Ich denke in letzter Zeit oft über den Unterschied von 'gesund aussehen', 'gesund leben' und 'gesund sein' nach. Es ist schon interessant. Man kann der gesündeste, sportlichste Mensch sein und an Krebs erkranken und man kann als fettleibiger, regelmäßiger Alkoholkonsument/Raucher hundert Jahre alt werden. Klar: Floskel-Alarm! Es spielt eben schon eine Rolle, wie man lebt; das erhöht einfach gewisse Wahrscheinlichkeiten in die ein oder andere Richtung. Mit dieser Denke sollte man auch leben.
Ich selbst habe mir den regelmäßigen Alkoholkonsum bereits nach der Oberstufe abgewöhnt, war dann auch im Studium eher der „Spießer“. Geraucht habe ich auch nie; nur so im Alter von vielleicht siebzehn, als das auf Partys mal „cool“ war. Der dritte große Ernährungspunkt, der Fleischkonsum, ist bei mir erst seit ein, zwei Jahren etwas runtergegangen. Süßigkeiten habe ich eigentlich nur als Kind gegessen; heutzutage mag ich z.B. Schokolade quasi gar nicht mehr. Dazu sieben Mal die Woche 30-90 Minuten Sport (Kraft/Ausdauer). Ich will jetzt nicht sagen, ich bin stolz auf meine Ernährung/Lebensweise, aber ich bin zumindest mal froh, dass ich solch einen Weg eingeschlagen habe und da nun auch schon ein paar Jährchen drauf geblieben bin. Vom Körpergefühl und meiner optischen Selbstwahrnehmung her bin ich einigermaßen zufrieden.
Trotzdem, so mein Eindruck, verfalle ich peu à peu so einem kleinen Optimierungswahn. WHO hier, Wundergemüse dort, Gesundheitstipps werden einem mittlerweile überall mitgegeben. Ich esse nämlich weiterhin auch ein bis zwei Mal im Monat Chips und trinke auch ein bis zwei Mal im Monat bis zu 0,5 Liter Bier. Ich sage auch auf Geburtstagsfeiern zu zwei Stücken Kuchen nicht nein. Ich habe von Schweinefleischkonsum eher auf Geflügelfleischkonsum umgestellt, esse aber weiterhin fleißig Milchprodukte. Ernähre ich mich jetzt nur durchschnittlich gesund oder gar ungesund? Ich habe keine Ahnung. Das muss ja eigentlich jeder für sich bewerten, was zu wenig und was zu viel ist. Ich möchte halt nicht komplett auf manche Dinge verzichten. Reduzierung heißt hier meine Formel. Und wenn man sich daran gewöhnt hat, gewissen Lastern nicht mehr wöchentlich zu fröhnen, sondern nur noch alle zwei, drei, vier Wochen, dann geht das auch und man vermisst auch nichts - also ich zumindest nicht. Mit dieser Haltung fahre ich insgesamt, denke ich, ganz gut. Wie bereits gesagt lasse ich mich aber dennoch ein bisschen zur Optimierung drängen. „Von zu viel Fleisch bekommt man langfristig mit erhöhter Wahrscheinlichkeit Magenkrebs.“ Wie will man sich solch einer Warnung entziehen? Da kann man sich noch so sportlich fühlen. Wenn der Magen dann mit 50 in der Täglich-Fleisch-Generation nicht mehr mitmacht, kann man sich nicht viel für die tolle Haltung mit 20 bis 30 kaufen. Dies wiederum führt mich aber zurück zum Anfang: Kann nicht jeder Magenkrebs bekommen? Und sollte man sein Leben nicht im Grunde genommen (auch) auf Genuss und Vergnügen ausrichten statt auf Wahrscheinlichkeiten? Menschen wurden auch schon oft von irgendwelchen niedrigen Wahrscheinlichkeiten bös' erwischt. So viele Möglichkeiten hat man halt auch nicht. Macht man es seinem Körper zu 100% recht? Folgt man seinen Lastern? Wie oft macht man das? Wie lange hält man das durch? Setzt man alles auf die Karte „grün und gesund“? Ist man dann trotzdem verwundert, wenn später der Körper kränkelt? Oder beruhigt man sich damit, man habe alles versucht? Ich finde, die Ernährungs-/Lebensweise ist so ein bisschen wie das Leben selbst: Erfahrungen, Disziplin, Entscheidungen treffen, Haltung angeignen, Meinung bilden, mit Konsequenzen leben, Erfahrungen teilen können.
Mein persönliches Ziel ist es, dass ich auch mit 40, 50, 60 noch einigermaßen fit und gesund lebe. Ich muss kein „Fitness-Opa“ sein, der noch mit 70 x Kilometer läuft oder zig Klimmzüge runter rattert. Vielleicht wird das kontinuierlich auch weniger, wenn die Zellen alt werden. Aber gemessen am Alter und am Körpergefühl immer in etwa so viel zu geben, wie aktuell - das wäre toll. Und dann bin ich mir auch sicher, dass ich, ab-und-zu-Laster hin oder her, mit meinem Gewissen im Reinen sein werde - ob krank oder gesund.