[Besh-Gorgon-System | The Wheel | Bürogebäude der Black Sun | Büro von Raor Shylmhyrr] Sliff Quori, Sia'ku und Mol
Sliff Quori war zufrieden. Offenbar hatte er sich doch einen Teil seines Geschäftssinns (oder seiner Krämerseele, wie früher manche gesagt hatten) über die Jahre im Tempel erhalten. Nun bewahrte sie ihn und den Verpinen davor, von Shylmhyrr komplett über den Tisch gezogen zu werden. Dieser schien nicht sehr froh darüber zu sein, dass das Thema noch einmal angesprochen wurde, aber er ging darauf ein und versprach, dass der Wert der Informationen und des Lichtschwertes mit ihrem Kredit verrechnet werden würde. Da er sich für beides eine stattliche Summe erhoffte, würde das die Zeit, die sie zum Abarbeiten ihrer Schulden brauchten, deutlich verkürzen und ihnen schneller zu einer Art von Freiheit verhelfen.
Was dann kam, gefiel dem Kobok aber weniger. Während er sich darum kümmern sollte, dass für Sia'kus Waffe ein Preis festgesetzt werden sollte, wurde dieser zur Krankenstation geschickt und Mol auf die Eisenheim beordert. Das bedeutete einen plötzlichen Abschied von dem alten und dem neuen Kameraden. Er hatte noch gar keine Zeit gehabt, sich mit dem Zabrak zu unterhalten, da sollte dieser The Wheel schon wieder verlassen. Und auch die Pfade der beiden Insektoiden trennten sich unerwartet früh.
»Mach's gut, Sia'ku! Ich sorg' dafür, dass du das Geld bekommst!« rief der Kobok seinem grün gepanzerten Leidensgenossen hinterher, nicht sicher, ob dieser noch alles mitbekommen hatte. Zu Mol sagte er: »Klar melde ich mich. Ich schulde dir von Mal zu Mal mehr! Aber irgendwann rette ich dir mal den Arsch!«
Dann verschwand auch der Zabrak aus dem Büro. Sliff hatte es eilig, es ihnen gleichzutun, denn Shylmhyrrs Geduld schien erschöpft zu sein. Er hatte keine Lust, auszutesten, was passierte, wenn man dem Cathar in dieser Stimmung unnötig auf die Nerven ging, also griff er zu seiner Krücke und humpelte rasch hinaus. Sofort machte er sich auf die Suche nach Zimmer 102, wo er jemanden treffen sollte, mit dem er über das Schwert verhandeln konnte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, mit der Waffe eines Sith herumzulaufen, und das nicht in erster Linie deshalb, weil das Tragen von Waffen auf The Wheel normalerweise verboten war. Diejenigen, die ihm auf dem Gang begegneten, nahmen den unscheinbaren Metallzylinder gar nicht zur Kenntnis. Er aber wusste, was er da in Händen hielt: Etwas, wonach er sich lange Zeit gesehnt hatte. Aber es gehörte nicht ihm und er konnte es nicht behalten. Es war Teil des Startkapitals für das Leben in der Black Sun. Der Gedanke, es für sich zu behalten und Sia'ku über den Tisch zu ziehen, kam ihm überhaupt nicht: Der Dämon, der ihm letzte Nacht diese und noch dunklere Ideen eingeflüstert hatte, war gewichen.
Zimmer Hundertzwei. Eine unscheinbare Kunststofftür, an der es außer der Nummer keine Markierungen gab. Kein Hinweis, was ihn dahinter erwartete. Seine sandfarbenen Finger berührten den Klingelknopf. Einen Augenblick später glitt die Tür vor ihm auf. Vor ihm lag ein Raum, der dem von Shylmhyrr in Form und Größe ähnelte. Es war ebenfalls mit Dingen vollgestellt, die nicht zu einer normalen Büroausstattung gehörten, aber auf andere Weise. Im Gegensatz zur Höhle des Katzenmannes herrschte hier Ordnung. Es gab ein halbes Dutzend Schränke mit kleinen Schubladen und dazwischen stapelten sich Kisten und Koffer, allesamt beschriftet und numeriert, bis an die Decke. Offenbar lagerte Kwonkh hier Waren, die zum Weiterverkauf bestimmt waren. An einem kleinen Tisch inmitten des Lagers saßen sich zwei Personen gegenüber. Der eine war unverkennbar ein Sith-Trueblood, ein großer, bulliger Kerl mit breiten Schultern und rundem Bauch. Der andere war ein Mensch, offenbar jünger als die meisten, die Sliff bisher gesehen hatte. Sechzehn oder siebzehn, viel älter konnte er nicht sein. Der Kobok sprach den Trueblood an:
»Mein Name ist Sliff Quori. Shylmhyrr schickt mich, um eine Ware schätzen zu lassen. Sind Sie Quong?«
Sliff Quori war nicht sicher, ob der Gesichtsausdruck des Sith eher Heiterkeit oder Verärgerung ausdrückte - vielleicht eine schräge Mischung aus beidem.
