Bandomeer

Ultima ratio res publica

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Brücke] Brückencrew & CDR Melinda Farlander

Die erste Artillerieübung der Stalwart stand an und die hohe Ehre die Übung zu eröffnen hatten die Backbordbatterien.

„Ziele markieren und zuteilen!“

Durch die Befehlskette wurde Melindas Anweisung mehrfach wiederholt, bis die Bestätigung von Lieutenant Ardinn erklang.

„Ziele markiert und Geschützbatterien für Salvenfeuer zugeteilt.“

Die Zuteilung war schnell erfolgt, weit schneller als sie nach dem ersten Desaster, der Dauer bis Erreichen der Gefechtsbereitschaft, zu rechnen hoffte. Vielleicht war die Besatzung einfach nachlässig, sich bewusst, dass es eine Übung war. So tief in republikanischem Raum würde es kaum Übergriffe geben, mit dem Friedensvertrag war die Gefahr vorerst gebannt. Aber auch wenn das der wahre Grund für das unterirdisch schlechte Ergebnis war, stellte es die Mannschaft der Stalwart dennoch nicht in ein besseres Licht. Dann nahmen sie ihre Aufgabe nicht ernst. So oder so, musste Melinda es irgendwie schaffen die Besatzung zu motivieren. Dazu würde sie sich später den Kopf zerbrechen, derzeit stand die erste Trainingseinheit an und sah den Angriff gegen unbewegliche Ziele auf mittlere Entfernung vor.

„Feuerfreigabe erteilt.“

Es fühlte sich an, als wäre ihr Herz kurz stehengeblieben. Melindas Stirn legte sich in Falten, während ihre Mundwinkel sich unbewusst, wie im Schmerz verzogen und sie wie bei einem stechenden Schmerz scharf, aber leise genug, dass es nicht jeder mitkam Luft holte. Unwillkürlich wich sie seitlich vom Display weg, welches die Übung wiedergab und das Ergebnis präsentierte. Von den fünf Turbolaserbatterien und den elf Geschützen der Backbordseite hatten Vierlingsturbolaser Beshk zwei und fünf, die Batterien Beshk zehn und die Kanonen Behsk dreizehn und fünfzehn nicht synchron mit dem Rest gefeuert. Allein Beshk eins, Beshk neun und Beshk sechzehn hatten ihre zugewiesenen Ziele getroffen. Die Blondine wollte es nicht glauben und blinzelte mehrfach in schneller Abfolge und wollte ihren Augen nicht glauben. Die Hoffnung, dass es nur ein schlechter Scherz oder ein Sehfehler war, machte Salve zwei und drei zunichte, die Trefferquoten und die zeitliche Abstimmung der Geschütze und Turbolaserbatterien wurde nicht besser. Melinda blickte peinlich berührt zu Kel. Dieser zuckte mit den Schultern und Melinda kannte nun das exakte Gefühl, was das Wort Fremdschämen einst in die Schöpfung gerufen haben musste. Sie war versucht sich nach den versteckten Kameras umzusehen. Das konnte nicht der Ernst der Schützen sein. Es kam ihr fast so vor als würden die Kanoniere alles treffen, nur ihre markierten Ziele nicht.

„Feuer einstellen!“ 'Das kann sich doch kein Mensch mitansehen.' Glücklicherweise schaffte sie es den letzten Teil nur zu denken und posaunte ihn nicht mit hinaus.

„Mister Kreen, stimmen sie sich mit Mister Ardinn ab und verifizieren die Daten der Zielerfassung.“

Es würde ein paar Minuten dauern bis die Sensorik- und Waffenstation einen exakten Abgleich präsentieren konnten. Derweil überwand sich Melinda nochmal die Ergebnisse anzusehen. Beshk eins, neun und sechzehn hatten konstant ihre Ziele getroffen. Beim Rest war die Zielgenauigkeit etwa so hoch wie wenn Melinda ihren Dienstblaster aus der Hüfte schoss. Gen Null.

„Commander, die Zielerfassung stimmt mit den Sensordaten überein.“

Diesmal war Melinda gefasst und nahm es mit einem beherrschten Nicken zur Kenntnis.

„Danke, Sub Lieutenant.“

„Mister Ardinn, besteht die Möglichkeit, dass die Kalibrierung der Zielerfassung Fehler aufweist?“


„Ich befürchte nicht Ma'am. Ich habe sie heute morgen überprüfen lassen. Mit ihrer Erlaubnis ordere ich gerne eine erneute Kalibrierung an. Dennoch sollten wir die Übung an der Stelle nicht abbrechen, sondern alle Geschütze prüfen.“

Lieutenant Ardinn dachte mit. Die beste Nachricht des bisherigen Tages in Bezug auf die Waffen der Stalwart.

„Ich stimme zu, fahren sie mit der Übung nach eigenem Ermessen fort.“

Melinda rief indessen die Daten zu den Geschützmannschaften auf die sich positiv hervorgetan hatten, indem sie nicht versagten. Sie gehörten nicht der ursprünglichen Crew des Dreadnaughts an, sondern stammten von unterschiedlichsten Schiffen. Kein Wunder, dass die Crew der Stalwart so desillusioniert war, sie hatten kein Vertrauen in ihre eigenen Fertigkeiten. Aber daran konnte man arbeiten. Melinda würde sie motivieren indem sie ihnen ihren Stolz zurück gab und zusätzlich das Schiff ordentlich führen. Die Geschützmannschaften konnten von den wenigen Veteranen lernen, sie konnte Besatzungsmitglieder einzeln zu den erfahrenen Geschützmannschaften rotieren, es würde zwar dauern, aber ihr wahr lieber, dass der gute Einfluss sich langsam verbreitet, statt die effektiven Geschützmannschaften aufzubrechen und das Risiko einzugehen, dass sie sich an den Rest der Stalwart anpassten. Es stand dazu auch ein Gespräch mit Weotiar, Thano und Ardinn an, hier mussten alle an einem Strang ziehen und Melinda wollte sehen, was für weitere Vorschläge kamen und von Weotiar wollte sie nun im Detail hören wie Captain Farnsworth die Stalwart geführt hatte.

Im Hintergrund liefen die Artillerieübung weiter und es wurde einfach nicht besser. Steuerbord-, Bug- und Heckgeschütze und Batterien taten sich schwer die zugeteilten Ziele zu treffen. Für die Kampfbereitschaft der Stalwart bedeutete das einen schweren Schlag. Derzeit stellten die Ghostrider die beste Waffe ihres Kommandos dar. 'Vielleicht sollte ich der Reparatur der Simulatoren doch eine höhere Priorität zukommen lassen. Ja.... ja, das scheint keine schlechte Idee zu sein.'
Also formulierte sie eine entsprechende Order für Gilbert Ross, auch Captain Kinley würde eine entsprechende Kopie in ihrem Postfach haben, wo ihr ebenso weiterhin freie Hand bei der Anordnung von Übungsgefechten im Raum oder auf dem Ausbildungsgelände bestätigt wurde. Die Staffelkommandantin der Ghostrider hatte bei ihrer Einheit alles richtig gemacht, also setzte Melinda auch weiterhin auf sie.

Während sie mit dem Mailprogramm arbeitete fiel ihr auch eine einkommende Mail ins Auge. Der Leistungsnachweis über ihre körperliche Fitness als auch ihr jährlicher Gesundheitscheck stand bald wieder an. Melinda mochte weder das eine, noch das andere und hatte die Angewohnheit sich davor so lange wie möglich zu drücken. Es war nicht unbedingt so, dass sie Angst vor Spritzen oder ähnlichem verspürte, aber Bluttests endeten stets damit, dass ihre Arme furchtbar zerstochen waren, weil sich die Mediziner schwer taten ihre Venen zu finden. Vielleicht konnte sie den Doc ja darum bitten ihr ein Röhrchen mitzugeben und wenn sie sich das nächste Mal schnitt – was bei ihrer Ungeschicktheit nicht allzu lange auf sich warten lassen sollte – blutete sie einfach für ihn in das Röhrchen. Insgeheim rechnete sie nicht, dass Doktor Pyne zustimmen würde, aber wenn sie nicht fragte, gab es nicht einmal die Möglichkeit. Vorerst bestätigte sie im Mailsystem jedoch, dass sie keine Erinnerung für den Gesundheitscheck benötigte.


[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Brücke] Brückencrew & CDR Melinda Farlander
 
Zuletzt bearbeitet:
For the Uniform

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro der Kommandantin] LCD Kel Thano, LCD Jinja Weotiar, LT Rorik Ardinn & CDR Melinda Farlander

Im an die Brücke angrenzendem Büro des Kommandanten waren vier Personen anwesend. Commander Melinda Farlander saß hinter ihrem Schreibtisch, davor waren der erste Offizier LCD Kel Thano, die Operationsoffizierin LCD Jinja Weotiar und der Waffenoffizier Lieutenant Rorik Ardinn angetreten. Man musste dringend etwas tun, derzeit konnte die Stalwart sich im Gefecht nicht behaupten und würde gegen jeden vergleichbaren Kreuzertypen den Kürzeren ziehen.

„Miss Weotiar, können sie mir bitte erläutern wie Captain Farnsworth mit der Stalwart ein Gefecht führen wollte?“


Melinda Farlander erhoffte sich einige Antworten zu Fragen mit denen sie sich eigentlich nicht auseinandersetzen müssen sollte. Aber gerade deshalb es war wichtig zu verstehen woher die Probleme rührten, denn dass sie behoben werden mussten war offensichtlich.

„Er ist nie davon ausgegangen, dass die Stalwart auf ihre alten Tage noch einmal einen Kampfeinsatz sieht. Seine Versetzung auf ein bedeutenderes Kommando war aufgrund seiner Dienstjahre absehbar und er hat wenig Sinn darin gesehen sich mehr Mühe zu machen als notwendig. Wie sagt ihr Volk so gerne: Er hat sich auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Durch seine guten Beziehungen ist seine Nachlässigkeit nie aufgefallen.“

Die Betonung der Worte legte nahe, dass sie davon ausging, dass letzteres auch Melindas Intention war. Möglicherweise vermutete sie auch, dass die Blondine die Schuld auf ihre Untergebenen abwälzen wollte.

„Die Moral der Mannschaft ist am Boden und es wird schwer sein sie zu heben, zumal es unweigerlich Elemente geben wird, die sich gut mit Farnsworth Führungsstil arrangiert haben und sich gegen Veränderungen auflehnen werden.“, äußerte Melinda ihre Befürchtung, in die auch der erste Offizier einstimmte.

„Die Einschätzung teile ich.“


„Ich ebenso.“ Weotiar lächelte süffisant, wobei ihre Fangzähne deutlich hervortraten. „Sie haben da ein undankbares Stück Arbeit vor sich.“

„Wir!“ Das 'Wir' schmetterte die Kommandantin ihr förmlich entgegen.

„Wir haben ein undankbares Stück Arbeit vor uns!“, korrigierte Melinda die Cathar energisch. Die Operationsoffizierin setzte gerade dazu an einen Einwand vorzubringen, aber die Blondine ließ sie nicht zu Wort kommen: „Sie gehören zu den Führungsoffizieren und wenn sie nicht Teil der Lösung sind, sind sie ein Teil des Problems.“

Mit ungewohnter Heftigkeit fuhr sie fort.

„Wenn sie sich in ihrer Selbstgefälligkeit sonnen wollen, da ist die Tür!“

Demonstrativ zeigte ihre Rechte auf den Ausgang ihres Büros. Aber die Blondine war noch nicht fertig mit ihrem zweiten Offizier.

„Wenn sie beweisen wollen, dass sie die Uniform und ihren Rang verdienen, begreifen sie endlich dass die Leistung der Stalwart auch ihre Leistung ist!“

Unter Farnsworth die Rebellin zu geben musste einfach gewesen sein, wenn man nicht mit ihm in eine Schublade gesteckt werden wollte. Hier wäre es aber weder der Besatzung, noch sich selbst dienlich die Kommandantin zu sabotieren.


„Jedes Besatzungsmitglied steht in der Verantwortung seinen Kameraden gegenüber!“

Mahnte Melinda nicht nur die Cathar, sondern auch Lieutenant Ardinn, der sich in seiner Rolle sichtlich unwohl fühlte. Er war hier in einen Konflikt zwischen Kommandantin und Operationsoffizierin gerutscht der ihn nichts anging.

„In einem Gefecht sitzen wir nicht nur sprichwörtlich alle im gleichen Boot! Es wird Zeit, dass sie ihren Teil der Verantwortung übernehmen!“

Die Cathar öffnete empört den Mund um zu sprechen, fand aber wohl keine Widerworte und schloss ihn nachdenklich wieder, um darauf zu Kel zu blicken der sachte nickte. Vielleicht begann Jenja Weotiar nun zu erahnen warum der erste Offizier Melinda Farlander Folge leistete.

„Stalwart mag mein Kommando sein, aber ich brauche ihre Hilfe! Wenn sie mich nicht mögen, fein. Das verlange ich nicht, ich verlange nur dass sie ihre Pflicht tun, das schulden sie ihren Kameraden, der Republik und vor allem sich selbst!“

Melinda fixierte nun den Waffenoffizier und der Zorn wich aus ihrem Blick, ihre Stimme wurde auch weicher.

