Ich will jetzt auch mal ein paar positivere Worte zu TLJ verlieren, zumal ja auch nach wie vor ein definitives Fazit von mir zu dem Film aussteht (und noch eine Weile ausstehen wird).
Ich habe Lukes Tod ja des öfteren kritisiert, vor allem, weil ich ihn dramaturgisch sinnlos fand. So nach dem Motto: wozu der "Twist", dass Luke auf Crait nur eine Illusion ist, wenn er dann auf Ahch-To trotzdem stirbt? Wäre es nicht dramatischer und sinnvoller gewesen, wenn Luke – da die Figur ja eh sowieso stirbt –
wirklich auf Crait ist und sich ganz real im Kampf mit Kylo Ren opfert? Wozu das Hin und Her, wenn er eh einen Abgang macht?
Nun, da ich den Ablauf der Ereignisse lange reflektiert habe, habe ich meine Meinung dazu geändert: Lukes Tod passt. Er ist sogar richtig gelungen. Viele kritisieren ja, dass ihn die Anstrengung der mentalen Projektion soviel Kraft gekostet haben soll, dass er daran starb. Aber Luke starb nicht daran. Ebenso wenig, wie Ben Kenobi daran starb, dass Darth Vader ihn erschlug. In beiden Fällen war es nicht das Erlischen der körperlichen Funktionen, die der Figur den Tod brachte, wie es beispielsweise in Qui-Gon Jinns Fall so war. Beide Figuren gingen, wie Yoda, aktiv in die Macht über und lösten sich auf, weil sie
bereit waren zu gehen. Also warum oder woran starb Luke nun? Diese Frage beantwortet der Film bereits in der ersten halben Stunde:
Luke kam nach Ahch-To, um zu sterben. Er
wollte in die Macht übergehen, er
wollte die weltliche Ebene verlassen, da seine Reise – wie Rian Johnson es treffend feststellte – abgeschlossen war. Ahch-To, die Insel der ersten Jedi, war die Zeit und der Ort, an dem Luke Skywalker als Letzter der alten Jedi, gehen würde. Aber er starb nicht vorher, als er es nur
wollte, sondern erst nach der Konfrontation mit Kylo Ren. Nicht etwa wegen der Anstrengung, sondern weil er endlich
bereit war. In seinem Exil war Luke wie ein Geist mit einer unerledigten Aufgabe, die ihn an die weltliche Ebene bindet und nicht ins Jenseits übergehen lässt. Die Sache mit Kylo Ren, das Versagen der Jedi und sein eigenes Scheitern lasteten auf Lukes Seele, waren die Ketten, die ihn in seinem irdischen Dasein gefangenhielten, buchstäblich die Gewichte, die ihn auf den Boden der weltlichen Wirklichkeit runterzogen. Dies erklärt auch seinen einigermaßen bitteren Charakter: wenn das, was dich noch ans Leben fesselt, die Ketten des schlechten Gewissens sind, dann tut das auf Dauer dem Gemüt bestimmt nicht wahnsinnig gut.
Als Luke Kylo Ren, wenn auch nur als Machtprojektion, gegenüber tritt, kann er all diese Belastungen, die er mit sich herumträgt, endlich loswerden. Er spricht mit Leia und weiß, dass sie ihm nicht nachträgt. Er entschuldigt sich bei Ben für sein Versagen und gelangt aufgrund von dessen Überzeugungen zu der Gewissheit, dass Ben im Irrtum ist mit den Dingen, die er glaubt, und daher scheitern wird – scheitern
muss in seinen bösen Absichten. Und er stellt fest, dass nicht nur die Rebellion, die die Erste Ordnung besiegen wird, neu geboren ist, sondern dass auch die Jedi in Rey weiterleben – die richtigen Jedi, das Licht, an das Luke Skywalker früh zu glauben lernte und nicht der Orden, den er später desillusioniert kritisierte.
