Tagespolitik allgemein

Der Verweis auf das Fehlen einer paramilitärische Wahlkampfhelfertruppe mag richtig sein, aber sollte es nicht eigtl. zum demokratischen Mindeststandard gehören, dass es so etwas nicht gibt?

Dazu die BPB:

Verfassungswidrig und damit sozusagen verbotsfähig ist aber erst, wer mit Gewalt gegen diese Grundordnung vorgeht oder Gewalt als Mittel propagiert. Im Karlsruher Urteil zum KPD-Verbot von 1956[6] heißt es daher: "Es muss vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen. ... Sie muss planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen, im weiteren Verlauf diese Ordnung selbst beseitigen wollen."


https://www.bpb.de/politik/extremis...teien-und-verbote-sieben-fragen-und-antworten
 
@icebär Danke für den Hinweis. :) Aber erfüllt die NPD diese Anforderungen nicht? Angriffe auf Büros von Parteien behindern beispielsweise deren politische Arbeit und dass Anhänger der NPD auch bei Wahlkampfveranstaltungen Personen einschüchtern, ist doch auch schon vorgekommen. Das ist schon der planvolle und gewalttätige Versuch, den demokratischen Prozess zu verhindern.
 
Das muss sich aber auch programmatisch oder durch Aufforderungen von Parteifunktionären belegen lassen. Der berühmtberüchtigte und abstreitbare Einzelfall ist da wohl einfach nicht ausreichend gewesen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass man in Karlsruhe leichtfertig vorgegangen wäre, was Sichtung und Auswertung sämtlicher Beweise und Aussagen von Zeugen anbelangt.

Die Führungskader der NPD sind in den letzten Jahrzehnten sehr clever geworden. Man gibt sich im Anzug die Hand, verzichtet auf Springerstiefel und Glatzköpfe und achtet peinlich genau darauf, eben nicht etwas von sich zu geben, dass der Partei als Ganzes das Genick brechen könnte. Und auch in der NPD gibt es Anwälte, die anscheinend alles andere als unfähig sind, wenn man das heutige Urteil bedenkt. Kurzgesagt, die NPD hat das gegenwärtige politische System verstanden und sämtliche Fallstricke erfolgreich vermeiden können.
 
Das muss sich aber auch programmatisch oder durch Aufforderungen von Parteifunktionären belegen lassen. Der berühmtberüchtigte und abstreitbare Einzelfall ist da wohl einfach nicht ausreichend gewesen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass man in Karlsruhe leichtfertig vorgegangen wäre, was Sichtung und Auswertung sämtlicher Beweise und Aussagen von Zeugen anbelangt.

Verstehe, dann hat es schlussendlich einfach nicht zum Beweis gereicht, dass diese Aktionen durch die Partei angeordnet und organisiert wurden. Okay. Zumindest wurde noch mal klar bestätigt von einem Gericht bestätigt, dass die NPD verfassungsfeindliche Positionen vertritt.
 
Aber erfüllt die NPD diese Anforderungen nicht? Angriffe auf Büros von Parteien behindern beispielsweise deren politische Arbeit und dass Anhänger der NPD auch bei Wahlkampfveranstaltungen Personen einschüchtern, ist doch auch schon vorgekommen.

Genau damit haben die Bundesländer, meines Wissens, auch die Verfassungswidrigkeit der NPD zu beweisen versucht. Das Problem ist eben, dass die NPD sich in dieser Hinsicht tatsächlich vergleichsweise schlau verhalten hat - was schließlich auch zur Folge hatte, dass sich die durchaus gewaltbereiten Teile der rechtsextremen Szene nun nicht mehr unter dem Banner der NPD organisieren.
 
Da muss ich zustimmen. Ein Parteienverbot sollte immer ultima ratio sein, aber die Begründung "Die Partei ist definitiv verfassungsfeindlich und hat zum Ziel, das Grundgesetz abzuschaffen, aber nicht genügend Stärke dafür" finde ich schwer nachvollziehbar. Wo setzt man denn da die Grenze? Bei 10% Wählerstimmen für den Bundestag ist Partei X zu stark und kann verboten werden? Bei 5%?

Der Verweis auf das Fehlen einer paramilitärische Wahlkampfhelfertruppe mag richtig sein, aber sollte es nicht eigtl. zum demokratischen Mindeststandard gehören, dass es so etwas nicht gibt?

Eben, das ist das große Problem. Beim KPD-Verbotsverfahren war es auch nicht soviel anders wie jetzt bei der NPD und die wurde verboten. Es ist doch absurd ein Verbot am Ende daran festzumachen, dass die Partei stark genug ist oder direkt gewalt ausübt. Das ist doch dämlich, welche Partei wird schon Schlägertrupps aufstellen? Und man soll ernsthaft glauben, sobald eine Partei "stark genug" wäre, könnte sie noch verboten werden? Gerade wenn Parteien noch nicht stark genug ist, sollte ihnen bei Verfassungsfeindlichkeit ein Ende gesetzt werden, damit sich die Geschichte eben nicht wiederholen kann.
 
Eben, das ist das große Problem. Beim KPD-Verbotsverfahren war es auch nicht soviel anders wie jetzt bei der NPD und die wurde verboten. Es ist doch absurd ein Verbot am Ende daran festzumachen, dass die Partei stark genug ist oder direkt gewalt ausübt. Das ist doch dämlich, welche Partei wird schon Schlägertrupps aufstellen? Und man soll ernsthaft glauben, sobald eine Partei "stark genug" wäre, könnte sie noch verboten werden? Gerade wenn Parteien noch nicht stark genug ist, sollte ihnen bei Verfassungsfeindlichkeit ein Ende gesetzt werden, damit sich die Geschichte eben nicht wiederholen kann.