„Lieutenant Ardinn, lassen sie die effektiven Geschützmannschaften bestehen, brechen die ursprünglichen Mannschaften der Stalwart auf und mischen sie neu. Sorgen sie auch dafür, dass unsere fähigen Kanoniere ihr Handwerk an die Neulinge und die alten Kanoniere weitergeben können. Rotieren sie die durch die kompetenten Geschützmannschaften, aber nur in geringer Zahl. Ich will nicht, dass die negative Einstellung sich noch weiter verbreitet, sondern die Veteranen ihr Wissen weitergeben.“

„Verstanden Ma'am.“

„Haben sie weitere Vorschläge wie wir die Kanoniere auf Flottenstandard heben können?“

„Ich vermute sie wollen andauernde Waffendrills, bis wir den Standard erreicht haben.“

Melinda nickte zustimmend.

„Wir könnten die monatliche Alkoholration für die Mannschaften kürzen oder sogar streichen die den Soll nicht erfüllen.“

Es würde mit Sicherheit ein Zeichen setzen, der Moral jedoch nicht gut tun.

„Oder wir erhöhen die Ration für die Mannschaften die sich bei Waffenübungen besonders hervortun, müssen sich das Privileg aber jeden Monat neu erarbeiten.“

„Zweiteres hört sich für mich besser an. Ich will die Geschützmannschaft nicht gegen uns aufbringen.“ Ihr Blick wanderte nun zu ihrem ersten Offizier. „Kel, sprich dich bitte mit dem Quartiermeister ab, falls möglich würde ich diesen Anreiz auch auf alle Stationen ausweiten wollen die sich bei der Gefechtsbereitschaft auszeichnen.“

Sie brauchte einen Ansporn, um die Sache ins rollen zu bringen. Wenn ihre Mannschaft erst einmal Vertrauen in sich selbst hatte würde auch die Moral steigen.

„Lieutenant ich gehe recht in der Annahme, dass sie gerne so viele Waffenübungen wie möglich mit scharfen Waffen durchführen wollen?“

„Ja, Commander.“

Das war nicht wirklich überraschend. Dennoch war es gut den Tatendrang in Lieutenant Ardinns Stimme zu hören.

“In Ordnung, ich werde so viele Echtfeuerübungen wie möglich beantragen. Mister Thano, sie bleiben noch. Mister Ardinn, Miss Weotiar, wegtreten.“

Als die beiden Offiziere ihr Büro verlassen hatte bereute Melinda schon die Worte die sie sagen würde. Aber innerhalb der Flottenrichtlinien gab es nicht genügend Spielraum, um das Vorhaben umzusetzen.

„Gib dem Quartiermeister ruhig zu verstehen, dass er gerne kreativ werden kann, solange es den Schiffsalltag nicht beeinträchtigt.“

Melinda wollte so einen Blankoschein eigentlich nicht ausstellen, aber manchmal musste man die Regeln ein wenig beugen. Quartiermeister der Flotte tauschten immer untereinander Versorgungsgüter aus, da der Nachschub oft viel zu lange brauchte einen mit Material zu versorgen, dass man jetzt genau brauchte, nicht in zwei Monaten. Bis zu einem gewissen Punkt musste das jeder Kommandant respektieren und tolerieren. Die Blondine hoffte nur, dass sie ihre Entscheidung nicht bereuen würde ihrem Quartiermeister – einem Toydorianer namens Higgens – mehr Freiräume zu gewähren.

„Ganz wie du meinst.“ Anscheinend war sie mit ihren Bedenken nicht allein.

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro der Kommandantin] LCD Kel Thano & CDR Melinda Farlander
 
Zuletzt bearbeitet:
Not a morning person.

[Bandomeer – Bandor – Veteran 8] Stammgäste, Dean Walker und Melinda Farlander

Es war schon spät und die ersten Gäste verließen das Veteran 8, aber Melinda dachte noch nicht ans gehen. Wie es der Zufall so wollte hatte sie in der Bar ihren Lieblingsschauspieler Dean Walker getroffen und man flirtete den ganzen Abend schon heftig. Der Hauptdarsteller der Actionserie 'Wild Aces' – eine Serie die sich um eine republikanische Staffel drehte, die zu Luft, zu Raum, zu Land und zu Wasser diente und dem Imperium Schlag um Schlag versetzte – alles in Allem sehr kitschig, aber doch eben fesselnd. Nicht zu letzt weil Dean Walker mit seinem Aussehen die Aufmerksamkeit der weiblichen Zuschauer band. Groß, athletisch, markante Gesichtszüge und immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, er kam gut an. So auch bei Melinda, die Beiden erfreuten sich sehr an den kitschigen Onelinern aus der Serie die er auch an ihr ausprobierte. Dank dem Alkohol und einem Moment indem sie erst sprach und dann dachte hatte sie ihm verraten, dass 'es' schon ne ganze Weile her war und der Schauspieler ging darauf ein.

„Trockenphase, hrm?“ raunte er leise, während sein Gesicht sich dem ihren annäherte. Die Blondine biss sich hinreißend auf die Unterlippe, blickte verlegen zu Boden, bevor sie sich wieder in den braunen Augen Deans verlor, um sachte zu nicken. „Dann habe ich gute Nachrichten für Dich. Der Wetterbericht hat für heute Nacht Regen angesagt.“ Seine Rechte legte sich an ihr Kinn und hob es sachte an während er ihr noch näher kam, aber nahm er sich nicht das Recht heraus sie zu küssen, wenngleich die stumme Bitte danach in seinen Augen stand. Melinda seufzte sachte, während sich ihre Lippen zu einem zauberhaftem Lächeln formten und sie mit verführender Stimme erwiderte. „Und mit wie viel Zentimeter Niederschlag darf ich rechnen?“
Irgendwo begann eine Frau wild zu lachen und zu kichern. Melinda blinzelte verärgert und sah sich nach dem Strörenfried um. Aber es war sie selbst die lachte, die Blondine lachte so heftig, dass sie aus dem Bett fiel und aus dem Halbschlaf aufwachte. Der Zorn verflog während sie sich den Bauch hielt und kichernd nach Luft schnappte. Schließlich bekam sie ihren Lachanfall unter Kontrolle und lag still und leise, wie eine Besiegte auf dem Boden ihres Quartiers. „Ja... ja, ich bin schon eine weibliche Casanova.“ Danach musste sie wieder prusten, es war wirklich kitischig gewesen. Der wache Teil ihres Bewusstseins musste die Barszene deshalb so witzig gefunden haben, dass sie sich glatt aus einem potenziell schlüpfrigen Traum mit ihrem Schwarm gelacht hatte. Das musste ihr erst mal jemand nachmachen. Ein Blick auf die Uhr bestätigte aber auch den Verdacht, dass sie noch Zeit hatte bis ihr Alarm losging. Der Tag begann viel zu früh und verdammt unfair, aber wenigstens mit einem Lachen. Melinda streckte ihren rechten Arm wobei sie gerade so ihre Decke zu greifen bekam und zog sie zu sich runter. Sie würde nicht eher aufstehen als sie musste! Der Arm tastete nochmal nach oben und holte sich auch noch das Kissen.

Aller Hoffnung entgegen fiel sie nicht wieder in einen Halbschlaf und setzte den Traum fort. Als der schrille Alarmton schließlich erklang und die Beleuchtung des Quartiers einschaltete erhob sie sich protestierend murmelnd, warf Decke und Kissen auf das Bett und trottete mit hochgereckter Nase, blinzelnd ins Bad. Auch nach der Dusche und morgendlichen Eincremen war Melinda Farlander nicht wirklich wach, ihre ganze Morgenroutine passierte im Automatismus. Ihre erste, wirkliche bewusste Wahrnehmung des Tages fand statt, als ihr Rauch in die Nase stieg und einer der Pfannkuchen bereits eine ungesund dunkle Farbe annahm. Sie musste im Stehen kurz eingenickt sein, während sie den Pfannkuchen machte. Wieder irgendetwas Unverständliches murmelnd warf sie das verbrannte Essen weg und konzentrierte sich bei den anderen mehr. Es half auch, dass ihre Tasse schwarzen Tees durchgezogen war und der herbe Geschmack – da er zu lange gezogen hatte – ihren Kreislauf in Schwung brachte.

Während sie frühstückte warf die Blondine einen Blick durch das Quartier. Sie war kaum einige Tage eingezogen und schon hatte das Chaos Einzug gehalten. Normalerweise war Melinda durchaus auf Reinlichkeit bedacht – nicht so sehr, dass sie einen Putzfimmel hatte, aber im Dreck lebte sie auch nicht. Die Pflichten einer Schiffskommandantin hielten sie jedoch so sehr auf Trab, dass sie nicht wirklich dazu kam auch ihre häuslichen Pflichten wahrzunehmen. Was ein Schiffskommandant normalerweise auch nicht musste, ab dieser Verantwortung bekam man einen Steward gestellt. In der Regel bezog man diesen aus den Mannschaftsgraden, aber Melinda war irgendwie unwohl bei dem Gedanken, dass jemand recht freien Zugang zu ihrem Quartier haben sollte, zu dem sie kein Vertrauen hegte. Auf der anderen Seite könnte ihr Quartier wirklich jemanden gebrauchen der ihr diese häuslichen Pflichten abnahm. Vielleicht würde sie ihren Einwand doch noch zurück ziehen.

Kurz vor dem Schichtwechsel betrat Melinda Farlander die Brücke, die Brückenwache rief die Anwesenheit der Kommandantin aus und alles ging den gewohnten Gang. Es standen heute anscheinend keine Überraschungen an. Das war doch mal schön. Der Tag war mit weiteren Übungen durchgeplant, leider war es noch zu früh um Verbesserungen zu erwarten, aber es hieß ja so schön, dass man nur durch andauerndes Training besser wurde. Zur Mittagszeit fand sie sich mit ihrem ersten Offizier in ihrem an die Brücke angrenzendem Büro wieder, wo sie sich eine Auszeit nahm und zu Mittag aß. In Ermangelung von Zeit etwas zu Kochen, oder einem Steward der sie mit etwas Essbarem versorgte kaute sie lustlos auf einem Rationsriegel herum, wobei ihr der Ekel ins Gesicht stand.


„Kel, ich habe da ne furchtbar wichtige Frage an dich.“

Der erste Offizier sah von dem Bericht auf, den sie ihm vor Kurzem gegeben hatte.

„Schieß los.“

„Ich weiß, es ist gute Sitte, dass der Schiffskommandant nur auf Einladung in das Offizierskasino oder die Messhallen der Besatzung kommt. Das ist nun der dritte Tag an dem ich zum Mittag erleben darf wie lecker unsere Rationsriegel sind. Ich muss sagen, ein Gutes hat der hier wirklich.“

Sie zeigte ihm die Aufschrift auf der Packung – corellianischer Eintopf.

„Er lässt den mantooinischen Bentaxbeerenriegel echt gut dastehen.“ Melinda hustete und legte den Riegel weg. „Bäääh...“ kommentierte sie noch, bevor er im Mülleimer landete.

„Ich habe mich gefragt, ob du mich als erster Offizier nicht dauerhaft ins Offizierskasino einladen kannst.“

„Ich kann bestimmt. Aber das wäre kaum im Einklang mit der Tradition der Flotte.“


„Komm schon, sei nicht so.“

Kel ließ sie lange zappeln, während er sich nachdenklich durch den Vollbart fuhr und sie abwägend betrachtete.


„Nur zum Frühstück, Offizierskasino Alderaan, zwei Stunden vor Schichtantritt, du hast ne halbe Stunde.“

„So früh? So früh steh ich nie auf!“, protestierte sie.

„Ich weiß, du bist absolut kein Morgenmensch, deshalb so früh. Ich will nicht, dass dich die Besatzung in deinem Schlafzombiemodus sieht.“

„Ach quatsch, gerade das wäre gut. Ich will mich ja nicht so weit von der Besatzung distanzieren und so würden sie mitbekommen, dass ich auch nur ein ganz normaler Mensch bin.“

Melinda setzte ihr überzeugendstes Lächeln auf. Gegen das sich Kel aber als immun erwies.

„Meine Konditionen stehen.“

„Fein.“, schmollte die Blondine. Aber wenigstens etwas.

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro der Kommandantin] LCD Kel Thano & CDR Melinda Farlander

OP@Tinya: Spiel du deine Übung in Ruhe zu Ende, wir müssen ja derzeit nicht zeitsynchron sein. Wenn du magst übernehme ich bei einer Übung auch gerne die 'Gegenspieler.' :)
 
Zuletzt bearbeitet:
The ship is too big.

