kurde je getötet wurde), dann gabs mal diverse Dervischorden, die Atatürk hat verbieten lassen (bis auf 2 Ausnahmen, die laufen unter Kulturverein), das mit gutem Grund, die Briten werden sich an die Derwischorden im Sudan erinnern und heute nennt man das "islamisch-fundamentalistische Gruppen". Dann haben wir noch die Grenzen zum Iran, Irak und Syrien, alles ganz heiße Kandidaten...naja und Israel, wobei die nur dann ein Problem sind, wenn sie auf türkische Nachbarländer losmarschieren und die einen heißen Krieg haben.
Auch wenn es lange relativ friedlich war, so kann dort das Pulverfass jederzeit hochgehen und die Türkei wohnt an (für deren Geschmack) zu vielen Fässern auf die man Acht geben muß.
Ob man die Türkei in die Bürokratenfänge der EU lassen soll, das ist umstritten (man hat sie ja auch lange hingehalten, die Menschenrechtsprobleme waren ja nur der Vorwandt, wie wir nun wissen). Das man die Verhältnisse der Menschenrechte in der Türkei lange Zeit bezweifeln konnte und seit dem Regierungswechsel wieder kritisch werden muß (das sagen dir viele moderate Türken), das ist unbestritten.
Nur darf man das Land eins nie: unterschätzen und nicht genug wertschätzen!