Das sehe ich auch so. Die Begründung ging ja damit einher, dass die NPD jetzt ja auch aus dem letzten Landtag geflogen sei. Hier ging es eigentlich nicht um Schlägertrupps usw. Hier ging es klar um deren Einfluss auf politischer Ebene.
Man müsste sich nur mal vorstellen, die NPD wäre in vielen Landtagen vertreten oder sogar in der Regierung und vielleicht auch noch im zweistelligen Prozentbereich und dann würde sie verboten. Was wohl dann auf der Straße los wäre? Und welchen Einfluss sie dann evtl geltend machen könnte? Ich kann die Begründung des Gerichts einfach nicht für sinnvoll halten.
 
Eben, das ist das große Problem. Beim KPD-Verbotsverfahren war es auch nicht soviel anders wie jetzt bei der NPD und die wurde verboten. Es ist doch absurd ein Verbot am Ende daran festzumachen, dass die Partei stark genug ist oder direkt gewalt ausübt. Das ist doch dämlich, welche Partei wird schon Schlägertrupps aufstellen? Und man soll ernsthaft glauben, sobald eine Partei "stark genug" wäre, könnte sie noch verboten werden? Gerade wenn Parteien noch nicht stark genug ist, sollte ihnen bei Verfassungsfeindlichkeit ein Ende gesetzt werden, damit sich die Geschichte eben nicht wiederholen kann.


Soweit ich weiß verlangt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das bei einem Parteiverbot die besagte Partei auch die Möglichkeit der Machtübernahme hat. Dies war bei der KPD noch nicht der Fall.
 
Soweit ich weiß verlangt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das bei einem Parteiverbot die besagte Partei auch die Möglichkeit der Machtübernahme hat. Dies war bei der KPD noch nicht der Fall.

Dann sollte sich das Bundesverfassungsgericht vielleicht in naher Zukunft mal mit der AfD beschäftigen, besonders wenn zB ein Herr Höcke noch öfter solche Reden wie gestern in Dresden hält.

http://www.deutschlandfunk.de/afd-h...al-der-schande.447.de.html?drn:news_id=700776

Immerhin erreichte diese Partei in Wahlen bisweilen um die 20 Prozent, und ob sie tatsächlich auf dem Boden des GG steht muss man angesichts vieler Äußerungen ihres Führungspersonals immer stärker anzweifeln.

C.
 
Gerade wenn Parteien noch nicht stark genug ist, sollte ihnen bei Verfassungsfeindlichkeit ein Ende gesetzt werden, damit sich die Geschichte eben nicht wiederholen kann.

Die Ironie daran: Wenn Parteien reihenweise verboten werden, dann wiederholt sich die Geschichte. Ich sehe bei dieser Auslegung keinen Grund, um bei der NPD halt zu machen. Da kann man gleich auch noch andere Parteien fort räumen, die ebenfalls mal extreme Positionen vertreten haben. Nur weil die sich im Augenblick benehmen, heißt das ja nicht, dass diese nicht wieder austicken könnten. Das trifft dann direkt die Grünen, die LINKE, die AfD, die Republikaner und was weiß ich, wen sonst noch... Sicher lässt sich auch eine Rechtfertigung finden, um CDU und SPD anzugehen.

Diese enorm hohen Verbotshürden sind ein Resultat des absoluten Machtanspruchs der NSDAP während des Dritten Reichs.
 
Imho ist mit "stark genug" auch gar nicht gemeint, man solle so lange warten bis die Partei so stark ist, dass ein Verbot auch nichts mehr bringt oder sie sich gar nicht mehr verbieten lässt.
Die NPD nicht zu verbieten ist, zum jetzigen Zeitpunkt, bei dem diese Partei nicht mal mehr ein Schatten ihrer stärksten Tage ist, die bessere Entscheidung gewesen.
Es zeigt dieser Partei nämlich noch mal ganz deutlich, dass sie a) eigentlich nur zum Lachen ist b) es nicht Wert ist, dass eine Ultima Ratio an ihr angewandt wird und c) die Demokratie die sie ablehnt eben nicht (sofort) mit den gleichen Waffen kämpft, wie sie es gern hätte.
Das Ausschlaggebende ist hierbei allerdings, dass man den Zeitpunkt und eben doch die Stärke der NPD betrachtet. Hätten wir es hier mit einer 15-20% NPD zu tun, würde die Sache ihmo schon anders aussehen.

Und was ein NPDler jetzt sagt, ist sowieso ohne Bedeutung. In diesen Kreisen hätte man sich das Ergebnis so gedreht, dass man entweder als "Sieger" oder als "Märtyrer" aus dem Prozess geht. Welchen wirklich großen Vorteil, mal abgesehen von der Genugtuung im ersten Moment, hätte ein Verbot denn gebracht?
 
Mich wundert es gerade ein wenig, dass dieses Urteil hier sehr einseitig beleuchtet wird und die Worte von Andreas Voßkuhle dabei bislang gar nicht gewürdigt wurden. Laut ihm gäbe es nämlich einen Weg, um gegen verfassungsfeindliche Parteien vorgehen zu können, indem der Gesetzgeber durch eine Verfassungsänderung den Geldhahn der Parteienfinanzierung abdreht.

Ob verfassungsfeindliche Parteien dann noch über reine Motzversammlungen wie die Pegida-Demos hinauskommen?
 
Manche wird es freuen, andere nicht: Chelsea Manning wird begnadigt

https://www.tagesschau.de/ausland/chelsea-manning-obama-101.html

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