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Gänge] CDR Melinda Farlander

In gemäßigtem Tempo schritt die Kommandantin der Stalwart durch die Gänge ihres Reiches. Farbliche Kodierungen an Wänden und Korridoren halfen bei der Orientierung. So fand sie zielsicher ihren Weg Richtung Maschinenraum. Ihr Chefingenieur Gilbert Ross bedurfte Melindas persönliche Anwesenheit, da es Zeit war den Selbstzerstörungscode abzuändern, so dass nur sie ihn kannte. Auch wenn die Blondine nicht einmal daran denken wollte, dass sie irgendwann vielleicht einmal gezwungen wäre die Reaktorüberlastung, als letztes Mittel einsetzen musste, um zu verhindern, dass ihr Schiff in die falschen Hände fiel. Es war wirklich kein schöner Gedanke, aber es wäre ihre Verantwortung und davor drückte sich Melinda nicht.

Sie nahm die nächste Abbiegung und wäre beinahe in eine kleine Gruppe schaulustige rein geplatzt. Das musste eigentlich was Interessantes bedeuten, also positionierte sie sich seitlich hinter den fünf Mannschaftsmitgliedern, so dass sie auch was sehen konnte. Das Erste war wie ein Chief Petty Officer eine Reihe an Kabeln aus einer geöffneten Wandverkleidung riss und sich an seinen Nebenmann mit hochrotem Kopf fragte.


„Wer hat diese Sauerei zu verantworten!“

„Das war der Neue.“

Im Zielsuchmodus drehte sich der Chief von seinem Nebenmann weg und den Schaulustigen den Rücken zu. Der Schuldige hatte sich wohl gerade versucht zu verdrücken, aber soweit kam er nicht. Der brüllende Petty Officer hatte ihn schon entdeckt.

„Spaceman! Kommen sie sofort hier her!“

Der Angebrüllte tat wie geheißen und nahm vor dem Unteroffizier Haltung an.

„Wie ist ihr Name?“

„Jacen.“

„Passen sie mal auf, ich weiß nicht was für einen Weichspülmist sie heutzutage in der Grundausbildung lehren, aber eines will ich direkt mal klarstellen. Ich nenne niemanden in meinem Team beim Vornamen! Es führt nur zu unangebrachter Vertrautheit und das wiederum führt zu einem Zusammenbruch der Autorität! Ich bin nicht ihr Kumpel, ich bin ihr Vorgesetzter!“

Zu behaupten der Unteroffizier kochte wäre pure Untertreibung, er hatte eher so das Format eines aktiven Vulkans.

„Ich nenne meine Untergebenen alle nur beim Nachnamen! Starkiller, Ackmar, Solo, ist mir scheißegal. Und sie werden mich Chief nennen. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“


„Aye, Aye Chief!“

„Jetzt wo wir das klargestellt haben, wie lautet ihr Nachname?“


Der Spaceman seufzte.
„Schatz. Mein vollständiger Name ist Jacen Schatz. Chief.“

„Also gut Jacen, ich will dass sie das hier nochmal machen...“


Vor ihr erklang ein amüsiertes Grunzen, und auch Melinda hatte alle Hände voll zu tun nicht loszulachen. Umso schwieriger war es auf leisen Sohlen rückwärts gehend wieder um die Ecke zu gehen. Aber es gelang ihr. Nachdem Melinda das Grinsen von ihrem Gesicht verbannt hatte, legte sie also wieder den Vorwärtsgang ein und ging energisch und beschwingt erneut um die Biegung.

„Was ist das denn hier für ein Kaffeekränzchen.“

Empörte sich die Kommandantin, woraufhin sich kurz darauf die Mannschaftsdienstgrade umdrehten, und augenblicklich Haltung annahmen und einen Salut ansetzten.

„Auf meinem Schiff wird gearbeitet! Chop Chop, an die Arbeit!“ befahl die Blondine mit mehr Strenge in der Stimme, als sie innerlich fühlte. Danach erwiderte sie den Salut und entließ die Mannschaftsgrade aus ihrer Ehrerbietung.

„Wenn sie dienstfrei haben sollten, blockieren sie nicht die Gänge.“, sprach sie nun freundlich, aber bestimmt und die Mannschaftsdienstgrade machten ihr Platz. Erst als sie um die nächste Biegung verschwunden war, erlaubte Melinda es sich zu schmunzeln. Gleichzeitig scholt sie sich aber eine Hypokratin, sie hätte direkt was sagen sollen und nicht auch erst dem Schauspiel beiwohnen. Aber so richtig unterbrechen hatte sie den Chief Petty Officer auch nicht wollen. Zum einen hatte er Recht - in einer führenden Rolle musste man eine gewisse Distanz zu seinen Untergebenen wahren - insbesondere wenn diese nicht der eigenen Gruppe, sei es nun Offizier oder Unteroffizier, angehörten. Ihre Vertrautheit mit Mac, Kel und Gilbert könnte ihre Autorität untergraben, wenn sie diese öffentlich zuließ, aber man blieb im Dienst immer respektvoll und vorbildlich, höchstens unter vier Augen brach man diese stumme Vereinbarung. Aber wenn Melinda ehrlich war, brauchte sie das auch ab und an. Die Last der Verantwortung über 19000 Wesen konnte einem Angst machen, oder größenwahnsinnig. Ihre Freunde würden dafür sorgen, dass sie auf dem Boden blieb, aber auch, dass sie den Kopf nicht in den Sand steckte.
Zum anderen verspürte sie höchsten Respekt für die Unteroffiziere der Flotte. Ihre Zeit als Fähnrich war da sehr prägend. Sie hatte es schon während der Übergabezeremonie gesagt: Wenn du nicht weiß wie etwas auf einem Schiff funktioniert, lass es dir von einem Chief Petty Officer erklären. Sie waren was die Flotte am Laufen hielt. Sicher, Offiziere gaben Befehle und Mannschaftsdienstgrade setzten diese um, aber die Unteroffiziere waren die wichtige Schnittstelle dazwischen, konnten die Befehle entsprechend interpretieren und weitergeben.

Schließlich war sie in Gilberts Reich angekommen, was länger gedauert hatte, als sie ursprünglich annahm. Was ihr nur noch einmal die Größe ihres eigenen, ersten Kommandos verdeutlichte. Irgendjemand mit Einfluss musste ihr wirklich viel zutrauen. Ein schwerer Kreuzer ging normalerweise in die Hände eines Captains. Und gerade nun mit dem Frieden konnte es zum Abbau der Flotte kommen, wenn das Eintrat würde man einige Schiffe einmotten und die Kommandanten auf Halbsold setzen. Aber wie hieß es so schön: Unter Druck entstehen man Diamanten.
Man wies ihr den Weg zum Büro des Chefingenieurs. Das Erste was ihr auffiel als sie eintrat war, dass der Begriff Büro für Gilberts Abstellkammer ein viel zu lose verwendeter Begriff war. Das konnten kaum drei Quadratmeter sein. Melinda hatte schon größere Gefängniszellen gesehen. 'Gut dass Gilbert nicht unter Raumangst leidet', kam ihr in Gedanken, als sie die Tür hinter sich schloss.


„Kuschelig hast du es hier.“ meinte sie mit einem Schmunzeln.

Dass Gilberts Gesicht eine ernste Maske blieb verdeutlichte ihr direkt, dass es um mehr ging als die Abänderung des Selbstzerstörungscode. Ein eisiger Knoten in der Magengegend verhieß ihr nichts Gutes.


[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro des Chefingenieurs] LT Gilbert Ross & CDR Melinda Farlander
 
Zuletzt bearbeitet:
Invisible Threat

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro des Chefingenieurs] LT Gilbert Ross & CDR Melinda Farlander

„Wir haben ein Problem.“, begann der Chefingenieur der Stalwart ohne Umschweife.

„Möglicherweise ein sehr, sehr großes Problem.“

Gilbert wirkte absolut ernst, so hatte Melinda ihn noch nie erlebt. Normalerweise war zumindest ein Funke Schalk in seinen Augen. Diesmal nicht.

„Was ist es?“

„Setz dich lieber.“ antwortete ihr Chefingenieur besorgt und verschaffte ihr somit das gleiche Gefühl, während sie seiner Empfehlung nachkam.

„Ich habe die Zielerfassungsprogramme bis ins letzte Detail überprüft und dabei ist mir etwas aufgefallen. Daraufhin habe ich meine besten und vertrauenswürdige Systemtechniker dran gesetzt und sie haben eine seltsame, versteckte Subroutine gefunden. Nach ihrer Analyse erlaubt dieses Schläferprogramm einen Fremdzugriff auf alle wichtigen Systeme und Sub-Systeme der Stalwart.“

Die Implikation war somit, dass ein Feind die vollkommene Kontrolle über die Systeme der Stalwart übernehmen und die eigentliche Mannschaft ausschließen konnte. Das Schlimmste wäre nicht einmal die Kontrolle über Waffen oder Schilde. Man könnte eine Selbstzerstörung herbeiführen, die Lebenserhaltung deaktivieren oder Schotts öffnen und die Mannschaft ins All blasen.

„Auf den naheliegenden Verdacht hin haben wir auch das AACS-Subsystem, was zuständig für die Flugsteuerung und Repulsoren in der Atmosphäre ist überprüft und dort ein ähnliches Programm entdeckt...“
glücklicherweise hob er die Hand, bevor Melinda wütend aufspringen konnte. „... was aber den Vorfall nicht ausgelöst hat.“

„Die Manipulationen sind bei den üblichen Systemprüfungen nicht aufgefallen, erst auf deine Anweisung hin, dass wir das Zielerfassungssystem ganz genau durchleuchten sollen sind wir darüber gestolpert.“

Der erste Instinkt der Blondine war sich zu fragen, ob es doch eine schlechte Idee war Lieutenant Ardinn an Bord zu nehmen und ob er irgendwie in den Vorfall verstrickt war. Aber hier übereilt zu handeln würde nur dem Vertrauen zwischen ihm und ihr im Wege stehen. Sollte er darin verstrickt sein, würde es herauskommen. Und solange seine Schuld nicht bewiesen war, verdiente er insbesondere von ihr das Vertrauen. Gilbert war der beste Ingenieur denn sie kennengelernt hatte und er würde die Sache aufklären.

„Kannst du schon sagen wie lange diese Programme existieren?“

Lieutenant Ross schüttelte verneinend den Kopf.

„Nicht genau. Sie können schon länger da sein. Die letzte vollständige Systemprüfung der Stalwart liegt zwei Jahre zurück und dort ist nichts aufgefallen. Möglich, dass sie dort übersehen wurden. Was ich aber persönlich für unwahrscheinlich halte, genauso dass sie erst kurzfristig im System sind. Ich vermute vielmehr, dass diese Subroutinen vor deiner Kommandoübernahme installiert wurden.“

'Wenigstens etwas.' Melinda war dankbar für die Worte, denn es nahm die Schuld von ihr und es war
durchaus eine Möglichkeit der sie zustimmte. Captain Farnsworth war in ihrem Ansehen immer weiter gesunken, umso mehr sie über seinen Umgang mit der Pflicht und der Stalwart erfuhr. Unter seinem Kommando konnte sie sich gut vorstellen, dass an den System manipuliert werden konnte.


„In Ordnung. Ich will eine vollständige Systemprüfung und absolute Geheimhaltung. Ruf nur Personen ins Vertrauen denen du absolut vertraust.“

Die Blondine wollte keine Panik und sie wollte auch den möglichen Verursacher nicht vorwarnen. Es war schwer abzuschätzen wie weitreichend dieser Wurm nicht nur die Systeme der Stalwart, sondern möglicherweise auch anderer Schiffe infiltriert hatte.

„Dachte ich mir fast, dass du so entscheidest. Wir nehmen zuerst die Kommunikationssysteme offline, wenn wir ein Aktivierungssignal nicht auffangen können sollte sich der Wurm nicht aktivieren.“

Das machte wohl am meisten Sinn. Ohne Aktivierungssignal konnte der Wurm keinen Schaden anrichten.


„Danach kümmert ihr euch um die Versiegelungen, Luftschleusen, Lebenserhaltung, Hangarabdämmfelder und Reaktorintegrität, Navigation und danach die Kampfsysteme. Stell auch jemanden ab, der diese Systeme bei einem Shuttle überprüft, ich will Commodore Williams informieren. Möglicherweise ist nicht nur die Stalwart infiziert.“


Melinda stockte und ging gedanklich noch einmal durch, dass ihr auch kein Detail entgangen war. Insbesondere der Aspekt, dass möglicherweise auch andere Schiffe von diesem Wurm befallen waren warf unangenehme Perspektiven auf. Schließlich fragte sie:

„Kannst du abschätzen wie lange ihr wohl braucht?“

Gilbert wog den Kopf leicht hin und her, in Gedanken kalkulierend, bevor er antwortete:

„Wir wissen nun wonach wir suchen, die Systeme zu säubern sollte knapp zwanzig Stunden dauern.“

Das war genau zwanzig Stunden länger als Melinda lieb war, aber sie konnte es kaum beschleunigen, sondern musste auf den Ingenieur und seine Leute vertrauen.


