Für Rot-Grün wird es nach der Bundestagswahl nicht reichen. Weil die SPD unbedingt regieren will, würde sie auch mit der Linken koalieren, sagt FOCUS-Online-Experte Michael Wolffsohn. Und warnt vor totaler Fremdbestimmung im Sozialismus.
Deutsche „hört die Signale: Auf zum letzten Gefecht“, bläst die SPD. Sie stellt jetzt die Weichen für Rot-Rot-Grün. Ist diese Behauptung eine propagandistisch abschreckende Anti-SPD-„Ente“? Die böse Erfindung Kalter Krieger? Sollen die Bundesbürger aufgeschreckt werden? Nein, aufgeweckt. Wir verdanken die Erkenntnis der SPD-Strategie der SPD selbst. Sie hat nämlich einen Kleinen Parteitag auf den 24. September 2013 angesetzt, also zwei Tage nach der Bundestagswahl. Den meisten Medien war diese Meldung bestenfalls eine Kurzmeldung wert. Das ist für die professionelle Unfähigkeit einiger und die ideologische Unterlassung vieler Journalisten kennzeichnend. Sie verschweigen, dass jene SPD-Entscheidung Aufschluss über die SPD-Strategie gibt. Inwieweit? So weit:
Völlig klar nach derzeitigen Umfragewerten ist dies: Für Rot-Grün wird es am 22. September nicht reichen. Ebenso klar ist: Die SPD möchte endlich aus dem Jammertal der Opposition. Sie will unbedingt regieren. Dafür braucht sie eine Koalition. Diese Koalition will sie führen. Das schließt eine Große Koalition mit CDU und CSU aus. Eine Koalition mit den Grünen reicht nicht zum Regieren. Daraus folgt: Rot-Grün braucht Dunkelrot, also die Linke, um eine mehrheitsfähige Koalition zu zimmern.
„Nein“ zur Linken – die SPD wird davon abrücken
Dieses Vorhaben will und wird sich die SPD-Führung zwei Tage nach der Bundestagswahl vom Kleinen Parteitag absegnen lassen und damit von ihrem jetzt (noch) proklamierten „Nein“ abrücken. Der Parteitag wird dies absegnen. Machtergreifung um jeden Preis. Zweitrangig ist dabei die Frage, ob die SPD sich dabei zunächst für die Duldung durch die Linke oder gleich für deren Regierungsbeteiligung entscheidet.
So oder so, wenn zahlenmäßig möglich, wird der Kleine Parteitag Rot-Rot-Grün in welcher Form auch immer billigen. Nur notfalls würde die Parteiversammlung eine Große Koalition hinnehmen. Das bedeutet: Die künftige Grund- und Ausrichtung unserer Republik steht am 22. September auf des Messers Schneide. Eine neue, ganz und gar andere Bundesrepublik könnte entstehen, obwohl im Land eigentlich keine Wechselstimmung herrscht.
Droht nun die Wahl zwischen Freiheit und Sozialismus?
Bedeutet diese Perspektive, dass die Bundesbürger am 22. September dieses Jahres zwischen „Freiheit und Sozialismus“ zu wählen haben? Die CDU/CSU hatte den Wählern diese Alternative bereits im Jahre 1980 präsentiert – und ist unter Führung von Franz Josef Strauß (CSU) an die Wand gefahren. Bekanntlich hat 1989/90 die Freiheit ge- und den Sozialismus besiegt. Entwarnung? Nur wenn man den einst real existierenden „Sozialismus“ die DDR oder Sowjetunion meint. Dieses Holzweg-„Modell“ droht uns nicht.
Wenn man unter „Sozialismus“ jedoch das gigantisch, krakenhafte Anwachsen staatlicher Zuständigkeiten, also behördlicher, verordneter Fremdbestimmung auf Kosten individueller Selbstbestimmung versteht, Umverteilung und Schröpfen von Leistungsträgern, dann droht uns unter Rot-Rot-Grün tatsächlich Sozialismus.
Mehr Staat kostet letztlich auch mehr
Es ist ja nicht so, dass Schwarz-Gelb staatliche Behörden drastisch beschnitten hätte. Im Gegenteil. Auch unter Schwarz-Gelb, seit Jahrzehnten, hat sich bei uns der Staat immer mehr Kompetenzen selbst zugeschanzt. Kompetenzen, in denen er alles andere als kompetent ist. Ein Beispiel aus der Wirtschaft: Über die Deutsche Bank AG wird gerne geschimpft, doch anders als die meisten Landesbanken hat sie den Staat = Steuerzahler keinen einzigen Cent gekostet.
Je mehr Behörden, desto mehr Bürokratie, also mehr Staat. Mehr Staat = weniger individuelle Selbstbestimmung = mehr behördlich-staatliche Fremdbestimmung = mehr Bürokratie auf Kosten des Steuerzahlers. Dem zuliebe wird Rot-Rot-Grün die Unternehmenssteuer erhöhen. Hurra, werden die meisten rufen. Werden sie immer noch jubeln, wenn viele als Folge ihre Arbeitsplätze verlieren? Weite Teile der (vermeintlichen) Kulturelite werden, dem einstigen Waffen-SS-Mann Günter Grass nachlaufend, über Rot-Rot-Grün jubilieren. Wird ihre Freude anhalten, wenn Rot-Rot-Grün, wie zu erwarten, Kulturbudgets streicht?