»Nä. Er hier ist Kwonkh!« sagte er, auf den Menschen deutend, und betonte dabei den Namen so, dass der Gast sich seiner falschen Aussprache sehr bewusst wurde. Der junge Mann schenkte ihm ein Lächeln und sagte dann:
»Ich hab' gleich Zeit für Sie! - Also, Ad'ika: Ich erhöhe auf Vierhundertzweiundsiebzigtausend - und ich spendiere Ihnen eine Kiste Bier! Aber das ist endgültig mein letztes Angebot. Nehmen sie es oder lassen Sie es bleiben.« Der Trueblood nickte. »Sehr schön. Informieren Sie mich, wenn Sie die Ware haben.«
Das Geschäft - worum auch immer es sich bei dieser immensen Summe handeln mochte - war damit abgeschlossen. Der Sith erhob sich und schob sich an Sliff vorbei zur Tür. Kwonkh deutete auf den frei gewordenen Stuhl und der Kobok nahm Platz. Seine Krücken lehnte er an den nächsten Kistenstapel. Das Lichtschwert behielt er in der Hand.
»Ist es das, wonach es aussieht?« fragte der Mensch.
»Ja. Das Lichtschwert eines Sith-Kriegers. Voll funktionsfähig.«
Mit offensichtlicher Ehrfurcht nahm der junge Mann die Waffe entgegen und betrachtete sie von allen Seiten. Sein Finger tastete nach dem Aktivator.
»Anders rum!« warnte der Kobok gerade noch rechtzeitig und rettete damit die Tischplatte sowie eventuell darunter befindliche Knie.
Noch etwas scheuer als zuvor drehte Kwonkh die Waffe um und schaltete sie ein. Sofort waren die Kisten und Aktenschränke in rotes Licht getaucht, das auch in seinen weit aufgerissenen Augen funkelte.
»Wow! Hab' zwar schon zwei davon an Käufer vermittelt, aber noch nie selbst eins in der Hand gehabt! Das gehört Shylmhyrr, sagen Sie?«
Nein, es gehört 'nem Kumpel von mir! widersprach Sliff. »Wir wollen's verkaufen, um einen Kredit bei der Familie abzubezahlen.«
Kwonkh schaltete die Waffe aus und legte sie vor sich auf den Tisch. Dann zückte er einen Taschencomputer und fing an, darauf herumzutippen. Es dauerte nicht lange, bis er vermeldete:
»Für sowas gibt's 'ne Menge Interessenten. Jeder Waffenfanatiker in der Galaxis will ein Lichtschwert in seiner Sammlung haben. Am meisten verdienen lässt sich bestimmt mit einer Auktion, bei der die ganzen waffengeilen Geldsäcke sich gegenseitig überbieten. Aber sowas zu organisieren, dauert. Wie schnell braucht ihr das Geld?«
»Schneller!« erwiderte Sliff Quori. Er bedauerte sehr, dass die Auktion keine Alternative war. Je schneller man eine Ware loswerden wollte, umso schlechter üblicherweise der Preis, den man dafür erzielte. »Muss ja nicht gleich heute sein, aber ich hätte das Geld gern so bald wie möglich in der Hand - beziehungsweise bei unserem Schuldner.«
»Verstehe. Naja, ich kann die Waffe für die Black Sun aufkaufen. Aber da wäre nicht mehr als viertausend drin. Ich würde sie aber auch selbst nehmen und mir einen Sammler suchen, der sie mir abnimmt. Ich kann Ihnen 6.000 bieten. Was meinen Sie?«
»Auf keinen Fall!«
»6.500?«
Kwonkh war sichtlich enttäuscht, dass Sliff auch dieses Angebot vehement ablehnte. Er überlegte einen Augenblick und sagte dann:
»Wenn du meinst, dass du mehr dafür raushandeln kannst, dann machen wir's doch so: Ich stelle Kontakt zu einem potentiellen Käufer hier auf The Wheel her, ihr macht den Deal hier in meinem Büro... und ich kriege dann fünfzehn Prozent als Provision.«
Es gefiel dem Kobok nicht, dass der Mensch sich auf diese Weise am Gewinn beteiligen wollte. Jeder Credit, der in Kwonkhs Tasche floss, würden Sia'ku und Sliff hinterher mühsam abarbeiten müssen. Aber es war nachvollziehbar, dass der Händler eine Beteiligung dafür verlangte, dass er ihn mit einem Käufer zusammenführte. Das war auch in anderen Branchen nicht unüblich. Wenn die Summe ungefähr so hoch ausfiel, wie er es sich erhoffte, würde auch nach Abzug der fünfzehn Prozent noch eine Menge übrig bleiben. Und wenn nicht, musste er ja nicht verkaufen.