„In Ordnung, dann gebe ich an die Systemkontrolle durch, dass wir für anstehende Übungen Funkstille halten und gehe solange auf Gefechtsbereitschaft. Die Marines sollten dann verhindern, dass sich irgendjemand physisch an den wichtigen Systemen zu schaffen machen. Ich werde Mak und Kel ins Vertrauen ziehen.“

Gilbert nickte bestätigend. Es war unmöglich abzuschätzen wer hinter diesem schadhaften Programm stand, deshalb war es wichtig keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Ihr erster Gedanke musste der Sicherheit ihrer Mannschaft und ihrem Schiff gelten. Sobald es sicher erschien würde sie das überprüfte Shuttle nehmen und ihren Fund persönlich beim Systemkommandanten präsentieren. Auch wenn es für die Republik im Bandomeer-System keine unmittelbare Gefahr geben sollte, musste sie das so früh wie möglich an höhere Stellen tragen, ohne dabei die Sicherheit der Schiffe zu gefährden. Und das konnte sie nur persönlich tun, den Kommunikationssystemen wollte die Blondine so eine kritische Information derzeit nicht anvertrauen. Möglicherweise hörte der Verursacher des Wurms mit.


[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro des Chefingenieurs] LT Gilbert Ross & CDR Melinda Farlander
 
Under Pressure!

[Bandomeer-System – DRD Stalwart – Büro des Chefingenieurs] LT Gilbert Ross & CDR Melinda Farlander

Wenn sie die Sache so unbemerkt wie möglich an ihre beiden anderen Vertrauten weitergeben wollte, konnte Melinda diese kaum zusammenrufen, also verfasste sie noch in Gilberts Büro auf einem Datenpad das nicht am Schiffsnetzwerk hing eine Nachricht und speicherte sie auf zwei unterschiedlichen Datenchips ab. Vielleicht war die Sicherheitsvorkehrung die sie traf zu übertrieben, aber die Kommandantin der Stalwart wollte das Risiko für ihr Schiff nicht vergrößern.
Danach kam ihr in den Sinn, dass es wenig Sinn machte groß auf Geheimhaltung zu machen, wenn es über deren Terminals oder Datenpads doch ins Netzwerk gelangte. Also änderte sie ihren Plan leicht ab und druckte sich einen Wartungsbericht für die bodengestützten Kampfmaschinen aus, auf Seite drei fügte sie handschriftlich ihre eigene Nachricht an.


Wenn du das liest reagiere ganz gelassen.
Schiffssysteme sind kompromittiert, Fremdkontrolle möglich. Wir arbeiten daran und werden die nächsten zwanzig Stunden Funkstille halten müssen. Gefechtsbereitschaft wird angeordnet. Marines sollen alle wichtigen Sektionen physisch bewachen und vor möglicher Sabotage schützen. Gefechtsbereitschaft wird aufgehoben wenn Gefahr gebannt.

Diese überbrachte sie Mak persönlich mit dem Vermerk, dass sie so schnell wie möglich eine Einschätzung diesbezüglich haben wollte. Kel reichte sie wieder auf der Brücke eine Kopie und die gleiche Anordnung woraufhin dieser sich in das Büro des XOs zurück zog, wohl um sich so schnell wie möglich mit dem Material vertraut zu machen. Keine zehn Minuten später trat er wieder auf die Brücke und ließ ihr ein Nicken zukommen, dass Melinda richtig zu deuten wusste. Er war im Bilde, also wurde es Zeit in Aktion zu treten. Die Kommandantin ließ von der Kommunikation die Systemkontrolle wissen, dass die Stalwart einige Schleichfahrtübungen durchführen und deshalb Funkstille halten würde und gab daraufhin ihrer Operationsoffizierin Weotiar die Anweisung Gefechtsbereitschaft auszugeben.

„Ma'am, man meldet mir, dass ihr Shuttle bereit ist.“
vermeldete Lieutenant Roy Bathens mit dem Hauch von Verunsicherung in seiner Stimme. Sie hatte seines Kenntnisstandes nach nicht um ein Shuttle gebeten.

Melinda nahm die Meldung mit einem
„Danke Lieutenant. Ich mache mich gleich auf den Weg.“ entgegen.

„Erster Offizier, sie haben die Brücke. Setzen sie die Übung fort. Ich werde die Opposition von der Schießbude aus übernehmen.“

„Aye Ma'am. Ich habe die habe die Brücke.“ bestätigte Kel in ruhigem, brummenden Tonfall. Melinda musste sich nicht umsehen, um den stechenden Blick in ihrem Rücken zu spüren den ihre Operationsoffizierin Jinja Weotiar ihr zuwarf. Die Cathar musste spüren, dass etwas nicht stimmte. Nicht nur weil es ungewöhnlich war, dass der kommandierende Offizier mitten in einer selbst anberaumten Übung nicht nur die Brücke, sondern auch noch das Schiff verließ, aber insbesondere weil der erste Offizier das nicht beanstandete. Lieutenant Commander Weotiar war clever genug eins und eins zusammenzuzählen und das Ergebnis war, dass man sie übergang, was auch immer vorging, man hatte die Cathar nicht eingeweiht. Dass sie die Opposition übernehmen würde war doch sehr fadenscheinig.
Aber Melinda hatte weit größere Sorgen als die möglicherweise verletzten Gefühle ihrer Operationsoffizierin und konnte dabei nur die Offiziere ins Vertrauen ziehen, die sich dessen bereits als würdig erwiesen hatten. Die Cathar musste es sich erst noch erarbeiten in diesen illustren Kreis aufgenommen zu werden.


***

Auf dem Shuttleflug ordnete Commander Melinda Farlander noch einmal ihre Unterlagen. Da die Stalwart auf Schleichfahrt war, würde man von dort aus nicht bemerken, dass sie zwar Richtung der Raumstation aufbrach, aber kurze Zeit darauf den Kurs ändern ließ. Man würde auf dem Kreuzer nur über die passiven Sensoren Informationen erhalten und diesen war es nicht möglich ein so kleines Schiff, was selbst ebenfalls keine aktiven Scans durchführte, nachzuverfolgen. Aktive Sensoren halfen zwar außerordentlich bei der Aufklärung, allerdings kündeten sie von der eigenen Anwesenheit wie eine Leuchtreklametafel die noch dazu in Basic das Produkt anpries, welches man an den Mann bringen wollte. Melinda konnte nicht einschätzen, ob ein möglicher Verräter auf der Stalwart nur darauf wartete den Wurm bei der erstbesten Gelegenheit zu aktivieren, oder nicht. In keinem Fall aber wollte sie ein Risiko für ihre Besatzung in Kauf nehmen, dass vermeidbar wäre. Und so zog sie alle Sicherheitsmaßnahmen die ihr notwendig erschienen.

Eine halbe Stunde später landete man ohne große Probleme landete auf dem Flottenstützpunkt nahe der Hauptstadt Bandor. Die Hände waren bedingt durch die ganze Nervosität und Aufregung glitschig und Melinda wischte sie an ihrer Uniformhose ab bevor sie sich mit ihren Akten erhob und ihre Schritte entschlossen gen Commodore Williams Büro lenkte. Als Sektorkommandant war er ihr nächster Ansprechpartner und musste es dann an höhere Kommandoetagen weiterleiten. Zunächst durchlief sie aber den Sicherheitscheckpunkt, um in den geschützten Bereich des Stützpunkten zu gelangen. Alles kostete wertvolle Zeit und zerrte an Melindas Nerven, die eh schon zum Zerreißen gespannt waren. Sie trug derzeit viel mehr Verantwortung als es ihr Recht war und sie wollte diese endlich an jemanden abgeben, so dass sie sich nur noch um ihr Schiff – und nicht die Sicherheit aller Schiffe im System oder – die Macht bewahre – im ganzen Sektor, kümmern musste.

Nachdem Melinda die Sicherheitsüberprüfung hinter sich und in Erfahrung gebracht hatte, dass der Systemkommandant nicht in der Kommandozentrale sondern vor kurzem in sein Büro wechselte, war die Commander halb versucht rennend die Strecke zu dem angestrebten Büro hinter sich zu bringen. Aber das erschien ihr nicht sonderlich hilfreich, zwar beschleunigte sie ihre Schritte, aber es war lediglich ein eiliger Gang. So würde sie sich nicht atemlos vor dem Commodore wiederfinden und japsend versuchen ihm zu vermitteln über was man auf der Stalwart gestolpert war und welche Gefahr es barg, sollte der alte Kreuzer nicht das einzige infizierte Schiff sein.
Nach einer Ewigkeit erreichte sie schließlich das Vorzimmer zu Commodore Williams Büro, zu ihrer Linken wo bereits zwei Offiziere warteten, Melindas erster Einschätzung nach Offiziere auf Halbsold die den Systemkommandanten um ein Kommando ersuchen wollten. Seitlich neben der Tür zum Büro befanden sich zwei Soldaten und zu ihrer Rechten befand sich ein Schreibtisch, mit einem Phindianer dahinter. Die Brauen der Blondine legten sich augenblicklich in Falten. Sie hatte mit dieser Rasse bisher keine guten Erfahrung gehabt, und mit dieser Erfahrung lag sie nicht allein. Sie waren pendantisch, neigten zu Übertreibungen, Sarkasmus und schienen unheimlich viel von sich geben zu können ohne wirklich etwas auszusagen. Also irgendwie wie eine ganze Spezies von Politikern die sich um ihre Wiederwahl sorgten.
Aber es half nichts, wenn das ihr Hindernis war, musste sie es bewältigen.

Der Phindianer schaute sie fragend an.


„Ich muss dringend mit Commodore Williams sprechen.“

„Aber natürlich.“, erklang es sehr nasal. „Sie haben einen Termin, Commander?“

„Nein, aber es ist wichtig und kann nicht warten.“

„Es kann nie warten. Aber sie können warten. Wenn sie keinen Termin haben, ist es aber unwahrscheinlich, dass sie heute noch drankommen.“

'Manchen Leuten darf man nicht das geringste bisschen Macht geben', ärgerte sich die Blondine. Melinda legte ihre Handflächen auf den Schreibtisch und beugte sich leicht zu dem Nichtmenschen, wobei sie seine goldenen Augen streng fixierte, mit leiser, eindringlicher Stimme sprach sie schließlich:
„Hören sie genau zu, ich bin hier weil ich den Commodore in wichtiger Angelegenheit sprechen muss, die über ihre Sicherheitsstufe hinausgeht. Sie können mich also entweder sofort zu ihm vorlassen oder sich von ihrem gemütlichen Posten und dem gesamten Militärdienst verabschieden.“

Phindianer gingen so gut wie nie Risiken ein und die Drohung der Commander musste der glorifizierte Schreibtischhengst – auch Adjutant – genannt ernst nehmen. Für einige Sekunden fixierten seine goldenen Augen sie zornig, nachdem er seine Optionen aber abwog wich der feindselige Ausdruck.

„Es ist ihre Karriere die sie aufs Spiel setzen Commander.“

Mit diesen 'beruhigenden' Worten ließ man sie zu Commodore William vor.

[Bandomeer-System – Bandomeer – Flottenstützpunkt] 3 NPC Offiziere und CDR Melinda Farlander
 
Between a Rock and a Hard Place.

[Bandomeer-System – Bandomeer – Flottenstützpunkt] COM Williams und CDR Melinda Farlander

"Commander Farlander, gut sie zu sehen. Mein Adjutant meinte, es sei dringend."
, während der Flaggoffizier sprach bat er ihr einen Sitzplatz an, den Melinda gerne annahm und bei den richtigen Worten zustimmend nickte. Das er, als auch sie das Protokoll brachen und den Salut außen vor ließ, bemerkte die Schiffskommandantin in ihrer Nervosität nicht.

"Das ist korrekt Commodore, ich bedauere so reinplatzen zu müssen...", doch bevor die Blondine die eigentliche Thematik ansprechen konnte wurde sie schon unterbrochen.

"Das ist sicherlich kein Grund, dass ich meine Höflichkeit außen vor lasse. Wie ist es ihnen ergangen, haben sie sich gut auf der Stalwart eingelebt?"

Melinda presste besorgt die Lippen aufeinander und wusste nicht so recht mit der Situation umzugehen. Sie wollte sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und dem Commodore vorschreiben, wie er seine Gäste zu empfangen hatte, es war wichtig, für den Smalltalk war eigentlich keine Zeit. Aber sie konnte ihm schlecht über den Mund fahren.

"Gut...sehr gut, Sir. Man sagt ja, dass zu Hause ist, wo man voll und ganz versteht wie die Dusche funktioniert und... um... ich kann berichten, dass ich keine Probleme mehr mit der Dusche habe. Also... ich bin angekommen... und fühle mich auf der Stalwart sehr wohl."


Die Worte stolperten ihr über die Lippen, noch bevor sie ihre Gedanken ordnen konnte und entfalteten ihre verwirrende Wirkung nicht nur auf Commodore Williams, sondern auch auf die Blondine, welche sich insgeheim fragte, warum sie so etwas erzählte. Mit einem "Uhmm..." und einem räuspernden Husten griff sie nun nach dem eigentlichen Gesprächsfaden, auch um das betroffene Schweigen zu brechen.

