FAZIT:
Wie bewertet man einen Film, der für einen persönlich die peinlichsten Momente der Saga um zwei Stück erweitert, bei dem eine Hälfte des Plots als völlig misslungen angesehen wird, man auf der anderen Seite dann aber die andere Hälfte als extrem gelungen empfindet und hierin potentiell sogar einige der stärksten Charaktermomente der Saga sieht? Für mich spiegelt sich das Thema des Films daher irgendwie auch in meiner Bewertung wider; gute und schlechte Momente halten sich ausbalancierend die Waage. Daher 5/10 Sternen, auch wenn ich vermutlich keine einzige Szene des Films so bewerten würde. Ohne den völlig verkorksten Widerstandsplot hätte der Film für mich das Potential zu einem der besten Star-Wars-Filme - so leider nicht.
Und bitte, in Ep. IX einfach weg von ständigen Referenzen, Zitierungen, Analogien, Anspielungen, Hommagen, was auch immer. Wenn ein Film wie Ep. VIII trotz all seiner Referenzen schon als mutig gilt, bräuchte Star Wars diesbezüglich wohl langsam eine Revolution, um künftig als Franchise überhaupt noch wirklich neuen Stoff liefern zu können. Und "neu" meine ich im Sinne der Kylo-Rey-Dynamik und nicht im Sinne des Elefantenrennens. Es kann ja nicht zu viel verlangt sein, dass man einen Star-Wars-Film erzählt, der nicht ständig Elemente der anderen Filme zitieren muss, aber dennoch innerhalb der ihnen zu Grunde liegenden Gesetzmäßigkeiten liegt. Das ist nämlich die eigentliche Form von "mutigem" Star-Wars-Film, die wir meiner Meinung nach brauchen.
Mir gefällt Dein Fazit, auch wenn ich anhand der Inhalte der Einzelkritiken eher mit einer
"irgendwas-unter-der-50%-Marke"-Bewertung gerechnet hätte. 5/10 klingt angesichts dessen schmeichelhaft und gleichzeitig ein wenig versöhnlich, was ich vor allem darauf zurückführe, dass der Film aus Deiner Sicht einige der besten Star Wars-Einzelmomente mitliefert. Ist diese Intepretation so in etwa zutreffend? Was ich vollends unterschreiben würde ist Deine Hoffnung, in Episode IX endgültig auf ständige Referenzen und Anspielungen zu den bisherigen Filmen, insbesondere die Teile der Original-Trilogie, zu unterlassen. Eine gut platzierte Szene mit einer passenden Textzeile á la Han Solo
"Chewie, wir sind wieder zu Hause" beim Betreten des Falcon in Episode VII ist ein vortrefflicher Bezug und gleichzeitig eine liebevolle, kitschfreie Hommage, während die allzu offensichtlichen Parallelen in Episode VIII geradezu albern und störend wirken.
Insgesamt daher,
@Balmorra : chapeau, ein toller Beitrag.
Nachdem hier vieles ausführlich (teilweise auch aus-) diskutiert worden ist, bleibt mein (reines Film-, nicht Expanded Universe-) Fazit:
Bild und Sound sind in Episode VIII keinen Deut schlechter als in Episode VII, vielleicht sogar einen Tick besser.
Der
Soundtrack wirkt immer nur im Zusammenspiel mit den Bildern, hier erzeugt eben dieser aber auch isoliert (sofern man das noch trennen kann, nachdem man den dazugehörigen Film bereits gesehen hat) bei mir keine besonderen Gänsehaut-Momente und kann auch sonst nicht so punkten. Das liegt auch daran, dass viele führende Themen (Rey, Erste Ordnung, Luke) bereits definiert sind. Diese Wiedererkennungsmarken hatte John Williams bereits für Episode VII geschrieben. Das Ende von TFA, gepaart mit dem "The Jedi Steps In/Finale"-Titel, ist dabei ein
richtig großer Gewinner.
Die
Charakterentwicklung ist und bleibt aus meiner Sicht miserabel. In diesem Fall verstehe ich auch die Schönrederei der begeisterten TLJ-Gucker nicht, von denen auch gerne immer wieder Vergleiche herangezogen werden, die in etwa so hinken, wie meine Oma nach einem Schenkelhalsbruch.
Beispiel
Snoke/Kylo Ren vs.