»Klingt fair.«
»Prima - ich kontaktiere sie sofort!«
Eine Stunde später war der Handel perfekt. Die Käuferin war nach kurzer Zeit persönlich erschienen, wohl wissend, dass es für ein Lichtschwert immer auch andere Interessenten geben würde. Dann waren zähe Verhandlungen erfolgt. Sliff Quori und Kwonkh hatten gleichermaßen ein Interesse daran, einen möglichst hohen Preis zu erzielen, und hatten die Käuferin - eine kolossale, dickhäutige Chevin namens Goma - gemeinsam bearbeitet. Schließlich hatten sie sich auf eine fünfstellige Summe geeinigt, mit der offensichtlich alle zufrieden waren. Goma zahlte bar und Kwonkh kümmerte sich darum, dass die Summe abzüglich seiner Provision unter Sia'kus Namen an Shylmhyrr überwiesen wurde. Sliff händigte die Waffe an die Chevin aus, die sie unter ihrem lindgrünen Umhang verschwinden ließ. Pflastersteingroße Zähne kamen in ihrem riesigen Maul zu Vorschein, als sie lächelte.
»Das wird ein hervorragendes Geschenk für jemanden, der schon alles hat«, sagte sie, ohne genauer darauf einzugehen, wen sie meinte. »Jetzt verraten Sie mir aber, wo Sie es her haben!«
Quori war nicht scharf darauf, ihr seine Lebensgeschichte zu erzählen, aber erstens bekleidete sie in der Organisation offensichtlich einen sehr hohen Rang, zweitens war er nach dem erfolgreichen Abschluss ausnahmsweise ziemlich guter Laune. Recht bereitwillig berichtete er von den Vorkommnissen auf Dorn Xesh 17, von seiner Vergangenheit im Sith-Tempel und von Sia'kus und seinem Deal mit Shylmhyrr. Als er erwähnte, dass er hoffte, auch mit seinen Informationen eine ordentliche Summe zu erzielen, funkelten die schwarzen Augen der Chevin und sie sagte:
»Kann sein; aber ganz sicher nicht, wenn Shylmhyrr den Preis festsetzt. Da er Ihnen den Kredit gegeben hat, muss er Ihnen nicht entgegen kommen. Ihr Wissen ist auf dem Markt viel mehr wert als das, was Sie von ihm bekommen würden. Machen Sie's wie bei dem Lichtschwert: Verkaufen Sie an mich! Besser gesagt, an Vigo Zula. Ich vertrete ihn hier auf The Wheel. Ich kann Ihnen in seinem Namen einen fairen Preis machen!«
Das war ein reizvolles Angebot. Die Chevin hatte schon bewiesen, dass sie nicht geizig war, und wenngleich Sliff ihre Erscheinung ziemlich abstoßend fand, war ihm ihre Gesellschaft immernoch angenehmer als die des ungepflegten Cathar in seinem zugemüllten Büro. Allerdings war er nicht sicher, ob er ihr Angebot überhaupt annehmen konnte.
»Das klingt verlockend - aber würde ich Shylmhyrr damit nicht verärgern?« fragte er vorsichtig. »Ich will mir denjenigen, der mich in der Black Sun aufgenommen und mir Geld geliehen hat, nicht zum Feind machen.«
»Das wäre ein berechtigter Einwand, wenn Shylmhyrr in der Familie mehr zu melden hätte als Zula... oder als ich. Aber das ist nicht der Fall. Nein, wirklich nicht!«
Kwonkh nickte bestätigend. »Wenn Mistress Goma dich unter ihre Fittiche nimmt, kann Shylmhyrr nichts dagegen sagen. Und Zula kümmert sich gut um seine Leute, nach allem was man so hört. Ich würde das Angebot annehmen, wenn ich du wäre!«
Ohne weiter zu zögern schlug Sliff Quori in die riesige Pranke der Chevin ein - groß genug, um seinen ganzen Oberkörper zu umfassen. Eine ziemlich symbolträchtige Geste, wie er fand. Er hatte sich ausgeliefert, mit Leib und Seele, und die Organisation, mit der er sich eingelassen hatte, konnte ihn jederzeit zermalmen. Es war im Grunde wie damals, als er nach Bastion gekommen war. Kein schönes Gefühl, wieder ganz unten in einer Hierarchie zu sein. Aber er hatte sich über die Jahre hinweg eine annehmbare Position im Sith-Tempel erarbeitet. Dank Mol und Goma hatte er nun das Gefühl, dass ihm das auch hier auf The Wheel gelingen konnte.
[Besh-Gorgon-System | The Wheel | Bürogebäude der Black Sun | Kwonkhs Warenlager] Sliff Quori; Kwonkh, Goma (NPCs)