"Der eigentliche Grund meines Hier seins ist aber ein beunruhigender Computerwurm, der Dritten den Fremdzugriff per Remote Access auf kritische Systeme des Schiffs ermöglicht. Mein Chefingenieur, Lieutenant Ross, ist bei einer intensiven Systemprüfung der Waffensysteme zufällig darauf aufmerksam geworden und konnte das schadhafte Programm auch in anderen Systemen und Subsystemen finden. Das gesamte Computernetzwerk der Stalwart ist derzeit kompromittiert."

Die Situation zu schildern half ihr über die anfängliche Unsicherheit hinweg, so dass Melinda auch ihre Professionalität wieder fand und ihr ermöglichte mit ernster Mimik von dem Problem, oder vielmehr der Sabotage zu berichten.


"Meine Techniker konnten den Wurm isolieren und sind derzeit dabei die Systeme der Stalwart zu säubern. Es besteht die Möglichkeit, dass nicht nur mein Schiff infiziert ist, sondern weitere Schiffe. Zu diesem Zweck habe ich hier alle Daten die wir bisher zusammentragen konnten, das sollte helfen andere Schiffe zu überprüfen und zu säubern. Solange nicht geklärt ist, wie dieser Wurm ins Schiffsystem kommen konnte, möchte ich vorschlagen davon auszugehen, dass alle Schiffe die hier in den letzten zwei Jahren gewartet wurden möglicherweise kompromittiert sind."

Zweifel war gewiss keine angenehme Voraussetzung, aber man konnte es sich nicht erlauben hier von falschen Grundannahmen auszugehen. Die Republik mochte Frieden mit dem Imperium geschlossen haben, aber sie hatte noch mehr Feinde, darunter auch jene die nicht so öffentlich agierten wie das galaktische Imperium.

"Eines noch: Sollte die Infizierung mit dem Wurm wirklich von Bandomeer ausgehen, müsste wohl jemand mit einer hohen Sicherheitsfreigabe darin involviert sein. Ich empfehle so wenig Personen wie möglich ins Vertrauen zu rufen, Sir."

Pflichtbewusst legte sie den Datenchip mit den gesammelten Informationen auf dem schweren und weitläufigen Schreibtisch des Commodores, der diesen auch sogleich ergriff und sich daran machte die Daten zu sichten. Während Melinda wartete wanderte ihr Blick im Büro des Flaggoffiziers herum. Von ihr aus links hingen vier Modelle von Kriegsschiffen an der Wand. Sie war bereit darauf zu wetten, dass dies die ehemaligen Kommandos von Williams waren und somit auch sentimentalen Wert hatten. Vielleicht sollte sie sich auch ein Modell zur Stalwart anfertigen lassen. Aber wie sie sich kannte, würde sie nur damit spielen, wenn sie unbeobachtet war und dann würden Teile abbrechen - natürlich aus unvermeidbaren Unfällen heraus, nicht etwa weil ihre angeborene Geschicklichkeit die einer einbeinigen alderaanischen Hauskatze war... nein, eine einbeinige alderaanische Hauskatze hatte ihr in Punkten Geschicklichkeit sicherlich noch einiges voraus. Melinda konnte von Glück reden, dass sie so klein war, sonst würde sie sich ständig irgendwo den Kopf stoßen. Aber die Blondine schaffte es ihre Gedanken zurück zu dem Schiffsmodell für die Stalwart zu lenken, dass sie unweigerlich in Mitleidenschaft ziehen würde, das wiederum darin münden, dass Gilbert, Kel und Mak sich darüber amüsieren und sie damit aufziehen würden.

"Commander, sie haben Recht. Das sind äußerst beunruhigende Neuigkeiten. Ich werde alles weitere veranlassen, es war richtig, dass sie damit zu mir gekommen sind. Bewahren sie in diesem Punkt weiterhin Stillschweigen."

Die Worte des Flaggoffiziers beruhigten Melinda nicht wirklich, denn was wenn sie er hinter der ganzen Geschichte steckte? Sicherlich, ein sehr paranoider Gedanke, aber doch hoffentlich auch ein nachvollziehbarer.

"Sir, mit allem gebührenden Respekt, mein Gewissen wäre sehr beruhigt, wenn sie mich diesbezüglich im Bilde halten würden. Ich fühle persönliche Verantwortung, dass die Angelegenheit aufgeklärt wird. Das bin ich meiner Besatzung schuldig."

Die Worte waren keine Lüge, aber sie waren eben auch nur ein Teil der Wahrheit.

"Sie wollen auf Nummer sicher gehen, dass ich nicht hinter der Sache stehe, nicht wahr?"
Melindas rot anlaufender Kopf war alle Erklärung die der Commodore brauchte, auch wenn seinen Worten der anklagende Tonfall fehlte.

"Ich würde ihnen das nie unterstellen wollen, Sir. Es ist dennoch meine Pflicht als Offizierin, alles in meiner Macht stehende zu tun, um die Republik vor inneren und äußeren Feinden zu schützen und es wäre ein Versäumnis diesem Eid gegenüber - insbesondere wenn sie die einzige Person sind die ich in Kenntnis gesetzt habe - hier nicht auch eine Kontrollinstanz zu stellen. Wachsamkeit halte ich für eine soldatische Tugend, Sir."

Innerlich wappnete sich Melinda für ein Donnerwetter, sie hatte einem Vorgesetzten nicht unbedingt das Vertrauen ausgebrochen, sondern vielmehr das Gegenteil.

"Commander, ihre Karriere bedeutet ihnen nicht viel?"

Die Antwort der Blondine bestand in einem eloquenten, fragenden "Uhmmm?"

"Zumindest nicht so viel wie die Sicherheit ihrer Crew und der Republik. Ich mag das an ihnen. Sie sind erfrischend unkompliziert und direkt."

Melinda bemerkte jetzt erst, dass sie den Atem angehalten hatte und erlaubte es sich erleichtert auszuatmen.

"In Ordnung, ich halte sie auf dem Laufenden."


"Danke, Sir.", aber ihre Gedanken kreisten schon wieder um etwas anderes. Hatte Commodore Williams sie eben für plump erklärt?

[Bandomeer-System – Bandomeer – Flottenstützpunkt] COM Williams und CDR Melinda Farlander
 
[Bandomeer | Flottenstützpunkt | DRD Stalwart] Colonel Walker

Colonel Walker war ein kleiner, schmaler Mann mit schütterem Haar. Einer, der leicht gebeugt ging und meist ein schüchternes Lächeln zur Schau stellte. Jeder Rowdy, der nach dem Besuch einer schlechten Kneipe auf Ärger aus war, hätte ihn sich als Opfer ausgesucht. Das einzig Respektgebietende an ihm war sein Rang, aber im Moment trug er die Uniform nicht. Er trug unauffällige braune Zivilkleidung, leicht abgewetzte Schuhe und einen billigen Kleinstcomputer am linken Handgelenk. Bei sich hatte er einen ebenso unspektakulären Aktenkoffer. Alles in allem und mit den beiden Sicherheitsleuten, die ihn von der Luftschleuse der Stalwart zum Büro der Kommandantin eskortierten, sah er aus, als hätte man ihn auf dem Weg zu einem unterbezahlten Bürojob wegen eines Verkehrsdeliktes verhaftet. Aber er gehörte zu den Leuten, die es mochten, unterschätzt zu werden.

»Vielen Dank für Ihre Mühe«, sagte er mit harmlosem Lächeln zu den beiden breitschultrigen Soldaten, als sie die richtige Tür erreichten. Dann klingelte er und trat ein, sobald er die Erlaubnis erhielt.

Commander Melinda Farlander erwartete ihn bereits: Er hatte sich angekündigt. Sie wusste auch, dass sie es nicht mit einem mäßig erfolgreichen Vertreter für Haushaltsdroiden, sondern mit einem hochrangigen Offizier des Militärischen Abwehrdienstes zu tun hatte, der sie in einer offiziellen und geheimen Angelegenheit sprechen wollte. Er vermutete allerdings, dass sein Äußeres nicht ihrer Erwartungshaltung entsprach. Das tat es nie. Dass er militärisch grüßte, anstatt ihr seine schmale Rechte zu einem schlappen, schwitzigen Händedruck zu reichen, stellte einen Bruch des ansonsten sehr stimmigen Bildes dar.


»Commander Farlander, es freut mich, Sie kennenzulernen. Colonel Walker, MAD. Vielen Dank, dass Sie Zeit für mich haben«, sagte er im Plauderton. Dass das Gespräch rein aufgrund der Befehle zustande kam, die sie beide hatten, schien für ihn kein Grund zu sein, die Freundlichkeit zu vernachlässigen. »Erlauben Sie, dass ich gleich zum Thema komme. Ich bin nicht in einer Angelegenheit der Spionageabwehr hier, wie Sie vielleicht vermutet haben. Keine Sicherheitsüberprüfung Ihrer Person oder Ihres Schiffes. Das haben wir in den letzten Wochen bereits auf diskretere Weise erledigt.«

Diese Offenbarung begleitete ein verschmitztes Blinzeln, das nicht mit seinem Eindruck der fleischgewordenen Harmlosigkeit brach.

»Commander, ich bin ein Kontaktoffizier zwischen dem Flottenkommando und dem Geheimdienst und zuständig für die Organisation und Durchführung von gemeinsamen Operationen, die früher im Aufgabengebiet meines alten Arbeitgebers, des Flottennachrichtendienstes, lagen. Die Abteilung des NRGD, die diese Aufgaben heutzutage übernommen hat, hat um die Mithilfe der Flotte gebeten. Man benötigt für die Durchführung einer bestimmten Mission ein Kriegsschiff mit bestimmten Eigenschaften. Dabei spielt Feuerkraft eine eher untergeordnete Rolle. Worauf es eher ankommt... lassen Sie es mich versinnbildlichen.«

Er legte den schwarzen Koffer vor sich auf den Tisch und klappte ihn auf, um etwas Graues herauszuholen. Das faltete er auf und hielt nun mit Daumen und Zeigefingern beider Hände eine imperiale Uniformjacke in der Hand. Sie war für einen weiblichen Menschen geschnitten und trug die Abzeichen eines Commanders.

»Wir brauchen ein Schiff, das zu dieser Uniform passt. Eines, das sich im imperialen Raum unauffällig bewegen kann, weil es auch vom Feind - pardon, vom Nachbarn - eingesetzt wird und durch besondere Vorzüge wie zum Beispiel hohes Dienstalter wenig Aufmerksamkeit erregt. Wir dachten dabei an die Stalwart. Meinen Sie, diese Uniform wird Ihnen passen, Commander?«

Er legte das Kleidungsstück auf den Tisch und strich es mit einer spießigen Handbewegung glatt.

»Es geht um einen Flug in die Gebiete westlich von Coruscant. Kein Kampfeinsatz - wenn alles so läuft wie geplant, wird es nicht viel mehr als ein Spazierflug unter falscher Flagge. Aber es gibt bei Einsätzen dieser Art natürlich immer eine Reihe von Unwägbarkeiten, die es schwierig machen, den Ausgang vorauszusehen. Ihr Auftrag wird sein, die Metellos Trade Route und den Widek Bypass entlang zu fliegen und ein paar unauffällige Komm- und Sensoraufzeichnungen für uns anzufertigen. Der NRGD hat in diesem Bereich starke Flotten- und Geheimdienstaktivitäten des Imperiums registriert und wünscht sich nun, dass jemand dort nach dem Rechten sieht und Schiffsbewegungen beobachtet. Besonders interessieren wir uns für die Erwähnung des Namens ›Byss‹ und für ein Schiff wie dieses hier.«

Nun zauberte er einen kleinen Holoprojektor aus dem Koffer hervor und legte ihn neben die Uniform auf den Schreibtisch. Darauf tauchte die Silhouette eines ziemlich ungewöhnlichen Raumschiffes auf. Es hatte einen länglichen Rumpf, der vorne in zwei Spitzen auslief, die zusammen eine Art Schnabel bildeten. Weitere auffällige Merkmale waren ein schräger Turm am Heck und zwei große, tellerförmige Objekte an den Seiten. Das Hologramm beinhaltete weder Text noch Zahlen, die weitere Informationen preisgaben.

»Mehr darf ich Ihnen dazu leider nicht sagen. Es ist auch nicht Ihre Aufgabe, nach diesen beiden Dingen zu suchen. Sie sollen sich möglichst passiv verhalten und keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Damit Sie nicht belästigt werden, wird Ihr Schiff einigen kleinen Umbaumaßnahmen an den Hüllenaufbauten unterzogen, damit es einem imperialen Dreadnaught namens Exogorth ähnlicher wird, der bis vor kurzem auf dieser Route patrouillierte, im Moment aber... verhindert ist, wie ich es ausdrücken möchte. Wir gehen davon aus, dass Sie auf diese Weise kein Aufsehen erregen werden. Man wird Sie mit einer falschen Identität, imperialen Uniformen für Ihre Brückencrew und mit ein paar ins Ambiente passenden Sternenjägern ausstatten, außerdem natürlich mit imperialen Codes, mit denen Sie sich identifizieren können.