Als er nach seiner Konfrontation mit Ben in die Sonne von Ahch-To blickt, fühlt er sich zum ersten Mal wieder von den Lasten der vergangenen Jahre befreit und er weiß, dass er seine Aufgabe erfüllt und auch sein Versprechen Yoda gegenüber, weiterzugeben, was er gelernt hat, eingelöst hat. Es muss sein, als ob ein Fluch von ihm genommen worden ist. Und er sieht vor seinem geistigen Auge die Zwillingssonnen seiner Jugendtage untergehen, bevor das Gewicht seines Schicksals auf seinen Schultern schwer zu lasten begann – ein Schicksal, das er nun erfüllt hat. Und jetzt ist er
bereit zu gehen, und wird eins mit der Macht.
Die Projektion von Hans Würfel gab mir noch Fragezeichen auf, aber auch die kann ich mir nun erklären. Kylo Ren hatte zu Luke noch eine "gute" Verbindung übrig, obwohl er seine eigene zu ihm gekappt hatte als er mit seinem Meister brach – nämlich über Rey. Seine Machtverbindung zu Rey, die von Snoke aufgebaut worden war, die wiederum ihrerseits mit Luke verbunden war durch ihre Ausbildung, wirkte wie ein Kanal, zu dem er auch noch eine indirekte Verbindung zu seinem ehemaligen Meister hatte. Man sieht, wie Kylo die Würfel ergreift und ansieht, dann blickt er nach "oben" und sieht Rey durch die Macht; diese wiederum blickt zurück, fixiert Kylo und schließt dann das Schott des Rasenden Falken, was natürlich symbolisch dafür steht, wie sie bewusst die Verbindung zu Kylo Ren trennt. Die Verbindung ist gebrochen, die Leitung gekappt – und als Kylo nach unten in seine Hand blickt, sieht er auch die Würfel verschwinden als letztes mentales Echo seiner guten Verbindung zu Luke.
Ich kann also nur sagen, dass ich der Wende um Lukes Ableben und ihrer Inszenierung nun viel mehr abgewinnen kann als noch zu Beginn. Und ich sehe nun auch den dramaturgischen Sinn darin, dass Luke auf Ahch-To stirbt und nicht auf Crait. Es ging nicht darum, dass er sich opfert wie Ben Kenobi damals, dass er Wiedergutmachung für sein Versagen leistet; es geht viel mehr darum, dass Luke mit sich selbst ins Reine kommt und seinen Frieden findet. Er griff nicht auf Crait ein in der Absicht, dass dies seine letzte Tat sein würde; doch nachdem er sie geleistet hatte, erkannte er, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte. Und dass es weiter- und gut ausgehen würde – auch ohne ihn. Und das ist es, was ihn vom Beginn des Films unterscheidet: diese Hoffnung und das Wissen, dass er die Galaxis letztendlich nicht im Stich gelassen hatte.
Werde ich Luke schmerzlich vermissen und es ewig bedauern, dass wir ihn nun wohl "nie" im richtigen Einsatz als Jedi-Meister sehen werden? Natürlich. Aber hatte er ein gutes Ableben? Definitiv. Ich denke also, dass ich mich zukünftig mit der Wendung gut arrangieren kann.. hoffentlich.
Eins finde ich dennoch natürlich merkwürdig, nämlich eine Schnittangelegenheit. Wir sehen, wie Luke nach seinem Schwebezustand auf den Fels sackt und sich dann hintüber auf den Rücken fallen lässt,
auf dem Stein. Danach sehen wir eine sehr nahe Einstellung, wie Luke mit seitwärts oder nach vorne gerichtetem Oberkörper eine Hand
auf den Stein legt und sich hochzieht. Danach sieht man eine totale Einstellung, wie er – wiederum auf dem Rücken liegend
auf dem Stein – sich in eine sitzende Position aufrichtet. Die Naheinstellung mit Luke, der sich am Felsen hochzieht, passt also nicht und wirkt wie ein Anschlussfehler für mich. Was sehr schade ist, weil's eine tolle Einstellung ist. Naja. Nichts ist halt perfekt.