Palpatine/Vader. Allein schon der Versuch, diese zu vergleichen, wirft bei mir Fragen auf. Nicht nur, dass es sich im Falle der Letzteren um Sith handelte (Meister und Schüler), Kylo Ren wurde von Snoke auch nicht bekehrt, sondern hatte die "dunkle Seite" bereits in sich, als er von Luke trainiert wurde. Zudem wird zu keinem Zeitpunkt ein Einblick gewährt, weshalb dieser junge Mann mit der markanten Nase im Gesicht innerlich so ungemein zerrissen ist. Weshalb soll ich als Zuschauer das glauben? Warum liefern mir J. J. Abrams und Rian Johnson dafür nicht mal ein Fünkchen "Begründung", also einen unmissverständlichen Hinweis? Ich kann mir natürlich sehr viel herbeispinnen, aber genau
das ist es, was Drehbuch und Regie hinkriegen müssen: sie müssen mir für Spinnereien wenigstens einen kleinsten Anhaltspunkt liefern, sonst bleibt die Spinnerei genau das, was sie ist: eine beliebige Spinnerei ohne inhaltliche Auflösung. So, wie es präsentiert (oder eben nicht präsentiert) wird, bleibt der Plot in alle Richtungen offen: liegt es daran, dass er seinen Vater nicht leiden kann? Ist es in Wahrheit doch seine Mutter, die er aber trotzdem nicht töten kann? Nagt der Tod seines Großvaters so sehr an ihm? Wenn ja, wie kommt der kleine Kylo Ren darauf, dass Darth Vader der nachahmungswürdige Teil seines Großvaters war (
"Ich werde zu Ende bringen, was Du begonnen hast"). War es nicht viel eher sein Großvater Anakin Skywalker, der etwas begonnen und in ROJ schließlich auch zu Ende gebracht hat? Ist das nicht das eigentliche Vermächtnis seines Großvaters? Damit drängt sich gleich die Anschlussfrage auf: Was um Himmels Willen hat Darth Vader nach Kylo Rens Meinung denn begonnen? Übernahme der alleinigen Herrschaft als Sith Lord, wunschweise mit seinem eigenen Sohn? Stopp! Hier kommt ein Aspekt zum Tragen, der
wirklich Potenzial zur Tiefgründigkeit hat bzw. hätte haben können: was Vader nämlich nicht zu Ende gebracht hat (als Sith Lord!), ist die Übernahme der Macht in der Galaxis
ohne seinen Meister. Er tötete Palpatine nur als letztes Mittel, um seinen Sohn zu retten. Und das in einer Situation, in der er selbst bereits voller Zweifel gewesen ist, in der er offensichtlich wusste, dass der Imperator ihn würde von einem Skywalker ablösen lassen - und wenn es nicht Luke wäre, dann eben Leia. Unter diesen Umständen - und
nur unter diesen Umständen - tötete Darth Vader den Imperator... als letztendlich bekehrter Jedi. Zurück zur Gegenwart: meint Kylo Ren mit seinem Schwur im Angesicht der Maske Vaders in also vielleicht die Auslöschung des Anführers, Snoke, um selbst das Ruder in die Hand zu nehmen und der Galaxis Frieden und Ordnung wieder zu geben (wie auch immer diese nach seiner Definition aussehen würde)? Nun,
wenn das seine große Mission und die eigentliche Message hinter dieser tiefgründigen Äußerung aus TFA hätte werden sollen, dann ist sie in TLJ kurz und knapp den Bach runtergegangen - denn das einzige, was passiert, ist tatsächlich die Ermordnung des Obersten Anführers durch Kylo Ren... dies allerdings mit solch einer ungemein großen dramaturgischen Spannung, dass ich in dem Moment auch auf's Klo hätte gehen können. Der Moment davor, der Moment danach... überhaupt der weitere Ablauf nach der Thronsaal-Szene... unbedeutend. Ein überblähter Laserschwert-Kampf von Rey und Kylo Ren gegen die Leibgarde des Obersten Anführers - und sonst nichts. Puh, das musste ich erstmal verkraften. Und dann dir stärkste Szene von Kylo Rens größtem Feind: General Armitage Hux. Leider hatte Johnson den gesamten Charakter von Hux bereits der Lächerlichkeit preis gegeben und damit vollständig verschenkt, sodass seine armselige "Ich erschieße ihn, ich erschieße ihn doch nicht"-Szene verpuffte.
Das
Drehbuch ächzt an allen Ecken und Enden, leidet unter mangelnder Präzision in puncto Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit. Das mag einigen egal sein, mir ist es das aber nicht. Es tut mir leid, aber Rian Johnson hat sich hier nicht eine Episode aus einer beliebigen TV-Serie ausgesucht, sondern einen Kinofilm, der Teil einer definierten Saga ist, deren Grundwerte gesetzt sind und eingehalten werden müssen - dies ist die Natur einer (Film-) Saga. Neue Teile einer Saga können selbstverständlich Neues bringen, aber sie dürfen Altem niemals widersprechen. Sie dürfen keine Absurditäten hinzufügen, nur weil der Drehbuchautor sie "cool" findet, genauso wenig dürfen ganz plötzlich ganz neue Fertigkeiten eingebracht werden, die gleichzeitig implizieren, dass das
"ja schon immer so gewesen ist oder mindestens schon immer möglich war - auch wenn man es noch nicht gesehen hat". Das ist fehlende Kontinuität, vielleicht auch mangelndes Wissen um die Saga, das ist Beliebigkeit - und insgesamt schlechter Stil.
Für mich als "altem" Fan besteht trotzdem der Zwiespalt. Solch einen schlechten Eindruck hatte ich noch
nie von einem Star Wars-Film - mit Abstand nicht! Nicht einmal der Kinderfilm von 1999 (Episode I) ließ mich derart kopfschüttelnd aus dem Kino gehen. Obwohl ich diejenigen, die an diesem Film verdienen und die den Erfolg an den Einspielergebnissen messen, nicht belohnen möchte, werde ich mir TLJ vermutlich noch einmal anschauen - nach vorherigem Anschauen von TFA auf DVD. Ein bisschen bin ich jetzt schon gespannt, ob aus meiner klaren
3/10-Bewertung für TLJ etwas andere wird. Ich nehm eines mal vorweg: die Änderung wird nicht mehr als ein, zwei Punkte betragen - soviel ist sicher.