Sie sehen, die Sache ist einigermaßen durchdacht - die Planungen laufen auch schon seit einer ganzen Weile. Ich habe hier einige Datacards, die weitere Informationen enthalten, so dass Sie nicht unvorbereitet aufbrechen müssen. Trotzdem bleibt dabei ein Risiko, das ich nicht kleinreden möchte. Es besteht die Gefahr, dass Sie enttarnt werden - mit allen schlimmen Folgen, die das für Sie haben kann. Daher habe ich eines nicht in diesem Koffer: Den Befehl, der Sie zur Teilnahme zwingt. Ihre Vorgesetzten hoffen darauf, dass Sie sich und Ihr Schiff freiwillig für diesen Einsatz melden werden, Commander Farlander


Das Gesicht, das er nun aufsetzte, war das eines erwartungsvollen, aber geduldigen Kleinbürgers in der Warteschlange vor einem Postschalter.

[Bandomeer | Flottenstützpunkt | DRD Stalwart | Büro der Kommandantin] Colonel Walker, Melinda Farlander
 
Duty calls.

[Bandomeer | Flottenstützpunkt | DRD Stalwart | Büro der Kommandantin] Colonel Walker, Melinda Farlander

Die letzten neun Wochen hatten ihre Spuren hinterlassen, weniger an Melinda als an der Mannschaft der Stalwart. Die Trainingseinheiten und die Vermischung der Crew hatte gute Fortschritte ermöglicht und mittlerweile war ihr Schiff durchaus auf einem Leistungsniveau angekommen mit dem sie zufrieden sein konnte.
Sicherlich, es gab immer noch einige kleinere Ungereimtheiten, hauptsächlich mit LCD Weotiar, mit ihr eckte die Blondine unangenehm oft an. Eigentlich war Jinja eine gute Offizierin, gewissenhaft, kompetent, aber auch für ihren CO sehr, sehr unbequem. Was im Laufe der Zeit doch schon an den Nerven zehren konnte, noch war es aber nicht soweit. Man konnte somit sagen, es war alles grün auf der Stalwart.

Der Umstand, dass sie einen 1000 Termin mit einem Colonel des militärischen Abwehrdienstes hatte, führte sie auf den Computerwurm zurück der sich in den Systemen der Stalwart und auch weiteren Schiffen der Systemverwaltung versteckt hatte. Ihr Chefingenieur hatte den Schädling entdeckt, Melinda hatte lediglich die ihrer Meinung nach nötigen Maßnahmen angeleiert, so dass nicht nur ihr Kommando, sondern auch andere möglicherweise infizierte Schiffe überprüft und gesäubert wurden. Auf das Gespräch hatte sich Melinda gründlich vorbereitet und alle relevanten Daten griffbereit, denn darin hatte sie bereits Erfahrung, vom FND waren auch schon Beauftragte vor Ort gewesen. Dennoch schlug die Nachricht keine großen Wellen, es lag sehr wohl im Interesse aller die Sache im Stillen zu klären.


"Sehr erfreut Colonel Walker, für den MAD nehme ich mir die Zeit doch immer gerne." Höflichkeit kostete nichts, und sollte man doch einmal an einen unangenehmen Gesprächspartner gelangen, konnte man dann immer noch seinen Ton ändern. Nicht, dass Melinda dafür einen Grund hätte.

"Ich gehe davon aus, wären sie nicht zufrieden mit dem Ergebnis der Überprüfung gewesen würde unser Treffen unter anderen Umständen stattfinden." Nicht, dass die Schlussfolgerung besonders gewieft war, aber es gab der Blondine die Möglichkeit zu einem feinen Schmunzeln und viele Wesen reagierten positiv auf das klare Lächeln der Chandrilianerin. Nicht, dass sie wirklich damit rechnete, dass die Republik ihre eigenen Offiziere verschleppte und unter verachtenswerten Umständen 'befragte'. "Wie kann ich ihnen helfen, Colonel?"

Es wirkte schon recht abstrakt, dass der Geheimdienstmensch ihr gegenüber so gar nicht nach Geheimdienst aussah. 'Gut, zugegeben würde er nach Geheimdienst aussehen würde das der Sache entgegenstehen.', schollt sich Melinda im Geiste. Colonel Walker würde in keiner Masse herausstechen und sein Gesicht konnte man leicht vergessen, ein Büroangestellter wie es Abertrillionen in der Galaxie geben musste.
Dazu sprach er mit sanfter Stimme und doch kontrollierte er das Gespräch nicht einzig allein, weil er ein hochrangiger Offizier war. Seine Worte machten schnell klar, dass er sie aus einem anderen Grund aufgesucht hatte, es ging nicht um den Computerwurm.


"Eine verdeckte Operation hinter den Linien.", bestätigte Melinda dem Colonel, dass sie folgen konnte, während sie die imperiale Uniform berührte.
"Sie sind sehr gut vorbereitet, es würde mich verwundern wenn sie nicht passen würde.", quittierte die Blondine mit einem angedeutetem Lächeln. Ihre Augen blickten dabei jedoch nur kurz in die des Geheimdienstlers, sondern legten sich schnell wieder auf das Rangabzeichen.
Doch der Colonel wusste sich ihrer Aufmerksamkeit zu versichern. Ein etwa handgroßer Holoprojektor erwachte flackernd zum Leben und zeigte einen unbekannten Schiffstypen. Melinda beugte sich leicht vor und studierte das Bildnis. Es war beinahe zu klein, um Details zu erkennen, dennoch glaubte die Chandrilanerin ein Cluster von Turbolaserbatterien unter den Aufbauten identifizieren zu können.
"Das muss ein ziemlicher Koloss sein, falls ich mich nicht irre. Das Design ist mir unbekannt. Es wirkt ein bisschen wie ein überdimensionierter Raubvogel.", brummelte die Blondine vor sich hin und drehte die Projektion, um einen besseren Blick zu bekommen.
Und natürlich durfte der Geheimdienstler nicht mehr dazu sagen. Das durften sie nie. Die Puzzelteile die man ihr gab war, dass sie hinter feindlichen Linien eine verdeckte Aufklärungsmission durchführen sollte. Das Ziel war offensichtlich dieser merkwürdige Schiffstyp und der Begriff 'Byss'.


"Nicht sehr viel, was sie mir da sagen können. In dem Beutel den sie mir da andrehen wollen könnte eine kowakianische Affeneidechse drin sein."

Melinda presste nachdenklich die Lippen aufeinander, während sie vom Holo zur Uniform und dann schließlich wieder dem Colonel sah. Ihre Gedanken kreisten nicht um Karriereaussichten, sondern ob sie ihrer Besatzung das zutrauen konnte. Denn es wäre niemandem geholfen, wenn sie sich hier übernahm und die Sache nach hinten los ging. Sie trug die Verantwortung für fast zwanzigtausend Wesen und da durfte sie keine leichtfertige Entscheidung treffen.


"Spazierfahrten haben meiner Erfahrung nach die Angewohnheit aufregender zu werden, als das Prospekt hergibt."

Es war offensichtlich, dass die Kommandantin Zweifel hegte, noch abwog und versuchte sich Zeit zu erkaufen.


"Aber sie wären vermutlich nicht zu mir gekommen, wenn sie nicht genau wüssten wie meine Entscheidung ausfallen wird. In ihrem Aktenkoffer haben sie sicherlich auch ein psychologisches Gutachten zu meiner Person."

Ein verschmitztes Lächeln konnte sich die Blondine dann doch nicht verkneifen. Melinda mochte innerlich noch ein wenig zappeln, aber im Grunde hatte sie ihre Entscheidung schon in dem Moment getroffen, da ihr die Worte über die Lippen kamen. Also konnte sie auch einfach zu den operativen Gegebenheiten übergehen. Das würde Beiden einiges an Zeit sparen.


"Ihre Vorbereitungen ist darauf ausgelegt eine Enttarnung durch einen flüchtigen Blick zu vermeiden und wenn ich meine Sache richtig mache, sollte die Exogorth nicht mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen."
, fasste die Kommandantin noch einmal zusammen. Die Operation hatte definitiv ihre Risiken, und dass Colonel Walker nicht wirklich versuchte diese zu verschleiern, sondern Melinda im Rahmen seiner Möglichkeiten informierte rechnete sie ihm durchaus hoch an.

"Colonel MacKenzie, meine Kommandantin der Marines, wird mir gegenüber anbringen, dass - auch wenn es die operativen Voraussetzungen nicht vorsieht - es im Rahmen der Möglichkeit liegt, dass man Enterungen durchführen muss. Daher wird sie nach entsprechender imperialer Ausrüstung fragen, um die Tarnung auch in einem solchen Fall aufrecht zu halten. Was darf ich ihr antworten, wenn ich meinen Führungsoffizieren mitteile, dass ich die Stalwart freiwillig für eine Operation des MAD gemeldet habe?"


Melinda musste darauf vertrauen, dass die Datacards die Colonel Walker bei sich hatte, mehr Einblick über die Operation gab und insbesondere die Tarnung hielt was sie versprach.

[Bandomeer | Flottenstützpunkt | DRD Stalwart | Büro der Kommandantin] Colonel Walker, Melinda Farlander
 
Zuletzt bearbeitet:
[Bandomeer | Flottenstützpunkt | DRD Stalwart | Büro der Kommandantin] Colonel Walker, Melinda Farlander

Commander Farlander hatte Recht. Natürlich hatte Walker eine ungefähre Vorstellung davon, wie sie antworten würde. Das erwähnte psychologische Gutachten befand sich zwar nicht in seinem Koffer, aber in den Speichern des Computers in seinem Büro. Allerdings hatte er eines gelernt im Lauf der Dienstjahre: Man konnte die Reaktion von intelligenten Wesen niemals mit hundertprozentiger Sicherheit voraussagen. Auch wenn er und seine Kollegen es für unwahrscheinlich hielten, war es doch im Bereich des Möglichen, dass die blonde Frau ihm eine Absage erteilte. Die Möglichkeit dazu hatte er ihr in dem Bewusstsein gegeben, dass sie diese vielleicht auch nutzen würde. Aber ihre Reaktion machte deutlich, dass es dazu nicht kommen sollte. Sie hatte noch Zweifel und es sprach für sie, dass sie diese äußerte, aber sie schien im Prinzip bereits überzeugt zu sein. Nur ein paar kleine Hindernisse galt es noch zu umschiffen.

»Sie werden ihr hoffentlich antworten, dass Ihrer Meinung nach alle nur erdenklichen Vorkehrungen getroffen wurden«, antwortete er. »Und das werden Sie natürlich nur dann tun, wenn das tatsächlich Ihre Überzeugung ist. Deshalb bin ich hier: Um mit Ihnen darüber zu sprechen, was Sie noch brauchen, um diese schwierige Aufgabe zu erfüllen.

Sie können Colonel McKenzie auf diese Frage also antworten, dass auch für ihre Soldaten imperiale Uniformen zur Verfügung stehen werden, ein paar Sturmtruppenpanzer inklusive. Ich bin sicher, wir finden auch noch eine imperiale Kennung für eine Ihrer Fähren und passende Uniformen für die Piloten. Zwar hoffe ich, dass Sie niemandem so nah kommen, dass er solche Details bemerken kann, aber wenn Sie diese Maßnahme für sinnvoll halten, werden Sie selbstverständlich entsprechend ausgestattet.«


Er griff wieder in seinen Koffer und holte einen Stift und einen Block aus Flimsiplast heraus, um sich mit krakeliger Schrift ein paar Notizen zu machen.

»Wenn Sie sonst noch etwas benötigen, zögern Sie nicht, eine Liste zu erstellen - gerne auch gemeinsam mit Ihren Offizieren. Viele Augen sehen oft mehr als nur zwei. Ich werde mich dann bemühen, alle angeforderten Gegenstände und Informationen zu besorgen.

