Zu Sonneberg:
Der Ort wird nun also...
...Die EU verlassen.
...Den Euro abschaffen.
...Die Grenzen schließen.
...Illegale Migranten ausweisen.
...Deutsche Frauen vor dem Islam schützen
...Den "Klimawahnsinn" beenden
...Sich mit Russland aussöhnen (ah, endlich kein "Marionettenstaat der USA" mehr, wie auf Montagsdemos von Sesselmann skandiert)
...Sich das Land zurückholen.
So stand es zumindest auf den Wahlplakaten, so verkündete es Kandidat Sesselmann und so tönte es aus den Mündern jener, die die AfD gewählt haben. Nun, man darf gespannt sein, welche dieser Forderungen Herr Landrat Sesselmann so umsetzen wird. Bitterer Sarkasmus an dieser Stelle vorbei, nun Tacheles: Wenn Lokalpolitiker sich einzig und allein über populistische Aussagen zu Themen weit jenseits ihrer Kragenweite profilieren, sieht es mit der Aussicht auf gute und produktive Sacharbeit ziemlich schlecht aus. Aber, und das ist eine wichtige Erkenntnis: Eine Pluralität der Wähler in Sonneberg findet Faschismus, Rassismus, Anbiederung an Diktaturen und Hass auf Andersdenkende so richtig gut - da ist es auch egal, ob die hiesige Kita nun ordentlich funktioniert oder nicht.
Wir müssen uns in Deutschland endlich von der naiven Ansicht frei machen, die Wähler der AfD seien lediglich zeitweise verirrte honorige Konservative oder enttäuschte Protestwähler. Es gab hierzulande schon immer ein Potential von 5 bis 20 Prozent für reaktionäre, rechtskonservative, rechtspopulistische, rechtsradikale und rechtsextreme Parteien. Dieses Potential, das seine Ansichten zuvor unter einer bürgerlichen Haube versteckt hat, traut sich nun immer mehr ans Licht. Man muss doch nur mit offenen Augen und Ohren durch die Straßen gehen: Hetze gegen Ausländer oder queere Menschen, das genussvolle Beleidigen von Minderheiten, das Kokettieren mit "wohltemperierten Grausamkeiten", die Bewunderung für Putin und andere Autokraten, das alles findet immer weniger hinter vorgehaltener Hand statt. Ist war richtig mies, dass das Mitbürger, Nachbarn, Kollegen, Freunde, Verwandte sind, aber es ist nun mal so und leugnen bringt nichts.
Man wird dieser Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht Herr werden, indem man versucht, die AfD rechts zu überholen. Wenn man Sprache und Inhalte von Extremisten übernimmt, macht man nicht die Extremisten schwächer, sondern stärker, und erfüllt ihre Forderungen. Und das Geraune von der "Nationalen Front" der "Altparteien" kann man getrost ignorieren. Wer zwischen Union und Linkspartei keine Unterschiede erkennt, ist entweder politisch völlig unbedarft oder will bewusst provozieren. Eines sollten aber jene Parteien, die sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, bei allen anderen drastischen Unterschieden wirklich gemeinsam haben: Keine Koalition mit der AfD.
