Deine Worte sind aus meiner Sicht nicht widerlegbar, aber der springende Punkt liegt imho nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart. Ich stoße mich nicht daran, was jemand im stillen Kämmerlein betreibt, solange es nichts mit Pädophilie zu tun hat, sondern lediglich daran, dass man damit hausieren geht und meines Erachtens unangemessene Vergleiche zu in unserer jüngeren Vergangenheit erfolgtem größeren Unrecht herstellt. Denn das Problem von damals war eindeutig auf das unterdrückte Sexualverhalten eingrenzbar, auch wenn diese Unterdrückung keinesfalls der Maßstab für das Jetzt sein soll.
Vergleiche zwischen verschiedenem Unrecht sehe auch ich als Unsinn an. Nichts als die bloße Erfüllung von Godwin's Law.
D.h. aber nicht, dass Unrecht zu Recht wird, nur weil es weniger schlimm ist.
Wir verfolgen ja auch im Strafrecht nicht nur die Mörder sondern auch weniger schlimme Verbrechen. Und das obwohl wir bei der Polizei einen greifbaren Ressourcen-Trade-Off haben, nicht nur von Aufmerksamkeit.
Aufmerksamkeit ist in einer pluralistischen Gesellschaft eben doch eine nicht zu unterschätzende Ressource.
Betonung liegt auf pluralistisch.
Was glaubst du, warum die Gesellschaft pluralistisch sein kann?
M.E. weil wir Minderheiten Rechte zugestehen. Das eine bedingt das andere.
Die Aufmerksamkeit ist ja außerdem nur solange vorhanden wie es das Problem gibt. Nach Gewährung der Rechte würde sich diese wieder auf ein paar wenige reduzieren. Heute kräht ja auch kein Hahn mehr danach, wenn Schwule eine Parade veranstalten, was früher vielleicht noch ein Skandal war.
wenn es nicht doch mindestens ein Wertesystem, das da heißt negativer Utilitarismus
Interessanter Punkt. Darüber kannst du gerne noch mehr ausführen. Ich weiß nur was es zum Ziel hat und kann versuchen mich selbst irgendwie reinzudenken, weiß aber nicht, was von dessen Anhängern so gedacht wird.
Wobei die Minimierung von Leid doch auch Homosexuelle einschließen würde, oder nicht?
Da wären wir dann halt wieder bei der Ressourcendiskussion. Die ich in diesem Fall für nicht so relevant halte, weil es sich eben höchstens um kurzfristige Überaufmerksamkeit handelt, bis das Problem beseitigt wurde.
Es hat außerdem vielleicht auch einen bestimmten Grund, warum das existenziellste aller Probleme, der Welthunger, nicht so stark in unserer Aufmerksamkeit steht. Weil wir die kleinen Probleme sofort und billig lösen können. Die großen dagegen übersteigen entweder unsere Macht als winziger Mensch oder verlangen von uns eine riesige Opferbereitschaft oder die uns zur Verfügung stehenden Mittel haben einen ungewissen Ausgang. Man nähme nur an man würde tatsächlich den Reichtum der westlichen Welt komplett umverteilen. Wird es dann automatisch besser und der Hunger verschwinden oder versickert das Geld einfach und aus Ungleichheit wird gleichmäßig verteilte Armut? Wir wissen es nicht.
Dass es unserem Nachbar dagegen besser geht, wenn wir ihm Rechte zugestehen, wissen wir mit hundertprozentiger Sicherheit.