Eines werden wir Ihnen aber leider nicht bieten können, Commander: Eine Tarnung für all Ihre Besatzungsmitglieder und die Beseitigung aller Widersprüche im Inneren Ihres Schiffes. Sie werden also keinesfalls in der Lage sein, Besuch zu empfangen. Allein die Hangarausstattung weicht schon so weit vom imperialen Standard ab, dass jeder, der über einen Kennerblick oder einen Funken Misstrauen verfügt, sofort Ihre Tarnung durchschauen würde. Sollten Sie es nicht schaffen, Besucher abzuwimmeln, ist es Zeit, den Einsatz abzubrechen. Wir möchten Sie und die Stalwart gerne in einem Stück wiederbekommen.«


[Bandomeer | Flottenstützpunkt | DRD Stalwart | Büro der Kommandantin] Colonel Walker, Melinda Farlander
 
Im Anflug auf Bandomeer - Nubian Yacht "Salvation" - Senator Doktor Cassius Lazarus Dessauer, SP-7, Crew

Die meisten erfahrenen Spieler des Schach oder in diesem Fall Holoschach hätten an der Stelle anders reagiert als Doktor Cassius Dessauer, Senator von Eriadu, der sich zum Ende der Partie in einem remisverdächtigem Schreiterduell befand. Der rosegoldene Protokolldroide SP-7 fand lediglich ein paar ironische Worte darüber, dass ihre Partie unmöglich durch einen Sieg entschieden werden könne, bevor sie auf Bandoor landen würden, doch der Senator winkte bloß ab und fixierte das holographische Spielfeld. Cassius hatte neben der gleichen Anzahl an Schreitern zwei Savrips mehr über, als sein güldener RA-7 Droide, doch hatte SP-7 logischerweise eine Blockadestellung eingenommen, um seinen Grimtaash zu schützen und ein Vorrücken des Doktors quasi unmöglich zu machen. Die bewusst programmierten Schwächen des Droiden im Schachspiel tat nun zu Tage, als er nicht erkannte, dass Cassius tatsächlich noch einen Plan verfolgte, um die Partie zu gewinnen. Mit einem schnell verfliegenden Lächeln auf den Lippen betätigte der Politiker die Tasten des Holospielfelds, um mit einem unerwarteten Streiteropfer ein exzellentes Manöver zu entkorken und den überraschten SP-7 im nächsten Zug Schachmatt zu setzen. Der Senator griff nach dem Unterteller mit der Tasse alderaanischem Schwarztees, um sich einen letzten Schluck zu genehmigen, ehe sie in die Atmosphäre treten würden. Der Droide besaß zwar keine Mimik, doch Cassius genoss den Blick seines Dieners, der ihm die Tasse anschließend abnahm und für einen kurzen Augenblick aus der Lounge der Yacht verschwand, um mit folgenden Worten zurückzukehren:

"Wie konnte es Euch gelingen, einen siegbringenden Zug zu konstruieren, den meine Analyseprogramme nicht einmal erkannt haben, Master?"

Mit einem gefälligen, aber nicht arroganten Lächeln auf den Lippen legte der Senator seinen Sicherheitsgurt an, um sich kurz darauf vor dem Tischspiegel der Lounge die Haare zu richten.

"Es war der einzige mögliche Zug, der mir den Sieg einbringen konnte, doch darauf wollte ich bereits hinaus, als unsere Partie begonnen hatte. Sich gegen einen überlegenen Kontrahenten wacker zu schlagen, schafft Spielräume für Manöver, mit denen dieser durch die Ablenkung des Spiels und seinen eigenen Drang, die Partie zu gewinnen, gar nicht erst rechnet. Doch was, wenn dies nur aus reinem Kalkül geschieht und der überlegen Spieler in Wahrheit von Beginn an der Gejagte ist?"

Diese Worte überrumpelten SP-7 anscheinend, der sich verwundert an seinem mechanischem Kinn kratzte und letztlich bloß mit den Schultern zuckte:

"Ich verstehe nicht, Master."

Der Senator fasste sich an die Stirn und ließ die Partie ein weiteres Mal Revue passieren, nicht zuletzt um seinem Diener Aufschub zu gewähren, um seine Ausführungen nachvollziehen zu können. Auch wenn es sich bei ihm um eine Maschine handelte, war er doch so programmiert worden, um selbstständig lernen und seine Fähigkeiten erweitern zu können. Und während die Yacht nun in die Atmosphäre eintrat, ging dem güldenen Droiden schließlich tatsächlich das Licht auf und mit einem ungläubigen Unterton in seiner mechanischen Stimme sprach er das Offensichtliche aus:

"Nein!"

Mit einem nicht übersehbaren Stolz in seinem Antlitz hob der Senator eine Braue:

"Doch"

"Oh!"

S-7 war ein Protokolldroide, der neben seinen offensichtlichen Tätigkeiten als Butler und Übersetzer auch speziell für das Schachspiel mit Nachwuchsspielern aus reichem Hause programmiert worden war. Ein junger Neffe der Königsfamilie von Naboo hatte vor zwei Jahren eine renommierte regionale Meisterschaft in Theed gewinnen können, der Cassius beigewohnt war und nach der er sich entschieden hatte, SP-7 der einflussreichen Adelsfamilie abzukaufen. Seither hatte er nicht allzu oft die Gelegenheit gefunden, die letzten Endes nach wie vor künstliche Intelligenz seines Butlers herauszufordern, unter anderem deshalb, weil er das Spiel auf diesen scheußlichen Holoprojektoren mit den noch scheußlicheren Figuren als eine verschandelte Aberration erachtete und sich auf seiner Yacht jedoch nach wie vor kein analoges Spielfeld befand, auf dem er das Spiel bekanntermaßen eindeutig bevorzugte. SP-7 jedenfalls war es wohl gewohnt, als Meister gegen seinen Schüler anzutreten und dementsprechend verdutzt wirkte er nun, da er sich seinerseits belehren lassen musste.

"Ihr habt diese Situation bewusst herbeigeführt...aber wie ist das möglich?"

Da die Salvation den ruppigen Eintritt in die Atmosphäre der stürmischen Welt im Outer Rim längst hinter sich gebracht hatte, erhob sich der Doktor nun und rückte ein letztes Mal sein maßgeschneidertes Jackett zurecht, über das er einen zweireihigen Mantel mit Bindegürtel zog und anschließend nach seinem schwarzen und am Griff edel verzierten Schirm griff.

"Durch undurchsichtiges Schauspiel, Täuschung und zielstrebiges Festhalten am Plan, womit auch sonst? Tugenden, die ich noch ein letztes Mal erproben musste, bevor mich die Delegation der Bank of Bandor dort draußen empfangen wird
."

Mit einem dezenten Zischen öffneten sich die Luke der gut 50 meter langen und silbern glänzenden Yacht, ehe der Senator seinen Schirm öffnete und in die verstürmte Mitternacht Bandomeers hinuntertrat.


Bandomeer - Raumhafen - Landeplattform für Privatverkehr - Nubian Yacht "Salvation" - Senator Doktor Cassius Lazarus Dessauer, SP-7, Crew, Delegation der Bank of Bandor
 
Bandomeer - Bandor - Raumhafen - Landeplattform für Privatverkehr - Nubian Yacht "Salvation" - Senator Doktor Cassius Lazarus Dessauer, SP-7, Crew, Delegation der Bank of Bandor

Unter dem prasselnden Regen der stürmischen Nacht stieg der Senator die Stufen der Yacht hinunter, wo ihn der großgewachsene Muun und die junge blonde Dame erwarteten, die wohl das Empfangskomitee für seine Ankunft repräsentierten. Der schlanke Nichtmensch war zweifelsohne Damon Tyl, Vorstandsmitglied und Finanzvorsitzender der Bank of Bandor, ein ehemals imperialer Bankmanager, der vor etwa 20 Jahren nach einer politischen Schmierkampagne von Muunilinst verlassen und dem Imperium den Rücken zugekehrt hatte, um zur Republik überzulaufen und eine Karriere bei der renommiertesten Bank Bandomeers einzuschlagen. Cassius hatte ihn bereits einige Male getroffen, als er noch zu Kriegszeiten für die Centurien und den Bund für Sicherheitsautonomie, zwei Gruppierungen Gruppierungen aus politischen Hardlinern und Rüstungslobbyisten auf Eriadu, am Zusammenkommen eines Konglomerats für die Gewinnung von Ionit gearbeitet hatte. Bemühungen, die im Zuge der erfolgreichen Friedensbemühungen leider zunichte gemacht wurden, da die Eroberungen ausgewählter imperialer Welten mit den erforderlichem Ionitvorkommen nicht mehr rechtzeitig zustande kommen sollten. Ironischerweise führte genau dieser Umstand zum heutigen Treffen, da der Bund für Sicherheitsautonomie wegen eines anstehenden Großprojekts für Ionengeschütze eine Menge an Ionit benötigte, das auf Bandomeer in unvergleichbaren Ausmaßen zu finden war. Cassius war jedoch inzwischen Senator von Eriadu und besaß damit deutlich mehr politische Macht als damals.
Bei der dunkelhaarigen und etwa 25-jährigen Dame hingegen handelte es sich offensichtlich um Kirby Stonehenge, die Erbin der mächtigen Stonehenge Dynastie, Anteilseignern der Bank of Bandor, der Orsikos Mining Group, der Bondor Shipbuilding Company und weiteren mächtigen Unternehmen. Sie war ebenfalls Vorstandsmitglied der Bank of Bandor und zuständig für den Konzernumbau.

Mit einer fließenden Bewegung reichte Cassius zunächst dem Nichtmenschen die Hand, die dieser mit seiner gewaltigen Pranke und einem kalten Lächeln ergriff.

"Wie erfreulich, Sie wieder zu sehen, Mister Tyl."

Der Muun entblößte nun seine Zähne und deutete in Richtung der nabooischen Yacht:

"Sehr beeindruckend, Doktor Dessauer. Es spricht für Sie, dass sie sich trotz der grassierenden Politskandale auf Eriadu dazu entscheiden, so stillvoll zu reisen."

Der Doktor, dessen Gesichtszüge kaum Härte und Gefahr ausstrahlten, sondern viel mehr undurchschaubar und fremdartig wirkten, brauchte nicht großartig um die Ecke zu denken, um den Seitenhieb des Muun zu verstehen. Er war wohl noch immer verärgert darüber, dass Cassius in bei der Festlegung der nie zustande gekommenen Schürfungen damals gemeinsam mit seinen eriaduschen Kollegen des Bunds für Sicherheitsautonomie ausgebootet hatte. Im festen Glauben, dieses Mal in der Position des Überlegenen zu sein und Cassius in der des auf ihn angewiesenen Bittstellers, nahm er es sich also schon während der ersten Silben ihrer Unterhaltung heraus, auf direkten Konfrontationskurs mit dem Senator zu gehen. Der lächelte humorlos und zuckte bloß mit den Schultern:

"Wie würde es erst aussehen, sich von den lancierten Störmanövern der politischen Kontrahenten aus der Reserve locken zu lassen? Das käme doch schon fast einem Schuldeingeständnis gleich, nicht wahr, Miss Stonehenge..."

Mit diesen Worten trat der Senator vor Kirby Stonehenge, die er noch nicht persönlich getroffen hatte.

"Zweifelsohne, Senator Dessauer. Ich habe bereits gehört, dass Sie und Damon sich bereits kennen und sie eine...eher fruchtlose Zusammenarbeit verbindet."

Cassius war schon dabei, kurz einzuatmen und zur Antwort auf diese spitzfindige Anspielung auszuholen, als der Muun entschieden die Hand erhob und ihm zuvorkam:

"Das ist lediglich Schnee von gestern, Kirby. Nicht wahr, Doktor? Wer konnte zum damaligen Zeitpunkt schon ahnen, wie sich die Dinge entwickeln und der Krieg sein wohlverdientes Ende finden würde. In diesem Fall trifft die Schuld genauso meine Person, wie den Doktor und seine Freunde vom Bund für Sicherheitsautonomie auf Eriadu. Wir waren wohl zu stürmisch...genauso wie das Wetter heute Abend. Folgen Sie mir doch in den Gleiter, dann sehen wir zu, diese Unterredung unter angenehmeren Bedingungen fortsetzen zu können."


Bandomeer - Bandor - Raumhafen - Landeplattform für Privatverkehr - Panzergleiter - Senator Cassius Lazarus Dessauer, Vorstand Damon Tyl, Vorstand Kirby Stonehenge




 
Bandomeer - Bandor - Raumhafen - Landeplattform für Privatverkehr - Panzergleiter - Senator Cassius Lazarus Dessauer, Vorstand Damon Tyl, Vorstand Kirby Stonehenge

Auch wenn es nicht sein erster Besuch auf der stürmischen und minenübersäten Industriewelt war, die zudem als Stützpunkt der vierten Flotte in Grenznähe zum Imperium fungierte, überraschte es den Senator doch wieder, wie sehr sich Bandomeer und Eriadu in diversen Aspekten ähnelten. Beides waren keine ansehnlichen Welten, auf denen man sich ein schönes Dasein ausmalte, anders als auf seiner Heimatwelt Serenno oder der Heimat seiner verstorbenen Ehefrau Naboo. Und dennoch hatten die beiden Industrieplaneten ihren eigenen Reiz. Wenn kulturell überschwängliche Welten wie Mon Calamari, Naboo, oder beispielsweise Alderaan als Seele der Republik bezeichnet wurden, sowie Coruscant als dessen Herz, dann waren die militärisch bedeutenden Wirtschaftsstandorte das Hirn und Operationsbasen wie Bandomeer die Muskel des mächtigen Staatenbundes. Und auch wenn sie einen verpönten Ruf als triste und verbaute Ungetüme genossen, so waren sie letztlich Planeten, die Millionen von Arbeitsplätzen schufen und die Republik mit Unsummen von Steuergeldern versorgten. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf sah Cassius aus den Scheiben des Gleiters, der die massiven und wenig kunstvoll gebauten Bauten der planetaren Hauptstadt passierte und sich den Weg durch den auch Nachts noch frequentierten Verkehr bahnte. Das Schweigen im Inneren des Gefährts deutete er als Anzeichen für einen Versuch, ihn bei den anstehenden geschäftlichen Gesprächen über das Ohr zu hauen, doch stellte das nichts dar, worauf er sich nicht vorbereitet hatte. Denn wie der Doktor es vorhin seinem Butler SP-7 noch erklärt hatte, war es sowohl im Schachspiel als auch der Geschäftswelt von Nöten, seine Verhandlungspartner bewusst in Fallen zu locken.
Schließlich kam der Panzergleiter vor dem aus mehreren Türmen und einem gewaltigen Hauptgebäude bestehendem Sitz der Bank of Bandor zu stehen, wo einige Angestellte der Bank wohl noch etwas länger auf ihren Feierabend warten mussten. Denn augenblicklich kam dem Senator und Lobbyisten einer der Angestellter entgegen, die den drei Geschäftsleuten sofort Schirme hinhielten, ehe sie flankiert von den Mitarbeitern das Innere des Massivs betraten, das das Hauptgebäude der Bank darstellte. Der Weg führte sie direkt in den Turbolift, der sie in die obersten Etagen brachte, von wo aus eine rundum gläserne Brücke in einen Tower führte. Mit einer beiläufigen Handbewegung wies der Muun Damon Tyl ihre Begleiter an, Halt zu machen und sie alleine zu lassen, während Cassius sich fragte, warum sie nicht gleich den direkten Weg über den Tower genommen haben. Die Antwort ließ nicht allzu lange auf sich warten.

