...die unter- und Mittelschicht der Bevölkerung ist nicht schlauer als vor 100 Jahren ... Wenn alle Menschen an einem Strang ziehen würden und keiner auf seinen eigenen Vorteil aus wäre, dann könnten wir uns glücklich schätzen
ACK, was das meiste von dir betrifft, aber bei einem Punkt muss ich zumindest eindringlich widersprechen:
Das unsere heutige so genannte Unter- und Mittelschicht (Wusste gar nicht, dass wir im Vergleich zu so manch anderen Ländern in Deutschland eine "Unterschicht" haben, aber okay...) nicht schlauer ist, als vor 100 Jahren, wage ich doch sehr zu bezweifeln - vor allem hinsichtlich des Umfangs dort!
Es mag noch heute durchaus Bürger geben, die tatsächlich nicht viel schlauer sind als vor 100 Jahren, aber ob das auf eine repräsentative Mehrheit wie etwa der gesamten "Unterschicht" zutrifft, erscheint mir doch sehr unwahrscheinlich.
Insgesamt halte ich die so genannte "Unter-" wie auch Mittelschicht für inzwischen wahrlich nicht mehr so dumm, wie du sie hier hinstellen wolltest. Und der Grund dafür ist dabei von durchaus sehr rationaler und pragmatischer Wesenheit: Unsere öffentlichen Medien- und Informationskanäle - sie mögen uns ja tatsächlich mit ihrer Informationsflut überfordern - sind im Gegenzug dazu jedoch andererseits nach wie vor ein Garant für zumindest einen gewissen Mindest-Bildungsstandard innerhalb der Bevölkerung, denn selbst der "Dümmste" - aber ich sage lieber Uninteressierteste kriegt dort früher oder später etwas mit.
IMHO unterscheidet sich darüber hinaus unsere heutige Schulbildung alleine ob ihres Bildungsanspruches sowie der Motivation der Lehrerschaft erheblich von denen um 1900 bis 1911 herum.
Meiner A. n. war das Interesse vor 100 Jahren vor allem seitens der Bürgerschaft bzw. arbeitenden Bevölkerung im Hinblick auf Bildung weitaus geringer. Zwar gab es solche Ansprüche in jener Zeit durchaus, aber der Großteil der Bevölkerung war IMHO eher an berufspraktischer Bildung denn an Schulbildung interessiert. Für die normale Bevölkerung war das Leben zu der Zeit härter, als für uns heute. Es gab damals nicht in der Form medizinische bzw. gesundheitliche Absicherungssystems bzw. Schutzmaßnahmen gegen Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit, wie es sie heute gibt. Die einzige Sicherheit, die es in jenen Zeiten für die normale, einfache Bevölkerung gab, war der Verdienst des eigenen Lebensunterhalts und die eigenen Nachkommen bzw. Kinder. Menschen wurden zu den Zeiten schneller und früher krank, starben häufiger und in jüngeren Jahren und die wenigsten von ihnen verfügten somit über den privilegierten Status, sich nur dem rein theoretischem Lernen und Erwerben von Wissen, Erkenntnis und Weisheit zu widmen.
IMHO muss man wohl einfach sagen, dass die Art an Unkenntnis in den damaligen Zeiten mit der Art an Unkenntnissen von heute gar nicht mehr wirklich vergleichbar sind.
Und was deinen Hinweis bezogen darauf anbetrifft, dass alle Menschen am gleichen Strang ziehen sollten, ist er schön und gut gedacht, aber unrealistisch.
Menschen unterstützen sich in der Realität nicht einfach so, sondern sie wollen in der Regel nicht übervorteilt werden. Das aber hat zur Folge, dass der eine dem anderen eben niemals einfach so vorbehaltlos vertrauen würde. Vielleicht tut der andere ja nur so, als ziehe er genau so stark an dem Strang, wie man selbst. Und was weiß man außerdem, warum er mit an dem Strang zieht?
Kurzum, die Systematik, die wir leben und in der wir leben, agieren und arbeiten, hat zur Folge, dass wir in vielen Bereichen unzureichend und zu knapp kommunizieren (können - oder wollen). Das wiederum behindert gegenseitiges Verstehen, was eine gute Grundlage für gegenseitiges Vertrauen wäre.
Dahin zu kommt ein etabliertes, moralisches Wertegerüst, an welches wir uns zu halten suchen und bei dem Menschen, deren Handlung wir nicht gut heißen oder manchmal auch jene, deren Handlungsmotive wir nicht verstehen oder nachvollziehen können, an den Rand der Gesellschaft geschoben oder einfach nur weg gesperrt werden.
Ein guter Schritt wäre hier wahrscheinlich, bereits in den allgemeinbildenden Schulen den Unterricht so auszurichten, dass er stärker Soziale Intelligenz fördert. Sicherlich geschieht das sogar auch bereits, doch in der beruflichen Realität der Arbeitswelt steht zwar einerseits der Aspekt der Zusammenarbeit mit im Fordergrund, nicht aber der der Kooperationsbereitschaft. Im Zweifelsfall wird kein anderer Arbeitnehmer sich z. B. hinstellen und so nachhaltig protestieren, weil einem Kollegen gekündigt wurde, dass auch er seinen Job hinschmeißen würde, wenn der andere gehen muss.