Die drei blieben etwa in der Mitte der gläsernen Überbrückung zum Stehen, wo sich der Muun über das Geländer beugte und hunderte Meter hinab auf den Verkehr der Hauptstadt blickte, der unterhalb hindurchführte.

"Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, Doktor Dessauer, doch bei diesem Anblick wird mir noch nach all den Jahren schwindelig."

Zögerlich und innerlich einen Seufzer unterdrückend trat der Doktor neben den Nichtmenschen, der ihn um mehrere Kopflängen überragte, während Miss Stonehenge weiterging und scheinbar woanders auf sie warten würde.

"Niemand zwingt Sie, dort hinunterzusehen, Mister Tyl. Oder täusche ich mich?"

Antwortete der frische Senator Eriadus mit ruhiger Stimme, um sich mit dem Rücken an das Geländer zu lehnen und somit genau in die andere Richtung zu sehen. Ihm war voll und ganz bewusst, dass der Nichtmensch hier irgendeine Metapher vorbereitete, die ganz bestimmt irgendetwas mit Höhen und Fallgefahr zutun hatte. Deshalb entschied er sich dazu, vorerst nicht mitzuspielen und den Muun erstmals herauszufordern, jetzt, da Miss Stonehenge sie vorerst verlassen hatte.

"Nein, ganz und gar nicht. Ich sehe aber gerne an dieser speziellen Stelle hinunter, um mir immer und immer wieder bewusst zu machen, wie tief ich fallen könnte, wenn ich mir auch nur den kleinsten Fehler erlaube. Was mich direkt zu Ihnen bringt, Doktor..."

Mit einem schmalen Lächeln amüsierte sich Cassius über die Durchschaubarkeit dieses kleinen Umwegs und nicht zuletzt Damon Tyls. Der Muun war ein raffiniertes Mastermind der Finanzwelt, dies sprach ihm niemand ab, doch war dem Doktor schon vor langer Zeit aufgefallen, dass der Nichtmensch dazu neigte, sich selbst zu überschätzen und im selben Zug andere zu unterschätzen. Konnte er denn nicht ahnen, wie durchschaubar sein Verhalten eigentlich war?

"...aus einer solchen Höhe in den Tod zu stürzen, ist ein Ende, das ich nicht meinem schlimmsten Feind wünsche. Der Fall dauert eine gefühlte Unendlichkeit, während man vor Todesangst schreit und die Qual kein Ende nimmt."

Nun doch etwas verwundert über die martialische Ausdrucksweise des Vorstandsmitglieds sah Cassius nun doch hinüber zu Tyl, um sich dann doch umzudrehen und mit dem Nichtmenschen gemeinsam gen Abgrund zu blicken.

"Ich bin mir sicher, dass Sie demnächst zum Punkt kommen wollen. Ich bin mir ebenso sicher, dass ich dieser pathetischen Unterhaltung in wenigen Augenblicken überdrüssig werde, also Mister Tyl: Was liegt Ihnen denn so Dringliches auf dem Herzen?"

In seiner Stimme lag nicht einmal der Ansatz einer Spur von Unmut und Aggression.

"Die Art und Weise Sie mich während der Ionitverhandlungen hinters Licht geführt haben. Das ist es, was mir auf dem Herzen liegt, Doktor. Wir hatten eine Übereinkunft getroffen, die zum Vorteil aller mühsam erarbeitet wurde, doch das war Ihnen und Ihren Partnern auf Eriadu nicht genug. Sie haben mich ohne jedweden Scham vorgeführt und damit beinahe meine Karriere ruiniert. Vielleicht betrachten Sie das Ganze ja als amüsantes Spiel, doch diesen Fehltritt werde ich niemals vergessen. Und nun, Jahre später, besitzen Sie die Dreistigkeit, hier aufzukreuzen und einen Platz am Verhandlungstisch einzufordern?"

Die tiefe Bassstimme des Muun dröhnte in alle Richtungen, als er seinen Unmut äußerte. Mit gefasster Stimme holte nun der Senator zu seiner Antwort aus:

"Sie hätten genau das Selbe getan, wenn Sie die Chance gesehen hätten. Also sparen wir uns doch die Schuldzuweisungen und blicken stattdessen nach vorn. Ich kann nur allzu gut verstehen, dass Sie diesem Treffen nicht allzu hinzugeneigt begegnen, jedoch sollten Sie wissen, dass es nichts Persönliches gibt, dass von der Seite meiner Partner und mir aus im Wege eines konstruktiven Gesprächs steht."

Mit einem verächtlichen Schnauben beruhigte sich Damon Tyl allmählich, jedoch gab er noch lange nicht klein bei:

"Von Ihrer Seite aus nicht, Doktor, doch von meiner Seite aus gewiss. Ich weiß, weshalb Sie hier sind und ich kann Ihnen verraten, dass Sie sich den weiten Weg von Eriadu nach Bandomeer hätten sparen können. Über mich werden Sie nicht an das erforderliche Kontingent an Ionit für Ihre Rüstungslobby kommen, das Sie mir an anderer Stelle unter der Nase wegnehmen wollten. Was glauben Sie, Doktor: Wie viele vielversprechende und Ihnen in nichts nachstehende Interessenten gibt es wohl, die sich ebenfalls für die Schürfrechte des ominösen Grundstückes interessieren, das sie von uns erwerben wollen?"

Nun musste der Senator doch laut aufseufzen. Er hatte ja mit vielem gerechnet, doch nicht solch einem dramatischen Gefühlsausbruch und einer Vendetta gegen seine Person...

Bandomeer - Bandor - Bank of Bandor - Senator Cassius Lazarus Dessauer, Damon Tyl
 
Bandomeer - Bandor - Bank of Bandor - Senator Cassius Lazarus Dessauer, Damon Tyl

"Ich mag ja zugeben, dass es nicht die feine Art gewesen ist, mit der wir die Verhandlungen geführt haben, doch reagieren Sie eindeutig über. Es ist nicht ihre alleinige Entscheidung, an wen das besagte Grundstück verkauft wird. Und wenn ich eines noch erwähnen darf: Über die anderen Interessenten habe ich mich schon umfassend informiert; sie haben gegenüber meinen Klienten in Sachen Liquidität und Sicherheiten eindeutig das Nachsehen. Sie werden konfrontiert mit unseren Angeboten mit ihren hanebüchenen Fremdfinanzierungsplänen schneller einknicken,
als Sie schauen können. Zumindest für diese einleuchtende Erkenntnis sollte ihr Weitblick eigentlich genügen."

Die Gesellschaft der Muuns setzte sich aus verschiedenen Klassen zusammen, deren führender Klasse Damon Tyl angehörte, zumindest bis zu seiner Flucht aus imperialem Staatsgebiet. Cassius wusste von Anfang an, dass es das Selbstverständnis des erfolgreichen Bankmanagers nicht zulassen würde, sich auf diese Art überzeugen zu lassen. Eher würde sich der schlanke Nichtmensch von der hunderte meter über dem Boden ragenden Brücke stürzen, als auch nur ein Jota von seinem glasklaren Standpunkt abzuweichen. Auch wenn der Doktor an dieser Stelle Verständnis für den Unmut des Bankers aussprach, so verspürte er innerlich allmählich nichts anderes mehr, als eine anwachsende Abneigung ihm gegenüber. Trotz seines zweifelhaften Rufs hatte Cassius ihn damals wie einen gleichwertigen Geschäftspartner behandelt und ihm Höflichkeit und Gastfreundschaft zukommen lassen. Man musste entweder eine Mimose, ein Narr, oder beides sein, wenn man glaubte, dass es in der Geschäftswelt nicht dazugehörte, andere Parteien hier und da hinters Licht zu führen. Es war ein fairer Kampf und aus recht sicheren Quellen wusste der Senator zudem, dass Damon Tyl höchstselbst in der Vergangenheit und auch noch in der Gegenwart dazu neigte, Geschäftspartner zu übergehen. Er verhielt sich momentan also wie der mimosenhafte Narr, der er nun mal war und der sich blind seinem gekränktem Stolz hingab und Cassius und dessen Partner für etwas verurteilte, was er selbst im Handumdrehen ebenfalls getan hätte. Es war lästig genug, dass die mächtigen Klienten des Bundes für Sicherheitsautonomie gerade ihn als führenden Verhandler nach Bandomeer schickten, gerade jetzt, wo es für den frisch ernannten Senator Eriadus eigentlich genügend anderweitige Belange gab, um die er sich kümmern musste. Es waren die Wahlkampfspenden der besagten Klienten für die konservative Wirtschaftspartei Eriadus, sowie die mehr als üppige Provision, die ihn letztlich doch alles stehen und liegen lassen und augenblich nach Bandor hatten reisen lassen. Dort hatte Damon Tyl scheinbar bereits Blut gewittert und die Chance gesehen, sich zu revanchieren, was seine Antwort nur unterstrich:

"Hinter besagten hanebüchenen Fremdfinanzierungsplänen stehe ich, als Finanzvorstand dieses Unternehmens. Wenn ich festlege, dass den Interessenten ein günstiger Kredit gewährt wird, dann wird es auch so geschehen. Das Ionitvorkommen unter dem Baugebiet wird eine Rentabilität gewährleisten, die jede ihrer Summen abdecken wird."

Eine Wendung, die Cassius bereits erwartet hatte, doch nichtsdestotrotz entschied er sich dazu, noch ein wenig mitzuspielen. Es war schließlich nicht der Muun, den er bearbeiten wollte.

"Es ist ziemlich schade, dass Sie das so sehen...dennoch bin ich in erster Linie hierhergekommen, um mein Angebot unter anderem Miss Stonehenge zu unterbreiten. Wie Sie ja wissen, sitzt Ihre Familie direkt am Abdruckknopf für den Schleudersitz, den Sie ihre Position nennen. Ich hörte, dass Sie trotz ihres jungen Alters eine umsichtige und talentierte Geschäftsfrau ist und allein das sollte genügen, um ihre wirren Racheplänen nicht stattzugeben. Sie sollten sich davor hüten, die gute Frau zu unterschätzen, sonst werden Sie am Ende noch ohne Außeneinwirkung aus diesem Unternehmen befördert."

Der Muun sprang augenblicklich auf diese zielgerichtete Spitze an und trat dem Senator nun direkt gegenüber, der mit leicht geneigtem Haupt nach oben in die schwarzen Augen des Nichtmenschen blickte.

"Nein, nein, Doktor. Nun machen aber Sie den entscheidenden Fehler und unterschätzen Miss Stonehenge. Sie hat sich bereits mit meinen Geschäftsplänen befasst und sich mit dem Für und Wider mehr als umfassend auseinandergesetzt. Wo wir doch schon dabei sind; Sie wartet sicherlich schon und ich möchte nichts weiter vorweg nehmen. Nicht dass ich noch aus Versehen all die Spannung ruiniere. Nach Ihnen, Doktor Dessauer."

Mit diesen Worten und einer einladenden Handgeste lud Tyl Cassius ein, ihm hinüber in den angrenzenden Abschnitt des Gebäudekomplexes zu folgen. Hinter einer abgedunkelten Glastür, die sich mechanisch in beide Richtungen öffnete, lag das geräumige Konferenzzimmer. Äußerst dezent, aber elegant eingerichtet, war der Ausblick durch das gläserne Panoramafenster auf die leuchtenden Stadtlichter eindeutig am Auffälligsten, selbstverständlich neben der recht attraktiven jungen Dame, die mit überschlagenen Beinen bereits auf sie wartete, Kirby Stonehenge. Der Muun nahm neben ihr Platz und Cassius gegenüber den beiden, nachdem er sich seines schweren Mantels entledigt hatte. Die drei Geschäftsleute kramten noch ihre kompakten Datenpads heraus und schon sollte es losgehen.



Bandomeer - Bandor - Bank of Bandor - Senator Cassius Lazarus Dessauer, Damon Tyl


 
Zurück
Oben